OGH 9ObA141/99x

OGH9ObA141/99x29.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Hübner und Dr. Alvarado-Dupuy als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Eduard P*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Peter Schlösser und Dr. Christian Schoberl, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei G***** & J***** AG, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Dezember 1998, GZ 8 Ra 200/98p-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 24. März 1998, GZ 30 Cga 97/97m-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.086,40 (darin S 1.014,40 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht stellte zu Recht den Ruhegenußanspruch des am 7. 2. 1940 geborenen Klägers gegenüber der Beklagten ab Vollendung des 63. Lebensjahres fest (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Die Parteien schlossen am 18. 6. 1970 einen "Vertrag mit Zusicherung einer Pension mit Rechtsanspruch." Punkt II dieses Vertrages lautete in der am 22. 1. 1987 einvernehmlich geänderten Fassung auszugsweise wie folgt:

"Die Aktiengesellschaft verpflichtet sich, an Herrn Eduard P***** einen Ruhegenuß zu bezahlen, wenn das bestehende Dienstverhältnis mindestens bis zum vollendeten 60. Lebensjahr ohne Unterbrechung weiterbestehen sollte. In diesem Fall steht sowohl der Aktiengesellschaft wie auch Herrn Eduard P***** das Recht zu, das Dienstverhältnis durch Kündigung zu beenden. Bei einer unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist ausgesprochenen Kündigung gelangt Herr Eduard P***** ab dem vollendeten 63. Lebensjahr, also drei Jahre nach dem Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses in den Genuß des nachfolgend festgesetzten Ruhegehaltes.

Der Anspruch geht jederzeit verloren, falls bei Auflösung des Dienstverhältnisses ein Grund vorliegt, der eine fristlose Entlassung rechtfertigen würde.

....."

Bei einem solcherart bedingten Vertrag ist jede Beeinflussung des Ablaufes der Ereignisse wider Treu und Glauben unzulässig (Koziol/Welser10 158 f; JBl 1990, 37; RIS-Justiz RS0017406); eine Partei darf also auf die Bedingung nicht in einer Weise einwirken, die die andere Partei nach Sinn und Zweck des Vertrages redlicherweise nicht erwarten konnte (Knütel in JBl 1976, 613 [619]; Rummel in Rummel, ABGB2 § 897 Rz 7; Schwimann/Apathy, ABGB2 V § 897 Rz 19; EvBl 1989/65; JBl 1991, 382; RIS-Justiz RS0017391).

Wird nun der Arbeitnehmer wie im vorliegenden Fall nach 36jähriger Dienstzeit, wovon 22 Jahre auf die Wartezeit für den Ruhegenuß entfielen, ungerechtfertigt entlassen - durch die Entlassungserklärung wird das Arbeitsverhältnis auch dann mit sofortiger Wirkung beendet, wenn ein wichtiger Grund nicht vorliegt (Arb 10.581 mwN) -, muß von einer treuwidrigen Bedingungsvereitelung durch den Arbeitgeber ausgegangen werden. Nach den bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen wurde der Ruhegenußvertrag seinerzeit im Hinblick auf die langjährige verdienstvolle Tätigkeit des Klägers abgeschlossen, um diesen auch in Zukunft an das Unternehmen zu binden und das relativ niedrige Gehalt auszugleichen. Nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrages mußte der Kläger redlicherweise nicht mit einer derartigen Einwirkung des Arbeitgebers auf die Bedingung eines bis zum vollendeten 60. Lebensjahres aufrechten Arbeitsverhältnisses rechnen. Eine sich an Treu und Glauben sowie an redlicher Verkehrsanschauung orientierende Vertragsauslegung kann bei dieser Sachlage nur zur Beurteilung führen, daß der Kläger so zu stellen ist, als ob die Bedingung eingetreten wäre (vgl EvBl 1989/65). Auf darüber hinausgehende Überlegungen, unter welchen anderen Konstellationen und bei welchen anderen Beendigungsarten des Arbeitsverhältnisses vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Arbeitnehmers allenfalls eine sittenwidrige Bedingung der Ruhegenußvereinbarung vorläge, braucht daher nicht näher eingegangen werden.

Die Überlegungen der Revisionswerberin zur Verjährung nach den § 34 AngG, § 1486 Z 5 ABGB lassen unberücksichtigt, daß Gegenstand der Klage weder Ersatzansprüche wegen vorzeitiger Entlassung im Sinne des § 29 AngG noch einzelne wiederkehrende monatliche Pensionszahlungen sind. Gegenstand des Verfahrens ist vielmehr die Feststellung des Gesamtrechtes, das erst in 30 Jahren verjährt (§ 1480 ABGB; Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 1480; SZ 67/202).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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