OGH 10Ob8/00z

OGH10Ob8/00z15.2.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayer, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Wilhelm K*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma R***** GesmbH & Co, *****, gegen die beklagte Partei Vorarlberger Gebietskrankenkasse, 6850 Dornbirn, Jahngasse 4, vertreten durch Dr. Manfred Ammann, Rechtsanwalt in Rankweil, wegen S 345.264,49 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. November 1999, GZ 1 R 176/99p-16, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 30 Abs 1 Z 1 KO ist eine nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem Antrag auf Konkurseröffnung oder in den letzten 60 Tagen vorher vorgenommene Sicherstellung oder Befriedigung eines Gläubigers anfechtbar, wenn der Gläubiger eine Sicherstellung oder Befriedigung erlangt hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht in der Zeit zu beanspruchen hatte, es sei denn, dass er durch diese Rechtshandlung nicht begünstigt worden ist. "In der Zeit zu beanspruchen" hat ein Gläubiger die Befriedigung dann, wenn der (materiellrechtliche) Anspruch auf diese vor der kritischen Frist des § 30 Abs 1 KO entstanden und im Zeitpunkt der Befriedigung auch klagbar ist (König, Anfechtung2 Rz 244 mwN; RIS-Justiz RS0064420; RS0064479). Darüberhinaus hat ein Gläubiger die Befriedigung aber auch dann "in der Zeit zu beanspruchen", wenn der befriedigte Anspruch erst nach Beginn der kritischen Frist begründet und so, wie bei der Begründung vorgesehen, späterhin befriedigt wurde - die Befriedigung in der erfolgten Weise somit Inhalt dieses Anspruchs im Zeitpunkt seiner Entstehung war (vgl König aaO Rz 241 und 244 mit Beispiel). Diese Auffassung wurde auch in der Rechtsprechung ausdrücklich gebilligt (JBl 1987, 48 = ÖBA 1987, 186). Nach der Rechtsprechung entspricht die Bezahlung klagbarer, zu Recht bestehender und fälliger Schulden in einer nicht vom Schuldinhalt abweichenden Art den materiellen Rechtsverhältnissen und stellt keine objektive Begünstigung dar (RIS-Justiz RS0064572). Auch in der hier strittigen Frage der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen wurde bereits mehrfach ausgesprochen, dass eine kongruente Befriedigung jedenfalls dann vorliegt, wenn der Sozialversicherungsträger tatsächlich Anspruch auf die Beitragszahlungen hatte und seine Forderungen zur Zeit der Zahlung fällig waren. Die Zahlungen entsprachen in diesem Fall den materiellen Rechtsverhältnissen; die beklagte Partei erhielt nur das, was ihr gebührte. Dass solche Zahlungen in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeit und nicht rechtsgeschäftlich entstanden sind, ist unerheblich. Eine Anfechtung wegen inkongruenter Befriedigung im Sinn des § 30 Abs 1 Z 1 KO kommt daher in diesen Fällen nicht in Betracht (vgl Mohr, KO8 ENr 49b zu § 30 KO mwN; 6 Ob 554/93; SozSi 1993, 244 mwN).

Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zu den Zug-um-Zug-Leistungen die Ansicht vertritt, solche Leistungen dürften nicht so spät nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgen, dass der notwendige enge zeitliche Zusammenhang nicht mehr als gegeben angesehen werden könne (vgl RIS-Justiz RS0064643, wonach von einer Zug-um-Zug-Abwicklung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses jedenfalls dann nicht mehr gesprochen werden kann, wenn das auf einen bestimmten Verrechnungszeitraum entfallende Arbeitsentgelt erst nach Ablauf der nächstfolgenden Verrechnungsperiode gezahlt wird; ähnlich ZIK 1995, 53 ua zur Zahlung des Bestandzinses), ist darauf hinzuweisen, dass nach der bereits vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen von vornherein keine Zug-um-Zug-Leistung darstellt (ZIK 1995, 153 ua; König aaO Rz 225). Das Vorliegen einer die Anwendung des § 30 Abs 1 Z 1 KO ausschließenden Zug-um-Zug-Leistung wurde daher vom Berufungsgericht ohnedies nicht angenommen.

Da sich die Entscheidung des Berufungsgerichtes zur allein strittigen Frage der Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 1 KO im Rahmen der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bewegt, erweist sich die außerordentliche Revision als unzulässig.

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