Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 1.223,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 203,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist bei der Beklagten nach den Bestimmungen des ASVG in der Krankenversicherung pflichtversichert. Er leidet an einer Herzerkrankung, die unter anderem eine medikamentöse Behandlung erforderlich macht. Er begab sich zur Behandlung dieser Erkrankung zu einem Facharzt für Innere Medizin, der ein Vertragsarzt der Beklagten ist, was dem Kläger auch bekannt war. Im Zuge der Behandlung wurde eine 24-Stunden-Blutdruckmessung durchgeführt, wofür der Kläger auf Grund der Rechnung des Facharztes vom 22. 9. 1992 S 1.320,-- (inklusive Umsatzsteuer) bezahlte. Daraufhin beantragte er bei der Beklagten Kostenerstattung. Der Kläger war im dritten Quartal 1992, in welchem die Behandlung vom 21. 9. 1992 im Zusammenhang mit der 24-Stunden-Blutdruckmessung erfolgte, mehrmals bei diesem Facharzt in Behandlung, der für Leistungen in diesem Quartal auch mit der Beklagten abrechnete und insgesamt S 647,28 für Ordinationsgebühren vergütet erhielt.
Mit Bescheid vom 26. 11. 1992 lehnte die Beklagte die Kostenerstattung ab. Es handle sich bei der Behandlung um keine Kassenleistung, die über einen Krankenschein verrechnet werden könne. Ein Tätigwerden eines Arztes teils als Wahl-, teils als Vertragsarzt scheide selbst im Falle der Übereinkunft zwischen dem Arzt und dem Versicherten aus. Für die vom Vertragsarzt dem Kläger erbrachten Sachleistungen sei dieser im Rahmen des Gesamt- und Einzelvertrages entschädigt worden.
Mit der rechtzeitigen Klage begehrte der Kläger von der Beklagten die Zahlung von S 1.320,-- s. A. Durch die Blutdruckmessung habe eine wesentlich kostengünstigere, effizientere, schonendere und lebensverlängernde Medikation verordnet werden können.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, dass es sich bei dem in Anspruch genommenen Facharzt um einen Vertragsarzt der Beklagten und nicht um einen Wahlarzt handle, so dass ein Kostenerstattungsanspruch schon deshalb ausgeschlossen sei. Der Kläger habe Anspruch auf Behandlung auf Kosten der Beklagten, der Facharzt habe von ihm für die Krankenbehandlung gar nichts verlangen dürfen.
Das Erstgericht wies im ersten Rechtsgang das Klagebegehren ab. Es stelle ergänzend fest, dass es sich bei der hier angewendeten Blutdruckmessung um eine in medizinischer Hinsicht zulässige und in Bezug auf den Behandlungserfolg zweckmäßige Maßnahme handelte. Dadurch habe beim Kläger vor allem die für die Behandlung der Herzerkrankung erforderliche Medikation exakt quantifiziert werden können, wodurch die Beklagte wesentlich weniger Kosten für Medikamente zu ersetzen habe. Der verrechnete Betrag sei auch marktüblich und angemessen. Die maßgebliche Honorarordnung sehe in Bezug auf diese Blutdruckmessung keinen eigenen Tarifansatz vor. Der Arzt habe für die am 21. 9. 1992 vorgenommene Behandlung vom Kläger ein Entgelt von S 1.320,-- und von der Beklagten ein solches in nicht genau feststellbarer Höhe, jedenfalls jedoch in der Höhe des sogenannten Ordinationstarifes erhalten.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht im ersten Rechtsgang davon aus, dass der Kläger gegenüber der Beklagten Anspruch auf Ersatz der Kosten in jener Höhe habe, die bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner vom Versicherungsträger aufzuwenden gewesen wären (§ 131 Abs 1 ASVG). Bei dieser Beurteilung sei zu beachten, ob die anderen Vertragsärzte der Beklagten im Einzelfall dem Kläger eine zweckmäßige und ausreichende Behandlung zur Verfügung gestellt hätten. Deshalb, weil andere Vertragsärzte keine 24-Stunden-Blutdruckmessung durchgeführt hätten, könne nicht geschlossen werden, diese anderen Ärzte hätten dem Kläger keine zweckmäßige und ausreichende Krankenbehandlung zuteil werden