OGH Okt7/93

OGHOkt7/9314.12.1993

Das Kartellobergericht beim Obersten Gerichtshof hat durch seine stellvertretende Vorsitzende, Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß, sowie durch die Kommerzialräte Dr.Bauer, Dr.Dernoscheg, Dkfm.Dr.Grünwald und Dr.Rauter in der Kartellsache des Antragstellers S*****verband *****, vertreten durch Böhmdorfer, Prunbauer & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin S*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Andreas Puletz und Dr.Franz Stadler, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung des Mißbrauches einer marktbeherrschenden Stellung, infolge Rekurses des Antragstellers gegen den Beschuß des Kartellgerichtes beim Oberlandesgericht Wien vom 16.Juli 1993, GZ 3 Kt 526/93-56, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit S 13.611,60 bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung (darin S 2.268,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist ein Verein, dessen Zweck es ist, unlauteren Wettbewerb, und zwar insbesondere geschäftsschädigende Praktiken im Wirtschaftsleben, zu bekämpfen. Zu seinen Mitgliedern gehört das Bundesgremium des Fahrzeughandels. Die Antragsgegnerin ist Generalvertriebsberechtigte für Fiat- und Lancia-PKW und deren Ersatzteile in Österreich. Zwischen ihr und ca. 100 Gebietshändlern besteht eine zu 4 Kt 748/90 des Kartellgerichtes angezeigte Vertriebsbindung. Dieser Vertriebsbindung liegen Vereinbarungsmuster zugrunde, in denen insbesondere der Ausschluß des Verkaufes und der Vermittlung von Konkurrenzfabrikaten durch die Händler sowie die Verpflichtung zu Kundendienstleistungen und zur Haltung eines entsprechend großen Lagers an Originalersatzteilen festgelegt ist.

Ein Markenwechsel ist für einen Gebietshändler mit Nachteilen verbunden. Die für Kundendienstleistungen erforderlichen markenspezifischen Werkzeuge und Testgeräte sind für ihn nur bedingt weiter verwendbar. Etwa die Hälfte des Personals eines Vertragshändlers muß jährlich 2 bis 3 Wochen markenspezifisch geschult werden; der dafür notwendige Aufwand ist bei einem Markenwechsel weitgehend verloren. Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses ist der bindende Generalimporteur zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, Vertragsware zurückzunehmen. Insbesondere nicht zurückgenommene Ersatzteile sind weitgehend entwertet. Schließlich ist auch der Kundenstock bis zu einem gewissen Grad an die Marke gebunden. Der erwähnten Vertriebsbindung gehören auch mehrere Tochterunternehmen der Antragsgegnerin an; darunter die A*****-F*****gesellschaft mbH, die A*****-S*****gesellschaft mbH sowie die S*****gesellschaft mbH. Auf die Tochterunternehmen entfallen ungefähr 30 % des Verkaufsvolumens.

Ein Teil der Gebietshändler hat vertragliche Bindungen zu Lokalhändlern. Diese beziehen die Vertragsware von den Gebietshändlern und erhalten einen Wiederverkaufsrabatt, der um 2 bis 3 % unter dem von der Antragsgegnerin dem Gebietshändler eingeräumten Rabatt liegt. Der Wiederverkaufsrabatt der Antragsgegnerin beträgt bei den einzelnen Fiat-Typen:

PANDA L 14 %; PANDA sonstige 16 %; UNO 16 %; TIPO 16 %; TEMPRA 1,6 17 %; TEMPRA sonstige 18 %; CROMA 20 %; FIORINO 17 %; DUCATO 20 %.

Der von den Vertragshändlern gewährte Kundenrabatt ist regional verschieden; er bewegt sich zwischen 8 und 15 % des Listenpreises.

Die Antragsgegnerin gewährt Vertragshändlern bei größeren Investitionen aufgrund besonderer Vereinbarungen Investitionszuschüsse, die der Antragsteller als "Neuhändler-Rabatt" bezeichnet. Diese betragen 3 bis 5 % des Neuwagen-Jahresumsatzes, wobei die Unterstützung jährlich um 1 % vermindert wird. Bisher haben ca. 25 Gebietshändler einen derartigen Zuschuß erhalten; unter ihnen war als einziges Tochterunternehmen der Antragsgegnerin die A*****-F*****gesellschaft mbH. Die Investitionsunterstützungen werden jährlich oder halbjährlich dem Vertragshändler gutgeschrieben .

Die Antragsgegnerin räumt ihren Tochterunternehmen keine anderen Rabatte ein als ihren übrigen Vertragshändlern. Soweit Sonderrabatte gewährt wurden, hatte dies seinen Grund im Zustand der Fahrzeuge. Den Mitgliedern der Rabattverschaffungsorganisation G***** wurde vom Geschäftsführer der A*****-S*****gesellschaft mbH zwar ein Rabatt von 18 % für Fiat- und Lancia-Neuwagen zugesagt; über Intervention der Geschäftsführung der Antragsgegnerin aber nie gewährt.

Das Kartellgericht konnte nicht feststellen, daß die Antragsgegnerin in den letzten Jahren Verluste ihrer Tochterunternehmen ausgeglichen hätte.

Im Frühjahr 1991 ließ die Antragsgegnerin in Tageszeitungen folgendes Inserat einschalten:

Am 20.6.1990 richtete die Antragsgegnerin ein Rundschreiben und ein weiteres undatiertes Schreiben an alle Vertragshändler. Das zuletzt genannte Schreiben lautet:

"Seit Mitte vergangener Woche steht die Luxussteuer wieder im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Wir haben diesen höchstaktuellen Anlaß sofort in Aktion umgesetzt:

FIAT SENKT AB SOFORT DIE LUXUSSTEUER AUF 20 %!

Es ist klar, daß dieser attraktive Preisvorteil neue Käufer, vor allem für den TIPO, zu Ihnen bringt. Selbstverständlich kündigen wir diese Aktion massiv an:

Ab 21.6. in allen Tageszeitungen Österreichs!

Bitte beachten Sie bei Ihren Verkaufsgesprächen folgende Punkte:

1. Beim Eintausch gebrauchter Autos wird es für Sie kaum ein Problem darstellen, etwaige Zusatzwünsche in den Eintauschpreis einzurechnen!

2. Bei Anfragen für zusätzliche Rabatte ohne Eintausch setzen Sie Ihr bewährtes Verhandlungsgeschick ein. (Manche Kunden könnten z.B. annehmen, daß 12 % MWSt-Differenz auch 12 % Rabatt ensprechen!)

3. Nutzen Sie bei Ihrer Argumentation, auch für alle anderen FIAT-Modelle, die Gelegenheit, ein Leasingangebot zu machen. Sie kennen das und der Kunde gewinnt 2x! Wir legen Ihnen ein Beispiel der FIAT-BANK bei.

