OGH 8ObA2200/96d

OGH8ObA2200/96d29.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Jeitschko und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ernst K*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Georg Zanger und Mag.Michael Pilz, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Erste Österreichische Spar-Casse Bank AG, Wien 1, Hoher Markt 4/40, vertreten durch Dr.Alfred Strommer ua Rechtsanwälte in Wien, wegen S 24.252,-- sA und Feststellung (Interesse S 100.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19.Jänner 1996, GZ 9 Ra 139/95-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 28.März 1995, GZ 24 Cga 184/94t-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 7.605,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.267,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Begründung des Berufungsgerichtes,

1.) die normative Grundlage für den Anspruch auf vom Arbeitgeber dem Kläger zur ersetzende Dienstnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge gestatte durch nachfolgende Betriebsvereinbarung eine (maßvolle) Verschlechterung; es gelte in der zeitlichen Aufeinanderfolge von Kollektivverträgen und Betriebsvereinbarungen nicht das Günstigkeitsprinzip, sondern das auch Verschlechterungen ermöglichende Ordnungsprinzip (vgl §§ 13 und 31 Abs 3 ArbVG);

2.) der Sparkassen - Kollektivvertrag enthalte eine rechtswirksame betriebsvereinbarungsdispositive "Öffnungsklausel" zur (Neu-)Regelung der Betriebspension;

3.) die Verweisung auf Sozialleistungen der beklagten Partei bei Begründung des Arbeitsverhältnisses des Klägers sei lediglich eine die normative Grundlage nicht ändernde Wissenserklärung;

ist zutreffend (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

1.) Der Abschluß des Sparkassen - Kollektivvertrages 1966 erst am 15.6.1966 mit Wirkung vom 1.1.1966 erweckt hinsichtlich der Wissenserklärungen des Arbeitgebers zum Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses am 15.4.1966 keine Bedenken; die Wissenserklärung in der Verweisung auf die bestehende Rechtslage erhielt - während des den Parteien allenfalls noch nicht bekannten Zeitraumes der Rückwirkung - ihren Inhalt durch die Vorgängerregelung, auf die in dem Schreiben der beklagten Partei an den Kläger vom 14.4.1966 (Beil 3) verwiesen wird (Bezugsordnung).

Der vom Kläger nunmehr behauptete Irrtum, aufgrund dessen er wegen der Sozialleistungen der beklagten Partei auf sein höheres Entgelt bei einem früheren Arbeitgeber eine Entgeltverminderung bei der beklagten Partei hinzunehmen bereit war, stellt einen unbeachtlichen Motivirrtum dar. Nach Ablauf der dreijährigen Anfechtungsfrist könnte selbst ein Geschäftsirrtum nicht mehr angefochten werden. Dazu kommt noch, daß es sich bei diesen Ausführungen des Klägers um unzulässige Neuerungen handelt (§ 504 Abs 2 ZPO). Der Zeitraum zwischen dem Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem Abschluß des Kollektivvertrages (von 2 Monaten) wäre für eine Vertragsergänzung durch vorbehaltslose wiederholte Leistungsgewährung nicht ausreichend.

2.) Die normative Wirkung der Betriebsvereinbarung hinsichtlich der Vergütung des Dienstnehmeranteiles an den SV-Beiträgen durch den Arbeitgeber ergibt sich aus der zulässigen "Öffnungsklausel" des die Pension regelnden Sparkassen-Kollektivvertrages hinsichtlich der Entgeltregelung (8 Ob A 309/95 = ÖJZ-LSK 1996/154).

Gegenüber aktiven Arbeitnehmern kann eine ablösende Betriebsvereinbarung (vom 17.12.1992) gegenüber der früher geltenden eine dem Sachlichkeitsgebot und der Grundrechtsbindung genügende Verschlechterung des Entgelts und der Pensionsanwartschaft wirksam vornehmen. Lediglich für Ruhestandsverhältnisse von bereits aus dem aktiven Arbeitsverhältnis und dem Betrieb ausgeschiedener Arbeitnehmer kommt der Betriebsvereinbarung keine Regelungsbefugnis zu (Arb 10.763 = SZ 61/275 = DRdA 1990/8, 111 = ZAS 1989, 94). Eine Aussetzung von Wertanpassungen ist gemäß § 10 BPG sogar hinsichtlich der Pensionisten unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Kraft Größenschlusses besteht daher kein Einwand, die vom Arbeitgeber zu ersetzenden Arbeitnehmeranteile der SV-Beiträge durch normativ wirkende Betriebsvereinbarung "einzufrieren", dh die bis 1992 vorgenommene Wertanpassung auszusetzen.

3.) Der Kläger hat sein Klagebegehren (ON 1 AS 11 f) hinsichtlich der Feststellung seines Anspruches auf Ersatz der auf ihn entfallenden SV-Beiträge und Feststellung seines Pensionsantrittsalters nach 35 pensionsanrechenbaren Jahren schon mit Vollendung des 55. Lebensjahres lediglich hinsichtlich des Zahlungsbegehrens (Differenz aus der ausgesetzten Wertanpassung der Jahre 1993 und 1994) ausgedehnt (ON 12, AS 53); die Vorinstanzen haben sich daher zu Recht nicht mit dem Anspruch des Klägers auf die unverminderte Pensionsbemessungsgrundlage seiner künftig zu erwartenden Pension auseinandergesetzt.

Selbst wenn das erstgerichtliche Urteil das Begehren des Klägers nicht vollständig erledigt haben sollte hätte dies der Kläger gemäß § 496 Abs 1 Z 1 ZPO als Verfahrensmangel rügen müssen. Mangels einer solchen Rüge bestand für das Berufungsgericht keine Möglichkeit, auf diesen behaupteten Verfahrensmangel einzugehen.

Die Verweisung auf versicherungsmathematische Grundsätze machte ein Feststellungsbegehren nicht unbestimmt; auch im Betriebspensionsgesetz wird mehrfach auf diese Berechnungsweise verwiesen (vgl §§ 5 Abs 1 und 3 BPG).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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