Spruch:
Das Revisionsverfahren wird von Amts wegen fortgesetzt.
Der Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil wird nicht Folge gegeben. Hingegen wird den Rekursen beider Parteien gegen den Aufhebungsbeschluss Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt, dass das Urteil des Gerichtes erster Instanz einschließlich seiner Kostenentscheidung zur Gänze wieder hergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen Betrag von S 31.610,40 an Kosten des Rechtsmittelverfahrens einschließlich der Vertretungskosten vor dem Verfassungsgerichtshof (darin enthalten S 5.268,41 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin nahm vom 13. 11. bis 23. 12. 1996 ärztliche Hilfe eines Facharztes für Zahnheilkunde in Anspruch, der kein Vertragsarzt der Beklagten ist. Es wurden vier Zahnimplantate eingesetzt und an diesen eine Unterkiefer-Modellgussprothese mit Suprakonstruktion über 14 Zähne befestigt. Der Klägerin wurden für Anästhesie S 600,--, für die Implantate S 36.000,--, für die Prothese S 12.000,-- und für die Suprakonstruktion S 20.000,-- insgesamt einschließlich Umsatzsteuer S 82.320,-- in Rechnung gestellt. Die Klägerin hat dieses Honorar bezahlt und die Honorarnote bei der beklagten Partei zur Kostenerstatttung eingereicht; diese erstattete jedoch nur S 16.200,--. Der darüber hinausgehende Antrag auf Kostenerstattung wurde mit Bescheid vom 19. 2. 1998 unter Hinweis auf §§ 131 und 153 ASVG und §§ 32 und 35 der Satzung abgewiesen. Die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der zahnärztlichen Maßnahmen ist nicht bestritten.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin rechtzeitig Klage mit dem zuletzt gestellten Begehren, ihr einen weiteren Betrag von S 66.120,-- zu ersetzen. Unter anderem führte sie aus, die Bestimmung des § 131 Abs 1 ASVG, die bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes lediglich einen Ersatz der Kosten dieser Krankenbehandlung im Ausmaß von 80 vH des Betrages vorsehe, der bei Inanspruchnahme der Vertragspartner aufzuwenden gewesen wäre, sei verfassungswidrig. Soweit die Satzung eine Kostenbeteiligung vorsehe, sei sie gesetzwidrig.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kostenersatzanspruch der Klägerin für den unentbehrlichen Zahnersatz sei gesetz-, satzungs- und tarifmäßig berechnet worden. Bei einer solchen Leistung sei eine Kostenbeteiligung der Versicherten obligat; sie betrage bei abnehmbarem Zahnersatz (Metallgerüstprothese) 50 vH. Bei festsitzendem Zahnersatz (Implantate) sei als Kostenzuschuss für außervertragliche Leistungen in der Satzung ein Betrag von 2.200 S pro Zahn tarifiert.
Das Erstgericht wies dieses Klagebegehren ab. Die Beklagte habe den Kostenerstattungs- und Zuzahlungsanspruch auf Basis des geltenden Rechtes ordnungsgemäß berechnet. Nach § 153 Abs 2 ASVG könne der unentbehrliche Zahnersatz unter Kostenbeteiligung des Versicherten gewährt werden; an Stelle der Sachleistungen könnten auch Zuschüsse zu den Kosten eines Zahnersatzes geleistet werden. Das Nähere werde durch die Satzung bestimmt. Zahnbehandlung und Zahnersatz würden nach § 153 Abs 3 ASVG als Sachleistung ua durch Vertragsärzte oder Wahlärzte (§ 131 Abs 1) gewährt. Nehme der Anspruchsberechtigte nicht die Vertragspartner