OGH 4Ob71/00w

OGH4Ob71/00w12.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rei***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Herbert Veit, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Rö***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Alexander Isola, Rechtsanwalt in Graz, wegen 3,353.031,14 S sA (Streitwert im Revisionsverfahren 3,000.000 S), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 18. November 1999, GZ 4 R 220/99a-22, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 30. Juni 1999, GZ 23 Cg 14/99m-15, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Beklagte beschäftigt sich mit Beregnungstechnik und Gülleausbringung. Sie war im Jahr 1991 von Willi K*****, ihrem Alleingesellschafter und von Anbeginn selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer, gegründet worden. Seit 17. 6. 1996 war Rudolf Bruno F***** zweiter selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer, seine Aufgabe war es, die Beklagte, die damals einen Jahresverlust von 41,7 Mio S auswies, zu sanieren. 1998 schied der Alleingesellschafter K***** als Geschäftsführer aus und wechselte als Vorsitzender in den Aufsichtsrat. 1996 suchte der zweite Geschäftsführer F***** einen geeigneten Leiter für die Abteilung Forschung und Entwicklung. Für diese Position bewarb sich unter anderem Dr. Erwin R*****, der jedoch eine Beteiligung am Unternehmen der Beklagten forderte, was der Alleingesellschafter K***** ablehnte. Es wurde zunächst Dipl. Ing. W***** zum Abteilungsleiter bestellt. Kurze Zeit danach bot der Geschäftsführer F***** Dr. R***** an, mit ihm eine eigene Firma zu gründen, die einen Bezug zur Beklagten haben sollte, um diese als Kundin gewinnen zu können. Mit Gesellschaftsvertrag vom 11. 3. 1997 errichteten F***** und Dr. R***** die Klägerin, von deren Stammkapital Dr. R***** 51 % übernahm. Die restlichen 49 % übernahm die I***** AG mit Sitz in der Schweiz, deren alleiniger Gesellschafter F***** ist. Zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer der Klägerin wurde Dr. R***** bestellt. Nach der Gründung der Klägerin erteilte F***** als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Beklagten der Klägerin Aufträge im Bereich der Beregnungstechnik. Im Frühjahr 1997 stellte er die Klägerin in einer Aufsichtsratssitzung als Entwicklungspartner der Beklagten und Dr. R***** als ihren Geschäftsführer vor. Der Aufsichtsrat erhob dagegen keine Einwände. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt die (indirekte) Beteiligung von F***** an der Klägerin nicht bekannt. Nach dem Ausscheiden von Dipl. Ing. W***** als Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung im August 1997 stellte F***** Dr. R***** mit Dienstvertrag vom 1. 9. 1997 als leitenden Angestellten der Beklagten, zuständig für die Bereiche Forschung, Entwicklung und Konstruktion an. Danach erteilte F***** der Klägerin mehrere mündliche Aufträge, über die die Klägerin der Beklagten im Oktober 1998 Rechnung legte.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Zahlung ihrer unbeglichen gebliebenen Rechnungen im Gesamtbetrag von 3,353.031,14 S sA. Sie habe die verrechneten Leistungen im Auftrag des Geschäftsführers der Beklagten F***** erbracht. Der Aufsichtsrat habe die Beiziehung der Klägerin als externen Entwicklungspartner gebilligt. Die mittelbare Beteiligung des Geschäftsführers der Beklagten F***** an der Klägerin sei auch nicht verheimlicht worden. F***** habe stets im Sinne der Weisungen der Eigentümer und des Aufsichtsrats der Beklagten gehandelt und wäre in der Lage gewesen, das Unternehmen zu sanieren. Dr. R***** habe im Dienstvertrag keine Befugnis erhalten, der Klägerin Aufträge zu erteilen, er sei auch nicht handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beklagten gewesen, ebenso wie auch F***** eine derartige Funktion nie bei der Klägerin innegehabt habe. Insichgeschäfte seien daher schon deshalb auszuschließen, weil F***** nie Geschäftsführer der Klägerin und Dr. R***** nie Geschäftsführer der Beklagten gewesen seien. Der Geschäftsführer der Beklagten habe die Aufträge zwar vorerst nur mündlich erteilt. Mangels Personals bzw Know-hows hätten die Leute der Beklagten diese Aufträge nicht selbst erledigen können. Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses habe die Klägerin über Aufforderung des neuen Geschäftsführers der Beklagten schriftliche Anbote gelegt. Die Klägerin habe die ihr mündlich erteilten Aufträge erfüllt und angemessen verrechnet.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung und wendete ein, sie habe der Klägerin keine Aufträge erteilt. Sollten Aufträge erteilt worden sein, lägen Insichgeschäfte vor, die die Interessen der Beklagten gefährdeten und bei denen es an der für die Gültigkeit erforderlichen Publizitätsvoraussetzungen mangle. Der Geschäftsführer der Beklagten F***** habe Dr. R***** als Verfahrenstechnikspezialisten vorgestellt, obwohl dieser über keinerlei Erfahrung auf dem Gebiet der Beregnungs- und Gülletechnik verfügt habe. F***** habe gravierend gegen die Weisungen des Alleingesellschafters und des Aufsichtsrates verstoßen und ohne Wissen des zweiten Geschäftsführers der Beklagten die Klägerin mit der zu 100 % in seinem Eigentum stehenden I***** AG gegründet und in den Räumlichkeiten der Beklagten etabliert. Die von der Klägerin verrechneten angeblichen Leistungen hätten auch von Dienstnehmern der Beklagten vorgenommen werden können und seien der Beklagten im Interesse der Eigentümer der Klägerin entzogen worden. Die Klägerin habe erst lange nach Durchführung der behaupteten Arbeiten schriftliche Anbote gelegt. Im Übrigen seien die von der Klägerin verrechneten Leistungen teils für die Beklagte unbrauchbar gewesen, teils hätten sie auch von Mitarbeitern der Beklagten durchgeführt werden können, teils hätten sie einer reinen Arbeitsbeschaffung für die Klägerin gedient; sie seien im Übrigen teils preislich überhöht oder nicht nachvollziehbar. Wegen Missbrauchs der Vertretungsmacht seien vertragliche Verpflichtungen der Beklagten jedenfalls nicht entstanden. Sollte die Beklagte dennoch leistungspflichtig sein, wende sie aufrechnungsweise die für eine Vorstudie "Recycling biologischer Abfälle" bezahlten 576.000 S ein; diese Studie sei völlig wertlos und habe sich nachträglich als reine Geldbeschaffungsaktion (der Klägerin) dargestellt. Das Erstgericht sprach aus, dass die Klageforderung mit 55.791,14 (das sind im Zusammenhang mit einer Vorstudie "Recycling biologischer Abfälle" entstandene Reisekosten) zu Recht, die Gegenforderung jedoch nicht zu Recht bestehe und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 55.791,14 S sA. Das Mehrbegehren wies es ab. Es stellte noch fest, dass Willi K***** (Alleingesellschafter, selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Beklagten und später Vorsitzender ihres Aufsichtsrates) dem zweiten Geschäftsführer F***** einen großen Handlungsspielraum eingeräumt habe. Bei Bestellung F*****s sei vereinbart worden, dass er neben der Offenlegung des vom Aufsichtsrat zu genehmigenden Jahresbudgets dem Alleingesellschafter gegenüber eine größere Informationspflicht einhalten müsse; worin diese jedoch bestehen sollte, sei nicht konkret vereinbart worden. F***** sei seiner Informationspflicht gegenüber der Beklagten in keiner Weise nachgekommen. Er habe am 1. 9. 1997 einen Dienstvertrag mit Dr. R***** abgeschlossen; danach sei dieser zum "Mitglied der Geschäftsleitung" bestellt worden. Er habe sich verpflichtet, die Interessen seines Dienstgebers (der Beklagten) zu wahren und derzeitige und künftige Nebentätigkeiten im Geschäftsgebiet seines Dienstgebers bzw "derartige Unternehmensbeteiligungen" zu melden. Im Dienstvertrag sei auch festgehalten, dass der Dienstgeber die Nebentätigkeit Dris. R***** als Universitätsdozent und selbständiger Unternehmer mit eigener Firma "Die R*****" (das ist die Klägerin) begrüße und Dr. R***** die Räume des Dienstgebers zur Vorbereitung seiner Tätigkeit nutzen dürfe und der Dienstgeber zustimme, dass Forschungsaufträge, die einer besonderen Geheimhaltung unterliegen, an die Klägerin vergeben werden dürfen. Mit diesem Passus habe F***** erreichen wollen, dass sich die Beklagte der Klägerin im Bereich von Steuerung und Elektronik ungehindert bedienen könne. Vom genauen Inhalt des Dienstvertrags habe Willi K***** jedoch keine Kenntnis gehabt.

