OGH 1Ob172/00a

OGH1Ob172/00a25.7.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Dusan K*****, Tschechische Republik, vertreten durch Mag. Magda Svoboda-Mascher, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Gudrun P*****, Rechtsanwältin in Kapfenberg, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des E*****vereins *****, wegen Feststellung einer Konkursforderung von 428.710 S infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 9. Februar 1999, GZ 17 R 255/98i-62, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 2. September 1998, GZ 20 Cg 34/96h-58, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht erkannte dem Kläger als Werklohn für die in Tschechien an einer Dampflokomotive ausgeführten Reparaturarbeiten 230.000 S sA zu und wies das Mehrbegehren von 60.000 S sA ab.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil in seinem stattgebenden Teil auf, verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil "vor allem die Frage des anzuwendenden Rechts wesentlich dafür" sei, "welchen Regeln die Parteienvereinbarung und der festgestellte und noch festzustellende Sachverhalt" unterliege, "und die diesbezüglichen Auffassungen in Lehre und Rechtsprechung (auch zu Beginn und Ende der Gewährleistungsfristen) nicht deutlich genug" seien.

Der Kläger bekämpfte diese Entscheidung. Noch vor der Aktenvorlage an den Obersten Gerichtshof wurde über das Vermögen der beklagten Partei am 7. 9. 1999 der Konkurs eröffnet. Danach beantragte der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens. Er begehrt seither die Feststellung, dass seine Forderung "in Höhe von 428.710 S als Konkursforderung zu Recht besteht" und er daher "das Recht auf Befriedigung dieser Forderung als Konkursforderung" habe. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 16. 5. 2000 sprach das Erstgericht schließlich gemäß § 7 Abs 3 KO die Verfahrensfortsetzung aus.

Der Rekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof führte zuletzt in der Entscheidung 2 Ob 534/94 (= HS 25.732) zu den Prämissen einer schlüssigen Rechtswahl aus, eine solche sei dann anzunehmen, wenn nach den Umständen kein vernünftiger Grund übrig bleibe, am Rechtswahlwillen der Parteien zu zweifeln. Der Lokalisierung bestimmter Umstände des Schuldverhältnisses - wie dem vereinbarten Erfüllungsort, dem Abschlußort, dem Wohnsitz bzw Sitz der Parteien uä - sei nur eine mittelbare Indizwirkung zuzubilligen, die den Schluss auf die Geltungsannahme einer bestimmten Rechtsordnung durch die Parteien nur rechtfertige, wenn sie in überwältigender Mehrheit auf eine bestimmte Rechtsordnung hinwiesen.

Danach sind also für die Bejahung oder Verneinung einer schlüssigen Rechtswahl die Kriterien nach § 863 ABGB maßgebend.

1. 1. Unter Heranziehung der durch die soeben referierte Rechtsprechung geprägten Grundsätze legte das Berufungsgericht seinem Aufhebungsbeschluss eine auf österreichisches Recht bezogene schlüssige Rechtswahl der Parteien zugrunde, weil "die Hauptuntersuchung und die Reparatur österreichischen Bestimmungen ... zu entsprechen hatten", der Werkvertrag in Österreich abgeschlossen und nur in deutscher Sprache verfasst wurde, die Gewährleistungsabrede - so auch die Gewährleistungsfrist von 6 Monaten - mit der österreichischen Rechtslage übereinstimmt und die Parteien "für Streitfälle" die Zuständigkeit des "sachlich zuständigen Gerichts in Wien" vereinbarten. Es sei "widersinnig, die Zuständigkeit eines österreichischen Gerichts zu vereinbaren, um dort nach tschechischem Recht zu verhandeln". Die Reparaturarbeiten seien nur wegen des günstigeren Preises an einen tschechischen Unternehmer vergeben worden. Es sei jedoch "in keiner Weise beabsichtigt" gewesen, "das Vertragsverhältnis in rechtlicher Hinsicht dem tschechischen Recht zu unterstellen", was der Kläger, der für die beklagte Partei schon mehrmals "Werkaufträge durchgeführt" habe, "nicht anders" habe auffassen können.