Arbeiten Sie mit diesem aktuellen Angebot auch, indem Sie selbst aktiv hinausgehen, zumal wir diese Aktion mit Ende August befristet haben!

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und danken dem Finanzminister, daß er uns auf diese Idee gebracht hat."

Das Rundschreiben vom 20.6.1990 hat folgenden Inhalt:

"...

Monatsmotto Juli:

FIAT SENKT LUXUSSTEUER AUF 20 %

Wie Sie sicher in der vergangenen Woche zur Kenntnis nehmen mußten, hat unsere Regierung schon jetzt die beabsichtigte Senkung der Luxussteuer für PKW von 32 % auf 20 % per 1.1.1992 bekanntgegeben. Anstatt nun über den (Un)Sinn dieser frühzeitigen politischen Aussage zu diskutieren, möchten wir sofort Aktivitäten setzen.

Von den potentiellen 'Sommer-Autokäufern' werden viele durch diese Politiker-Vorankündigung in ihrem Kaufentschluß zögern. Diese Kunden möchten wir lt. beiliegender Einschaltung Fiat-Tipo-Luxussteuer-Testmarkt aggressiv und mit großem Werbeeinsatz ansprechen und damit sicherstellen, daß zögernde Kunden doch jetzt kommen und natürlich auch derzeitige Fremdmarkenfahrer in ihrem Kaufentscheid auch FIAT miteinschließen.

Zielsetzung also erhöhte Frequenz beim Fiat-Händler.

Sie stehen nun vor der schwierigen Aufgabe, diesem Kunden - der doch mit der gewissen Erwartungshaltung eines besonderen günstigen Kaufes kommt - klarzumachen, daß er bei Ihnen einen speziell im Vergleich zu den Mitbewerbern besonders günstigen Kauf tätigt. Die beiliegende Fiat-Testmarkt-Aktionspreisliste, deren Preisreduktion beim TIPO einer MWSt-Differenz von 12 % gleichkommt, geht von folgender Kalkulation aus:

1. Werbekosten dieser Sonder-Aktion werden von S***** getragen.

2. Händlereinstandspreis ist gleich wie bisher.

3. Die bisherigen Preisnachlässe (über den Gebrauchtwagen) werden größtenteils durch die Luxussteuerreduktion vorweggenommen (Gültigkeit der Sonderpreisliste für alle TIPO-Kundenmeldungen bis 31.8.1990).

4. In Einzelfällen werden trotz reduziertem Preis GW-Überzahlungen nicht ganz auszuschließen sein. Falls Ihnen nach Abschluß des Gesamtgeschäftes (Neuwagen und die folgende GW-Kette) nach den variablen Kosten (GW-Instandsetzung, Provision) nur ein Minus-Deckungsbeitrag bleiben sollte, gibt es dazu eine individuelle Risikoabdeckung über Ihren Zonenleiter.

5. Alle vor 20.6.1990 fixierten TIPO-Kaufverträge sind sofort (mit beiliegender NW- und GW-Kalkulation) bis spätestens 22.6.1990 an S***** einzusenden. Es wird die volle Differenz zwischen dem Preis lt. Kaufvertragskalkulation und den Testmarkt-Aktionspreisen gutgeschrieben.

Weisen Sie auch unbedingt Ihre Kunden (auch Käufer aller anderen FIAT-Modelle) darauf hin, daß sie bei Abschluß eines Leasing-Vertrages bei tatsächlicher staatlicher Reduktion der Mehrwertsteuer dann (nochmals) in den Genuß des Steuervorteiles kommen.

Die Werbeaktion startet zum Wochenende 22./23./24.6.1990 und hat die Zielsetzung, den jetzt wartenden Kunden zum Fiat-Händler zu bringen.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und hoffen, daß Ihnen auch noch der eine oder andere Abschluß im Juni helfen wird, die Händlerzielerreichung per Jahresmitte leichter zu erreichen.

...".

Das Ziel der Aktion, den Umsatz in den verkaufsschwachen Sommermonaten zu steigern, konnte erreicht werden. Aufgrund der Inserate gingen Interessenten davon aus, daß der Normalpreis gesenkt worden sei; sie verlangten daher zusätzlich die bisher üblichen Rabatte. Dem der Vertriebsbindung zugrundeliegenden Vertragsmuster ist nicht zu entnehmen, daß die Vertragshändler an die Ankündigung einer Preissenkung durch die Antragsgegnerin gebunden wären. Vertragshändler wie die S***** GesmbH & Co KG, die Firma Voith und die A*****gesellschaft mbH haben ihre bisherige Praxis bei der Gestaltung der Verkaufspreise ohne Rücksicht auf die Inseratenkampagne der Antragsgegnerin beibehalten. Das Kartellgericht konnte nicht feststellen, daß Tochterunternehmen der Antragsgegnerin im Zuge dieser Aktion höhere als die üblichen Kundenrabatte gewährt hätten.

Die Antragsgegnerin wurde wegen der Inseratenkampagne von einem Mitbewerber beim Handelsgericht Wien zu GZ 18 Cg 57/90 geklagt. Sie verpflichtete sich mit Vergleich vom 27.8.1990 zur Unterlassung von zur Irreführung geeigneten Angaben über geschäftliche Verhältnisse, insbesondere die Preisbemessung bzw Preisherabsetzung einerseits durch Erwecken des Anscheines einer Absenkung des Mehrwertsteuersatzes, obwohl es sich lediglich um eine befristete Preisherabsetzung für Fahrzeuge der Type Fiat TIPO handelt, und andererseits Preisherabsetzungen überregional für Fiat-Händler anzukündigen, "womit der Eindruck erweckt wird, daß die angekündigte Preisherabsetzung von sämtlichen Fiat-Händler-Betrieben gewährt wird, und daher keine Abweichungen möglich sind, ohne daß ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß es sich dabei lediglich um eine unverbindliche Empfehlung zur Preisreduzierung handelt, an die die Händler aber nicht gebunden sind".

Die Vertragshändler, und zwar zumindest jene, die im Verband der Österreichischen Steyr-Fiat-A-Händler zusammengeschlossen sind, distanzierten sich von der Werbeaktion. Sie vertraten in einem Schreiben an die Antragsgegnerin vom 27.6.1990 die Auffassung, daß die Werbeaktion zu einer Verringerung der Händlerspanne führen würde, der die Händler nicht zugestimmt hätten. In Fällen, in denen Wiederverkäufer bereits mit Kunden Rabattvereinbarungen oder Preisvereinbarungen getroffen hatten, gewährte die Antragsgegnerin "Minus-Deckungsbeiträge". Österreichweit waren dies etwa S 150.000.

