Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Eintragungsverfahrens unter Abstandnahme vom herangezogenen Abweisungsgrund aufgetragen.
Text
Begründung
Die S***** Ltd wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 11. 5. 1998 in der Rechtsform einer "Private Limited Company" nach dem Recht des Vereinigten Königreiches Großbritannien (The Companies Act 1985) gegründet und ist in C***** House C***** zur Firmennummer 3561855 registriert. Sitz und Geschäftsanschrift befinden sich in F*****, *****, Großbritannien. Ihr Kapital beträgt 100 englische Pfund. Geschäftsführer ist der in Graz ansässige Paul R*****. Durch diesen vertreten begehrt die Gesellschaft unter Bezugnahme auf das EUGesRÄG BGBl 1996/304 Eintragung ins Firmenbuch beim Landes- als Handelsgericht Graz. Sie habe in Graz eine Zweigniederlassung mit dem Tätigkeitsbereich Unternehmungsberatung errichtet. Der Anmeldung waren - jeweils in beglaubigter Übersetzung ‑ angeschlossen:
1. Eine vom Führer des Gesellschaftsregisters für England und Wales ausgestellte Bestätigung, wonach die Gesellschaft am 11. 5. 1998 gemäß den Companies Act 1985 als Kapitalgesellschaft gegründet wurde und seit ihrer Gründung ohne Unterbrechung bestanden hat, Paul R***** "Direktor" der Gesellschaft ist, das Stammkapital der Gesellschaft 100 englische Pfund beträgt und die Gesellschaft nach Kenntnis des Registerführers nicht in Liquidation ist, kein Konkursbeschluß gegen die Gesellschaft vorliegt und kein Zwangs- oder Vermögensverwalter bestellt wurde,
2. die Statuten der Gesellschaft. Ferner waren die Gesellschafterliste (die Gesellschaft war von drei in Graz ansässigen Personen gegründet worden) und ein Meldezettel des in Graz wohnhaften Geschäftsführers angeschlossen. Die Musterzeichnung des Gesellschafters sowie die Unbedenklichkeitsbescheinigung wurden nachgebracht. Die Wirtschaftskammer Steiermark bestätigte die Errichtung der Zweigniederlassung im Sinn der Vorschriften des Handelsgesetzbuches am in der Anmeldung angegebenen Standort.
Das Erstgericht forderte die Gesellschaft auf, eine Bestätigung der für die Hauptniederlassung zuständigen Gewerbebehörde über den Bestand und die regelmäßige Geschäftstätigkeit, sowie die Art der Geschäfte der Gesellschaft nachzureichen. Die Antragstellerin ist dieser Aufforderung unter Hinweis auf die Niederlassungsfreiheit juristischer Personen im EU‑Raum nicht nachgekommen.
Das Erstgericht wies das Eintragungsbegehren ab. Nach § 10 IPRG richte sich das Personalstatut einer juristischen Person nach dem Sitz ihrer Hauptverwaltung. Diese sei nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes jener Ort, an dem die grundlegende Entscheidung über die Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werde. Demgegenüber sei jener Ort, den eine Briefkastenfirma als ihren Sitz angebe, unerheblich. Da die Antragstellerin trotz mehrmaliger Aufforderung Geschäftstätigkeit am Sitz ihrer angeblichen Hauptniederlassung nicht nachgewiesen habe, sei davon auszugehen, daß eine Geschäftstätigkeit tatsächlich nur in Österreich entfaltet werden solle. Bei Überprüfung der vorliegenden Anmeldung in formeller und materieller Hinsicht ergebe sich daher der Verdacht, daß die hier gewählte Vorgangsweise der Umgehung der in Österreich strengeren Vorschriften zur Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung diene und Geschäftsführungsakte tatsächlich nur in Österreich gesetzt werden, womit die Gesellschaft dem österreichischen Personalstatut unterliege. Damit wären aber die österreichischen Gründungsvorschriften anzuwenden.
Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung des Eintragungsbegehrens. Gemäß § 13 HGB iVm § 107 GmbHG, beide in der Fassung EU‑GesRÄG sei im Falle der Anmeldung der inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Kapitalgesellschaft diese selbst in das Firmenbuch einzutragen und das Bestehen des Rechtsträgers als solchen nachzuweisen. Der Nachweis seines Bestehens sei - soweit vorhanden ‑ durch einen Auszug aus dem Register, bei dem der Rechtsträger geführt werde, zu erbringen. Nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes verstoße ein Mitgliedstaat, der die Eintragung der Zweigniederlassung einer Gesellschaft verweigere, die in einem anderen Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz habe, rechtmäßig errichtet worden sei, aber keine Geschäftstätigkeit entfalte, gegen Artikel 52 und 58 EGVÜ, wenn die Zweigniederlassung es der Gesellschaft ermöglichen soll, ihre gesamte Geschäftstätigkeit in dem Staat auszuüben, in dem die Zweigniederlassung errichtet werde, ohne dort eine Gesellschaft zu errichten, um damit das dortige - höhere Anforderungen an die Einzahlung des Mindestgesellschaftskapitals stellende ‑ Recht über die Errichtung von Gesellschaften zu umgehen. Sinn der Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit sei es, den nach dem Recht eines Mitgliedstaates errichteten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, zu erlauben, mittels einer Agentur, Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat tätig zu werden. Daß eine Gesellschaft im Mitgliedstaat ihres Sitzes keine Geschäftstätigkeit entfalte und ihre Tätigkeit ausschließlich im Mitgliedstaat ihrer Zweigniederlassung ausübe, belege noch kein mißbräuchliches und betrügerisches Verhalten, das die Nichtanwendung der Gemeinschaftsvorschriften über das Niederlassungsrecht erlauben würde. Im Sinn dieser Rechtsgrundsätze müsse nur das rechtliche Bestehen der Gesellschaft bescheinigt werden, hingegen bedürfe es eines Nachweises der tatsächlichen Geschäftstätigkeit am Sitz der Hauptniederlassung nicht.