lassen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers im ersten Rechtsgang nicht Folge. Nach der Krankenordnung der Beklagten habe der Versicherte das Recht, einen Wahlarzt in Anspruch zu nehmen; als solcher sei ein Arzt anzusehen, der zur Kasse in keinem Vertragsverhältnis stehe. Die Kosten der wahlärztlichen Hilfe seien vom Versicherten zu zahlen. Ihm gebühre eine Kostenerstattung, wenn nicht in demselben Kalendervierteljahr .... ein Facharzt als Wahlarzt bzw ein Facharzt des gleichen Fachgebietes als Vertragsarzt in Anspruch genommen worden sei. Dies habe der Kläger getan, weil er den Facharzt einerseits als Vertragsarzt in Anspruch genommen habe und andererseits nun Ersatz für Wahlarztkosten begehre. Ein Vertragsarzt könne aber nicht gleichzeitig auch als Wahlarzt im Sinne des ASVG in Anspruch genommen werden, weshalb auch eine Kostenerstattung bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes schon vom Gesetz wegen ausgeschlossen sei.
Der Oberste Gerichtshof hob mit Beschluss vom 28. 11. 1995, 10 ObS 166/94 (SSV-NF 9/100, RdM 1996, 122) diese Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Sache an das Erstgericht zurück. Er führte dort unter anderem aus:
Leistungen, die im Zeitpunkt der grundsätzlichen Einigung über die Positionen der Honorarordnung auf Kosten des Versicherungsträgers nicht zu erbringen waren, die jedoch später Gegenstand der Leistungen wurden, auf die die Versicherten gegenüber dem Versicherungsträger Anspruch haben, seien, sofern sie in ihrem Umfang und in ihrer Qualität den Leistungen entsprechen, für die Sondertarife vorgesehen sind, nicht Gegenstand des Gesamtvertrages und der aus diesem abzuleitenden Behandlungspflicht der Vertragsärzte. Notwendige, in den Gesamtverträgen aber nicht vorgesehene Leistungen sei der Versicherte auch dann zu fordern berechtigt, wenn sich die Vertragsärzte berechtigt weigern, diese Leistungen auf Kosten der Krankenversicherung zu erbringen. Ein Versicherter dürfe einen Vertragsarzt privat in Anspruch nehmen und habe Anspruch auf spätere Kostenerstattung, wenn es sich um Leistungen handle, die der Vertragarzt auf Rechnung der Krankenversicherung nicht erbringen darf. Im vorliegenden Fall handle es sich bei der 24-Stunden-Blutdruckmessung um eine verhältnismäßig neue Untersuchungsmethode, die den großen Vorteil habe, dass sie zahlreiche Werte über 24 Stunden erhebt und speichert, was angesichts der großen Schwankungsbreite, der der normale Blutdruck unterliegt, eine wichtige Zusatzinformation bedeute. Es stehe bereits jetzt fest, dass die beim Kläger angewandte Untersuchungsmethode im Rahmen der ausreichenden und zweckmäßigen Krankenbehandlung blieb und auch das Maß des Notwendigen nicht überschritt (§ 133 Abs 2 ASVG); der Kläger habe daher grundsätzlich Anspruch auf Kostenersatz gegenüber dem beklagten Versicherungsträger. Dennoch sei die Sache nicht spruchreif. Wenngleich keine Bedenken dagegen bestünden, dass ein Vertragsarzt anlässlich der Behandlung eines Versicherten neben dem Honorar der Krankenkasse für Vertragsleistungen auch ein Privathonorar für andere Leistungen (nicht für Vertragsleistungen) entgegennehme, so setze dies voraus, dass dieses Privathonorar für eine ärztliche Leistung zu erbringen sei, die nicht bereits durch das Kassenhonorar abgegolten sei. Nach der unter den Beilagen erliegenden Kostenkalkulation für die 24-Stunden-Blutdruckmessung seien im Gesamtbetrag auch Aufwandskosten einer Untersuchung enthalten. Es sei nicht ausreichend geklärt, inwieweit der behandelnde Arzt für Untersuchungen am 21. und 22. 9. 1992 bereits durch das Kassenhonorar entlohnt worden sei. Der von der Beklagten zu leistende Kostenersatz habe jedoch nur zu erfolgen, soweit eine solche Honorierung nicht bereits stattgefunden habe, weil es im anderen Fall zu einer Doppelhonorierung der Leistung kommen würde.