Der Antragsteller begehrt, der Antragsgegnerin zu untersagen,

a (i) unter Hinweis auf bevorstehende Gesetzesänderungen, insbesondere Steuersenkungen, Preisherabsetzungen von Fiat-Modellen, Konsumenten gegenüber anzukündigen, wenn diese in der Werbung herausgestrichenen Preisherabsetzungen von den Vertragshändlern im Rahmen ihrer Wiederverkaufsspanne getragen werden müssen;

(ii) in eventu: unangemessene Einkaufs- und/oder Verkaufspreise von Vertragshändlern zu erzwingen;

b zusätzliche Wiederverkaufsrabatte an Vertragshändler ohne sachliche Rechtfertigung einzuräumen, insbesondere wenn es sich dabei um eigene Tochterunternehmungen handelt.

Darüberhinaus begehrt der Antragsteller, ihn zur Veröffentlichung des stattgebenden Teils der Entscheidung auf Kosten der Antragsgegnerin in den Zeitungen "Kurier", "Neue Kronen-Zeitung", "Kleine Zeitung", "Salzburger Nachrichten", "Oberösterreichische Nachrichten", "Tiroler Tageszeitung", "Vorarlberger Nachrichten", "Presse" und "Standard" zu ermächtigen.

Die Antragsgegnerin nehme als Generalimporteur für Fiat- und Lancia-Modelle in Österreich im Verhältnis zu ihren Abnehmern, den österreichischen Fiat-Vertragshändlern, eine marktbeherrschende Stellung i.S. des § 34 Abs. 2 KartG ein. Der Abbruch der Geschäftsbeziehungen würde die Existenz der Vertragshändler gefährden, wenn nicht vernichten. Ein solcher Abbruch wäre für den Fall zu befürchten, daß sich ein Fiat-Händler nicht den für alle Händler angekündigten Werbeaktionen des Generalimporteurs anschließe.

Die Antragsgegnerin mißbrauche ihre marktbeherrschende Stellung dadurch, daß sie ihre Tochterunternehmen bevorzuge, indem sie ihnen sachlich nicht gerechtfertigte "Neuhändler-Rabatte" von 5 % gewähre. Die Tochterunternehmen der Antragsgegnerin könnte dadurch den Preiswettbewerb verschärfen; sie räumten ihren Kunden Rabatte von ca. 10 %, in manchen Fällen bis zu 12 und 14 %, ein.

Die Antragsgegnerin habe in den letzten Jahren bedeutende Verluste ihrer Tochterunternehmen ausgeglichen. Auch dies ermögliche eine aggressive Preispolitik, die sich in Verkäufen um 15 % unter dem Listenpreis und in der Ankündigung eines Rabattes von 18 % für Vereinsmitglieder des "GCC" sowie in einer Aktion "-17 %" zeige. Durch diesen Preisdruck wolle die Antragsgegnerin Marktanteile auf der nächsten Händlerstufe dazugewinnen.

Die Werbung mit der vorgezogenen "Senkung der Luxussteuer" auf 20 % führe zu einer Minderung der Händlerspanne, weil die Antragsgegnerin den Händlern den dadurch eingeräumten Rabatt nicht ersetze. In Fällen, in denen der Kunde weitere Rabatte verlange, erleide der Händler in der Regel einen Verlust. Durch die Werbeaktion würden daher vom Generalimporteur unangemessene Konditionen erzwungen. Die Antragsgegnerin handle auch insoweit mißbräuchlich, als sie die Kosten der Markenwerbung den Vertragshändlern auflaste.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie habe gegenüber ihren Vertragspartnern keine marktbeherrschende Stellung; die Vertragshändler hätten auf dem relevanten Markt Ausweichmöglichkeiten und müßten die Geschäftsbeziehung zu ihr nicht aufrechterhalten. Die Antragsgegnerin habe nur einem ihrer Tochterunternehmen eine Neuhändlerunterstützung gewährt. Die beanstandeten Rabattaktionen von Tochterunternehmen bezögen sich auf Sondermodelle; die Rabattaktion "GCC" sei nicht von der Antragsgegnerin ausgegangen und habe im übrigen auch nicht zur Gewährung von Rabatten geführt.

Mit der "Senkung der Mehrwertsteuer" sei geworben worden, um die Käufernachfrage zu beleben. In Punkt 3 ihres Händlerrundschreibens habe die Antragsgegnerin ausdrücklich mitgeteilt, daß dadurch die sonst üblichen Rabatte ersetzt werden sollen. Der Deckungsbeitrag aus dem Werkstätten- und Ersatzteilgeschäft sei erfahrungsgemäß höher als beim Neuwagenverkauf. Würden somit durch Neuwagenverkäufe Kunden gewonnen, so ließen sich in der Folge hohe Gewinne im Werkstätten- und Ersatzteilgeschäft erzielen.

Das Kartellgericht wies den Antrag ab. Der Antragsteller sei gemäß § 37 Z. 2 KartG aktiv legitimiert. Aus der Sicht der Vertragshändler sei wegen der mit einem Markenwechsel verbundenen schwerwiegenden betriebswirtschaftlichen Nachteile der relevante Markt auf Fiat- (und Lancia)Fahrzeuge eingeschränkt. Dieser Markt werde von der Antragsgegnerin als Alleinvertriebsberechtigte beherrscht. Durch die Werbeaktion der Antragsgegnerin seien die Vertragshändler in der Gestaltung ihrer Verkaufspreise insoweit beeinflußt worden, als sie, um den durch die Werbeaktion geweckten Erwartungen gerecht zu werden, gezwungen gewesen seien, Rabatte einzuräumen, die über den üblicherweise gewährten Nachlässen gelegen gewesen seien. Dadurch habe sich die Handelsspanne der Vertragshändler verringern können. Ihre Wettbewerbsposition untereinander und auch gegenüber der Antragsgegnerin habe sich aber nicht geändert; die Werbeaktion habe lediglich darauf abgezielt, den Absatz ganz allgemein zu erhöhen. Die Verringerung der Handelsspanne sei für die Vertragshändler nicht unvermeidlich gewesen. In jenen Fällen, in denen dies aufgrund bereits getroffener Absprachen nicht möglich gewesen sei, habe die Antragsgegnerin "Minus-Deckungsbeiträge" gewährt; sie habe damit selbst einen Beitrag zur Werbeaktion geleistet. Die Werbeaktion sei auch nicht durch einen Mangel an Wettbewerb ermöglicht worden, wie ihn die Untersagungsbefugnis des Kartellgerichtes ausgleichen solle. Die Antragsgegnerin hätte die Werbeaktion auch dann durchführen können, wenn sie den Markt nicht beherrschte. Der Antragsteller habe nicht bewiesen, daß die Antragsgegnerin die Vertragshändler gegenüber ihren Tochtergesellschaften diskriminiert hätte. Das Verfahren habe auch keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß die Antragstellerin in anderer Weise ihre marktbeherrschende Stellung mißbraucht hätte.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß dem Untersagungsantrag stattgegeben werde. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Antragsgegner bekämpft die Entscheidung als nichtig und mangelhaft. Das Kartellgericht habe kein Verfahren über den Untersagungsantrag durchgeführt. Es habe dem Antragsteller keine Gelegenheit gegeben, zu den im Provisorialverfahren aufgenommenen Bescheinigungen Stellung zu nehmen, das Vorbringen zu ergänzen und weitere Anträge zu stellen. Der Antragsteller habe, ebenso wie der Paritätische Ausschuß, bis zum Rücklangen des Aktes vom Kartellobergericht keine Gelegenheit gehabt, in den Akt Einsicht zu nehmen und sich insbesondere Kenntnis vom Inhalt der Vernehmungsprotokolle zu verschaffen. Dadurch sei sein rechtliches Gehör i.S. von Art 6 MRK verletzt und auch gegen § 51 KartG verstoßen worden.

