OGH 5Ob314/99h

OGH5Ob314/99h23.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Monika S*****,

2. Dr. Manfred V*****, 3. Karin H*****, 4. Bernhard B*****, 5. Edith B*****, 6. DI Wolfgang W*****, 8. Mag. Dr. Susanne P*****, 9. Margot S*****, 10. Adolf H*****, 11. Gerda S*****, 12. Dr. Reinhard L*****,

13. Dr. Karl G*****, 14. Werner P*****, 15. Gabriele P*****, 16. Mikhail T***** N*****, 17. Dr. Luitgart W*****, 18. Sandra S*****,

19. Beatrice L*****, 20. Ing. Robert K*****, 21. K***** & Z***** GesmbH, 22. Waltraud S*****, 23. Gertrud S*****, 24. Moniek K*****,

25. Herbert S*****, 26. Gerhard D*****, alle vertreten durch Dr. Peter Dirnbacher, Hausverwalter, Fuhrmannsgasse 17, 1080 Wien, dieser vertreten durch Dr. Manfred Vogel, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ramadan K*****, vertreten durch Dr. Wenzel Drögsler, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 95.279,30 sA und Räumung, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. Juli 1999, GZ 40

R 127/99v-29, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 25. Jänner 1999, GZ 9 C 201/96m-22, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Beklagte ist Mieter der Wohnung top Nr 2 im Haus ***** in*****, wobei der Mietvertrag vor Begründung von Wohnungseigentum an dieser Wohnung am 30. 9. 1989 abgeschlossen worden war. Nunmehr ist an dieser Wohnung Wohnungseigentum für den Zweitkläger begründet. Es steht derzeit noch nicht fest, wann die Begründung von Wohnungseigentum erfolgte, Miteigentumsanteile am Haus hat der Zweitkläger am 4. 5. 1995 erworben.

Mit der Behauptung, sie seien Mit- und Wohnungeigentümer des Hauses ***** in ***** begehren die Kläger vom Beklagten rückständigen Mietzins in Höhe von S 95.279,30 sA und - auf § 1118 ABGB gestützt - die Räumung der von ihm gemieteten Wohnung. Dabei handelt es sich um Mietzinsrückstände für den Zeitraum November 1995 bis September 1998. Die Klage wurde am 3. Mai 1996 eingebracht. Es steht fest, dass zu diesem Zeitpunkt für den Zweitkläger Wohnungseigentum für die vom Beklagten gemietete Wohnung noch nicht begründet war.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und das Zahlungsbegehren auch der Höhe nach und zog insbesondere die Aktivlegitmation der Kläger in Zweifel. Aktivlegitimiert sei lediglich der nunmehrige Eigentümer, der Zweitkläger. Die viert-, neunt-, 10., 18. und 21. Kläger seien weder Mit- noch Wohnungseigentümer der Liegenschaft. Auch könne der klagegegenständliche Anspruch nur von der Wohnungseigentümergemeinschaft betrieben werden.

Der Beklagte bestritt auch den von ihm begehrten Hauptmietzins der Höhe nach. Die in § 53 MRG statuierte Ausnahme von der Mietzinsbildung des § 16 MRG sei auf das gegenständliche Bestandverhältnis nicht anzuwenden, weil nicht die Bestandgeberin des gegenständlichen Mietverhältnisses die begünstigte Rückzahlung nach dem RBG BGBl 1971/336 idF BGBl 1980/481 geleistet habe, sondern einer ihrer Rechtsvorgänger. Die Begünstigung betreffe jeweils nur das erste nach Rückzahlung begründete Mietverhältnis. Darüber hinaus wendete der Beklagte ein, insgesamt S 45.100 an Mietzins für den in Frage stehenden Zeitraum gerichtlich hinterlegt zu haben, weil ihm nicht bekannt gewesen sei, wer nun sein Bestandgeber in dieser Zeit gewesen sei. Diesen Betrag wendete der Beklagte kompensando gegen die Klagsforderung ein.