In der Folge habe Dr. R***** den Firmensitz der Klägerin in jenen Büroräumlichkeiten der Klägerin eingerichtet, in denen er auch als Angestellter der Beklagten gearbeitet habe. Er habe auch drei Dienstnehmer der Klägerin dort untergebracht. Willi K***** habe von dieser Vermietung keine Kenntnis gehabt. Miet- und Dienstvertrag seien auch im Aufsichtsrat nicht besprochen worden. Dr. R***** habe auch an den wöchentlichen Treffen der leitenden Angestellten der Beklagten teilgenommen, ohne offenzulegen, ob er als Angestellter der Beklagten oder als Geschäftsführer der Klägerin auftrete. Zu den einzelnen der Klägerin von F***** erteilten Aufträgen stellte das Erstgericht fest:

Im Juni 1998 beauftragte F***** die Klägerin mit der Erstellung einer Bedienungsanleitung für einen von der Beklagten bereits entwickelten Separator; die Klägerin sollte Versuchsreihen durchführen, die entsprechenden Daten erarbeiten und die Bedienungsanleitung erstellen. An diesen Versuchsreihen arbeiteten sowohl Mitarbeiter der Klägerin als auch solche der Beklagten mit. Entsprechend einer für alle mündlichen Aufträge geltenden Vereinbarung zwischen F***** und Dr. R***** hatten alle Mitarbeiter der Klägerin Stundenaufzeichnungen zu führen, anhand derer die Rechnungslegung auch vom Geschäftsführer der Beklagten überprüft werden sollte; die einzelne Stunde sollte mit maximal 630 S entlohnt werden. Nach den für das Projekt "Separator" erstellten Aufzeichnungen hat ein Mitarbeiter der Klägerin etwa 330 Stunden daran gearbeitet. Der Beklagten wurde eine Dokumentation übergeben, nicht jedoch die aufgrund der Versuchsreihen erlangten Analysedaten. Ein schriftliches Anbot legte die Klägerin nach Beendigung der Geschäftsbeziehung mit der Beklagten am 13. 9. 1998. Sie stellte diese Leistungen mit 325.080 S am 15. 10. 1998 in Rechnung.

Im März 1998 beauftragte F***** die Klägerin mündlich mit der Entwicklung einer Software zur datenbankmäßigen Fixierung eines Bausteinsystems für den Güllebaukasten, die in die Laptops der Verkäufer eingespeist werden sollte. Auch an diesem Auftrag arbeitete ein Mitarbeiter der Klägerin mit einer Mitarbeiterin der Beklagten zusammen. Die Klägerin legte ein schriftliches Anbot am 18. 9. 1998 und verrechnete ihre Leistungen schließlich mit 181.440 S. Etwa im August 1997 beauftragte F***** die Klägerin mündlich mit der Entwicklung einer Tastatur für Traktoren, die die Bedienung des Güllefasses ermöglichen sollte ("Güllefasssteuerung"). Dr. R***** entwickelte persönlich einen Prototyp, der auf der Messe in Hannover ausgestellt wurde. Die Beklagte hat dieses Projekt - nachdem ein Kunde Mängel behauptet hatte - weiterentwickelt. Die Klägerin hatte Leistungen über 276.000 S am 15. 10. 1998 in Rechnung gestellt. Ein weiterer mündlicher Auftrag vom Frühjahr 1997 betraf das Projekt "Antrieb Rainstar 2000" (Ecostar 4000). Der Prototyp wurde von Mitarbeitern beider Streitteile entwickelt. Der Antrieb samt Elektronik wurde nur im Versuchsfeld der Beklagten getestet, erlangte aber nie Serienreife. Neben dem Antrieb Rainstar 2000 entwickelten Mitarbeiter der Beklagten gemeinsam mit Mitarbeitern der Klägerin das Billigprodukt "Ecostar 4000". Die Klägerin legte nach Auflösung der Geschäftsbeziehung zur Beklagten ein schriftliches Anbot und verrechnete am 15. 10. 1998 2,395.200 S.