Gemäß § 51 KartG hat auf Antrag einer Partei eine Verhandlung stattzufinden; den Parteien ist je eine Abschrift des Verhandlungsprotokolles zuzustellen. Der Antragsteller behauptet nicht, eine Verhandlung beantragt zu haben. Das Kartellgericht hat daher dadurch, daß es über den Antrag nicht verhandelte, nicht gegen § 51 KartG verstoßen; mangels Verhandlung war auch keine Abschrift eines Verhandlungsprotokolles zuzustellen.

Nach Art 6 Abs. 1 MRK, der Verfassungsrang zukommt (BGBl 1964/59), hat jedermann Anspruch darauf, daß seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen auf dem Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen zu entscheiden hat. Zu den Garantien, die Art 6 Abs. 1 MRK gewährleistet, zählt demnach auch das rechtliche Gehör. Es ist allgemein anerkannt, daß das rechtliche Gehör i.S. dieser Bestimmung in einem Zivilverfahren nicht nur dann verletzt wird, wenn einer Partei die Möglichkeit, sich im Verfahren zu äußern, überhaupt genommen wurde; eine solche Verletzung wird vielmehr auch dann angenommen, wenn einer gerichtlichen Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt wurden, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten. Das Gericht hat daher den Parteien Verfahrensvorgänge, die erkennbar für sie wesentliche Tatsachen betreffen, bekanntzugeben und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, dazu Stellung zu nehmen (SZ 54/124 mwN; SZ 62/129).

Diese Grundsätze müssen bei aller Bedachtnahme auf die Besonderheiten des außerstreitigen Verfahrens auch für dieses jedenfalls insoweit gelten, als erhebliche zusätzliche für eine Partei nachteilige Beweisergebnisse vorliegen und zu ihnen nicht einmal mehr in einem Rekurs Stellung genommen werden kann (SZ 54/124).

Kartellgericht und Kartellobergericht entscheiden im Verfahren außer Streitsachen (§ 43 KartG). Eine Verpflichtung, die Parteien zu den Beweisergebnissen zu hören, besteht daher insoweit, als für eine Partei nachteilige Beweisergebnisse vorliegen, die im Rekurs nicht bekämpft werden können. An dieser negativen Voraussetzung fehlt es im vorliegenden Fall: Der Rekurs enthält zulässigerweise eine Beweisrüge, mit der sich das Kartellobergericht auseinanderzusetzen hat. Daß die Beweisergebnisse in erster Instanz nicht erörtert wurden, konnte die Rechte des Antragstellers daher nicht verkürzen. Das Kartellobergericht hat sich mit seinen Ausführungen zu den Beweisergebnissen ebenso auseinanderzusetzen, wie dies zu geschehen gehabt hätte, wären diese Ausführungen schon in erster Instanz gemacht worden. Der behauptete Nichtigkeitsgrund ist daher nicht gegeben.

Der Antragsteller ist der Auffassung, das Kartellgericht hätte im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes allenfalls durch Einholung eines SV-Gutachtens die Geschäftsgebarung der Antragsgegnerin mit ihren Tochterunternehmen bzw die Gewinn- und Verlustsituation der Tochterunternehmen aufgrund der organschaftlichen Eingliederung und der engen wirtschaftlichen und organisatorischen Verflechtung ermitteln müssen. Derartige Erhebungen und Feststellungen wären jedenfalls dem Paritätischen Ausschuß oblegen. Gemäß den zum NVG entwickelten Grundsätzen hätte die Beweislast für die mangelnde Verlustabdeckung und die Gleichbehandlung der Tochterunternehmen der Antragsgegnerin auferlegt werden müssen.

Als außerstreitiges Verfahren wird das Verfahren in Kartellangelegenheiten vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht (§ 43 KartG; § 2 Abs. 2 Z.5 AußStrG). Soweit jedoch in außerstreitigen Verfahren über vermögensrechtliche Ansprüche zu entscheiden ist, in denen sich die Parteien in verschiedenen Rollen gegenüberstehen, sind auch in diesem Verfahren subjektive Behauptungs- und Beweislastregeln heranzuziehen (RZ 1991/35; SZ 63/202 ua). Es wäre daher Sache des Antragstellers gewesen, durch entsprechendes Vorbringen und durch entsprechende Beweisanbote sicherzustellen, daß der Sachverhalt in dem von ihm gewünschten Umfang erhoben und festgestellt wird. Auch die Anwendung der zu § 3 a NVG ergangenen Rechtsprechung führt zu keiner anderen Beurteilung: Wegen der Schwierigkeit, den genauen Nettoeinstandspreis des Antragsgegners nachzuweisen, wurde es als ausreichend erachtet, wenn in Form des prima-facie-Beweises die Einkaufskonditionen vergleichbarer anderer Händler offengelegt werden (Okt 2/89). Der Antragsteller hat aber im vorliegenden Verfahren keine Tatsachen bewiesen, von denen aus aufgrund allgemein gültiger Erfahrungssätze auf das Vorhandensein der von ihm behaupteten Sonderkonditionen der Tochtergesellschaften als mit den bewiesenen Tatsachen typischerweise verknüpfte Tatsachen geschlossen werden könnte (zum prima-facie-Beweis s. Fasching ZPR2 Rz 893 ff).