"In eventu" beantragten die Kläger noch, die Bezeichnung der klagenden Partei auf den Zweitkläger umzustellen. Dieser erhebe das Klagebegehren sowohl im eigenen Namen als auch im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Das Erstgericht kam diesem Begehren nach und änderte die Bezeichnung der klagenden Parteien auf den Zweitkläger ab; es erkannte sodann den Beklagten mit Teilurteil für schuldig, dem Zweitkläger S 50.179,30 sA zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 45.100 sowie ein Zinsenmehrbegehren wies das Erstgericht ab.

Der von beiden Parteien erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz Folge und hob den Beschluss, mit dem die Bezeichnung der klagenden Partei auf den Zweitkläger abgeändert wurde, ersatzlos auf. Im weiteren hob das Berufungsgericht auch das Teiurteil im gesamten Umfang auf, wovon mangels Anfechtung nur die Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens gegenüber dem Zweitkläger unberührt blieb. Das Berufungsgericht trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Beim Altmietvertrag komme es durch die Begründung von Wohnungseigentum am Bestandobjekt zu keinem Bestandgeberwechsel. Ungeachtet der Bestimmung des § 20 WEG, die bloß die Verteilung der Erträgnisse regle, nicht aber einem Dritten gegenüber, hier dem Bestandnehmer gegenüber Rechtswirkungen herbeiführe, stehe der Mietzins des Altvermieters der gesamten Vermietergemeinschaft, somit allen Mit- und Wohnungseigentümern als Gesamthandforderung zu. Das ergebe sich schon aus der Zweckgebung der Mietzinseinnahmen im Rahmen der §§ 3 und 4 MRG, wobei die gesamte Vermietergemeinschaft dem Bestandnehmer gegenüber zur Durchführung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten verpflichtet sei.

Der vom Erstgericht in unrichtiger Anwendung des § 235 Abs 5 ZPO vorgenommene Austausch von Parteien sei unzulässig, weil er zum Auscheiden der erst- und dritt- bis 26. Kläger aus dem Verfahren geführt habe. Diese seien infolge Aufhebung des entsprechenden Beschlusses des Erstgerichtes nach wie vor Parteien des Mietzins- und Räumungsverfahrens.

Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren die Bestreitung der Aktivlegitimation durch den Beklagten hinsichtlich der viert-, neunt-, 10., 18. und 21. Kläger zu prüfen haben, nämlich ob diese überhaupt Miteigentümer der Liegenschaft im Zeitpunkt der Klagserhebung bzw der Ausdehnung des Zahlungsbegehrens gewesen seien.

Ein allfälliger Verlust der Sachlegitimation der Kläger trete dadurch nicht ein, dass nach Streitanhängigkeit für den Zweitkläger Wohnungseigentum begründet worden sei.

Im übrigen hielt das Berufungsgericht den Einwand des Beklagten, § 53 MRG komme nur im ersten Vermietungsfall nach begünstigter vorzeitiger Rückzahlung zur Anwendung, für unberechtigt.

Der Berufung der Kläger komme insoweit Berechtigung zu, als der vom Beklagten gemäß § 1425 ABGB vorgenommene gerichtliche Erlag als Erlag einer Teilzahlung keine schuldbefreiende Wirkung zeitige. Die Abweisung dieses Teils des Klagebegehrens sei zu Unrecht erfolgt.

Das Berufungsgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil bisher höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Aktivlegitimation für Bestandzinsforderungen nach Begründung von Wohnungseigentum für Zinsperioden sowohl vor Begründung von Wohnungseigentum als auch danach fehle.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Beklagten, der zulässig, aber nicht berechtigt ist.

Die Kläger haben sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Zunächst hat das Berufungsgericht in zutreffender Darstellung der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung klargestellt, dass es durch die Begründung von Wohnungseigentum an einer zu diesem Zeitpunkt vermieteten Wohnung zu keiner Rechtsnachfolge auf Vermieterseite kommt und damit zu keinem Bestandgeberwechsel (vgl SZ 71/46; WoBl 1999/52, 100 ua).