2. Der Kläger wendet sich in seinem Rechtsmittel nur gegen die Anwendbarkeit österreichischen Rechts und gelangt zur Schlussfolgerung, dass seinem Begehren ohne Verfahrensergänzung stattzugeben sei, wenn "man von der Geltung tschechischen Rechts" ausgehe.

Nicht beizutreten ist der auf Pkt. 5 des Werkvertrags vom 11. 6. 1994 ("Qualitätserfordernisse: Die Arbeiten sind entsprechend den bei den Tschechischen Staatsbahnen üblichen Qualitätsrichtlinien auszuführen.") gestützten Ansicht des Klägers, die Parteien hätten damit tschechisches Recht ausdrücklich als Vertragsstatut gewählt. Zutreffend erwiderte darauf bereits das Berufungsgericht, die Parteien hätten mit dieser Bestimmung nur den "technischen Maßstab für die Qualität der Arbeiten gesetzt", jedoch nicht geregelt, nach welcher Rechtsordnung Leistungsstörungen zu beurteilen seien.

Im Übrigen vertritt der Kläger den Standpunkt, die Parteien hätten das Vertragsverhältnis zumindest schlüssig tschechischem Recht unterworfen. Soweit er dafür Indizien ins Treffen führt, wird teilweise auf feststellungsfremder Grundlage, teilweise aber auch auf dem Boden unzulässiger Neuerungen argumentiert. Ersteres gilt für die Behauptung, der Vertrag sei nicht in Österreich, sondern in Brünn abgeschlossen worden (siehe zur gegenteiligen erstgerichtlichen Feststellung ON 58 S. 14). Letzteres gilt für das Vorbringen zu den Gründen für die Vereinbarung eines österreichischen Gerichtsstands und zur Vertragsverfassung in deutscher Sprache. Der bloße Hinweis auf die Aussage eines Zeugen in der Verhandlungstagsatzung vom 2. 7. 1998 (ON 55 S. 1) kann Prozessvorbringen im Verfahren erster Instanz nicht ersetzen. Außerdem bezog sich jene Aussage nur auf "die Kontaktaufnahme mit dem Kläger in deutscher Sprache, weil der Kläger einen Dometsch zur Verfügung hatte", dagegen nicht auf die Gründe, weshalb die Parteien nur die deutsche Sprache als Vertragssprache wählten.

Aber auch mit seinen sonstigen Ausführungen gelingt es dem Kläger nicht, als erhebliche Rechtsfrage gemäß § 519 Abs 2 in Verbindung mit § 502 Abs 1 ZPO ein unvertretbares Auslegungsergebnis vor dem Hintergrund einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage aufzuzeigen. Sein Rechtsmittel wäre aber nur im Falle eines solchen Entscheidungsfehlers zulässig.

2. 1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Klärung des Streitfalls unter Zugrundelegung der maßgebenden materiellrechtlichen Bestimmungen österreichischen Rechts werden im Rekurs mit keinem Wort in Zweifel gezogen. Mangels Anfechtung dieses Begründungsteils sieht sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlasst, die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zu überprüfen, zumal eine gravierende Fehlbeurteilung jedenfalls nicht vorliegt.

3. Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 526 Abs 2 ZPO auch bei Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss nicht an die Beurteilung des Gerichts zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage gebunden. Ein mangels einer erheblichen Rechtsfrage unzulässiger Rekurs ist nach § 526 Abs 2 ZPO zurückzuweisen. Bei der Zurückweisungsentscheidung kann sich der Obersten Gerichtshof zufolge des auch auf einen Rekurs nach § 519 Abs 2 ZPO anwendbaren § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO (1 Ob 519/94 ua) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

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