Der Paritätische Ausschuß ist Hilfsorgan des Kartellgerichtes und des Kartellobergerichtes nach Art eines SV (EB 473 BlgNR 18. GP, 25); Aufgabe des Paritätischen Ausschusses ist es, die relevanten Tatsachen zu ermitteln und darzustellen (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 I 291; s. auch Tahedl, Der Mißbrauch marktbeherrschender Stellung im Österreichischen Kartellrecht 230 f). Antragsteller und Antragsgegner sind im Verfahren über die Untersagung des Mißbrauches einer marktbeherrschenden Stellung verpflichtet, dem Paritätischen Ausschuß die für die Erstattung seines Gutachtens notwendigen Auskünfte zu geben und auf Verlangen die entsprechenden Belege vorzulegen (§ 118 Abs.1 Z. 3 KartG). Ist der Paritätische Ausschuß dennoch nicht in der Lage, seinem Gutachten den vom Antragsteller behaupteten Sachverhalt zugrundezulegen, so folgt daraus noch nicht, daß der Paritätische Ausschuß seiner Aufgabe nicht nachgekommen wäre. Der Partitätische Ausschuß war im übrigen in seiner Tätigkeit nicht dadurch behindert, daß der Akt dem Kartellobergericht vorgelegt worden war; er hatte, wie seiner Stellungnahme zum Schriftsatz des Antragstellers vom 27.8.1993, ON 62, zu entnehmen ist, während dieser Zeit anfangs die Kopien aller wesentlichen Aktenstücke und in der Folge eine Kopie des vollständigen Aktes zur Verfügung (ON 64).

Der Antragsteller rügt, daß sich das Kartellgericht nicht mit seinem Vorbringen auseinandergesetzt hat, Vertragshändler und Antragsgegnerin hätten eine unterschiedliche Fixkostenstruktur. Aufgrund der Unterschiede in der Fixkostenstruktur führe eine Steigerung der Kundenfrequenz bei gleichem Händlereinstandspreis bei einem Verkauf zusätzlicher Einheiten dazu, daß die Antragsgegnerin beim Verkauf jedes Fahrzeuges Gewinne erziele und somit auch von einer bloßen Umsatzsteigerung profitiere, während dies bei den Vertragshändlern nicht der Fall sei, weil diese darauf angewiesen seien, auf der Basis der ihnen ursprünglich eingeräumten Wiederverkaufsrabatte Gewinne zu erzielen. Daß sich das Kartellgericht nicht mit diesem Vorbringen auseinandergesetzt habe, mache das Verfahren mangelhaft.

Ein wesentlicher Verfahrensmangel liegt vor, wenn ein Verstoß gegen die Prozeßgesetze geeignet ist, im vorliegenden Streitfall eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen (Fasching, ZPR2 Rz 1762). Daß das Kartellgericht das Vorbringen des Antragstellers nicht berücksichtigt hat (nicht berücksichtigen konnte), macht das Verfahren daher nur mangelhaft, wenn die Berücksichtigung des Vorbringens zu einer anderen, für den Antragsteller günstigeren Entscheidung geführt hätte. Fixkosten sind solche Kosten, die bei Änderung einer Kosteneinflußgröße (meist der Beschäftigung) im Gegensatz zu den variablen Kosten in ihrer Höhe konstant bleiben (Vahlens Großes Wirtschaftslexikon Band 1, 616; s. auch Gabler, Wirtschaftslexikon11, 1554). Der Antragsteller behauptet nun, die Antragsgegnerin habe eine andere Fixkostenstruktur als die Vertragshändler und profitiere deshalb, anders als die Vertragshändler, schon von einer bloßen Umsatzsteigerung. Diese seien darauf angewiesen, auf Basis der ihnen ursprünglich eingeräumten Wiederverkaufsrabatte Gewinne zu erzielen. Damit wird nichts anderes behauptet, als ohnedies vorgebracht wurde: Eine durch die Werbeaktion erreichte Umsatzsteigerung habe für die Antragsgegnerin jedenfalls positive Auswirkungen gehabt, während sie für einzelne Vertragshändler durch die Notwendigkeit, höhere als die üblichen Rabatte zu geben, die Spanne verringert habe und sie daher nur in einem geringeren Ausmaß (in manchen Fällen auch gar nicht) von der Werbeaktion zu profitieren in der Lage gewesen seien. Das ist, mit anderen Worten, das Argument, daß die Werbeaktion, wenn auch nicht in den für die Aktion notwendigen Aufwendungen, so doch in den Auswirkungen, auf Kosten der Vertragshändler durchgeführt worden sei. Dieses Argument hat das Kartellgericht aber ohnedies berücksichtigt. Es wäre daher, auch wenn es sich mit dem Vorbringen des Antragstellers ausdrücklich auseinandergesetzt hätte, zu keiner anderen Entscheidung gekommen.

Der Antragsteller vermißt Feststellungen und Erhebungen zur Frage, ob und inwieweit die von der Antragsgegnerin geleisteten "Minus-Deckungsbeiträge" geeignet waren, eine Verringerung der Handelsspanne oder einen von der Antragsgegnerin kalkulierten Verlust aus dem Gesamtgeschäft abzudecken. Er ist der Auffassung, das Kartellgericht hätte in diesem Zusammenhang die weiteren Verkaufsaktionen der Antragsgegnerin berücksichtigen müssen, wie sie sich aus den von ihm dem Paritätischen Ausschuß vorgelegten Unterlagen ergeben hätten.

Das Kartellgericht hat festgestellt, daß die Antragsgegnerin in Fällen, in denen Wiederverkäufe bereits mit Kundenrabattvereinbarungen bzw Preisvereinbarungen vorlagen, "Minus-Deckungsbeiträge" von insgesamt ca. S 150.000 gutgeschrieben hat. Daß die "Minus-Deckungsbeiträge" nicht ausgereicht hätten, die Verluste abzudecken, hat der Antragsteller nicht behauptet. Daß und mit welchen Konditionen die Antragsgegnerin spätere Verkaufsaktionen abgewickelt hat, vermag nichts darüber auszusagen, ob die "Minus-Deckungsbeiträge" bei der Luxussteuer-Werbeaktion in der erforderlichen Höhe gutgeschrieben wurden. Daß das Erstgericht in diesem Zusammenhang keine weiteren Erhebungen durchgeführt und keine Feststellungen getroffen hat, kann das Verfahren daher nicht mangelhaft machen. Der Antragsteller gibt auch nicht an, welche Feststellungen das Kartellgericht in diesem Zusammenhang treffen hätte sollen und inwiefern diese Feststellungen geeignet gewesen wären, zu einer anderen Entscheidung zu führen. Daß das Kartellgericht insoweit untätig geblieben ist, kann das Verfahren daher nicht mangelhaft machen.

In der Beweisrüge bekämpft der Antragsteller die Auffassung des Kartellgerichtes, eine gewisse Einschränkung der Objektivität des Zeugen Myrteza D***** erscheine angesichts der (gerichtlichen) Auseinandersetzungen des Zeugen mit der Antragsgegnerin verständlich und die Aussage sei daher nur insoweit glaubwürdig, als sie mit anderen Beweisergebnissen im Einklang stehe. Der Antragsteller meint, daß es trotz dieser Auseinandersetzungen nicht gerechtfertigt sei, die Aussagen der aus dem Bereich der Antragsgegnerin kommenden Zeugen als glaubwürdig zu erachten.