§ 13 Abs 3 HGB sehe aber auch die Eintragung des Personalstatuts des Rechtsträgers vor. Personalstatut sei nach § 10 IPRG das Recht jenes Staates, in dem das Gebilde den tatsächlichen Sitz seiner Hauptverwaltung habe. Damit folge Österreich ‑ entgegen dem englischen Recht, das von der Gründungstheorie ausgehe ‑ der in Kontinentaleuropa vorherrschenden Sitztheorie. Danach sei der Ort der Tätigkeit der Gesellschaft und der dazu berufenen Vertretungsorgane, somit jener Ort maßgebend, wo die grundlegenden Entscheidungen zur Unternehmensleistung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden. Das Personalstatut sei auch für die Frage der Rechtsfähigkeit maßgeblich. Folge der Sitztheorie sei es aber, daß juristische Personen, die in Staaten, die der Gründungstheorie folgen, registriert sind, dort aber nur ihren statutarischen Sitz haben, zwar im Gründungsstaat, nicht aber in dem Staat, in dem sich ihr Hauptsitz befindet, Träger von Rechten und Pflichten sein können. Die Sitztheorie werde aber auch durch die EG‑rechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Artikel 52 und 58 EGV nicht verdrängt. Das Erstgericht habe daher im Rahmen seiner materiellen Prüfungspflicht und in Anwendung der Sitztheorie den Nachweis des tatsächlichen Bestehens der Hauptniederlassung zu Recht verlangt.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil der Frage, inwieweit die sich aus der Anwendung der Sitztheorie ergebende materielle Prüfungspflicht hinsichtlich des tatsächlichen Sitzes der Hauptniederlassung einer ausländischen Gesellschaft mit den Artikeln 52 und 58 EGV in Einklang stehe, erhebliche Bedeutung zukomme.
In ihrem Revisionsrekurs macht die Gesellschaft geltend, die angefochtene Entscheidung stehe mit den im Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes vom 9. 3. 1999 GZ Rs C‑212/97 formulierten Auslegungsgrundsätzen in Widerspruch.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Gesellschaft ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig, er ist auch im Sinne einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.
Im Falle der Eintragung einer inländischen Zweigniederlassung durch eine Gesellschaft, die ihren (satzungsgemäßen, siehe Koppensteiner, GmbHG2 Rz 8 zu § 107) Sitz im Ausland hat, ist Gegenstand der Eintragung die ausländische Gesellschaft selbst (§ 13 Abs 1 HGB; Materialien zum EU‑GesRÄG, RV 32 BlgNr 20. GP 110). Wie und wann diese als Rechtspersönlichkeit entstanden ist, richtet sich nach dem für die Gesellschaft geltenden Recht. Das Firmenbuchgericht hat wohl das Personalstatut des Rechtsträgers ins Firmenbuch einzutragen, im Zusammenhang mit der Eintragung jedoch nicht die Gründung der Gesellschaft, sondern (nur) die Errichtung der Zweigniederlassung zu beurteilen, wobei die materielle Zulässigkeit der Anmeldung nicht davon abhängt, daß der Gesellschaftsvertrag dem österreichischen GmbHG entspricht (sodaß beispielsweise auch die in § 10 Abs 3 GmbHG geforderten Erklärungen nicht verlangt werden können, vgl Koppensteiner aaO Rz 13). Voraussetzung der Eintragung der Zweigniederlassung ist aber auch, daß die Gesellschaft im Inland anerkannt wird, was nach österreichischem IPRG zu beurteilen ist (Koppensteiner aaO Rz 6 zu § 107, 112‑114 GmbHG und Rz 19 Allg Einl.; Korn/Thaler, Das Urteil des EuGH in der Rs Centros: Ein Meilenstein für das europäische Gesellschaftskollisionsrecht? WBl 1999, 247 [250]; Roth, § 10 IPRG und die europäische Niederlassungsfreiheit, RdW 1999, 381 ff).
