OGH 5Ob182/99x

OGH5Ob182/99x29.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hartmut B*****, vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dipl. Ing. Peter G*****, vertreten durch Dr. Gert F. Kastner, Dr. Hermann Tscharre, Mag. Martin Wolf, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 634.510 sA und Feststellung (Streitwert S 50.000: Gesamtstreitwert S 684.510; Revisionsstreitwert: S 273.550), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. April 1999, GZ 1 R 51/99f-36, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Dem Revisionswerber ist zunächst darin Recht zu geben, daß ohne Hinzutreten weiterer Umstände beim Pistenschilauf aus der Tatsache eines Sturzes allein noch nicht auf ein Verschulden des Stürzenden geschlossen werden kann (3 Ob 309/97f) und daß nur dann, wenn die unvermeidbaren Risken des Schilaufs durch das Hinzutreten weiterer, als schuldhaft zuzurechnender Verhaltensweisen vermehrt werden, also etwa dadurch, daß das Fahrverhalten nicht der Beschaffenheit des Geländes, der Schneelage und dem fahrerischen Können angepaßt werden oder ganz allgemein anerkannte Ausübungsregeln mißachtet werden, ein Sportler dem anderen für den ihm zugefügten Schaden haftet (5 Ob 582/82; 3 Ob 309/97f). So erkennt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung, daß selbst auf fahrtechnische Fehler zurückzuführende Stürze von Schiläufern an sich noch nicht rechtlich vorwerfbar sind, dem Schifahrer jedoch ein dem Sturz vorausgegangenes vermeidbares Fehlverhalten zur Last fallen kann, das den Sturz herbeigeführt hat und deshalb als einleitende Fahrlässigkeit zu beurteilen ist. Als solches vermeidbares Fahrverhalten kommen vor allem überhöhte Geschwindigkeit bzw unkontrolliertes Fahren in Betracht (vgl 1 Ob 533/91; 1 Ob 504/93; 1 Ob 309/97s; 1 Ob 401/97w).

Die Revisionsausführungen übersehen aber, daß als Ursache des Sturzes des Beklagten ein Verkanten feststeht. Verkanten ist ein fahrtechnischer Fehler (Kanten- und Belastungsfehler) der bei fortgeschrittenen Schiläufern - wie dies der Beklagte im Unfallszeitpunkt war - zumeist auf ein vorausgehendes vermeidbares Fehlverhalten (etwa relativ überhöhte Geschwindigkeit oder unkontrolliertes Fahren) zurückzuführen ist (vgl Pichler in ZVR 1985, 258 mwN). Das Verkanten ist demnach ein Fahrverhalten, das typischerweise das Verschulden des Schiläufers indiziert. Den Zwischenfall, der zu seinem Sturz geführt hat und der ihn möglicherweise entlasten könnte, kennt im Regelfall nur der Schiläufer selbst, nicht aber sein Unfallgegner, der deshalb zu dessen Aufklärung im allgemeinen nichts beitragen kann. Es wäre daher am Beklagten gelegen gewesen, Umstände darzutun, die das Verkanten als unvermeidbar oder unvorhersehbar erkennen ließen und damit das indizierte Verschulden des Beklagten ausschließen ließen. Dazu hat der Beklagte aber nur auf die Pistenpräparierung verwiesen, also auf Umstände, mit denen jeder geübte Schifahrer rechnen und seine Fahrweise darauf einstellen muß.

Es ist ihm daher nicht gelungen, die aus der Ursache des Sturzes (Verkanten) indizierte Fahrlässigkeit seines Verhaltens zu widerlegen.

Soweit der Revisionsrekurswerber sich gegen die Ermittlung des Schmerzengeldbetrages mit dem Argument wendet, für künftige Folgen sei kein Ersatz zu leisten, befindet er sich im Widerspruch zu ständiger Rechtsprechung. Der Anspruch auf Schmerzengeld besteht im Sinn der in erster Linie vorzunehmenden Globalbemessung auch zur Abgeltung der künftig wahrscheinlich auftretenden Schmerzen (8 Ob 178/83; 8 Ob 64/86). Künftige Folgen sind nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu beurteilen. Was in dem für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung als Folge vorhersehbar und in den Auswirkungen überschaubar ist, ist dabei im Globalbetrag zu berücksichtigen (ZVR 1986/77 ua). Nur dann etwa, wenn die künftige Durchführung einer kosmetischen Operation im Verfahren weder behauptet noch hervorgekommen ist, dürfen wegen der bestehenden Ungewißheit ihres Eintritts im Rahmen der Globalbemessung Schmerzengeldansprüche noch nicht berücksichtigt werden (8 Ob 178/83; vgl auch die neuere Rsp zum Abgehen von der Zuerkennung fiktiver Heilbehandlungskosten wenn feststeht, daß die Heilbehandlung unterbleibt; SZ 70/220 ua).

Die Revision erweist sich damit als nicht begründet.

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