Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Dem Gericht zweiter Instanz wird die Entscheidung über die Rekurse der klagenden Partei aufgetragen.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Am 4. Juli 1983 hatte das Bezirksgericht Zell am See zur AZ E 8057/83 die Zwangsversteigerung der im Eigentum der klagenden Partei gestandenen Liegenschaft EZ 364 KG Hinterglemm bewilligt. Am 29. Mai 1984 wurde zur AZ S 36/84 des Landesgerichtes Salzburg über das Vermögen der klagenden Partei der Konkurs eröffnet und der zum Masseverwalter bestellte Erstbeklagte trat dem Zwangsversteigerungsverfahren als betreibende Partei bei; die in Exekution gezogene Liegenschaft wurde schließlich versteigert. Noch während des Konkursverfahrens beantragte Ing. Herbert O***, der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin, beim Landesgericht Salzburg die Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Gemeinschuldnerin zur Einbringung einer Schadenersatzklage gegen den Masseverwalter und vier im Zwangsversteigerungsverfahren tätig gewordene Sachverständige. Das Landesgericht Salzburg wies diesen Antrag zurück. Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hob diese Entscheidung mit Beschluß vom 23. Juli 1987 (AZ 5 R 95/87) auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund (der Auflösung der GmbH gemäß § 84 Abs. 1 Z 4 GmbHG) auf. Zur gleichen Zeit befaßte sich der für Konkursangelegenheiten zuständige Senat 2 des Oberlandesgerichtes Linz ohne Kenntnis der genannten Rekursentscheidung AZ 5 R 95/87 mit einem Rekurs der Gemeinschuldnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Konkursgerichtes vom 27. April 1987, GZ S 36/84-105, mit welchem die Rechnungslegung des Masseverwalters genehmigt worden war. Die Gemeinschuldnerin focht dort die Genehmigung der Rechnungslegung vor allem mit dem Argument an, ihre Schadenersatzansprüche gegen den Masseverwalter seien nicht berücksichtigt worden. Zur AZ 2 R 219/87 gelangte das Oberlandesgericht Linz nach Einsichtnahme in die Konkursakten zu der Ansicht, das Erstgericht habe anläßlich der Genehmigung der Schlußrechnung deshalb nicht über Schadenersatzansprüche der Gemeinschuldnerin gegen den Masseverwalter zu entscheiden, weil solche im Konkursverfahren nicht in geeigneter Form und mit der erforderlichen Konkretisierung geltend gemacht worden seien und im übrigen - allerdings erst nach Beendigung des Konkursverfahrens - im ordentlichen Rechtsweg zu verfolgen seien.
Infolge der genannten Rekursentscheidung AZ 5 R 95/87 bewilligte das Erstgericht der klagenden Partei die beantragte Verfahrenshilfe. Der der klagenden Partei beigegebene Rechtsanwalt Dr. Gerhard M*** brachte noch vor Aufhebung des Konkursverfahrens namens der durch den Liquidator Ing. Herbert O*** vertretenen K***
Hotel - Gesellschaft mbH in Liquidation am 28. Oktober 1987 die vorliegende Schadenersatzklage gegen den Masseverwalter und die vier im Zwangsversteigerungsverfahren tätig gewesenen Sachverständigen ein; darin wird den fünf Beklagten in umfangreicher Sachverhaltsdarstellung schuldhaftes rechtswidriges Verhalten zum Nachteil der klagenden Partei vorgeworfen und Zahlung des letztlich ermittelten Schadensbetrages in die Konkursmasse begehrt. In den von den Beklagten eingebrachten Klagebeantwortungen wurde beantragt, der klagenden Partei wegen Aussichtslosigkeit und Mutwilligkeit der Klageführung die Verfahrenshilfe zu entziehen. Den im Sinne dieser Anträge gefaßten Beschluß des Erstgerichtes vom 16. Mai 1988 (ON 16) bestätigte das Rekursgericht mit Beschluß vom 20. Juli 1988 (AZ 2 R 195/88) mit der Maßgabe, daß der Halbsatz: "da die Rechtsverfolgung mutwillig und aussichtslos erscheint", zu entfallen habe. In dieser Entscheidung vertrat das Rekursgericht die Rechtsansicht, daß vor Aufhebung des Konkurses eine Schadenersatzklage gegen den Masseverwalter unzulässig sei, aber auch in Ansehung der vier Sachverständigen mangels Ausscheidung aus der Konkursmasse die Klage zurückzuweisen wäre. Da es jedoch nur über einen Rekurs zu befinden gehabt habe, der eine in einem anderen Verfahren (AZ 9 Nc 10/87 des Erstgerichtes) bewilligte Verfahrenshilfe betroffen habe, sei es ihm zu diesem Zeitpunkt verwehrt gewesen, die Unzulässigkeit der Klageführung selbst wahrzunehmen.