Im Februar 1998 beauftragte die Beklagte die Klägerin mit einer "Vorstudie - Recycling biologischer Abfälle" um einen Pauschalpreis von 180.000 S zuzüglich Reisekosten und Mehrwertsteuer. Am 11. 10. 1998 verrechnete die Klägerin Reisekosten in Höhe von 55.791,14 S. Für diese Studie verrechnete die Klägerin letztlich 476.000 S, die die Beklagte auch entrichtete.

Ohne gesonderten Auftrag oder Entgeltvereinbarung verwendete Dr. R***** eine digitale Kammer zur Dokumentation von Versuchsergebnissen. Er verrechnete der Beklagten dafür 9.800 S. Weitere 19.200 S begehrt die Klägerin für Informationsvorträge, die ein Mitarbeiter der Klägerin im Auftrag von Dr. R***** bei der Beklagten durchgeführt habe. Diese Vorträge betrafen das Projekt "Ecostar 4000" und eine Einführung in die Projekte "Rainstar 2000" und "Ecostar 4000".

Auf Wunsch von Vertriebsleuten der Beklagten entwickelte ein Mitarbeiter der Klägerin eine Software für die Modifizierung von "Ecostar 4000". Einen Auftrag hatte die Beklagte hiefür nicht erteilt. Die Klägerin legte am 13. 9. 1998 ein schriftliches Anbot und am 21. 10. 1998 Rechnung über 90.720 S.

Mit Ausnahme der für die Vorstudie Recycling biologischer Abfälle verrechneten 576.000 S hat die Beklagte auf die von der Klägerin gelegten Rechnungen keine Zahlung geleistet.

Das Erstgericht stellte noch fest, Willi K***** habe im Frühjahr/Sommer 1998 davon erfahren, dass F***** nicht nur selbst an der Klägerin beteiligt sei, sondern diese auch in den Räumlichkeiten der Beklagten habe einmieten lassen und Arbeiten, die die Beklagte selbst hätte ausführen können, an Fremdfirmen vergeben habe. Er habe sich daraufhin von F***** getrennt und - nachdem er Einsicht in den Dienstvertrag Dris. R***** genommen habe - auch das Dienstverhältnis zu diesem aufgelöst.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, es lägen zwar keine Insichgeschäfte vor. Im Hinblick auf die eng verflochtenen Beziehungen wäre aber auch hier zum Schutz der Beklagten eine Dokumentation und die Bekanntgabe der Verflechtung sowie der einzelnen Geschäfte erforderlich gewesen. Da dies unterblieben sei, seien die bloß mündlich erteilten Aufträge als nichtig im Sinn des § 879 ABGB anzusehen. Umfang und Aufwand der Leistungen verschleiernde mündliche und nicht dokumentierte Aufträge ließen eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nicht zu. Lediglich der dokumentierte Auftrag betreffend die Vorstudie Recycling biologischer Abfälle lasse einen Entlohnungsanspruch der Klägerin in Höhe der Reiserechnung von 55.791,40 S begründet erscheinen. Dass die Klägerin diese Vorstudie ordnungs- und auftragsgemäß erbracht habe, sei nie bestritten worden, sodass die aus der Zahlung der diesbezüglichen Rechnung über 576.000 S abgeleitete Gegenforderung nicht zu Recht bestehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge, wohl aber jener der Beklagten. Es wies das gesamte Klagebegehren ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil es die von Lehre und Rechtsprechung zu Insichgeschäften entwickelten Grundsätze auch auf einen Fall angewendet habe, in dem weder ein typisches Insichgeschäft noch eine Doppelvertretung vorliege. Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, schon die Gründung der Klägerin durch Rudolf Bruno F***** und Dr. R***** zum Zwecke der Lukrierung von Aufträgen der Beklagten lasse nicht nur die für das Insichgeschäft jedenfalls erforderliche Verpflichtung zur eindeutigen und ausreichenden Dokumentation als Zulässigkeitsvoraussetzung als erforderlich erscheinen, sondern auch die vorherige Zustimmung durch den anderen Geschäftsführer, wenn nicht auch des Aufsichtsrates. Das bewusste und gemeinsam vereinbarte Vorgehen der Geschäftsführer der Streitteile lasse diese Erfordernisse als Wirksamkeitsvoraussetzungen für den Vertragsabschluss als geboten erscheinen, stellten doch deren Vereinbarungen offenkundig Umgehungsgeschäfte dar, die ihnen selbst Vorteile bringen sollten. Sie seien dann ungültig, wenn der Verbotszweck des primär abgeschlossenen und gewollten Rechtsgeschäfts das Umgehungsgeschäft mitumfasse. Den hier abgeschlossenen mündlichen Aufträgen fehle es (als Zulässigkeitsvoraussetzung) sowohl an einer eindeutigen und ausreichenden Dokumentation als auch an der vorherigen Zustimmung durch den anderen Geschäftsführer. Wenngleich der Auftrag zur Erstellung der Vorstudie Recycling organischer Abfälle ausreichend nach außen dokumentiert wurde, fehle es doch an der hier gebotenen Zustimmung, sodass eine wirksame Vertretung der Beklagten durch F***** auch hier nicht vorliege. Mangels wirksamen Auftrags könne die Klägerin daher auch nicht die (vom Erstgericht zugesprochenen) Reisekosten in Anspruch nehmen.