Das Kartellgericht hat in seiner Beweiswürdigung nicht nur auf das gespannte Verhältnis zwischen dem Zeugen Myrteza D***** und der Antragsgegnerin, sondern zutreffenderweise auch darauf verwiesen, daß die vom Antragsteller genannten Zeugen keine eigenen Wahrnehmungen über die behauptete Gewährung von Sonderkonditionen hatten, sondern nur Gerüchte (so ausdrücklich der Zeuge Ing.Josef S***** AS 385) wiedergeben konnten. Auch der Zeuge Myrteza D***** hat die Gewährung der behaupteten Rabatte nicht selbst wahrgenommen, sondern nur aus dem Verhalten von Kunden entsprechende Schlußfolgerungen gezogen (AS 369). Einzig der Zeuge Erwin Z***** hat einen konkreten Vorfall geschildert, allerdings aus 1986, aber auch ausdrücklich angegeben, nicht zu wissen, welche Rabatte derzeit (seit 1990) gewährt würden (AS 342). Demgegenüber hat der Zeuge Werner S***** erklärt, ausschließen zu können, daß die Antragsgegnerin den Tochterunternehmen andere (= höhere) Rabatte gewährt als den Vertragshändlern (AS 354, 358). Bei diesen Beweisergebenissen hat das Kartellgericht zu Recht den Schluß gezogen, nicht feststellen zu können, daß die Antragsgegnerin ihren Tochterunternehmen im Zuge der Werbeaktion höhere als die üblichen Kundenrabatte gewährt hat.

Der Antragsteller rügt das Fehlen der Feststellung, wonach ein Verkauf aufgrund der Werbeaktion notwendigerweise zu einem Verkauf unter dem Einstandspreis geführt hätte und wonach daher Kunden nachhaltig verärgert gewesen seien, soweit ihnen der angekündigte Rabatt nicht gewährt wurde. Festgestellt hätte auch werden müssen, daß die durch die Werbeaktion erreichte Umsatzsteigerung ausschließlich der Antragsgegnerin genützt, den Vertragshändlern aber einen zusätzlichen Nachteil dadurch gebracht habe, daß auch bei unmittelbar vor der Werbeaktion abgeschlossenen Kaufverträgen nachträglich der angekündigte Rabatt verlangt worden sei. Der Antragsteller verweist dazu auf die Aussage des Zeugen Ing.Josef S*****.

Ing.Josef S***** hat angegeben, ihm sei von den Händlern mitgeteilt worden, daß die Kunden die Werbeaktion als Ankündigung einer Senkung des Normalpreises verstanden und zusätzlich die bisher üblichen Rabatte verlangt hätten. In der S***** Gesellschaft mbH & Co KG sei darauf nicht reagiert worden. Er wisse aber, daß Kunden verärgert gewesen seien, wenn ihnen der gewünschte und aufgrund des Inserates erwartete Rabatt nicht gewährt wurde. Ansonsten hätte aber jeweils unter dem Einstandspreis verkauft werden müssen (AS 388). Ebenso wie der Zeuge Ing.Josef S***** gaben auch die Zeugen Heinz V***** (AS 329) und Gernot A***** (AS 382) an, trotz Werbeaktion keine höheren Rabatte als sonst üblich gewährt zu haben.

Diesen Beweisergebnissen entsprechen die Feststellungen des Kartellgerichtes: Aufgrund der Inserate nahmen Interessenten an, der Normalpreis sei gesenkt worden, und verlangten daher zusätzlich noch die bisher üblichen Rabatte; mangels Bindung an einer von der Antragsgegnerin angekündigten Preissenkung haben aber Vertragshändler ihre bisherige Praxis bei der Gestaltung der Verkaufspreise beibehalten (AS 562). Daß Kunden nachhaltig verärgert gewesen wären, wurde ihnen der angekündigte Rabatt nicht zusätzlich zum bisher üblichen Rabatt gewährt, hat nicht einmal der Zeuge Ing.Josef S***** ausgesagt, sodaß für eine solche Feststellung jede Grundlage fehlt. Die weiters vermißte Feststellung, wonach jeder Verkauf aufgrund der Werbeaktion ein Verkauf unter dem Einstandspreis gewesen wäre, wäre nur dann durch die Beweisergebnisse gedeckt, wenn hervorgekommen wäre, daß jeder durch die Werbeaktion gewonnene Kunde darauf bestand, den angekündigten Rabatt zusätzlich zum sonst üblichen Rabatt zu erhalten. Dies war aber, wie sich aus den oben wiedergegebenen Aussagen ergibt, nicht der Fall. Als theoretische (und in einigen Fällen, wie die Gutschrift von "Minus-Deckungsbeiträgen" zeigt, auch tatsächliche) Folge der Höhe des angekündigten und des sonst üblichen Rabattes sowie des Wiederverkaufsrabattes ergibt sich ein solcher Zusammenhang zwischen Werbeaktion und Verkauf unter dem Einstandspreis aber ohnedies aus dem festgestellten Sachverhalt.

Das Kartellgericht hat demnach die Beweise richtig gewürdigt und den Sachverhalt in einem mangelfreien Verfahren vollständig festgestellt. Das Kartellobergericht übernimmt die Feststellungen des Kartellgerichtes und legt sie seiner Entscheidung zugrunde.