oder die eigenen Einrichtungen (Vertragseinrichtungen) des Versicherungsträgers zur Erbringung der Sachleistung in Anspruch, so gebühre ihm nach § 131 Abs 1 ASVG der Ersatz der Kosten im Ausmaß von 80 vH des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre. Die Beklagte leiste nach § 32 Abs 1 ihrer Satzung die Zahnbehandlung und den unentbehrlichen Zahnersatz im Umfang der Anhänge 1, 2 und 3. Als unentbehrlicher Zahnersatz werde (nach Abs 3) im Allgemeinen der abnehmbare Zahnersatz samt medizinisch notwendiger Halteelemente (Klammerzahnkrone) erbracht; festsitzender Zahnersatz werde nur dann erbracht, wenn ein abnehmbarer aus medizinischen Gründen nicht möglich sei. Implantate würden (nach Abs 4) jedenfalls als festsitzender Zahnersatz gelten. Anhang 2 der Satzung habe (1996) für Implantate im Zusammenhang mit einem abnehmbaren oder einem notwendigen festsitzenden Zahnersatz pro Implantat einen Kostenzuschuss von 2.100 S und für ein funktionell notwendiges Halteelement einen solchen von 480 S vorgesehen. Kosten für Anästhesien seien darin enthalten. Für unentbehrlichen Zahnersatz seien gemäß § 35 Abs 5 der Satzung vom Versicherten Zuzahlungen zu leisten; deren Höhe sei im Anhang 4 der Satzung für Metallgerüstprothesen mit 50 vH der mit den Vertragspartnern jeweils vereinbarten Tarifsätze (hier S 11.550) festgelegt. Der Kostenerstattungsanspruch der Klägerin, die eine Wahlzahnärztin in Anspruch genommen habe, errechne sich daher wie folgt: 4 Implantate a S 2.100 ergebe S 8.400, Metallgerüstprothese abzüglich Zuzahlung von 50 vH (S 5.557), hievon 80 vH ergebe S 4.620, Halteelement S 480, zusammen S 13.500 zuzüglich 20 % USt von S 2.700 ergebe den Betrag von S 16.200, welcher der Klägerin bereits ausgezahlt worden sei. Ihr Klagebegehren sei daher zur Gänze unberechtigt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nur teilweise Folge. Es bestätigte die Abweisung eines Teilbetrages von S 32.280,-- mit Teilurteil, hob das erstgerichtliche Urteil im Übrigen auf und verwies die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach weiters aus, dass die Revision und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig seien. In rechtlicher Hinsicht beurteilte es den Sachverhalt wie folgt:
Der Ansicht der Klägerin, dass die Beschränkung der Kostenerstattung auf 80 vH des Vertragstarifes durch § 131 Abs 1 ASVG idF BGBl 1996/411 verfassungswidrig sei, könne nicht gefolgt werden. Sie verstoße weder gegen den Gleichheitsgrundsatz noch gegen den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz und auch nicht gegen das Grundrecht der Erwerbsfreiheit. Die Satzung gewähre im Fall des festsitzenden Zahnersatzes eine Geldleistung, im Fall des abnehmbaren Zahnersatzes eine Sachleistung. Im außervertraglichen Bereich könne ein Arzt sein Honorar frei bestimmen, der Versicherte habe aber nur Anspruch auf die Zuschusszahlung durch den Versicherungsträger im Ausmaß von 50 vH des - im fortgesetzten Verfahren noch festzustellenden - Marktpreises der erbrachten Leistung. Das erstinstanzliche Urteil sei daher in der Abweisung eines Klagebetrages von S 32.280,-- (S 38.400,-- Rechnungsbetrag abzüglich S 6.120,-- als Zahlung der Beklagten für vertragliche Leistungen) zu bestätigen, im Übrigen aufzuheben.
