OGH 1Ob268/99i

OGH1Ob268/99i22.2.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Raits, Ebner & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Anita B*****, vertreten durch Dr. Johann Eder, Dr. Robert Kundmann und Dr. Stefan Knaus, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Aufkündigung infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 7. Juni 1999, GZ 54 R 147/99b-27, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachte Nichtigkeit liegt nicht vor, weil nach ständiger Rechtsprechung vermeintliche Begründungsmängel den Tatbestand des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO nicht erfüllen (SZ 39/222; 1 Ob 245/98f u.v.a.); von einer Unüberprüfbarkeit der Berufungsentscheidung kann hingegen keine Rede sein.

Hängt die Entscheidung von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, ist deren rechtliche Würdigung vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfen. Nur bei einer auffallenden Fehlbeurteilung der Unzumutbarkeit einer Fortsetzung des Bestandverhältnisses hätte er einzugreifen (5 Ob 1552/91; 3 Ob 1572/95 u.a.). Eine derartige unrichtige rechtliche Beurteilung liegt nicht vor: Die Rechtsprechung hat eine dem Mieter fehlende Abhilfemöglichkeit gegen ein unleidliches Verhalten seiner Wohnungsgenossen immer einschränkend interpretiert. Dem Mieter soll billigerweise die Verantwortung für das Verhalten der mit ihm in Wohnungsgemeinschaft lebenden Personen nur dann nicht auferlegt werden, wenn er davon keine Kenntnis hatte und infolgedessen dagegen nicht einschreiten konnte. War der Mieter aber in der Lage einzuschreiten und unterließ er es trotzdem oder erwiesen sich die von ihm getroffenen Abhilfemaßnahmen als untunlich, dann muss er die Konsequenzen tragen. Er kann sich nicht auf sein Unvermögen oder darauf berufen, er habe alle ihm nach der Sachlage zumutbaren Abwehrmittel ausgeschöpft. Das Gesetz gewährt den in ihrem Hausfrieden bedrohten Mietern Schutz und lässt die "Verewigung" eines untragbaren Zustands nicht zu, mag er nun durch das Verhalten eines Mieters selbst oder durch das seiner Familienangehörigen hervorgerufen sein (MietSlg 3947; WoBl 1995/83).

Ebenso wie bei Beurteilung des Vorliegens des Kündigungsgrunds des § 30 Abs 2 Z 3 2. Fall MRG das Verhalten des Mieters nicht in Teilfakten zerlegt werden darf (MietSlg 37.406; SZ 67/236; 1 Ob 280/98b u.a.), ist auch bei der Prüfung der dem Mieter vorbehaltenen Einwendung der Unmöglichkeit, Abhilfe zu schaffen, auf das Gesamtverhalten des Mieters und seines Mitbewohners abzustellen (10 Ob 1527/96). Die Beklagte kann sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe von der Tat, die zur strafgerichtlichen Verurteilung geführt habe, nichts gewusst, war diese doch nur der Kulminationspunkt des der Beklagten bekannten unleidlichen Verhaltens ihres Gatten gegen bestimmte Mieter. Aus der Tatsache, dass es der Beklagten in Gesprächen mit ihrem Ehegatten nicht gelungen ist, dessen aggressives Gesamtverhalten dauerhaft günstig zu beeinflussen, kann noch nicht geschlossen werden, dass geeignete Abhilfe überhaupt nicht möglich wäre.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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