In der Rechtsrüge bekämpft der Antragsteller die Auffassung des Kartellgerichtes, die Werbeaktion habe die Wettbewerbsposition der Vertragshändler nicht beeinträchtigt. De facto sei eine Wettbewerbsbeschränkung unvermeidlich gewesen. Die verbliebene "Freiheit im Verhandlungsgeschick" sei mit weit über das konkrete Neuwagengeschäft hinausreichenden Nachteilen verbunden gewesen. Der Händler sei praktisch vor die Wahl gestellt worden, einer Reduzierung seiner Spanne auf Null oder sogar einem Verkauf unter dem Einstandspreis zuzustimmen oder Kunden nachdrücklich zu verärgern. Die allenfalls bewirkte Absatzsteigerung sei ausschließlich der Antragsgegnerin zugute gekommen, weil sie bei gleich gebliebenen Verkaufspreisen wegen ihrer anderen Fixkostenstruktur andere Gewinnkalkulationen und andere Gewinnschwellen habe. Während nämlich die Antragsgegnerin nach Deckung ihrer Fixkosten durch jeden Verkauf zusätzlicher Einheiten Gewinne erziele, sei der Vertragshändler immer noch darauf angewiesen, seine eigenen Kosten zu decken und seinerseits gewinnbringend zu arbeiten. Dieses Erzwingen nicht kaufmännisch kalkulierter Verkaufspreise der Vertragshändler gegenüber den Konsumenten bringe die Gefahr einer Veränderung der Marktstruktur durch Verdrängung von Händlern vom Markt mit sich, deren Kapitalstärke nicht ausreicht, derartige Werbeaktionen durchzustehen. Auch die Wettbewerbsposition der Händler untereinander werde beeinflußt, weil die Werbeaktion die "Spirale der Rabattkonditionen" nach oben drehe. Die Antragsgegnerin habe nur einen Teil der Spannenreduktion aufgefangen ("Minus-Deckungsbeiträge"). Sie habe die Werbeaktion nur aufgrund ihrer marktbeherrschenden Stellung durchführen können. Derartige Aktionen seien durchaus auch als mißbräuchlicher Versuch der faktischen Bindung der Verkaufspreise der Vertragshändler bzw als Versuch der Etablierung eines Preiskartells zu werten. "Verkaufspreise" i.S. des § 35 Z. 1 KartG seien auch die Verkaufspreise des Vertragshändlers. Verringere (Eliminiere) der marktbeherrschende Unternehmer die Spanne, so erzwinge er damit mißbräuchlich Geschäftsbedingungen. Dabei sei ein unabhängig von der Werbeaktion bestehender Wettbewerbsvorteil der Tochterunternehmen zu berücksichtigen, weil allfällige Verluste von der Muttergesellschaft getragen würden und ihnen die aus dem Marktmißbrauch erzielten Vorteile zukämen. Durch derartige Werbeaktionen werde die dem Generalimporteur obliegende Markenwerbung auf die Vertragshändler überwälzt. Zusätzlich könne die Antragsgegnerin durch diskriminierende günstigere Konditionen und das Auffangen allfälliger Verluste aus derartigen Werbeaktionen einen enormen Preisdruck zu Lasten der Vertragshändler ausüben und diese zugunsten ihrer Tochterunternehmen vom Markt verdrängen.

Die Argumentation des Antragstellers baut auf einem Sachverhalt auf, der in entscheidenden Punkten vom festgestellten und damit maßgebenden Sachverhalt abweicht: Das Kartellgericht konnte weder feststellen, daß die Antragsgegnerin in den letzten Jahren Verluste ihrer Tochtergesellschaften ausgeglichen hätte, noch hat das Beweisverfahren ergeben, daß die Antragsgegnerin ihren Tochterunternehmen andere Rabatte gewährte als den übrigen Vertragshändlern. Damit entfällt die Grundlage für jene Ausführungen, mit denen der Antragsteller darzulegen versucht, daß die Antragsgegnerin durch Begünstigung ihrer Tochterunternehmen die Marktstrukturen zu Lasten der Vertragshändler zu verändern bestrebt sei.

Was bleibt, sind die Ausführungen zu den Auswirkungen der Luxussteuer-Werbeaktion. Auch hier ist auf die Feststellungen zu verweisen, die das Kartellgericht getroffen hat: Das Ziel der Aktion, eine Steigerung der Kundenfrequenz während der verkaufsschwachen Sommermonate, konnte erreicht werden. Aufgrund der Inserate nahmen Interessenten an, der Normalpreis sei gesenkt worden; sie verlangten daher zusätzlich noch die bisher üblichen Rabatte. Mangels Bindung an die Ankündigung einer Preissenkung durch die Antragsgegnerin behielten Vertragshändler ihre bisherige Praxis bei der Gestaltung der Verkaufspreise trotz Werbeaktion bei.

Festgestellt ist demnach, daß die Werbeaktion der Antragsgegnerin Vertragshändler in der Gestaltung ihrer Verkaufspreise insoweit beeinflußt hat, als sie, um der durch die Werbeaktion geweckten Erwartung der Interessenten gerecht zu werden, Rabatte geben mußten, die über den üblicherweise gewährten Nachlässen lagen. Dadurch hat sich die Handelsspanne der Vertragshändler verringert. Das reicht jedoch nicht aus, um einen Verstoß gegen § 35 KartG anzunehmen:

§ 35 KartG regelt die Mißbrauchsaufsicht des Kartellgerichtes. Das Kartellgericht hat auf Antrag den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zu untersagen. Unter welchen Voraussetzungen ein Unternehmer den Markt beherrscht und daß die Antragsgegnerin den hier relevanten Markt - Markt für Fiat-(und Lancia-)Fahrzeuge - dominiert, hat das Kartellgericht überzeugend dargelegt. Auf seine - von Rechtsmittelwerber und Rechtsmittelgegner nicht in Zweifel gezogenen - Ausführungen ist zu verweisen.

§ 35 KartG nennt als Beispiel vier Mißbrauchstatbestände, von denen nach Auffassung des Antragstellers im vorliegenden Fall zwei verwirklicht sein sollen: Die unmittelbare oder mittelbare Erzwingung unangemessener Einkaufs- oder Verkaufspreise oder sonstige Geschäftsbedingungen (Z. 1) und die Benachteiligung von Vertragspartnern im Wettbewerb durch Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen (Z. 3).

Grund für die Mißbrauchsaufsicht ist der fehlende oder unzureichende Wettbewerb, der marktbeherrschende Unternehmer der Kontrolle durch die Konkurrenz entzieht, wodurch die Interessen anderer Marktteilnehmer benachteiligt werden (Gugerbauer, Das Kartellgesetz § 35 Rz 1). Durch die Mißbrauchsaufsicht soll verhindert werden, daß auf Märkten, die von einem Monopolisten oder von Oligopolisten beherrscht werden, die Marktgegenseite wirtschaftlich ausgebeutet wird (Hanreich in Wenger, Grundriß des Österreichischen Wirtschaftsrechtes II 2 Rz 52 mwN). Ein Mißbrauch der Marktmacht wäre anzunehmen, wenn die vom marktbeherrschenden Unternehmer als Voraussetzung für den Vertragsabschluß genannten Bedingungen entweder gegenüber den das Angebot nachfragenden Wirtschaftssubjekten sachlich unbegründet, also willkürlich, differenziert würden, sodaß unter gleichen Voraussetzungen eine Verzerrung der Wettbewerbs- und (oder) Unternehmenserfolgslage auf Seiten des Abnehmers die Folge wäre, oder aber eben diese Bedingungen ihrem Inhalt nach nicht gerechtfertigt wären, indem sie volkswirtschaftlich als Mißbrauch der Stellung im Markt zu bloßem unternehmenseigenen Nutzen des marktbeherrschenden Unternehmers qualifiziert werden müßten (KOG ÖBl 1977, 17 - ÖMV).

Unterschieden werden also zwei grundsätzliche Mißbrauchsvarianten:

Beeinträchtigung von Wettbewerbschancen und damit Gefährdung von Wettbewerb (Marktstrukturen) einerseits, davon unabhängig Übervorteilung von Abnehmern (Lieferanten) andererseits. Für diese Unterscheidung haben sich die Bezeichnungen "Behinderungsmißbrauch" und "Ausbeutungsmißbrauch" durchgesetzt (s. Koppensteiner, Wettbewerbsrecht aaO 254).