Gegen das Teilurteil richtet sich die Revision der Klägerin, in der unter anderem verfassungsrechtliche Argumente gegen die Bestimmung des § 131 Abs 1 ASVG vorgetragen werden. Sie regte an, der Oberste Gerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Aufhebung des § 131 Abs 1 und 6 ASVG als verfassungswidrig und der jeweils einschlägigen Satzungsbestimmungen als gesetzwidrig stellen. Gegen den Aufhebungsbeschluss richten sich die Rekurse beider Parteien. In den Rechtsmittelgegenschriften wird beantragt, jeweils dem Rechtsmittel der anderen Partei nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat mit seinem Beschluss vom 16. März 1999, 10 ObS 51/99v, die Revision gemäß § 46 Abs 1 ASGG für zulässig angesehen, weil die nicht auszuräumenden Bedenken gegen die Verfassungskonformität der präjudiziellen Bestimmungen ein Normenprüfungsverfahren angezeigt erscheinen ließen, und beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 B-VG den Antrag gestellt,
1. in § 131 Abs 1 ASVG in der Fassung des Art I Z 103 des Sozialrechts-Änderungsgesetzes (SRÄG) 1996 BGBl 411 (53. Novelle zum ASVG) die Wortfolge "von 80 vH" und 2. § 131 Abs 6 ASVG in der Fassung Art I Z 7 des zweiten Sozialrechts-Änderungsgesetzes (SRÄG) 1996 BGBl 764 zur Gänze als verfassungswidrig sowie 3. in der Satzung 1995 der Beklagten in ihrer Fassung der 1. und der 3. Änderung Amtliche Verlautbarung Nr 86/1996 (SozSi 1996, 754) und Nr 94/1997 (SozSi 1997, 672) den Ausdruck "von 80 %" in § 32 Abs 7 als gesetzwidrig aufzuheben. Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wurde gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 18. März 2000, G 24/98-26a, den Antrag in allen Punkten abgewiesen und dies in der Sache (Teil B) wie folgt begründet:
"1.1. Zu der in diesem Verfahren in erster Linie strittigen Frage, ob die für den Fall der Inanspruchnahme eines Wahlarztes zur Krankenbehandlung in § 131 Abs 1 ASVG in der Fassung der 53. Novelle zum ASVG, BGBl Nr 411/1996, im Verhältnis zur bis dahin in Geltung gestandenen Fassung des Stammgesetzes vorgesehene Einschränkung der Erstattung von Kosten der Krankenbehandlung von jenem Betrag, den der Versicherungsträger bei Inanspruchnahme eines Vertragspartners hätte aufwenden müssen, auf 80 vH dieses Betrages dem Gleichheitssatz widerspricht, hat der Verfassungsgerichtshof folgende Überlegungen angestellt:
1.1.1. Es vermag die "Gleichwertigkeit der Leistungserbringung" nichts daran zu ändern, daß es im Falle der Honorierung von Vertragsärzten um Leistungen des Krankenversicherungsträgers im Rahmen eines abgeschlossenen Arztvertrages ("Einzelvertrag") geht, dessen Bestandteil die Honorarordnung ist, zu deren Einhaltung sich die Vertragspartner verpflichtet haben, ohne daß die Verrechnung eines zusätzlichen Entgeltes gegenüber den Versicherten zulässig wäre, während im anderen Fall der Versicherte selbst einen Arzt außerhalb des Vertragsärztesystems in Anspruch nimmt und dafür - ungeachtet der "Gleichwertigkeit der Leistung" - einen (gegenüber der Honorarordnung der Vertragsärzte in der Regel deutlich höheren) Marktpreis zu entrichten hat. Aus der Gleichwertigkeit der Leistungen kann daher im Falle des Kostenersatzes kein Verfassungsgebot in der Richtung abgeleitet werden, daß der Krankenversicherungsträger sich bei der Kostenerstattung der Höhe nach unter allen Umständen an der Honorarordnung zu orientieren hätte.
1.1.2. Wie insbesondere der Oberste Gerichtshof in seinen Anträgen selbst einräumt, unterliegen die Vertragsärzte als Gegenleistung dafür, daß sie mit einer entsprechend stabilen Einkommensmöglichkeit durch den Patientenkreis der sozialversicherten Personen rechnen können, einer Reihe von vertraglichen Verpflichtungen, die für alle anderen niedergelassenen Ärzte nicht gelten. Schon diese Unterschiede im Tatsächlichen lassen eine schematische Betrachtungsweise beider Möglichkeiten der Leistungserbringung sub titulo ihrer medizinischen Gleichwertigkeit nicht zu. Im übrigen geht es im vorliegenden Fall der Sache nach nicht um die Zulässigkeit einer Verschiedenbehandlung der Ärzte, zumal die Honorarnote des Wahlarztes vom Patienten in voller Höhe beglichen, insoweit auch der Wert der von ihm erbrachten Leistung durch nichts in Frage gestellt wird und der Wahlarzt auch in der Frage der Kostenerstattung nicht weiter wirtschaftlich involviert ist.
1.1.3. Auch der "Grundsatz der freien Arztwahl", dem die genannte Bestimmung nach den Anträgen dienen soll, ist - wie die Bundesregierung mit Recht betont - kein Verfassungsgrundsatz. Er ist vielmehr der einfachgesetzlichen Ausgestaltung vorbehalten und kann insoweit auch eingeschränkt werden, sofern die Einschränkung nicht ihrerseits verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Es ist im übrigen auch nicht ersichtlich, aus welchem Grunde durch eine Beschränkung der Kostenerstattung der Grundsatz der freien Arztwahl betroffen wäre, zumal der krankenversicherte Patient nicht vom Sozialversicherungsträger einem bestimmten Arzt zugewiesen wird, sondern seinen Vertrauensarzt unter mehreren Vertragsärzten, allenfalls auch unter Wahlärzten weiterhin frei wählen kann.