Das Rekursgericht meint nun unter Hinweis auf die in § 13 Abs 3 HGB vorgesehene Eintragung des Personalstatuts der Gesellschaft, § 10 IPRG stehe einer Anerkennung und Eintragung der in Großbritannien gegründeten und eingetragenen Gesellschaft deshalb entgegen, weil diese im Gründungsstaat über keinen tatsächlichen Verwaltungssitz verfüge, sie übe offenbar in England keine Tätigkeit aus und könne daher nach der in Österreich herrschenden Sitztheorie nicht als Rechtsubjekt anerkannt werden.
Demgegenüber verweist die Gesellschaft in ihrem Revisionsrekurs auf die Entscheidung des EuGH in einem gleichgelagerten Fall (vom 9. 3. 1999 GZ Rs C‑212/97), wonach die Verweigerung der Eintragung einer Zweigniederlassung gegen die in Artikel 52 und 58 EGV (nach Änderung durch den Amsterdamer Vertrag nun Artikel 43 und 48 EG) normierte Niederlassungsfreiheit verstoße.
Die Antragstellerin hat ihren statutarischen Sitz in Großbritannien, sie wurde nach englischem Recht in der Rechtsform einer "Private Limited Company" gegründet und dort im zuständigen Firmenregister eingetragen. Sie hat nach den in Großbritannien geltenden Gesellschaftsrecht - unabhängig vom Sitz ihrer Hauptverwaltung - Rechtspersönlichkeit erlangt.
Die Zulassung einer ausländischen Gesellschaft zum Gewerbe- und Geschäftsbetrieb im Inland (wozu die Errichtung der Zweigniederlassung im vorliegenden Fall offenkundig dient) wird durch das Fremdenrecht (= Niederlassungsrecht) jedes Staates geregelt (Schwimann, Internationales Privatrecht2, 51; Koppensteiner aaO Allgemeine Einleitung Rz 21 und Rz 1 zu § 107), wobei fremdenrechtliche Beschränkungen innerhalb der EU unwirksam sind (Schwimann aaO 10, 51). Die unmittelbar anzuwendenden (Thun‑Hohenstein/Cede, Europarecht 86 ff; Schwimann aaO 12 f; Behrens, Niederlassungsfreiheit und internationales Gesellschaftsrecht, RabelsZ 1988, 497 ff [502 f und 505]; Deckert Europäisches Unternehmensrecht EWS 1996, 265 ff [267, 270]; EuGH Rs 6/64 Slg 1964, 1254, 1269; Costa/E.N.E.L.) Artikel 43 und 48 EG (früher Artikel 52 und 58 EGV) gewähren Gemeinschaftsbürgern wie auch Unternehmen aus Mitgliedstaaten das Recht auf Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat. Niederlassungsfreiheit, zu der auch die Freiheit gehört, Zweigniederlassungen (und Tochtergesellschaften) zu gründen haben demnach die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten sowie - ihnen gleichgestellt - Gesellschaften, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründet sind und ihren satzungsgemäßen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, die somit in einem Mitgliedstaat "ansässig" sind (Artikel 43 Abs 1 Satz 2 EG = früher Artikel 52 Abs 1 Satz 2 und Artikel 48 EG = früher Artikel 58; Zäch, Grundzüge des europäischen Wirtschaftsrechts 132 f, 156).
Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes stellt die Niederlassungsfreiheit eine der grundlegenden Vorschriften der Gemeinschaft dar. Sie gewährt auch den in Artikel 48 EG (früher Artikel 58) bezeichneten Gesellschaften unter denselben Bedingungen wie natürlichen Personen das Recht auf Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat (EuGH NJW 1988/21/86), wobei dieses Recht unter anderem durch die Gründung von Zweigniederlassungen in Mitgliedsstaaten ausgeübt werden kann (Artikel 43 EG = früher Artikel 52; Lenz, EG‑Vertrag Rz 3 zu Artikel 58; Behrens aaO 498 ff). Das Recht jeder der EG "angehörenden" Gesellschaft (Artikel 48 Abs 1 EG = früher Artikel 58), in jedem anderen Mitgliedstaat (nach den Bedingungen für Inländer) Zweigniederlassungen bzw Agenturen zu eröffnen (und Tochtergesellschaften zu gründen), wird in der Lehre als "sekundäre Niederlassungsfreiheit" bezeichnet (Karollus in Eiselsberg, Gesellschaftsrecht in Europa 21; Troberg in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU‑/EG‑Vertrag5 Rz 9 zu § 58; Korn/Thaler aaO 247 ff).