Im zweiten Rechtsgang erkannte das Erstgericht die Beklagte schuldig dem Kläger S 800 zu zahlen; das Mehrbegehren von S 520 und das Zinsenbegehren wies es (rechtskräftig) ab. Es traf unter anderem auf Grund von Sachverständigengutachten ausführliche Feststellungen hinsichtlich des Vorganges beim Anlegen und der Abstandnahme des Messgerätes, der Auswertung, der Gerätekosten und der betriebswirtschaftlichen Kosten eines Anwendungsfalles, der Kostenkalkulation des vom Kläger konsultierten Facharztes und der von der OÖ Gebietskrankenkasse ihrer Honorarregelung zugrunde liegenden Kostenkalkulation. Bei seiner rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht vor allem von einem Vergleich mit den von Fachärzten für innere Medizin in Vorarlberg auch im September 1992 erbrachten Leistungen und den diesbezüglichen Kalkulationen aus. Es erscheine sachgerecht, die konkrete Position neben dem Ordinationstarif hypothetisch mit S 800 festzusetzen. Diesen hypothetisch anzunehmenden Vertragstarif-Ersatzbetrag habe die Beklagte dem Kläger unter Ausklammerung der bereits bezahlten Ordinationsgebühr zu ersetzen.
Das Berufungsgericht gab der nur von der Beklagten gegen die Stattgebung eines Teilbetrages von S 730,27 im zweiten Rechtsgang erhobenen Berufung nicht Folge. Nach dem Aufhebungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs sei nur aufklärungsbedürftig, inwieweit der Arzt für die Erbringung der Leistung bereits eine Abgeltung von der Beklagten erhalten habe; sonstige und weitere Parameter der Leistung, etwa die Angemessenheit oder kalkulatorische Richtigkeit der Honorarnote seien nicht mehr zu überprüfen gewesen. Daher sei auf die Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht einzugehen. Auf die bemängelten Feststellungen komme es ebensowenig an wie darauf, ob das Erstgericht die Bestimmung des § 273 ZPO anwenden durfte oder ob die Ermittlung des zugesprochenen Betrages der Höhe nach gerechtfertigt sei. Der Kostenersatz wäre mit dem begehrten Betrag von S 1.320 zu veranschlagen gewesen; davon seien maximal die dem Arzt bezahlten Behandlungsbeiträge (Ordinationsleistungen) von S 269,70 abzuziehen, so dass ein Rest von S 1.023,30 jedenfalls berechtigt wäre. Dieser Betrag sei aber durch den Zuspruch des Erstgerichtes gedeckt. Daher erübrige sich ein Eingehen auf die Berufungsausführungen.
Der Oberste Gerichtshof hob mit Beschluss vom 16. 3. 1999, 10 ObS 422/98a, dieses Urteil auf und verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück. Er führte dort unter anderem aus:
Ausgangspunkt sei der Aufhebungsbeschluss vom 28. 11. 1995, 10 ObS 166/94. Dabei habe es sich um eine Aufhebung nach § 496 Abs 1 Z 3 ZPO, gehandelt, weil "nach Inhalt der Prozessakten" dem Revisionsgericht "erhebliche scheinende Tatsachen in erster Instanz gar nicht erörtert wurden." Grund für die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht seien Feststellungsmängel auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung gewesen (sog. sekundäre Mängel); die Bestimmung des § 496 Abs 2 ZPO, wonach sich das Verfahren vor dem Prozessgericht im Falle der Z 1 auf die unerledigt gebliebenen Ansprüche und Anträge, im Falle der Z 2 auf die durch den Mangel betroffenen Teile des erstrichterlichen Verfahrens und Urteils zu beschränken haben, gelte daher hier nicht. Die Beklagte mache in ihrer Revision mit Recht geltend, dass im zweiten Rechtsgang die vom Obersten Gerichtshof als aufhebende Instanz in keiner Weise abschließend erledigte Höhe der Forderung zu prüfen gewesen sei. Abschließend erledigt sei nämlich nur die Frage, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten grundsätzlich Anspruch auf Kostenersatz für die 24-Stunden-Blutdruckmessung zukomme.