Nach der Rechtsprechung zu Art 86 EWGV, dem § 35 KartG nachgebildet ist, sind die Maßstäbe für die Feststellung eines Mißbrauches einer marktbeherrschenden Stellung primär den Funktionsbedingungen und Verhaltensabläufen eines Systems unverfälschten Wettbewerbes zu entnehmen. Als mißbräuchlich werden sämtliche Verhaltensweisen eines Unternehmers in beherrschender Stellung bezeichnet, die die Struktur eines Marktes beeinflussen können, auf dem der Wettbewerb gerade wegen der Anwesenheit des fraglichen Unternehmers bereits geschwächt ist, und die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden Wettbewerbes oder dessen Entwicklung durch die Verwendung von Mitteln behindern, die von den Mitteln eines normalen Produkt- oder Dienstleitungswettbewerbes auf der Grundlage der Leistungen der Marktbürger abweichen (Emmerich, Kartellrecht6, 580 f mwN).

Mißbräuchlich können daher nur wettbewerbschädigende Maßnahmen sein (Gleiss/Hirsch, Kommentar zum EWG-Kartellrecht3 Art. 86 EWGV Rz 51).

Eine Schädigung des Wettbewerbes vermag der Antragsteller nicht darzulegen: Die Antragsgegnerin hat die Vertragshändler weder ausgebeutet noch behindert. Sie hat auch weder machtbedingte Verhaltensspielräume ausgenutzt, um ein Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung durchzusetzen (so die Definition von Ausbeutungsmißbrauch bei Koppensteiner aaO 258); noch war ihre Inseratenkampagne geeignet, die Vertragshändler im Wettbewerb zu behindern. Durch die Ankündigung einer vorgezogenen Mehrwertsteuersenkung wurde die Wettbewerbsposition der Vertragshändler untereinander und auch gegenüber der Antragsgegnerin nicht geändert; sie zielte lediglich darauf ab, den Absatz ganz allgemein, also auch den der Vertragshändler, zu erhöhen, wenn auch um den Preis einer möglichen Verringerung der Handelsspanne. Die Verringerung war für die Vertragshändler nicht unvermeidlich. Bei entsprechendem Verhandlungsgeschick konnten sie von der durch die Werbeaktion ausgelösten Nachfragesteigerung profitieren, ohne aus ihrer Sicht überhöhte Rabatte gewähren zu müssen. Sie standen keineswegs nur vor der Wahl, entweder unter Verzicht auf die Handelsspanne oder sogar unter dem Einstandspreis zu verkaufen oder Kunden nachhaltig zu verärgern. Es ist ist daher auch nicht richtig, daß eine durch die Werbeaktion erreichte Absatzsteigerung nur der Antragsgegnerin zugute gekommen wäre. Ebensowenig trifft es zu, daß die Antragsgegnerin "nicht kaufmännisch kalkulierte" Verkaufspreise erzwungen habe, sodaß auch keine Gefahr bestand, daß die von der Antragsgegnerin für diesen Fall behaupteten Veränderungen der Marktstruktur eintreten würden. Die Wettbewerbsposition der Händler untereinander konnte durch die Werbeaktion schon deshalb nicht beeinflußt werden, weil die Auswirkungen für alle gleich waren: Alle Händler waren den aus ihrer Sicht überhöhten Rabattforderungen ausgesetzt; ihre individuelle - von der Werbeaktion unabhängige - taktische oder sonstige Stärke bestimmte, wie die Vertragshändler mit dieser Herausforderung fertig wurden. Daß die Antragsgegnerin nur einen Teil der Spannenreduktion durch "Minus-Deckungsbeiträge" aufgefangen hat, vermag an der Beurteilung der Aktion nichts zu ändern, weil ohnedies davon ausgegangen wird, daß die Werbeaktion geeignet war, die Handelsspanne der Vertragshändler zu verringern.

Die Werbeaktion wurde auch nicht durch einen Mangel an Wettbewerb ermöglicht, wie ihn die Untersagungsbefugnis des Kartellgerichtes ausgleichen soll (RV 633 BlgNR 17. GP, 31). Die Antragsgegnerin hätte die Werbeaktion auch dann durchführen können, wenn sie den Markt nicht beherrschte. Wäre die Antragsgegnerin nur einer von mehreren Fiat-Importeuren in Österreich, so käme der Erfolg einer solchen Aktion möglicherweise nicht nur ihr allein zugute; die Folgen für den einzelnen Vetragshändler wären aber im Grunde die gleichen. Die Auswirkungen der Inseratenkampagne waren zudem für die Händler so gering, daß keinesfalls zu befürchten ist, einzelne von ihnen könnten dadurch zum Ausscheiden aus dem Wettebwerb gezwungen worden sein (so Tahedl, Neues zum Mißbrauch marktberrschender Stellung, ecolex 1993, 683 [685]). Ob dies auch dann der Fall wäre, wenn die Antragsgegnerin ständig solche Werbeaktionen veranstaltete, braucht hier nicht geprüft zu werden, weil (nur) der festgestellte Sachverhalt zu beurteilen ist.

Allein schon der den Vertragshändlern trotz Werbeaktion verbliebene Handlungsspielraum verbietet es auch, von der faktischen Bindung ihrer Verkaufspreise oder von der Etablierung eines Preitskartells zu sprechen. Durch die Werbeaktion wurden auch keine, jedenfalls nicht aus der insoweit maßgeblichen Sicht der Letztverbraucher, "unangemessenen Verkaufspreise" i.S. des § 35 Z. 1 KartG erzwungen (s. Tahedl aaO, ecolex 1993, 685 FN 8); das gleiche gilt für die "mittelbar erzwungenen Geschäftsbedingungen" zwischen Vertragshändler und Letztverbraucher; auch sie sind nicht unangemessen.

Für einen sonstigen, vom Rekurswerber nicht ausdrücklich aufgezeigten Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung fehlt, wie schon das Kartellgericht zutreffend erkannte, jeder Anhaltspunkt. Absatzfördernde Werbemaßnahmen eines Alleinimporteurs, mögen sie auch (teilweise) nachteilige wirtschaftliche Auswirkungen für die Händler haben, können unter den hier festgestellten Umständen nicht als Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung angesehen werden (vgl. BGH GRUR 1993, 137 = WuW 1993, 313 zur Publikumswerbung des Alleinimporteurs, in der auf die günstige Finanzierungsmöglichkeit durch Kaufdarlehen hingewiesen wird, die [auch] durch Zinsenzuschüsse von Vertragshändlern finanziert werden).

Der Rekurs mußte erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 45 KartG; §§ 41, 50 ZPO.

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