Bereicherungsrechtliche Aspekte brauchten nicht geprüft zu werden, weil die Klägerin ihre Ansprüche zwar unmittelbar vor Schluss der Verhandlung auch auf Bereicherung gestützt habe, entsprechendes und notwendiges Vorbringen dazu jedoch nicht erstattet habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig und im Sinn des darin enthaltenen Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Die Revision wendet sich gegen die analoge Anwendung der in Lehre und Rechtsprechung zur Gültigkeit von Insichgeschäften entwickelten Grundsätze. Dem ist zu folgen:

Das österreichische Privatrecht enthält (abgesehen von § 18 Abs 5 und 6 GmbHG idF EuGesRÄG BGBl 1996/304, die aber nur auf Geschäfte anzuwenden sind, die der einzige Gesellschafter einer GmbH sowohl im eigenen Namen als auch im Namen der Gesellschaft abschließt) keine allgemeinen Regelungen, ob und in welchem Umfang Insichgeschäfte zulässig sind. Die ältere Rechtsprechung hat aus dem Fehlen allgemeiner Regelungen den Schluss gezogen, dass Insichgeschäfte im Allgemeinen - außer bei Gefahr einer Interessenkollision - zulässig seien; es sei aber zu verlangen, dass der Abschlusswille des Selbstkontrahenten gegenüber der von ihm vertretenen Person in entsprechender Form geäußert wird (SZ 51/115 mwN). Wenngleich die jüngere Rechtsprechung Insichgeschäfte als "grundsätzlich", "in der Regel", "im Allgemeinen" unzulässig bezeichnet (SZ 54/57; JBl 1984, 315; SZ 69/90; 4 Ob 555/94), besteht doch Übereinstimmung darin, dass Insichgeschäfte insoweit zulässig sind, als keine Interessenkollision droht und der Abschlusswille derart geäußert wird, dass die Erklärung unzweifelhaft feststeht und nicht unkontrollierbar zurückgenommen werden kann. Danach sind Insichgeschäfte zulässig, wenn das Geschäft dem Vertretenen nur Vorteile bringt, keine Gefahr der Schädigung des Vertretenen besteht oder dieser einwilligt (SZ 69/90; SZ 71/27; RdW 1997, 721; 4 Ob 555/94; Apathy in Schwimann ABGB2 Rz 16 zu § 1009; Strasser in Rummel ABGB2 Rz 21 zu § 1009; Koziol/Welser, Grundriss I11 191). Diese Kriterien sollen die mit Insichgeschäften zwangsläufig verbundene Gefahr einer Verletzung der Interessen des Vertretenen hintanhalten, ist doch eine Person regelmäßig nicht in der Lage, den gegenläufigen Interessen mehrerer von ihr vertretener Vertragsparteien gleichermaßen gerecht zu werden, und zwar insbesondere dann, wenn die Interessen des von ihr Vertretenen den eigenen wirtschaftlichen Interessen zuwiderlaufen.

