OGH 3Ob172/73

OGH3Ob172/7323.10.1973

SZ 46/108

Normen

EO §341
EO §341

 

Spruch:

Der Bestimmung des § 341 Abs. 1 Satz 2 EO liegt der Gedanke zugrunde, daß jene Gewerbe der Exekution entzogen sein sollen, bei denen die Person des Unternehmers von solcher Wichtigkeit ist, daß ihr Einsatz durch einen Zwangsverwalter das Unternehmen zerstört. Sie gilt daher auch für Unternehmenspächter

OGH 23. Oktober 1973, 3 Ob 172/73 (KG Steyr R 70/73; BG Windischgarsten E 754/72)

Text

Mit Beschluß vom 17. Jänner 1973 stellte das Erstgericht (Rechtspfleger) nach Einvernehmung der Verpflichteten die der betreibenden Gläubigerin zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung bewilligte Exekution durch Pfändung des der Verpflichteten gegenüber Alois B zustehenden Pachtrechtes an dem Gasthaus H Nr. 175 unter gleichzeitiger Abweisung des Verwertungsantrages gemäß § 39 Abs. 1 Z. 2 EO mit der Begründung ein, daß die Verpflichtete das Gewerbe persönlich mit weniger als vier Hilfskräften ausübe und die Verwertung des gepfändeten Rechtes daher gemäß § 341 Abs. 1 Satz 2 EO unzulässig sei.

Dem dagegen erhobenen Rekurs der betreibenden Gläubigern gab das Erstgericht gemäß § 12 das PflG Folge und bewilligte in Abänderung der Entscheidung des Rechtspflegers die Zwangsverwaltung des gepfändeten Pachtrechtes. Es begrundete seine Entscheidung mit der Unanwendbarkeit des § 341 Abs. 1 EO bei der Exekution auf Pachtrechte und mit dem Fehlen der Voraussetzungen dieser Exekutionsbeschränkung. Der Nachweis einer besonderen Befähigung sei nach der Verordnung vom 3. Mai 1955, BGBl. Nr. 109 nicht erforderlich, da H weniger als 10.000 Einwohner habe und in der Anlage der zitierten Verordnung nicht genannt sei.

Infolge Rekurses der Verpflichteten stellte das Rekursgericht den Beschluß des Rechtspflegers wieder her. Die Rekursinstanz bejahte die Anwendbarkeit des § 341 Abs. 1 Satz 2 EO und das Erfordernis einer besonderen Befähigung zum Antritt des gepachteten Gewerbes auf Grund der Verordnung vom 7. April 1964 BGBl. Nr. 74, da H in der Anlage dieser Verordnung angeführt sei.

Der Oberste Gerichtshof hob die Beschlüsse der Untergerichte auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Verwertungsantrag nach Verfahrensergänzung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gegenstand des exekutiven Pfandrechtes der betreibenden Gläubigerin sind Pachtrechte der Verpflichteten an einem Gasthaus. Die Zulässigkeit und Art der Verwertung der gepfändeten Rechte hängt vom Inhalt dieser Rechte und nicht davon ab, was die betreibende Gläubigerin pfänden wollte. Bei Pachtrechten an einem "Gasthaus kann es sich sowohl um Unternehmenspacht als auch um Raumpacht handeln. Die Verwertung hat zwar in beiden Fallen nach § 334 EO zu erfolgen, doch wäre, wie dem Rekursgericht beizupflichten ist, bei der Exekution auf Pachtrechte an einem Unternehmen die Bestimmung des § 341 Abs. 1 Satz 2 EO sinngemäß anzuwenden. Nach dieser Vorschrift sind handwerksmäßige und jene konzessionspflichtigen Kleingewerbebetriebe, zu deren Antritt es eines Befähigungsnachweises bedarf, exekutionsfrei. Der zitierten Bestimmung liegt der Gedanke zugrunde, daß jene Gewerbe der Exekution entzogen sein sollen, bei denen die Person des Unternehmers von solcher Wichtigkeit ist, daß ihr Ersatz durch einen Zwangsverwalter das Unternehmen zerstört. Das ist bei handwerksmäßigen Betrieben der Fall, weil bei ihnen selbstverständlich die Mitarbeit des Unternehmers den Kern des Unternehmens bildet; bei den konzessionierten dann, wenn die Person des Unternehmers wegen seiner persönlichen Eigenschaften so wichtig ist, daß bei Wegfall des Unternehmers das Vertrauen der Kundschaft und damit die Kundschaft selbst wegfällt (Jud. 40 neu = SZ 13/270). Unter diesem Gesichtspunkt ist es unerheblich, ob der Schuldner sein eigenes oder als Pächter ein fremdes Unternehmen betreibt. In beiden Fällen werden die Gläubiger aus den Erträgnissen des Unternehmens befriedigt. Die Exekutionsbefreiung des § 341 Abs. 1 Satz 2 EO muß daher auch einem Unternehmenspächter zugestanden werden. Vor der Entscheidung über den Verwertungsantrag muß deshalb zunächst geklärt werden, ob Unternehmens- oder Raumpacht vorliegt. Die Beurteilung diese Frage hängt vom Inhalt des Pachtvertrages ab. Da die Untergerichte nicht festgestellt haben, was zwischen dem Verpächter und der Verpflichteten vereinbart wurde, ist ihr Verfahren mangelhaft geblieben. Der neuerlichen Entscheidung über den Verwertungsantrag wird auch eine Vernehmung des Verpächters voranzugehen haben (vgl. hiezu die in der GMA der EO bei § 331 unter Z. 10 und 10 a angeführten Entscheidungen).

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