Am 2. Mai 1988 wurde im Handelsregister des Landesgerichtes Salzburg die Aufhebung des Konkursverfahrens (GZ S 36/84-122) eingetragen. Am 8. November 1988 wurde Ing. Herbert O*** der ehemalige Geschäftsführer der aufgelösten GmbH, gemäß § 89 Abs. 2 GmbHG zum Liquidator bestellt. Er stellte am 15. November 1988 namens der GmbH iL den Antrag, ihr die Verfahrenshilfe im bereits eingeleiteten Rechtsstreit (neuerlich) zu bewilligen. Mit Beschluß vom 17. November 1988 (ON 22) wies das Erstgericht diesen Antrag ab. Am 25. November 1988 wiederholte Ing. Herbert O*** den Verfahrenshilfeantrag unter Hinweis auf die geänderten verfahrensrechtlichen Verhältnisse infolge seiner Bestellung zum Liquidator. Auch dieser Antrag wurde vom Erstgericht abgewiesen (Beschluß vom 28. November 1988, ON 26).
Das Gericht zweiter Instanz hob aus Anlaß der gegen die Beschlüsse ON 22 und 26 erhobenen Rekurse der klagenden Partei das gesamte Verfahren zur AZ 9 Cg 462/87 des Landesgerichtes Salzburg als nichtig auf, wies die Klage zurück und hob die Verfahrenskosten gegenseitig auf. Es führte dazu folgende rechtliche Erwägungen an:
Wie es schon in den vorerwähnten Rekursentscheidungen (AZ 2 R 219/87 und 2 R 195/88) dargelegt habe, erachte es vor rechtskräftiger Aufhehung des Konkursverfahrens die Schadenersatzklage gegen den Masseverwalter sowie gegen die Sachverständigen des Zwangsversteigerungsverfahrens für unzulässig. Mit den Ansprüchen gegen den amtierenden Masseverwalter sei ein Gemeinschuldner auf das Rechnungslegungsverfahren verwiesen; erst nach rechtskräftiger Konkursaufhebung - oder nach Enthebung des Masseverwalters - stehe ihm der Rechtsweg offen. Zur Klageführung gegen die im Zwangsversteigerungsverfahren tätig gewesenen vier Sachverständigen sei allein der Masseverwalter berechtigt gewesen, weil solche Ansprüche nicht im Sinne des § 119 Abs. 5 KO aus der Konkursmasse ausgeschieden worden seien. Eine rückwirkende Sanierung dieses Mangels der Prozeßfähigkeit und der gesetzlichen Vertretung oder Ermächtigung zur Prozeßführung sei nicht möglich, weil nunmehr der Masseverwalter bereits enthoben sei, der Liquidator der klagenden Partei das Verfahren jedoch nur für die Zeit ab rechtskräftiger Beendigung des Konkurses genehmigen könne. Diese Entscheidung (Nichtigerklärung und Klagszurückweisung) sei formell unerläßlich, sage jedoch nichts darüber aus, ob und inwieweit die von der klagenden Partei geltend gemachten Schadenersatzansprüche aussichtslos oder mutwillig seien. Dem Liquidator werde vielmehr anheimgestellt, nunmehr neuerlich eine entsprechende Klage einzubringen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs der klagenden Partei ist berechtigt. Die - in Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortete - Frage ob die klagende Partei als Gemeinschuldnerin durch ihren Geschäftsführer während des Konkursverfahrens zur Erhebung einer Schadenersatzklage gegen den amtierenden Masseverwalter berechtigt oder ihr der Rechtsweg dafür verschlossen sei, und ob ihre Prozeßfähigkeit für die Klagen gegen die vier im Zwangsversteigerungsverfahren betreffend die Betriebsliegenschaften tätigen Sachverständigen zu verneinen gewesen wäre, bedarf im vorliegenden Verfahren aus folgenden Gründen keiner Beantwortung:
Das Konkursverfahren war zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung bereits rechtskräftig aufgehoben. Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, der Liquidator der klagenden Partei könne das vor der Konkursaufhebung liegende Verfahren nicht wirksam genehmigen, sondern sei auf eine neue Klageführung zu verweisen, wird vom erkennenden Senat nicht geteilt. Es wäre nutzloser übertriebener und sachlich nicht gerechtfertigter Formalismus, den nach der - auch vom Rekursgericht vertretenen - Rechtsansicht eines Teils der Lehre und Rechtsprechung während des Konkursverfahrens mangels Rechtswegzulässigkeit oder gehöriger Vertretung der Masse nicht klageberechtigten Gemeinschuldner nach Konkursaufhebung zur Wiederholung seiner bloß verfrüht gesetzten Verfahrensschritte, die auch schon zu Prozeßhandlungen der Prozeßgegner Anlaß gegeben haben, zu zwingen, wenn in der Zwischenzeit bereits das Rechtsweghindernis weggefallen ist und der (ehemalige) Gemeinschuldner seine volle Verfügungsberechtigung und Prozeßfähigkeit wiedererlangt hat. Vielmehr ist wie bei der Sanierung von Vertretungsmängeln im Sinne des § 477 Abs. 1 Z 5 ZPO auch der Wegfall des Rechtsweghindernisses noch im Stadium des Rechtsmittelverfahrens zu berücksichtigen. Es war daher die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Rekursgericht die Verfahrensfortsetzung durch Entscheidung über die vorliegenden Rekurse der klagenden Partei aufzutragen. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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