OGH 10ObS173/00i

OGH10ObS173/00i11.7.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Adametz und Dr. Peter Krüger (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Evica P*****, Gastwirtin, *****, vertreten durch Mag. Wolfgang Auner, Rechtsanwalt in Leoben, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84 bis 86, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. April 2000, GZ 7 Rs 54/00s-50, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. Dezember 1999, GZ 25 Cgs 162/97v-45 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückgewiesen. Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der beklagten Partei vom 6. 9. 1995 wurde der Antrag der am 8. 7. 1940 geborenen Klägerin auf Zuerkennung der Erwerbsunfähigkeitspension abgelehnt. Die dagegen eingebrachte Klage wurde rechtskräftig abgewiesen, das Verfahren mit Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 31. 10. 1996 beendet. Mit weiterem Bescheid der beklagten Partei vom 25. 4. 1997 wurde der bereits am 9. 4. 1997 neuerlich gestellte Antrag der Klägerin auf Zuerkennung der Erwerbsunfähigkeitspension zurückgewiesen.

Das Erstgericht wies das dagegen erhobene, auf Zahlung der Erwerbsunfähigkeitspension gerichtete Klagebegehren mangels Erwerbsunfähigkeit der Klägerin im Sinne des § 133 GSVG auch im zweiten Rechtsgang ab.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es verneinte das Vorliegen der gerügten Verfahrensmängel, übernahm die Feststellungen als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und billigte auch die rechtliche Beurteilung durch das Erstgericht.

Dagegen richtet sich die "außerordentliche" Revision der Klägerin, in der sie als Revisionsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache, aber auch Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Nichtigkeit geltend macht.

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Da hier ein Verfahren über wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen - nämlich Pensionsleistungen - vorliegt, ist die Revision nach § 46 Abs 3 Z 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zulässig. Das Rechtsmittel der Klägerin ist daher ungeachtet seiner unrichtigen Bezeichnung nicht als außerordentliche, sondern als ordentliche Revision zu behandeln (§ 84 Abs 2 ZPO).

Der unter dem Titel einer Rechtsrüge geltend gemachten Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO liegt nicht vor. Diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung. Den Revisionsausführungen sei nur in Kürze entgegengehalten, dass das Berufungsgericht eine Mangelhaftigkeit durch Nichtbeiziehung eines Dolmetschers zu den in erster Instanz erfolgten Untersuchungen durch die ärztlichen Sachverständigen mit Hinweis auf die für eine Untersuchung ausreichenden Deutschkenntnisse der Klägerin ausdrücklich verworfen hat. Verfahrensmängel erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, können im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (SSV-NF 7/74 mwN ua, insb auch zur Frage der Beiziehung eines Dolmetschers: 10 ObS 226/99d und 10 ObS 3/00t). Die Feststellung oder Nichtfeststellung bestimmter Tatsachen resultiert aus der freien Beweiswürdigung der Vorinstanzen, die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann. Die Frage, ob außer den bereits vorliegenden (medizinischen) noch weitere Sachverständigengutachten (Urologie, Neurologie-Psychiatrie) zu demselben Beweisthema einzuholen gewesen wären, gehört zur irreversiblen Beweiswürdigung (vgl SSV-NF 7/12 mwN). Ähnliches gilt für die Frage, welche medizinischen Untersuchungsmethoden im Einzelnen anzuwenden waren. Das Berufungsgericht hat sich mit der diesbezüglichen Beweis- und Mängelrüge der klagenden Partei inhaltlich und mit nachvollziehbaren Überlegungen auseinandergesetzt.

Soweit die Klägerin in der ärztlichen Untersuchung ohne Beiziehung eines Dolmetschers auch eine Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO erblickt, weil dadurch ihr rechtliches Gehör verletzt worden sei, ist ihr entgegen zu halten, dass der Nichtigkeitsgrund nur dann verwirklicht sein könnte, wenn ihr die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, durch einen ungesetzlichen Vorgang entzogen worden wäre. Dies ist aber in keiner Weise der Fall: Das Erstgericht hat zur mündlichen Verhandlung ohnedies einen Dolmetscher zugezogen; der durch einen Rechtsanwalt vertretenen Klägerin war es auch möglich, Fragen an die anwesenden Sachverständigen zu stellen. Ihre Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, war in keiner Weise eingeschränkt. Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, welche Bedeutung es hat, dass die Klägerin in ihrer Berufung eine solche Nichtigkeit gar nicht geltend gemacht und das Berufungsgericht demgemäß darüber auch nicht formell entschieden hat (vgl SSV-NF 5/41 mwN; Rechberger/Kodek, ZPO2 § 503 Rz 2).

Irgendwelche Ausführungen darüber, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache durch die Vorinstanzen unrichtig erscheint, sind in der Revision entgegen dem § 506 Abs 2 ZPO nicht enthalten, weshalb sich weitere Ausführungen dazu erübrigen.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Da die vorliegende Sozialrechtssache weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht irgendwelche Schwierigkeiten bot, ist es nicht angezeigt der Klägerin nach Billigkeit Kosten des Revisionsverfahrens zuzusprechen.

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