Das Berufungsgericht hob daraufhin das im zweiten Rechtsgang gefällte Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Sache an dieses zurück (25 Rs 101/98h). Nach seiner Rechtsauffassung sei bei der Bestimmung des Kostenersatzes für eine Leistung im sogenannten kassenfreien Raum eine bereits bestehende vertragliche Regelung analog heran zu ziehen, indem versucht werde, einen "sozialversicherungsrechtlichen Marktpreis" zu ermitteln, wie dies im Schrifttum vorgeschlagen worden sei (Kletter, Kostenerstattung und Sachleistungsvorsorge, SozSi 1994, 27 ff; derselbe, Die höchstgerichtliche "Neuregelung" von Zahlbehandlung und Zahnersatz, ZAS 1994, 43 ff; vgl auch Binder, Zahnbehandlung und Zahnersatz aus sozialrechtlicher Sicht, ZAS 1993, 337 ff). Es sei noch fraglich, ob die vom Erstgericht herangezogene Leistung der Ergometrie als eine der hier in Rede stehenden Leistung vergleichbare Leistung qualifiziert werden könne, weil nähere Feststellungen über den jeweiligen Geräte- und Personalaufwand fehlten. Es sei zu prüfen, ob in der seinerzeit geltenden Honorarordnung analog heran zu ziehende Tarife ausfindig gemacht werden könnten. Trotz Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof blieb dieser Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes unangefochten.
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei im dritten Rechtsgang schuldig, dem Kläger S 730,27 zu zahlen. Es traf dazu folgende Tatsachenfeststellungen:
Der vom Kläger konsultierte Vertragsfacharzt erhielt im dritten Quartal 1992 einen durchschnittlichen Punktewert von 8,99 bei 58.830 Punkten. Am 21. 9. 1992 legte er dem Kläger das Blutdruckmessgerät für 24 Stunden persönlich an, dabei erklärte er ihm, wie er sich verhalten müsse, wenn etwas Ungewöhnliches auftrete. Am nächsten Tag wurde dem Kläger in der Facharztordination das Gerät von einer Assistentin wieder abgenommen. Wenige Tage später besprach der Arzt in der Ordination das offensichtlich von ihm selbst ausgewertete Ergebnis mit dem Kläger. Insgesamt erforderte die persönliche Tätigkeit des Arztes etwa 20 Minuten, jene der Assistentin zusätzlich ebenfalls 20 Minuten. Der Arzt erhielt im dritten Quartal 1992 für die Blutdruckmessungen des Klägers eine Ordinationsgebühr von 3 x S 89,90, also zusammen S 269,70. Damit wurde die übliche "Ordinationsroutine" abgegolten, die bei jedem auf die ärztliche Behandlung abzielenden Aufsuchen der Ordination durch einen Versicherten erfolgt. Das 24-Stunden-Blutdruck-Monitoring ist ein Diagnoseverfahren, das sich von der üblichen "Ordinationsroutine" unterscheidet und bei dem regelmäßig folgende Arbeitsgänge anfallen:
Ein Blutdruckmessautomat wird für einen Patienten vorbereitet. Daraufhin wird der Patient informiert über die Notwendigkeit des Diagnoseverfahrens, die Art des Messvorganges, das Patientenverhalten während der Messung, Erklärungen zum Patientenprotokoll, die Aufklärung über mögliche Komplikationen, das Vorgehen bei solchen und die anfallenden Kosten. Sodann wird dem Patienten eine "frische" Blutdruckmanschette so angelegte, dass sie erwartungsgemäß 24 Stunden lang zu verlässlichen Messwerten führt, und das Gerät angeschlossen. Die Messgenauigkeit wird mit Hilfe von Vergleichsmessungen kontrolliert und der Termin für die Geräteabnahme vereinbart. Danach erfolgt der Messvorgang: Während 24 Stunden werden etwa 66 Blutdruckvorgänge im Alltag während der üblichen Belastung