Um die Ausübung der Niederlassungsfreiheit durch Gesellschaften zu erleichtern, sahen Artikel 54 Abs 3 lit g EGV idF vor dem Vertrag von Amsterdam und das allgemeine Programm zur Aufhebung der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit die Koordinierung jener Schutzbestimmungen vor, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind (Erwägungsgrund der 11. Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1989, 89/666/EWG, AmtsblattNr L 395 vom 30. 12. 1989). Dieser Koordinierung diente unter anderem die 11. Richtlinie des Rates vom 21. 12. 1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen. Artikel 2 Abs 2 lit b dieser Richtlinie normiert eine Pflicht zur Offenlegung der Tätigkeit der Zweigniederlassung. Nach Abs 2 dieser Bestimmung kann ein Mitgliedstaat der Zweigniederlassung vorschreiben, daß in Bezug auf das Bestehen der Gesellschaft eine Bescheinigung aus dem Register, bei dem die Gesellschaft "angelegt" wurde und die Nummer der Eintragung beizubringen ist. Die Verpflichtung, eine Geschäftstätigkeit am Sitz der Gesellschaft offenzulegen (oder eine solche auszuüben), sieht die Richtlinie hingegen nicht vor. Die Frage, ob eine Gesellschaft als Voraussetzung ihrer Errichtung als Rechtssubjekt eine Geschäftstätigkeit an ihrem satzungsgemäßen Sitz entfalten muß, bleibt somit dem nationalen Gesellschaftsrecht überlassen.
Die Umsetzung der Zweigniederlassungsrichtlinie erfolgte in Österreich durch das EU‑GesRÄG BGBl 1996/304. Dabei wurden § 13 HGB und § 107 Abs 4 GmbHG durchgreifend geändert. § 108 GmbHG, der in seiner Z 1 den Nachweis einer "wirklichen und regelmäßigen" Geschäftstätigkeit im Sitzstaat vorsah, entfiel ersatzlos (zur Änderung des GmbHG durch das EU‑GesRÄG siehe Koppensteiner, GmbHG2 Rz 4 zu § 107; Reich‑Rohrwig, EU‑GesRÄG (1996) ecolex spezial; RV 32 BlgNR 20. GP 54 ff).
§ 13 Abs 2 HGB idF EU‑GesRÄG sieht die Eintragung eines Rechtsträgers, dessen Hauptniederlassung oder Sitz sich im Ausland befinden, in das Firmenbuch vor, wenn er im Inland eine Zweigniederlassung errichtet. Bei der Anmeldung ist das Bestehen des Rechtsträgers als solchen (dh seine Existenz als Rechtssubjekt) nachzuweisen. Dafür genügt im allgemeinen ein Registerauszug (Kostner/Umfahrer, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung5 Rz 1059; Koppensteiner aaO Rz 15 zu § 107 mwN). In die Anmeldung sind die in das Firmenbuch einzutragenden, in Abs 3 leg cit näher bezeichneten Angaben aufzunehmen. Darunter finden sich unter anderem die Tätigkeit der Zweigniederlassung, das Personalstatut des Rechtsträgers und ‑ sofern sein Personalstatut eine Registereintragung vorsieht ‑ das Register, bei dem der Rechtsträger geführt wird, und seine Eintragungsnummer. Nicht jedoch wird die Angabe einer Tätigkeit der Hauptniederlassung gefordert. Auch den Materialien zum EU‑GesRÄG (32 BlgNR 20. GP 58) ist nicht zu entnehmen, daß die Tätigkeit der Hauptniederlassung Anmeldeinhalt oder -voraussetzung oder gar Eintragungstatbestand wäre. Die entsprechende Bestimmung wurde durch ersatzlose Aufhebung des § 108 GmbHG im Zuge der Novellierung durch das EU‑GesRÄG beseitigt.
Gemäß § 107 Abs 1 GmbHG idF EU‑GesRÄG ist eine GmbH (oder ein ihr gleichzuhaltender Rechtsträger), die ihren Sitz im Ausland, jedoch eine Zweigniederlassung im Inland hat, zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Für Anmeldung und Eintragung gilt § 13 Abs 2 und 3 HGB iVm § 11 GmbHG, §§ 3 und 5 FBG mit den in § 107 Abs 5 GmbHG angeführten Besonderheiten. Der Anmeldung sind unter anderem anzuschließen: eine Beurkundung der aktuellen Fassung des Gesellschaftsvertrages in deutscher Sprache (§ 107 Abs 4 GmbHG) und ein Nachweis über den Bestand der Auslandsgesellschaft als Rechtspersönlichkeit (§ 107 Abs 4 erster Satz GmbHG iVm § 13 Abs 2 erster Satz HGB) sowie der Nachweis der tatsächlichen Errichtung der Zweigniederlassung (Kostner/Umfahrer aaO Rz 1079; Koppensteiner aaO Rz 12 und 15).
Der im Zuge der Umsetzung der Zweigniederlassungsrichtlinie durch das EU‑GesRÄG neugefaßte § 107 steht damit mit Artikel 48 EG (früher Artikel 58) in Einklang, der die Niederlassungsfreiheit auch Gesellschaften zugesteht, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründet wurden und ihren (statutarischen) Sitz in einem Mitgliedstaat haben, und zwar unabhängig davon, ob sich ihr Ort der Hauptverwaltung oder der Hauptniederlassung im Gründungsstaat befindet (Troberg in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU‑/EG‑Vertrag5 Rz 1 und 7; Erhard in Lenz, EG‑Vertrag Rz 4 zu Artikel 58).
