OGH 3Ob218/99a

OGH3Ob218/99a15.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Beate Köll-Kirchmeyr, Rechtsanwältin in Schwaz, wider die verpflichtete Partei Roland W*****, vertreten durch Dr. Klaus Dengg ua Rechtsanwälte in Zell am Ziller, wegen S 228.620,26 sA und S 114.165,19 sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 2. Juni 1999, GZ 2 R 147/99b-13, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Zell am Ziller vom 18. Februar 1999, GZ 4 E 3714/98v-10, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 2. Dezember 1998 wurde die Pfändung einer dem Verpflichteten gehörenden Schischule sowie der zugrundeliegenden Schischulbewilligung der Tiroler Landesregierung bewilligt.

Das Erstgericht wies den Antrag der betreibenden Partei auf Verwertung der gepfändeten Schischule durch Zwangsverwaltung mit der Begründung ab, gemäß § 8 Abs 2 Tiroler Schischulgesetz 1995 habe der Schischulinhaber unter anderem die Schischule persönlich zu leiten und während der Betriebszeit nach Abs 1 im betreffenden Schischulgebiet in dem zur Erfüllung seiner Pflichten nach diesem Gesetz erforderlichen Ausmaß anwesend zu sein; er habe die Lehrkräfte und die Kinderbetreuungspersonen dahingehend zu beaufsichtigen, daß sie ihren Pflichten nach § 9 Abs 5 des angeführten Gesetzes nachkommen. Die Berechtigung zum Betrieb einer Schischule sei demnach ein persönliches Recht des Schischulinhabers. Beim Unternehmen einer Schischule und der diesem Unternehmen zugrundeliegenden Schischulbewilligung der Tiroler Landesregierung handle es sich somit um ein höchstpersönliches Vermögensrecht des Schischulinhabers, das seiner Ausübung nach nicht auf eine andere Person übertragen werden könne. Dieses höchstpersönliche Recht stelle demnach kein der Exekution unterliegendes Vermögensobjekt dar, da es von der Person des Verpflichteten nicht losgelöst und daher auch nicht verwertet werden könne.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der betreibenden Partei Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß zur Verwertung des von der betreibenden Partei erworbenen Pfandrechts an der Schischule samt zugrundeliegender Schischulbewilligung der Tiroler Landesregierung der betreibenden Partei die Zwangsverwaltung bewilligt werde. Es sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs nach § 78 EO, § 528 Abs 1 ZPO sei zulässig, weil die vom Rekursgericht herangezogene Entscheidung 4 Ob 120/94 (veröffentlicht in ÖBl 1995, 219) zur Frage der Aktivlegitimation in einem Verfahren nach dem UWG und zum zwar vergleichbaren, aber mittlerweile außer Kraft getretenen Tiroler Schischulgesetz LGBl 1989/12 ergangen sei und sonst eine Entscheidung des Höchstgerichtes zur Frage der Pfändbarkeit und Verwertbarkeit eines Unternehmens nach dem Tiroler Schischulgesetz nicht vorgefunden werden habe können.

Zur Begründung führte das Rekursgericht aus, eine Schischule sei zwar kein gewerbliches Unternehmen, sie unterliege jedoch als "ähnliche wirtschaftliche Unternehmung" im Sinn des § 341 Abs 1 EO unter der Voraussetzung der Verwertbarkeit der Exekution.

Das landesgesetzlich geregelte Schischulwesen unterliege dem Konzessionssystem. Der Betrieb einer Schischule bedürfe gemäß § 5 Abs 1 Tiroler Schischulgesetz 1995 der Bewilligung der Landesregierung, wobei sich aus dem Kontext der allgemeinen Bestimmungen dieses Gesetzes ergebe, daß eine solche Bewilligung nur einer natürlichen Person erteilt werden könne, welche die umschriebenen Voraussetzungen erfülle. Ungeachtet des im § 8 Abs 6 Tiroler Schischulgesetz 1995 verwendeten Begriffes "Schischulinhaber" könne daraus nicht zwingend die "Höchstpersönlichkeit" des Unternehmens gefolgert werden, daß also der "Schischulinhaber" (Inhaber der Schischulberechtigung) den Betrieb der Schischule stets auf eigene Rechnung führen und Eigentümer des Unternehmens sein müsse. Privatrechtlicher Betreiber und Inhaber des Unternehmens könne durchaus eine andere physische oder juristische Person sein, für die dann der Bewilligungsinhaber als "schulrechtlicher" Geschäftsführer nach der Art eines gewerberechtlichen Geschäftsführers nach der Gewerbeordnung fungiere. Eine ganze Anzahl Tiroler Schischulen werde in den unterschiedlichsten Gesellschaftsformen (GmbH, KEG, OEG) betrieben, deren Bewilligungsinhaber offenbar gewerbe- bzw "schulrechtliche" Geschäftsführer seien. Es wäre nicht einsichtig, daß im Gegensatz zu diesem Unternehmen ein Betrieb der Pfändung entzogen sein solle, dessen physischer Eigentümer zugleich Bewilligungsinhaber sei, zumal ein Zwangsverwalter ohnedies die Voraussetzungen nach dem Tiroler Schischulgesetz erfüllen müsse und dessen Bestellung zum Geschäftsführer der Bewilligung der Verwaltungsbehörde bedürfe (§ 341 Abs 2 EO).

Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Bei einer Schischule handelt es sich an sich um eine wirtschaftliche Unternehmung im Sinn des § 341 Abs 1 EO, auf welche die Exekution durch Zwangsverwaltung geführt werden kann.

Die Verwertung von Vermögensrechten im Sinn der §§ 331 ff EO kann aus rechtlichen Gründen unmöglich sein, zB weil sie höchstpersönlich sind und daher auf einen anderen nicht übertragen werden können. Aber auch wenn das Recht als solches nicht übertragen werden kann, ist die Pfändung zulässig, wenn es wenigstens seiner Ausübung nach übertragen werden kann (SZ 53/174 mwN). So kann nach der Entscheidung SZ 15/177 eine höchstpersönliche, an gewisse subjektive und objektive Voraussetzungen gebundene Berechtigung, die weder veräußerlich ist, noch durch dritte Personen ausgeübt werden und somit nicht Gegenstand eines Pfandrechtes sein kann, nicht Gegenstand einer Exekution sein.

Die Entscheidung ZBl 1936/206 ging davon aus, daß es als eine wirtschaftliche Unternehmung nicht betrachtet werden könne, wenn ein Betrieb ausschließlich auf der persönlichen Betätigung seines Inhabers beruhe, falls nicht die Ausnützung sachlicher Betriebsmittel oder eine Betriebsorganisation, sondern ausschließlich die Verwertung persönlicher Kenntnisse und Tätigkeiten (gemeint wohl: Fähigkeiten) des Unternehmers in Betracht komme. Obwohl der Unternehmer in solchen Fällen aus seiner Betätigung ein regelmäßiges Einkommen beziehe, lasse sich doch dieser Erwerb und die vermögensrechtliche Seite des Unternehmens von der Person des Unternehmers nicht trennen. Dieser könne nicht gezwungen werden, seine persönliche Arbeitskraft in den Dienst des betreibenden Gläubigers zu stellen. Bei solchen Betrieben sei eine Exekution nach § 341 EO unmöglich, weil ein Unternehmen als Rechtssubjekt nicht vorhanden sei. Aus diesem Grund könne zB die Erwerbstätigkeit eines Rechtsanwalts, Arztes, Künstlers, aber auch eines Privatlehrers nicht Gegenstand einer Exekution nach §§ 331, 341 EO sein, auch wenn diese Erwerbstätigkeit die Verleihung einer Berechtigung oder behördlichen Zulassung zur Voraussetzung habe. Hingegen müsse eine Fahrschule keineswegs ausschließlich auf der persönlichen Tätigkeit des Inhabers beruhen.

In der Entscheidung SZ 53/174 führte der Oberste Gerichtshof aus, das dem Inhaber der Betriebsbewilligung selbst zustehende (öffentliche) Recht zum Betrieb eines Kindergartens sei der Ausübung nach übertragbar und daher auch pfändbar.

Auch der Betrieb einer Schischule nach dem Tiroler Schischulgesetz 1995 muß, wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, keineswegs zwingend höchstpersönlich vom Schischulinhaber geführt werden. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung ÖBl 1995, 219 zur Vorgängerbestimmung ausgeführt hat, folgt daraus, daß öffentlich-rechtlicher Konzessionsträger einer Schischule nur eine physische Person sein kann, welche vom Landesgesetzgeber als "Schischulinhaber" bezeichnet wird, keineswegs zwingend, daß sie dem Betrieb dieser Schischule stets auch auf eigene Rechnung führen und das Unternehmen in ihrem Eigentum stehen muß. Es bleibt die Möglichkeit unberührt, daß privatrechtlicher Betreiber und Inhaber des Schischulunternehmens auch eine andere physische oder juristische Person, eine Handelsgesellschaft, Erwerbsgesellschaft nach dem EGG oder auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sein kann, für die dann der Bewilligungsinhaber als "schulrechtlicher" Geschäftsführer nach der Art eines gewerberechtlichen Geschäftsführers fungiert. Aus diesen auch für die Beurteilung der Zulässigkeit der Zwangsverwaltung geltenden Überlegungen bietet die Regelung des § 8 Abs 6 Tiroler Schischulgesetz 1995, wonach der Schischulinhaber die Schischule persönlich zu leiten hat, kein Hindernis für die beantragte Zwangsverwaltung.

Für die Richtigkeit der dargelegten Ansicht spricht deutlich § 11 Abs 1 des Tiroler Schischulgesetzes 1995, weil dort für den Fall des Todes des Bewilligungsinhabers die Fortführung der Schischule unter Bestellung eines geeigneten Geschäftsführers vorgesehen ist. Dem ist aber die Zwangsverwaltung der Schischule unter Bestellung eines geeigneten Zwangsverwalters durchaus vergleichbar. Hier liegt auch nicht der Fall vor, daß die Person des Unternehmers wegen seiner persönlichen Eigenschaften so wichtig ist, daß bei Wegfall des Unternehmers das Vertrauen der Kundschaft und damit die Kundschaft selbst wegfällt (vgl SZ 46/108).

Schon das Rekursgericht hat darauf hingewiesen, daß der Zwangsverwalter die Voraussetzungen nach dem Tiroler Schischulgesetz 1995 erfüllen muß und dessen Bestellung zum Geschäftsführer der Bewilligung der Verwaltungsbehörde bedarf (§ 341 Abs 2 EO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.

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