gemessen, tagsüber im 20-Minuten-Intervall, nachts in 30 bis 60-Minuten-Abständen. Der Patient fertigt Notizen über seinen Tagesablauf an. Das zurück gebrachte und abgenommene Messgerät wird in der Ordination an den PC angeschlossen, die Daten werden eingelesen, das Patientenprotokoll editiert. Bei unklaren Messdaten sind Rückfragen an den Patienten erforderlich. Die Messdaten werden schließlich statistisch verarbeitet, als Rohbericht auf 8 Papierseiten ausgelesen und vom Arzt interpretiert. Am Tag nach der Abnahme müssen die Batterien des Gerätes neu aufgeladen werden. Nach dem zeitlichen Aufwand und nach der Leistung wäre die 24-Stunden-Blutdruckmessung am besten mit dem "Holtermonitoring" vergleichbar; diese Sonderleistung war aber in der Honorarordnung noch nicht enthalten. Im Zeitraum September 1992 ist eine Vergleichbarkeit am ehesten mit folgenden, in der Honorarordnung enthaltenen Positionen gegeben: 34d Ergometrie + Ruhe-EKG sowie ein zusätzliches EKG am nächsten Tag, worunter man das 34b Ruhe-EKG und 3 Brustwandableitungen zu verstehen hat. Der Position 34d werden 80 Punkte zugeordnet, der Position 34b 30 Punkte. Der Erklärungsbedarf des Arztes gegenüber seinem Patienten war jedoch bei der 24-Stunden-Blutdruckmessung wesentlich höher. Weder die Cardiotokographie (CTG) noch die Vaginalsonographie sind "vergleichbare Leistungen". Der durchschnittliche Punktewert aller Vertragsärzte der beklagten Partei betrug damals S 8,70.
Rechtlich ging das Erstgericht von der festgestellten Vergleichbarkeit der oben dargestellten Untersuchungsmethoden aus, weshalb die hier strittige Leistung mit insgesamt 110 Punkten zu einem Punktewert von S 8,70, also mit S 957,-- zu honorieren sei. Daraus ergebe sich, dass es auch im dritten Rechtsgang bei einem Zuspruch von S 800,-- zu bleiben habe. Durch das Kassenhonorar habe die beklagte Partei dem Vertragsarzt für die konkrete Behandlung bereits S 269,70 bezahlt, womit die "übliche Ordinationsroutine" abgegolten sei, die mit der Sonderleistung nichts zu tun habe. Von den errechneten S 957,-- sei kein Abzug vorzunehmen, da im typischen Fall die Ordinationsgebühr neben der Sonderleistung zustehe. Im Hinblick darauf, dass sich der "sozialversicherungsrechtliche Marktpreis" ermitteln habe lassen, seien keine Feststellungen zum "Marktpreis" der Leistung zu treffen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und billigte auch dessen rechtliche Beurteilung. Die zusätzlich begehrte Feststellung, dass die Gerätekosten für die 24-Stunden-Blutdruckmessung 1992 S 104,-- je Anwendungsfall betragen hätten, sei nicht relevant. Wenn die Cardiotokographie und Vaginalsonographie mangels Vergleichbarkeit ausgeschieden worden seien, schade es nicht, dass der Personal- und Geräteaufwand dieser Leistungen nicht festgestellt worden sei. Vergleichbare Sonderleistungen seien zusätzlich zur Ordinationsgebühr zu honorieren. Das Berufungsgericht sprach die Zulässigkeit der ordentlichen Revision aus, weil die Honorierung von Leistungen im kassenfreien Raum von erheblicher Bedeutung sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen oder ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist mangels einer einschlägigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der
Sache ist zutreffend. Sie wird übrigens von der neueren Judikatur des
Verfassungsgerichtshofes bestärkt, der - wenn auch in einem anderen