Auch § 13 Abs 2 HGB steht mit Artikel 48 EG (früher Artikel 58) insofern in Einklang, als in der Anmeldung der ausländischen Gesellschaft nur das (rechtliche) Bestehen des ausländischen Rechtsträgers als solches nachzuweisen ist und ein Erfordernis, die Tätigkeit der Hauptniederlassung anzuführen, nicht besteht. Allerdings verweist § 13 Abs 3 HGB zum Personalstatut der ausländischen Gesellschaft auf § 10 IPRG.
Das Recht der Mitgliedstaaten ist in der Frage, welche Anknüpfungspunkte mit dem jeweiligen nationalen Gebiet eines Staates erforderlich sind, um das Personalstatut der juristischen Person dort zu begründen (satzungsmäßiger Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung) uneinheitlich (vgl Roth, aaO 381). In den meisten kontinentaleuropäischen Staaten (so auch Österreich) muß nicht nur der satzungsgemäße Sitz sondern auch der wahre Sitz ‑ also die Hauptverwaltung ‑ im Hoheitsgebiet gelegen sein (Sitztheorie). In anderen Staaten ‑ so Großbritannien ‑, die die Gründungstheorie vertreten, kommt es auf den Ort der Gründung und damit den statutarischen Sitz an. Artikel 48 EG (früher § 58) trägt diesen Unterschieden in den nationalen Rechtsordnungen dadurch Rechnung, daß er bei der Definition der Gesellschaften, denen Niederlassungsfreiheit zugute kommt, den (satzungsgemäßen) Sitz, die Hauptverwaltung und die Hauptniederlassung einer Gesellschaft als gleichwertige Anknüpfungspunkte anführt (EuGH NJW 1989, 2186). Demnach soll die Niederlassungsfreiheit allen nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründeten Gesellschaften zugute kommen, die ihren satzungsgemäßen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in der Gemeinschaft haben, somit auch Gesellschaften, die den Sitz ihrer Hauptverwaltung wohl in einem Mitgliedstaat, nicht aber notwendigerweise im Gründungsstaat haben (Erhard in Lenz, EG‑Vertrag Rz 4 zu Artikel 58; Troberg in Groeben/Thiesing/Ehlermann aaO Rz 1 und 7 zu Artikel 58 EGV). Daraus wird aber deutlich, daß die Nichtanerkennung der Rechtspersönlichkeit einer nach der Gründungstheorie errichteten Gesellschaft (bei der es nicht darauf ankommt, ob sich der Sitz der Hauptverwaltung auch im Gründungsstaat befindet) durch einen Staat, der die Sitztheorie vertritt, im Zusammenhang mit der Beurteilung der Errichtung der Zweigniederlassung der Niederlassungsfreiheit widerspricht. Verneint daher ein Mitgliedstaat die Rechtspersönlichkeit einer in einem anderen Mitgliedstaat nach der Gründungstheorie errichteten Kapitalgesellschaft mit der Begründung, es fehle an einem realen Verwaltungssitz im Gründungsstaat und verweigert er derart die Anerkennung der im Gründungsstaat rechtmäßig errichteten Gesellschaft, verstößt er damit gegen die in Artikel 48 EG (früher Artikel 58) normierte Niederlassungsfreiheit, die auch jenen Gesellschaften unbeschränkt zukommt, die nur ihren satzungsgemäßen Sitz, nicht aber auch den Verwaltungssitz im Gründungsstaat haben.
Der Europäische Gerichtshof hatte sich jüngst (9. 3. 1999 GZ Rs C 212/97 ‑Centros Ltd/Erhvervs‑og Selskabsstyrelsen, Hojesteret, WBl 1999, 262 ff) mit einem von einer dänischen Behörde (auch Dänemark vertritt wie Österreich die Sitztheorie, s. Großfeld in Staudinger, Kommentar zum BGB, EGBGB, Internationales Gesellschaftsrecht 1998 Rz 154) an ihn herangetragenen Vorabentscheidungsersuchen mit der Frage zu beschäftigen, ob es mit der im EG‑Vertrag normierte Niederlassungsfreiheit vereinbar sei, die Eintragung der Zweigniederlassung einer Gesellschaft, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat habe, mit einem Gesellschaftskapital von 100 englischen Pfund nach dem Recht dieses Mitgliedstaates rechtmäßig errichtet worden sei und bestehe, abzulehnen, wenn die Gesellschaft selbst keine Geschäftstätigkeit betreibe, die Zweigniederlassung aber in die Absicht errichtet werde, die gesamte Geschäftstätigkeit im Land der Zweigniederlassung zu betreiben und wenn davon auszugehen sei, daß dieses Vorgehen statt der Errichtung einer Gesellschaft im letztgenannten Mitgliedstaat gewählt worden sei, um die Einzahlung des in Dänemark erforderlichen Mindestgeschäftskapitals zu vermeiden. Im dortigen Anlaßfall hatte eine ausschließlich durch dänische Staatsbürger in Großbritannien gegründete "Private Ltd Company", die in Großbritannien selbst keine Geschäftstätigkeit entfaltete, eine Zweigniederlassung in Dänemark errichtet, um dort Geschäftstätigkeit auszuüben.