1.2. Nicht anders verhält es sich im Ergebnis mit der vom Oberlandesgericht Graz unter Gleichheitsgesichtspunkten vertretenen Auffassung, es sei die "Frequentierung von Wahlärzten und von Vertragsärzten in möglichst gleicher Weise [zu] gewährleisten" und dürfe nicht "Teile der Versichertengemeinschaft (insbesondere weniger Begüterte) von der Inanspruchnahme eines Wahlarztes ausschließen". Der duch Wahlarztpatienten verursachte höhere Verwaltungsaufwand sei - nach Auffassung dieses Oberlandesgerichtes - von der gesamten Versichertengemein- schaft zu tragen und dürfe nicht nur den Wahlarztpatienten angelastet werden.
1.2.1. Darauf ist zunächst zu erwidern, daß ein in Abhängigkeit von der Höhe des Erwerbseinkommens beitragsfinanziertes System der gesetzlichen Krankenversicherung wie jenes im ASVG geregelte, welches die Bereitstellung von gesundheitsbezogenen Leistungen primär als Sachleistungen und hier wieder vorrangig durch niedergelassene Vertragsärzte, sodann auch durch Vertragseinrichtungen und eigene Einrichtungen der Sozialversicherungsträger bewirkt (vgl das E vom 10. März 1999, G 64, 65/98), an sich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Die denkbaren Alternativen eines solchen Sachleistungssystems hat der Gesetzgeber - worauf der Gerichtshof ebenfalls in dem zuletzt genannten Erkenntnis hingewiesen hat - dahin eingeschränkt, daß er den Sozialversicherungsträger verpflichtet, in erster Linie (§ 338 Abs 1 ASVG) Verträge mit niedergelassenen freiberuflich tätigen Ärzten (und anderen befugten Berufsgruppen) auf der Grundlage von Gesamtverträgen abzuschließen: Gem. § 338 Abs 2 ASVG ist durch solche Verträge "die ausreichende Versorgung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen sicherzustellen".
1.2.2. In einem solchen System ist es von verfassungswegen nicht geboten, "die Frequentierung von Vertragsärzten und Wahlärzten in möglichst gleicher Weise zu gewährleisten"; es darf aber ohne Vorliegen besonderer Gründe angesichts des hohen Stellenwertes, welcher der Gesundheit zukommt, nicht die Folge eines solchen, vom Gesetzgeber eingerichteten Systems sein, den Zugang zur anderweitigen ärztlichen Versorgung auch dann zu erschweren oder gar unmöglich zu machen, wenn dies für den Versicherungsträger keinen höheren Kostenaufwand verursachte, als er bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes entstünde. Angesichts des wichtigen öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung kann nämlich ein Bedarf nach wahlärztlicher Hilfe, sei es im Falle von Systemlücken (zB regional unzureichende Dichte an einem Vertragsärzteangebot bestimmter Fachrichtungen), sei es wegen der Besonderheiten des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient, nicht geleugnet werden, wovon im übrigen auch das Gesetz in § 135 Abs 2 ASVG, durch die Erwähnung der Wahlärzte neben den Vertragsärzten selbst ausgeht.
1. .3. Soweit die angefochtene Regelung vorsieht, daß bei Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe außerhalb des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung an den Versicherten um 20 vH herabgesetzte Leistungen gegenüber jenen Leistungen zu erbringen sind, die der Versicherungsträger bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes zu entrichten gehabt hätte, bedarf dies daher der sachlichen Rechtfertigung. Einer solchen Rechtfertigung entbehrt die Regelung im Ergebnis jedoch nicht:
1.3.1. Der Gesetzgeber ist nach dem bisher Gesagten von verfassungswegen nicht verhalten, Mehraufwendungen, welche durch eine Inanspruchnahme von ärztlicher Hilfe bei einem Wahlarzt entstehen, auf alle Versicherten zu verteilen. Es darf damit vielmehr die Verursacher belasten. Es ist auch verfassungsrechtlich zulässig, solche Mehraufwendungen im Wege einer vergröbernden Regelung pauschalierenden Charakters (dazu allgemein vgl zB VfSlg 3595/1959, 5318/1966, 8457/1978) zu berücksichtigen, sofern diese nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens widerspricht (VfSlg 13726/1994).