Der Wohnungseigentümer erhält jedoch durch den Wohnungseigentumsvertrag und die Einverleibung seines Wohnungseigentumsrechts ein neues dingliches Recht auf ausschließliche Nutzung des Wohnungseigentumsobjekts/Mietgegenstandes nach § 1 Abs 1 Satz 1 WEG (vgl Call in WoBl 1998, 161 f). Mit 5 Ob 44/98a = SZ 71/46 hat der Oberste Gerichtshof eine Judikaturwende vollzogen und folgend P. Bydlinski, Der Übergang von "vertragsbezogenen" Gestaltungsrechten bei Veräußerung der Bestandsache am Beispiel der Vermieterkündigung (JBl 1997, 151 f) und Call (in kritischer Anmerkung zu WoBl 1997, 182/55) erkannt, dass die Einräumung des alleinigen Nutzungs- und Verfügungsrechtes an einem bestimmten Objekt (mag es auch vermietet sein), die gemäß § 1 Abs 1 WEG dem Wesen einer von allen Miteigentümern gemeinsam getragenen Begründung von Wohnungseigentum entspricht, regelmäßig die ergänzende Vertragsauslegung zulässt, dass dem Wohnungseigentümer damit auch alle jene Rechte übertragen werden, die mit seinem alleinigen Nutzungs- und Verfügungsrecht korrespondieren (WoBl 1998, 178/121; 129/122; SZ 71/46). Damit wurde das Kündigungsrecht des Wohnungseigentümers gegenüber dem Altmieter begründet. Darüber hinaus soll der Mietzinserhöhungsanspruch nach § 12a Abs 3 MRG nur dem Wohnungseigentümer (auch gegenüber dem Altmieter) zustehen. Das wurde im wesentlichen damit begründet, dass die Mietzinserträgnisse des Wohnungseigentumsobjekts allein dem ausschließlich am Objekt nutzungsberechtigten Wohnungseigentümer zustehen (WoBl 1998/121, 178). Das folgt nicht nur aus § 1 Abs 1 Satz 1 WEG sowie § 13 Abs 1, sondern auch aus der zwingenden Bestimmungen des § 20 Z 1 WEG (vgl Call WoBl 1998, 161 [165]).

Die Wohnungseigentumsbegründung verleiht also die Legitimation nicht nur zur Ausübung von Gestaltungsrechten, sondern auch zur Geltendmachung von Erträgnissen (ausschließliches Nutzungsrecht) aus einem bestehenden Bestandverhältnis. Das bedeutet, dass Mietzinsansprüche die vor Begründung von Wohnungseigentum entstehen, den Bestandgebern in ihrer Gesamtheit, also allen Mit- und Wohnungseigentümern als Gesamthandforderung zukommen, danach allein dem Wohnungseigentümer.

Wie schon oben ausgeführt, steht im vorliegenden Fall noch nicht fest, ob alle Mietzinsrückstände, die zum Gegenstand der Aufhebungserklärung und der Mietzinsklage gemacht wurden, Zeiträumen zuzuordnen sind, die noch vor Wohnungseigentumsbegründung durch den Zweitkläger liegen.

Vom Erstgericht werden daher im fortgesetzen Verfahren, wie das Berufungsgericht bereits aufgezeigt hat, die Eigentumsverhältnisse an der Liegenschaft sowie der Zeitpunkt der Begründung von Wohnungseigentum durch den Zweitkläger zu klären sein. Erst danach wird sich die Aktivlegitimation hinsichtlich der Mietzinsforderungen (und damit zusammenhängend auch die Berechtigung zur Vertragsaufhebung wegen solcher Mietzinsrückstände) klären lassen.

Was die Frage des zulässigen Hauptmietzinses und der Mietzinsbildung betrifft, hat bereits das Rekursgericht zutreffend auf jene höchstgerichtliche Entscheidung verwiesen, die zu dieser Frage ergangen ist (MietSlg 38.603). Für jeden nach der begünstigten Rückzahlung geschlossenen Mietvertrag gilt die durch die vorzeitige Darlehenstilgung ausgelöste Rechtsfolge ungeachtet des Umstandes, ob zwischenzeitig ein Wechsel im Eigentum der Liegenschaft eingetreten ist (vgl auch Würth-Zingher Miet- und WohnR20 Rz 2 zu § 53 MRG).

Dem unberechtigten Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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