In Beantwortung der Vorlagefrage hat der EuGH ausgesprochen, daß die Errichtung einer Zweigniederlassung in einem Mitgliedstaat durch eine Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat unter das Gemeinschaftsrecht falle. Dabei sei ohne Bedeutung, daß die Gesellschaft im ersten Mitgliedstaat nur errichtet wurde, um sich im zweiten Mitgliedstaat niederzulassen, in welchen auch die Geschäftstätigkeit im wesentlichen oder ausschließlich ausgeübt werden soll. Auch der Zweck der Gründung, das dänische Recht über die Einzahlung des Mindestgesellschaftskapitals zu umgehen, ändere nichts daran, daß die Gründung unter die Niederlassungsfreiheit im Sinn der Artikel 52 und 58 EGV (nunmehr Artikel 43 und 48 EG) falle. Die durch Artikel 52 EGV (nunmehr Artikel 43 EG) den Gemeinschaftsangehörigen zuerkannte Niederlassungsfreiheit umfasse das Recht zur Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie zur Errichtung von Unternehmen und zur Ausübung der Unternehmertätigkeit nach den Bestimmungen, die im Niederlassungsstaat für dessen eigene Angehörige gelten. Artikel 58 EGV (nunmehr Artikel 48 EG) stelle nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründete Gesellschaften, die ihren satzungsgemäßen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten seien. Hieraus folge unmittelbar, daß diese Gesellschaften berechtigt seien, ihre Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat durch eine Agentur oder eine Zweigniederlassung oder eine Tochtergesellschaft auszuüben, wobei ihr satzungsgemäßer Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung ebenso wie die Staatsangehörigkeit bei natürlichen Personen dazu diene, ihre Zugehörigkeit zur Rechtsordnung eines Mitgliedstaates zu bestimmen. Die Verweigerung der Eintragung der Zweigniederlassung einer Gesellschaft, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat habe, durch einen anderen Mitgliedstaat hindere die in dem einen Mitgliedstaat gegründeten Gesellschaften an der Wahrnehmung ihres Niederlassungsrechtes. Ein derartiges Vorgehen beschränke die Ausübung der in den genannten Bestimmungen des EG‑Vertrages gewährleisteten Freiheiten. Ziel der Vertragsvorschriften über die Niederlassungsfreiheit sei es gerade, den nach dem Recht eines Mitgliedstaates errichteten Gesellschaften, die ihren satzungsgemäßen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, zu erlauben, mittels einer Agentur, Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat tätig zu werden. Damit stelle es aber auch keine mißbräuchliche Ausnützung des Niederlassungsrechtes dar, wenn ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates die geplante Gesellschaft in einem Mitgliedstaat errichte, dessen gesellschaftsrechtliche Vorschriften ihm die größte Freiheit lassen, um dann in einem anderen Mitgliedstaat Zweigniederlassungen zu gründen. Ein Mitgliedstaat, der die Eintragung der Zweigniederlassung einer Gesellschaft verweigere, die in einem anderen Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz habe, rechtmäßig errichtet sei, dort aber keine Geschäftstätigkeit entfalte, verstoße gegen Artikel 52 und 58 EGV (nunmehr 43 und 48 EG), wenn die Zweigniederlassung es der Gesellschaft ermöglichen soll, ihre gesamte Geschäftstätigkeit im Errichtungsstaat der Zweigniederlassung auszuüben.
Diese die Niederlassungsfreiheit auslegende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes sichert Gesellschaften, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates rechtswirksam gegründet wurden, die Freiheit, Zweigniederlassungen auch dann zu gründen, wenn sie im Staat ihrer Gründung selbst nur ihren statutarischen Sitz haben, jedoch keine Geschäftstätigkeit ausüben. Der Europäische Gerichtshof wendet damit im Zusammenhang mit der sekundären Niederlassungsfreiheit die Gründungstheorie an.
Die der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu entnehmenden Auslegungsgrundsätze zeigen einen Widerspruch der im EG‑Vertrag normierten Niederlassungsfreiheit im Sinn der Auslegung des Gerichtshofes zu der in Österreich in § 10 IPRG vertretenen Sitztheorie auf (Korn/Thaler, WBl 1999, 247 ff mwN). Nach der Sitztheorie richtet sich das für die Frage nach Bestand und Umfang der Rechtsfähigkeit einer juristischen Person maßgebliche Personalstatut nach dem Recht am tatsächlichen Hauptverwaltungssitz der Gesellschaft (Schwimann aaO 50). Sie macht damit die Anerkennung einer nach dem Recht des Gründungsstaates wirksam errichteten Gesellschaft im anderen Staat davon abhängig, daß die Gesellschaft im Gründungsstaat zugleich auch ihren tatsächlichen Verwaltungssitz (und nicht nur den statutarischen Sitz) begründet. Ist dies nicht der Fall, wird die Gesellschaft in Staaten, die der Sitztheorie folgen, als nicht existent betrachtet (Behrens aaO 500; Roth aaO 381).
