OGH 8ObA20/99w

OGH8ObA20/99w24.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Zawodsky und Dr. Wolfgang Adametz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gerda K*****, vertreten durch Dr. Ruth Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H*****, vertreten durch Dr. Bernhard Hainz, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 53.257,-

brutto und Feststellung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. September 1998, GZ 9 Ra 122/98x-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 19. September 1997, GZ 9 Cga 287/96g-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.370,- (darin S 1.395,- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat den Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, weshalb es gemäß § 510 Abs 3 ZPO ausreicht, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils zu verweisen. Ergänzend ist anzumerken:

Betriebliche Pensions- und Ruhegeldleistungen sind gemäß § 97 Abs 1 Z 18 ArbVG zulässiger Inhalt von Betriebsvereinbarungen (vgl dazu und zum Sparkassenkollektivvertrag [Spk-DR]: EvBl 1998/136). Da dem normativen Teil von Betriebsvereinbarungen auf Grund der dem § 11 Abs 1 ArbVG entsprechenden Regelung des § 31 Abs 1 ArbVG eine ähnliche Wirkung zukommt wie dem normativen Teil von Kollektivverträgen, gilt auch für Betriebsvereinbarungen, insoweit sie - wie hier - gegenüber aktiven Arbeitnehmern beschlossen werden, daß grundsätzlich auch Verschlechterungen des Entgelts und der Pensionsanwartschaft wirksam vorgenommen werden können (ArbSlg 11.099; SZ 69/31; 8 ObA 2200/96d). Wie der Verfassungsgerichtshof zu den Regelungsbefugnissen des Gesetzgebers wiederholt ausgesprochen hat, ist der Verfassungsordnung zwar ein "Grundrecht wohlerworbener Rechte" fremd, jedoch vermag diese Tatsache nicht die Minderung wohlerworbener Rechte jedweder Art und jedweder Intensität sachlich zu begründen, weil unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Vertrauensschutz zu berücksichtigen ist (VfSlg 11.309; Tomandl, Kommentar zu dieser Entscheidung in ZAS 1987, 177). Der Oberste Gerichtshof hat in der Folge mehrfach ausgesprochen, daß trotz einer in Anbetracht der Interessenwahrungspflicht der Kollektivvertragsparteien "abgeschwächten" Grundrechtsbindung eine schematische Gleichbehandlung der von der plötzlichen Kürzung der Ruhegeldanwartschaften Betroffenen ohne Rücksicht auf die Dauer der Berufsausübung und die dadurch bedingten unterschiedlichen Vertrauenspositionen dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspricht (9 ObA 607/90; SZ 65/163; RdW 1998, 360). Er hat in seiner grundlegenden Entscheidung SZ 65/163 dargestellt, daß eine Differenzierung nach der Dauer der erworbenen Beitragszeiten geboten ist. Dem entspricht auch die Bestimmung des - allerdings nur an den Arbeitgeber gerichteten (SZ 70/213; 8 ObA 161/98d) und sogenannte "neue" Anwartschaften betreffenden - § 18 BPG.

Der Einwand der Revisionswerberin, der Klägerin wäre es freigestanden, zu einem späteren Zeitpunkt in Pension zu gehen und damit die Übergangszeit von bloß einem Jahr auf rund sechs Jahre zu verlängern, übersieht, daß weder behauptet wurde noch dem Akt zu entnehmen ist, die Regelung sei aus besonderen sachlich zu rechtfertigenden Gründen deshalb getroffen worden, um das Pensionsantrittsalter hinauszuschieben. Auch das Vorbringen, die Änderung der Betriebsvereinbarung sei erforderlich gewesen, um den wirtschaftlichen Bestand der Beklagten längerfristig zu sichern, vermag zu keiner von der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts abweichenden Betrachtungsweise zu führen: Zwar verweist Tomandl in seinem Beitrag "Rechtspolitische Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers bei der Pensionsreform" (ZAS 1996, 73 hier: 79) darauf, daß bei drohendem Staatsbankrott und nicht erhöhbaren Einnahmen auch plötzliche Eingriffe in Ansprüche zu tolerieren wären, jedoch kann eine annähernd vergleichbare Situation bei der Beklagten in Anbetracht des ökonomischen Gewichts der an ihr wirtschaftlich Beteiligten nicht gesehen werden.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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