Die von Lehre und Rechtsprechung formulierten Gültigkeitsvoraussetzungen sollen aber auch den Nachweis des abgeschlossenen Geschäfts im Interesse des Vertretenen und seiner Gläubiger sichern, um zu verhindern, dass die zum Abschluss führende Willenserklärung unkontrolliert zurückgenommen werden kann. Dieser Beweissicherungszweck wird - allerdings nur für den Bereich der Einmanngesellschaft (AB 133 BlgNR 20. GP, 4; Koppensteiner GmbHG2 Rz 1 zu § 18) - auch in § 18 Abs 5 GmbHG idF EuGesRÄG 1996 deutlich (vgl Aicher-U. Torggler, Insichgeschäfte des GmbH-Alleingesellschafters nach dem EuGesRÄG, GesRZ 1996, 197 ff [202]), der die Errichtung einer Urkunde über Insichgeschäfte des Alleingesellschafters (und Geschäftsführers) einer Einmanngesellschaft fordert, um nachträgliche Änderungen ihres Inhalts und Zweifel über den Zeitpunkt des Abschlusses auszuschließen (RV 32 BlgNR 20. GP 107; AB 133 BlgNR 20. GP 4; Aicher/Torggler aaO 202; vgl RdW 1997, 721).

Der Revision ist nun darin zuzustimmen, dass der Beurteilung des Obersten Gerichtshofes in den angeführten Fällen Insichgeschäfte zugrunde lagen, in denen ein Vertreter rechtsgeschäftliche Wirkungen für und gegen den von ihm Vertretenen durch Willenserklärung an sich selbst erzeugt hatte. Er trat dabei entweder als Vertreter und zugleich auch im eigenen Namen für sich selbst (Selbstkontrahieren) oder als Vertreter einer natürlichen oder juristischen Person und zugleich als Vertreter einer anderen natürlichen oder juristischen Person (Doppelvertretung) auf (Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I2 Rz 2/228; Apathy in Schwimann ABGB2 Rz 14 zu § 1009; SZ 69/90; RIS-Justiz RS0019621 und RS0031257). Dieser Konstellation wurde schon bisher der Fall gleichgehalten, dass sich der Vertreter zum Abschluss des Geschäfts mit sich selbst oder mit einer (weiteren) von ihm vertretenen Gesellschaft eines von ihm bestellten Vertreters bediente (Apathy in Schwimann aaO Rz 14).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen gründeten Dr. Reisinger und der Geschäftsführer der Beklagten F***** (letzterer mittelbar durch eine 100 %ige Tochtergesellschaft) die Klägerin in der Absicht, ihr Aufträge der Beklagten zukommen zu lassen. Durch die vom Geschäftsführer der Beklagten gestattete Einmietung der Klägerin in die Räumlichkeiten der Beklagten wie auch durch den Dienstvertrag der Beklagten mit Dr. R***** bestand die Möglichkeit, Arbeiten durch die Klägerin durchführen zu lassen, ohne dass der zweite Geschäftsführer oder Mitglieder des Aufsichtsrats im Einzelnen Kenntnis erlangt hätten. Der Geschäftsführer der Beklagten F***** erteilte der Klägerin auch eine Reihe mündlicher Aufträge, deren Inhalt und Umfang von der Beklagten nunmehr bestritten werden. Sie wendet insbesondere auch ein, die von der Klägerin verrechneten Leistungen hätten auch von Dienstnehmern der Beklagten durchgeführt werden können. Sie seien der Beklagten im Interesse der Eigentümer der Klägerin entzogen worden und hätten reiner Arbeitsbeschaffung für die Klägerin gedient; die Klägerin habe sie preislich überhöht und nicht nachvollziehbar verrechnet.

