Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird dahin Folge gegeben, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Hietzing vom 12. 1. 1998 aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners geschieden. Beide Streitteile begehrten die Scheidung durch Klage bzw Widerklage. Beide Klagen waren auf § 49 EheG gestützt und strebten die Scheidung der Ehe aus dem jeweiligen Alleinverschulden des anderen Ehegatten an. Gegen das Urteil des Erstgerichtes erhob der Antragsgegner Berufung mit den Anträgen, seiner Berufung Folge zu geben und das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen und dem Widerklagebegehren stattgegeben werde.
Das Berufungsgericht gab mit Urteil vom 21. 10. 1998 seiner Berufung nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die außerordentliche Revision wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 28. 1. 1999 zurückgewiesen. Der Aufteilungsantrag langte nach der fristgerecht erhobenen Berufung des Antragsgegners noch vor der Entscheidung des Berufungsgerichtes am 3. 7. 1998 ein.
Der Antragsgegner beantragte die Zurückweisung des Aufteilungsantrages mangels eines rechtskräftigen Scheidungsausspruches und erstattete in der Folge Gegenausführungen (ON 10).
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, weil die Frist des § 95 EheG schon mit der eingetretenen Teilrechtskraft des Ausspruches über die Ehescheidung zu laufen begonnen habe und die Rechtskraft des Verschuldensausspruches nicht maßgeblich sei.
Das Rekursgericht änderte über Rekurs des Antragsgegners diesen Beschluß dahingehend ab, daß es den Antrag der Antragstellerin als verfrüht zurückwies. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Lauf der materiellrechtlichen Fallfrist des § 95 EheG beginnt mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft der Scheidung (EFSlg 78.761; 1 Ob 113/99w ua). Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung, daß in einem auf § 49 EheG gestützten Scheidungsverfahren, wie im vorliegenden Fall, der Scheidungsausspruch in Rechtskraft erwachsen kann, ohne daß bereits rechtskräftig über das Verschulden entschieden wurde. Bei einer Ehescheidung aus Verschulden ist allerdings die Annahme irgendeines Verschuldens des Beklagten präjudiziell für den Scheidungsausspruch. Im Falle von Klage und Widerklage trifft die Präjudizialität des Verschuldens der Streitteile begrifflich nur dann zu, wenn noch kein Verschulden eines der Streitteile wenigstens teilweise rechtskräftig festgestellt ist. Eine Teilrechtskraft der Ehescheidung kann nur in jenen Fällen eintreten, in welchen Grundlage des Scheidungsbegehrens eine Scheidung aus dem Rechtsgrund des § 49 EheG ist (EFSlg 48.778; 1 Ob 542/90; 6 Ob 112/97g). Ob eine Teilanfechtung nur hinsichtlich des Verschuldensausspruches vorliegt, ist anhand des Umfanges des Rechtsmittelantrages zu beurteilen. Wenn sich daraus nicht zweifelsfrei nach objektiven Auslegungskriterien ergibt, daß die Entscheidung nur zum Teil bzw in welchem Ausmaß angefochten wird, dann gilt sie als zur Gänze angefochten (1 Ob 542/90).
Bei der Anfechtung der Scheidung aus Verschulden des Antragsgegners dahin, das Klagebegehren auf Scheidung mangels eigenen Verschuldens abzuweisen und im Sinne des Widerklagebegehrens auf Scheidung aus Verschulden der Antragstellerin zu erkennen, ist eindeutig, daß kein Verschulden eines Ehegatten feststand oder unangefochten blieb. Das Rekursgericht hat daher zutreffend eine Teilrechtskraft des Ausspruches über die Ehescheidung verneint. Das im § 81 EheG angeführte Erfordernis der Rechtskraft der Scheidung war zum Zeitpunkt des Aufteilungsantrages daher nicht gegeben.
Dennoch führt dies zur Zurückweisung des Antrages.
Voraussetzung der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nach § 81 EheG ist, daß die Ehe rechtskräftig geschieden wurde. Dabei handelt es sich um eine materiellrechtliche Anspruchsvoraussetzung, deren Fehlen wie auch der Ablauf der Fallfrist des § 95 EheG zur Abweisung des Antrages führt. Ein bloß verfrüht gesetzter Verfahrensschritt, wie hier der vor Rechtskraft des Scheidungsausspruches eingebrachte Aufteilungsantrag, der bereits zu Verfahrenshandlungen des Gegners führte, ist allein aus dem Grund der verfrühten Antragstellung nicht formell unzulässig (vgl 8 Ob 663/89), wenn vor der Sachentscheidung die materielle Anspruchsberechtigung der Rechtskraft der Scheidung eintritt.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 234 AußStrG, weil erst nach Abschluß des Verfahrens eine Kostenentscheidung nach dem Grundsatz der Billigkeit möglich ist.
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