Dieser Widerspruch wird auch von einer Reihe von Lehrmeinungen in Österreich und Deutschland aufgezeigt, die erhebliche Zweifel daran äußern, ob die auch in § 10 IPRG vertretenen Sitztheorie nach Maßgeblichkeit des EU‑Rechts aufrecht erhalten werden kann (Koppensteiner aaO Allgemeine Einleitung 17 mwN Korn/Thaler WBl 1999, 247 ff mwN). So vertritt Knobbe‑Keuk, (Der Zuzug einer ausländischen Gesellschaft ZHR 154 (1990), 334 ff [342 f]) die Auffassung, die Sitztheorie versperre einer nach ausländischem Recht errichteten Gesellschaft, auch wenn diese die Voraussetzungen des Artikel 58 Abs 1 EGV erfülle, den Zuzug, indem sie ihre Rechtspersönlichkeit ignoriere. Demgegenüber räume Artikel 58 EGV den darin genannten und nach dem Recht eines Mitgliedstaates errichteten Gesellschaften mit Satzungssitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung in der Gemeinschaft als solchen das Recht der freien Niederlassung nach Artikel 52 EG‑Vertrag ein, dieses Recht stehe ihnen als nach dem Recht eines Mitgliedstaates errichteten Gesellschaften und so wie sie "formiert" seien, zu.
Für Behrens (Niederlassungsfreiheit und internationales Gesellschaftsrecht, RabelsZ 1988, 498 ff) ist für die Anwendung der Niederlassungsfreiheit allein maßgeblich, daß die Gesellschaft nach den Vorschriften eines Mitgliedstaates wirksam gegründet wurde; unter diesen Voraussetzungen stehe der Gesellschaft das Recht der Niederlassungsfreiheit auch dann zu, wenn sie im Gründungsstaat nur ihren satzungsgemäßen Sitz habe. Soweit die Sitztheorie eine Anerkennung der im Ausland gegründeten Gesellschaften von einer Lokalisierung ihrer Hauptverwaltung im Gründungsstaat abhängig mache, schränke sie den Kreis jener Personen, die von der gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungsfreiheit begünstigt werden, ein. Artikel 58 lasse aber für die Gleichstellung juristischer mit natürlichen Personen ausdrücklich die wirksame Gründung der Gesellschaft nach dem Recht eines Mitgliedstaates genügen und gehe damit von der Gründungstheorie aus. Die unmittelbare Anwendbarkeit des Artikel 52 EGV erlaube es den in Artikel 58 angeführten Gesellschaften, sich vor nationalen Gerichten auf ihre Grundfreiheiten der Niederlassung zu berufen [507]. In dem nun Artikel 58 die Gesellschaften mit natürlichen Personen gleichstelle, gewährleiste er auch die Geltung der für die natürlichen Personen geltenden Grundsätze: Die Ausübung der Niederlassungsfreiheit setze die Zugehörigkeit zu einem Mitgliedstaat voraus und im übrigen die "Ansässigkeit" innerhalb der Gemeinschaft. Der Begriff "Ansässigkeit" setze eine enge wirtschaftliche Verbindung mit der Gemeinschaft voraus, es müsse somit Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat, nicht notwendig aber im Gründungsstaat, begründet sein.
Der erkennende Senat hat erwogen:
Die in § 10 IPRG vertretene Sitztheorie steht mit der durch Artikel 48 Abs 1 EG (früher 58 Abs 1) iVm § 43 EG (früher § 52) eingeräumten sekundären Niederlassungsfreiheit in Widerspruch (vgl Behrens aaO 523; Troberg aaO Rz 18 zu Art 58 Roth RdW 1999, 381 ff [383]):
Während die im EG‑Vertrag geregelte sekundäre Niederlassungsfreiheit es jeder nach dem Recht eines Mitgliedstaates rechtmäßig errichteten Gesellschaft gestattet, Zweigniederlassungen in einem anderen Mitgliedstaat auch dann zu errichten, wenn sie im Gründungsstaat selbst keine Geschäftstätigkeit ausübt, und die Zweigniederlassung der alleinigen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft dienen soll, richtet sich das nach der Sitztheorie für die Anerkennung der Rechts- und Handlungsfähigkeit von Gesellschaften maßgebliche Personalstatut einer Gesellschaft nach dem tatsächlichen Sitz seiner Hauptverwaltung. Danach wäre es Gesellschaften, die nach dem Recht des Gründungsstaates zwar rechtmäßig errichtet wurden, im Gründungsstaat aber keine geschäftliche Tätigkeit ausüben (damit dort über keine Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung verfügen), mangels Rechtspersönlichkeit nicht möglich, Zweigniederlassungen in einem anderen Mitgliedstaat, der die Sitztheorie vertritt, zu errichten.
Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hat das durch den EG‑Vertrag geschaffene Recht ‑ so auch die Grundfreiheiten betreffenden Regelungen ‑ im Falle einer Normenkollision vor wie immer gearteten innerstaatlichen Rechtsvorschriften Vorrang und ist von den Gerichten der Mitgliedstaaten unmittelbar anzuwenden (Thun‑Hohenstein/Cede aaO 86 ff; Schwimann aaO 12 f; Karollus aaO 20; Behrens aaO 502 f 505; Deckert Europäisches Unternehmensrecht EWS 1996, 265 ff [267 und 270]; EuGH Rs 6/64 Slg 1964/1251, 1269; Costa/E.N.E.L.).
Aus dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechtes folgt aber in Fällen der Gründung von Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften die eingeschränkte Anwendung der in § 10 IPRG verankerten Sitztheorie (vgl Korn/Thaler WBl 1999, 247 ff [253]; im Ergebnis auch Roth, RdW 1999, 381 ff [383]).
Die Rechts- und Handlungsfähigkeit der in einem Mitgliedstaat rechtswirksam errichteten ausländischen juristischen Person ist im Zusammenhang mit der Errichtung einer Zweigniederlassung in Österreich nach jenem Recht zu beurteilen, nach dem die juristische Person gegründet wurde, sofern sich ihr satzungsgemäßer Sitz oder die Hauptverwaltung oder die Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat befinden.
Der Umstand, daß sich Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung nicht im Gründungsstaat (wohl aber in einem anderen Mitgliedstaat) befinden, steht in diesem Fall einer Anerkennung der Rechtspersönlichkeit der ausländischen Gesellschaft nicht entgegen.
Die sekundäre Niederlassungsfreiheit kommt damit auch einer nach dem Recht eines Mitgliedstaates rechtmäßig errichteten Gesellschaft zugute, die im Gründungsstaat selbst nur ihren statutarischen Sitz hat, dort jedoch keine Geschäftstätigkeit entfaltet und deren Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung sich in einem anderen Mitgliedstaat befindet.
Soweit nach Artikel 13 Abs 3 HGB das Personalstatut der ausländischen juristischen Personen ins Firmenbuch einzutragen ist, ergibt die EU‑konforme Auslegung dieses Begriffes im Sinn der dargelegten Grundsätze die Erfassung der Rechtsordnung jenes Mitgliedstaates, in dem sich der statutarische Sitz der juristischen Person befindet und nach dessen Recht sie wirksam gegründet wurde; im vorliegenden Fall ist das Großbritannien.
Das Fehlen einer Geschäftstätigkeit im Heimatstaat steht somit entgegen der Auffassung der Vorinstanzen einer Eintragung der in Großbritannien rechtswirksam errichteten ‑ der Rechtsform der GmbH vergleichbaren ‑ juristischen Person nicht entgegen.
Die Unbeachtlichkeit einer Geschäftstätigkeit (und damit einer Hauptverwaltung) im Gründungsstaat wird auch dadurch deutlich, daß im Zuge der Novellierung der die Errichtung von Zweigniederlassungen betreffenden Bestimmungen des GmbHGesetzes durch das EU‑GesRÄG § 108 Z 1 aF, der den Nachweis einer "wirklichen und regelmäßigen" Geschäftstätigkeit der Gesellschaft im Sitzstaat als Eintragungserfordernis normierte, ersatzlos aufgehoben wurde.
Eine Rechtfertigung der Verweigerung einer Anerkennung aus anderen Gründen als jenen, die der EuGH bereits als nicht ausreichend beurteilt hat (Wahl des "milderen" Rechts, Gläubigerschutz), ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen.
Der von den Vorinstanzen herangezogene Abweisungsgrund trifft somit nicht zu. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Eintragungsverfahrens aufgetragen. Die Sache ist im Sinne einer Stattgebung des Eintragungsgesuchs vor allem aus dem vom Rekursgericht nicht behandelnden Grund noch nicht spruchreif, daß der im Gesuch gestellte Antrag auf Eintragung auch des Dietmar K***** und des Arno L***** als ständige Vertreter sowohl der Gesellschaft als auch der Zweigniederlassung aufrecht geblieben ist, obwohl die Gesellschaft selbst mitteilte, daß diesen Mitgesellschaftern in ihrer Funktion als "secretäry" keine Vertretungsbefugnis zukommt. Sie könnten daher als Vertreter der Gesellschaft im Firmenbuch nicht eingetragen werden. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Eintragungsgesuches müßte dies zu einer Abweisung des gesamten Eintragungsbegehrens führen, wenn die Antragstellerin auf ihrem Antrag in diesem Punkt beharrte. Da dies noch nicht zweifelsfrei feststeht, ist ein weiteres Verbesserungsverfahren im Sinne des § 17 FBG erforderlich.
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