1.3.2. Als Grundlage einer solchen Regelung darf der Gesetzgeber freilich nicht nur die tatsächlichen Verwaltungsmehrkosten berücksichtigen, die durch die Kostenrückerstattung nach Inanspruchnahme eines Wahlarztes, aber auch allenfalls durch besondere Kontrollmaßnahmen entstehen, sondern er darf auch andere potentielle Kostenfaktoren mit in Betracht ziehen, wie zB eine im Verhältnis zu Vertragsärzten zusätzlich erschwerte Sicherstellung der Beachtung ökonomischer Grundsätze bei der Leistungserbringung durch Wahlärzte. Wenn die damit im Interesse der Systemerhaltung erzielte Kostenersparnis allenfalls auch eine gewisse Schranke des Zuganges zu Wahlärzten mit sich bringt, so vermag dies an der verfassungsrechtlichen Beurteilung einer solchen Regelung nichts zu ändern.
1.3.3. Die Bewertung der Notwendigkeit und der Wirkung einer solchen Regelung ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, soweit dieser nicht erkennbar von unzutreffenden Annahmen ausgeht oder die Regelung sonst sachlichen Bedenken begegnet. Es bestehen angesichts der von den beteiligten Krankenversicherungsträgern, aber auch von der Bundesregierung dargelegten, insoweit im Verfahren auch unbestritten gebliebenen Zusammenhänge keine Bedenken gegen die Annahme des Gesetzgebers, es sei angesichts der Zunahme der Fälle von Inanspruchnahmen von Wahlärzten und unter Berücksichtigung aller genannten Kostenfaktoren zur Hintanhaltung einer übermäßigen Belastung der Krankenversicherungsträger erforderlich, die Erstattungsbeträge gegenüber dem Vertragsarzttarif um 20 % zu senken. Dabei ist es nicht erforderlich, daß der Verfassungsgerichtshof in eine betriebswirtschaftliche Feinanalyse der dabei berücksichtigten Kostenfaktoren eintritt."
Nach Zustellung dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes war das unterbrochene Revisionsverfahren von Amts wegen fortzusetzen.
Demnach erweist sich die Revision der Klägerin aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen (Teil-)Urteils als unberechtigt. Hingegen kommt den Rekursen gegen den Aufhebungsbeschluss (zumindest im Ergebnis) insoweit Berechtigung zu, als die Sache im Sinne einer vollen Abweisung des Klagebegehrens spruchreif ist.
Wie schon das Berufungsgericht dargelegt hat, bestreitet die Klägerin nicht, dass die Abrechnung der ihr bereits erstatteten Kosten von S
16.200 im Sinne der Entscheidung des Erstgerichtes der hier anzuwendenden Satzung der Beklagten einschließlich ihrer Anhänge und der Honorarordnung füor Vertragszahnärzte entspricht. Sie erblickt die unrichtige rechtliche Beurteilung ausschließlich darin, dass mit §§ 131 Abs 1 und 6, 131b und 135 Abs 3 ASVG angeblich verfassungswidrige Geetze und mit §§ 32 und 35 der Satzung samt Anhängen 1 bis 4 gesetzwidrige Verordnungen angewendet worden seien, weshalb ihr nicht die gesamten Kosten der Inanspruchnahme einr Wahlzahnärztin erstattet worden seien.
Durch das oben wiedergegebene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ist den Einwendungen der Klägerin zum größten Teil der Boden entzogen. Dies betrifft auch die Revisionsausführungen zu der Bestimmung des § 131b ASVG ("Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen"). Der Fall, dass zwar ein Vertrag existiert, die Erbringung einer bestimmten Leistung aber in diesem Vertrag nicht als Sachleistung vorgesehen ist, ist weder in § 131a noch in § 131b ASVG geregelt (so Pkt A.1.2.2 des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes); die zuletzt genannte Bestimmung wäre daher auf den vorliegenden Fall allenfalls nur analog anwendbar. Der Verfassungsgerichtshof hat aber auch § 131b ASVG geprüft und den Antrag des Oberlandesgerichtes Innsbruck auf Aufhebung dieser Bestimmung mit der Begründung abgewiesen, dass die Formulierung des Gesetzes als ausreichend bestimmt bzw die Verordnung ausreichend determinierend anzusehen ist.