Zusammenhang (nämlich hinsichtlich Zahnersatz als Sachleistung unter
Kostenbeteiligung oder an deren Stelle Kostenzuschuss) -
ausgesprochen hat, dass Kostenzuschüsse für Leistungen, hinsichtlich
derer ein Tarif mangels Zustandekommens entsprechender vertraglicher
Vereinbarungen nicht vorgesehen sei, sich jedenfalls an den für
vergleichbare Pflichtleistungen festgelegten Tarifen zu orientieren
haben (VfGH 17. 10. 1998, V 81/97, SozSi 1998, 961 mit Kommentar von
Kletter aaO 964). Der Senat hat sich dieser Auffassung zuletzt
angeschlossen (18. 4. 2000, 10 ObS 75/00b). Damit wird in der
gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich einem Kostenersatz
nach "Marktpreisen", der auch in einigen Entscheidungen des Obersten
Gerichtshofes erwogen, jedoch niemals tatsächlich zugesprochen wurde
(etwa 10 ObS 226/92 = SSV-NF 6/114 = JBl 1993, 467 = DRdA 1993, 294
[Binder]; 10 ObS 73/98b = SSV-NF 12/58), eine Absage erteilt. Welche
tariflich erfasste Pflichtleistung nun mit der im konkreten Fall erfolgten Behandlung oder Untersuchung vergleichbar ist, kann nicht generell gesagt, sondern nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und stellt in erster Linie eine Tatfrage dar. Dabei kann es durchaus einerseits auf die Art der Leistungen an sich, also auf ihre Methode und ihren Zweck, andererseits aber auch auf den im Einzelfall erforderlichen Sach- und Personalaufwand ankommen. Der Einwand der Revisionsweberin, es sei ein Widerspruch in sich, einen Preis für eine Leistung kalkulieren zu wollen und dabei den Sach- und Personalaufwand unberücksichtigt zu lassen, lässt außer Acht, dass schon das Erstgericht diesen Aufwand eingehend dargestellt hat, dass es aber vorrangig nicht um die Kalkulation eines Preises geht, sondern um die Honorierung von Leistungen, für die in der Honorarordnung keine Tarife vorgesehen sind. Deshalb gehen alle Überlegungen der Revisionswerberin zur Vergleichbarkeit der hier in Rede stehenden 24-Stunden-Blutdruckmessung mit anderen Methoden wie der Cardiotokographie (CTG) oder der Vaginalsonographie fehl, zumal eine solche Vergleichbarkeit auf Grund der Feststellungen des Erstgerichtes zu verneinen ist.
Auch der rechtliche Ansatz, die Honorierung der Leistung an einem allenfalls bestehenden Sondertarif eines anderen Krankenversicherungsträgers zu messen, ist nicht zielführend und wird auch nicht, wie die beklagte Partei behauptet, im Schrifttum vertreten (Geppert, Einzel- und Gesamtstreitigkeiten in der Sozialversicherung, DRdA 1987, 177, 183), weshalb nicht eigens festgestellt zu werden brauchte, dass in der Honorarordnung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse seit 1. 4. 1994 die Position 24-Stunden-Blutdruckmessung mit S 339,43 als Sondertarif vereinbart worden sei.
Was schließlich den Einwand betrifft, der Vertragsarzt habe im fraglichen Zeitraum für den Kläger keine anderen Leistungen außer der 24-Stunden-Blutdruckmessung erbracht, weshalb die Ordinationsgebühr abzuziehen sei, ist der Revisionswerberin entgegen zu halten, dass sich der an einer Herzerkrankung leidende Kläger nach den Feststellungen in die Behandlung dieser Erkrankung durch den Vertragsarzt begab und die Blutdruckmessung "im Zuge der diesbezüglichen Behandlung" durchgeführt wurde.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG (Kostenbemessungsgrundlage aber nur S 730,27 und nicht S 50.000,--).
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