Nach den hier getroffenen Feststellungen ist das Interesse des Geschäftsführers der Beklagten F***** an der Auftragslage der Klägerin, an der er als Alleineigentümer der mit 49 % an der Klägerin beteiligten Muttergesellschaft beteiligt ist, evident, hatte er doch gemeinsam mit Dr. R***** die Gesellschaft zu dem Zweck gegründet, mit der Beklagten ins Geschäft zu kommen. Dass dieses im Zusammenhang mit Auftragserteilungen an die Klägerin bestehende persönliche Interesse am wirtschaftlichen Wohlergehen der Klägerin mit Interessen der Beklagten (die deren Geschäftsführer F***** gleichfalls zu vertreten hatte) kollidieren konnten, liegt auf der Hand. Die dabei zu befürchtende Interessenkollision ist mit jener in Fällen (klassischen) Selbstkontrahierens durchaus vergleichbar: Die Interessen des Geschäftsführers der Beklagten F***** am wirtschaftlichen Wohlergehen der Klägerin (und damit an einem möglichst großen Auftragsvolumen) standen den Interessen der Beklagten gegenüber, nur jene Aufträge zu vergeben, die eigene Mitarbeiter nicht oder nicht kostengünstig ausführen konnten. Die gleichartigen - Kollisionen nahelegende - Interessenlage ermöglicht daher eine analoge Anwendung der von Lehre und Rechtsprechung zur Gültigkeit von Insichgeschäften entwickelten Grundsätze. Bei Anwendung dieser Grundsätze sind die der Klägerin mündlich erteilten Aufträge (mangels Vertretungsmacht des handelnden Geschäftsführers (siehe Koppensteiner GmbHG2 Rz 23b zu § 18) unwirksam: Für die Beurteilung, ob das Insichgeschäft die Interessen des Vertretenen gefährden kann, ist es nicht notwendig, dass das fragliche Geschäft für den Vertretenen tatsächlich nachteilig war; es genügt vielmehr die Gefahr, dass die Interessen des Vertretenen durch das Eigeninteresse des Selbstkontrahierenden verkürzt werden könnten (SZ 71/27). Angesichts der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen kann im vorliegenden Fall keine Rede davon sein, dass die Gefahr einer Schädigung des Vertretenen ausscheide oder dass die erteilten Aufträge der Beklagten nur Vorteile gebracht hätten. Zu einer Genehmigung durch die Vertretene ist es nicht gekommen. Die Beteiligung des Geschäftsführers der Beklagten F***** an der Klägerin war weder dem zweiten Geschäftsführer der Beklagten noch deren Alleingesellschafter oder Aufsichtsrat bekannt, sodass schon aus diesem Grund eine Zustimmung nicht vorliegen konnte. In Fragen der Ausübung der Vertretungsmacht des Geschäftsführers einer GmbH müssen aber - ungeachtet der sonstigen Vertretungsregelungen - alle übrigen Geschäftsführer zustimmen. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, muss entweder ein allfälliger Aufsichtsrat zustimmen oder die Gesellschafter selbst die Genehmigung erteilen (EvBl 1986/86; SZ 71/27).

Da die mangels Zustimmung fehlende Vertretungsmacht zur Ungültigkeit der der Klägerin erteilten Aufträge führt (Koppensteiner aaO Rz 23b zu § 18), hat diese somit Leistungen erbracht, denen keine gültige Vereinbarung zugrunde lag.

Zur Begründung ihrer Ansprüche hat sich die Klägerin allerdings auch auf Bereicherung gestützt. Das Berufungsgericht ist auf diesen Rechtsgrund nicht eingegangen und hat die Auffassung vertreten, das Vorbringen der Klägerin sei nicht ausreichend.