Wie bereits ausgeführt, können nach § 153 Abs 2 ASVG an Stelle der Sachleistung auch Zuschüsse zu den Kosten eines Zahnersatzes geleistet werden, die durch die Satzung näher zu regeln sind. Auch im Lichte des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 11.10.1993, V 21, 22/92, Slg 13.571, wonach die Festlegung der betragsmäßigen Höhe von Zuschüssen zu Zahnersatz in einem nicht mehr unter den Begriff "Kostenbeteiligung" fallenden Ausmaß gesetzwidrig ist, bestehen gegen die betragsmäßige Höhe der von der Beklagten für den aus medizinischen Gründen notwendigen festsitzenden Zahnersatz geleisteten Zuschüsse (hier S 2.100 zuzüglich 20 % USt, also S 2.520 für jedes Implantat) keine Bedenken in Richtung einer Gesetzwidrigkeit:
Kostenzuschüsse kommen dort in Betracht, wo es keinen Vertragstarif gibt, wie hier im Fall der Implantate. Der Kostenzuschuss ist ein satzungsmäßiger Fixbetrag, der sich aber nicht am freien Marktpreis orientiert. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17.10.1998, V 81/97, SozSi 1998, 961, ausgesprochen hat, sind die Kassen zunächst einmal von Gesetzes wegen nicht gehalten, Kostenzuschüsse überhaupt vorzusehen. Kostenzuschüsse für Leistungen, hinsichtlich derer ein Tarif mangels Zustandekommens entsprechender vertraglicher Vereinbarungen nicht vorgesehen ist, haben sich aber jedenfalls an den für vergleichbare Pflichtleistungen festgelegten Tarifen zu orientieren. Die Alternative des § 153 Abs 2 ASVG (Zahnersatz als Sachleistung unter Kostenbeteiligung oder an deren Stelle ein Kostenzuschuss) besagt, dass - allenfalls vorgesehene - Kostenzuschüsse zu im Wesentlichen gleichen Leistungen des Krankenversicherungsträgers führen müssen, nicht aber für den Versicherten zum gleichen wirtschaftlichen Ergebnis wie bei einer Kostenbeteiligung an erbrachten Sachleistungen. Unter diesen Prämissen hielt der Verfassungsgerichtshof einen Kostenzuschuss von 1.000 S für eine Krone als verfassungsrechtlich unbedenklich, weil er im Rahmen der durchschnittlichen Höhe des dem Versicherungsträger für vergleichbare Sachleistungen (aufwendigerer abnehmbarer Zahnersatz) auf Grund bestehender Tarife entstehenden Aufwandes liegt. Damit hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass bei Prüfung der Angemessenheit von Zuschüssen nicht auf ungeregelte Marktpreise, sondern auf bestehende Vertragstarife für vergleichbare Leistungen abzustellen ist. Der Oberste Gerichtshof hat im Hinblick auf dieses Erkenntnis keine Bedenken gegen die hier in Rede stehenden Satzungsbestimmungen aus dem Blickwinkel einer Gesetzwidrigkeit. Daraus folgt aber, dass es der vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltenen Verfahrensergänzung zur Feststellung der Marktpreise für Zahnimplantate nicht bedarf. Dass der gewährte Zuschuss für ein Implantat den aufgezeigten Grundsätzen widerspricht, wurde nicht dargetan und ist nach den Verfahrensergebnissen auch nicht anzunehmen.
Da die Sache im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens spruchreif ist, konnte der Oberste Gerichtshof gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO über die Rekurse beider Parteien durch Urteil in der Sache selbst durch Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Mit Rücksicht auf die rechtliche Problematik des Falles und die aus dem Vermögensbekenntnis zur Erlangung der Verfahrenshilfe hervorgehenden bescheidenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin entspricht es der Billigkeit, ihr die halben Vertretungskosten im Berufungs- und im Revisionsverfahren sowie einen Pauschalbetrag von 20.000 S zuzüglich Umsatzsteuer für ihre Vertretung im Normenprüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zuzuerkennen.
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