1041 ABGB gewährt in Fällen ungerechtfertigter Vermögensverschiebung einen Verwendungsanspruch, wobei die Verwendung auch auf einer Arbeitsleistung des Verkürzten beruhen kann (Apathy in Schwimann, ABGB2 Rz 6 zu § 1041; Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 1041; Koziol/Welser I10 416). Anspruchsberechtigt ist dabei derjenige, dem das unberechtigt verwendete Rechtsgut im Zeitpunkt seiner Verwendung ausschließlich zugeordnet war, in Fällen einer Arbeitsleistung somit derjenige, der die Arbeitsleistung erbringt (Apathy aaO Rz 19); Schuldner ist derjenige, der den unberechtigten Nutzen aus der Arbeitsleistung gezogen hat (Apathy aaO Rz 21; Koziol/Welser I10 418).

Die Klägerin hatte in ihrer Klage vorgebracht, sie habe für die Beklagte im Jahr 1998 verschiedene Entwicklungsarbeiten durchgeführt und darüber Rechnung gelegt, die Beklagte habe trotz Mahnung keine Zahlung geleistet. Ergänzend führte sie in einem vorbereitenden Schriftsatz aus, die eingeklagten Leistungen vorerst ohne schriftliche Aufträge erbracht zu haben, es lägen jedoch mündliche Aufträge durch den Geschäftsführer F***** vor, über die maßgebliche Organe der Beklagten und Mitarbeiter unterrichtet gewesen seien. Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit F***** habe der nunmehrige Geschäftsführer der Beklagten die Klägerin aufgefordert, schriftliche Anbote über die bereits erbrachten Leistungen zu legen; dies sei geschehen. Unbestritten ist, dass die Beklagte diese dann auch erstellten schriftlichen Anbote nicht angenommen hat. Die Beklagte hatte von Anfang an eingewendet, sie habe keine Aufträge erteilt, die Klägerin habe erst lange nach Arbeitsdurchführung schriftliche Anbote gelegt. Sollten Aufträge als erteilt anzusehen sein, lägen die Interessen der Beklagten gefährdende Insichgeschäfte vor, bei denen es an der für die Gültigkeit erforderlichen Publizität mangle. Vor Schluss der Verhandlung hat die Klägerin ihre Ansprüche noch ausdrücklich auf den Rechtsgrund der Bereicherung gestützt. Angesichts des Vorbringens der Streitteile stand von Anfang an auch der Rechtsgrund der Bereicherung (ein Verwendungsanspruch) für den Fall im Raum, dass eine Auftragserteilung namens der Beklagten nicht erwiesen oder erteilte Aufträge als Insichgeschäfte unwirksam sein könnten. Als die Klägerin ihre Ansprüche vor Schluss der Verhandlung erster Instanz namentlich auch auf diesen Rechtsgrund stützte, bedurfte es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keines weiteren Sachvorbringens, weil die Klägerin von Anfang an einen Sachverhalt behauptet hatte, der - sollten die Einwendungen der Beklagten berechtigt sein - unter dem Gesichtspunkt eines Verwendungsanspruchs hätten geprüft werden müssen. So hat die Klägerin auch insofern auf einen Vorteil der Beklagten hingewiesen, als sie ausführte, die Angestellten der Beklagten hätten diese Arbeiten nicht durchführen können.

Da weder Erstgericht noch Berufungsgericht auf diese Anspruchsgrundlage eingegangen sind, wird das Verfahren zu ergänzen sein. Die Aufhebung und Rückverweisung an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung erweist sich damit als erforderlich.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht im Einzelnen zu prüfen und festzustellen haben, welche Leistungen die Klägerin für die Beklagte erbracht hat und ob die Beklagte daraus (bezogen auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung; siehe Apathy aaO Rz 27 zu § 1041) einen Vorteil ziehen konnte. Der Nutzen kann auch in der Ersparnis von Aufwendungen liegen (Rummel aaO Rz 5 zu § 1041), in welchem Fall die Beklagte das dem verschafften Nutzen angemessene Entgelt zu ersetzen hätte (Rummel aaO Rz 5 und 14 zu § 1041; Koziol/Welser I10 425). Zur Bestimmung des Verwendungsanspruchs im Einzelnen kann auch eine Schätzung nach § 273 ZPO erforderlich werden (vgl Honsell/Mader in Schwimann ABGB2 Rz 28 zu § 1435).

Der Revision der Klägerin wird somit Folge gegeben, die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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