OGH 7Ob152/99z

OGH7Ob152/99z9.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz K*****, vertreten durch Dr. Albrecht Schröder, Rechtsanwalt in Rohrbach, gegen die beklagten Parteien 1.) Vinzenz E*****, und 2.) Else E*****, beide vertreten durch Dr. Johann Strobl, Rechtsanwalt in Rohrbach, dieser auch als für die erstbeklagte Partei bestellter (einstweiliger) Sachwalter, wegen Räumung und Einwilligung in die Löschung einer Dienstbarkeit (Streitinteresse S 50.000,--), infolge außerordentlicher Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 10. März 1999, GZ 15 R 11/99i-33, womit infolge Berufung der erstbeklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Aigen vom 24. November 1998, GZ C 308/98 w-28, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrte - nach Modifizierung ihres Urteilsantrages in der Verhandlungstagsatzung vom 2. 9. 1998 (ON 23) - festzustellen, daß die erstbeklagte Partei von der ihr und der zweitbeklagten Partei mit Kaufvertrag vom 22. 4. 1994 eingeräumten und ob der im Eigentum der klagenden Partei stehenden Liegenschaft EZ 107 GB 47008 Sch***** unter CL-Nr 3 als Last bücherlich einverleibten Dienstbarkeit des (im folgenden auch örtlich präzise umschriebenen) Wohnungsrechtes einen erheblich nachteiligen Gebrauch gemacht und die zweitbeklagte Partei ihn daran zu hindern unterlassen hat; weiters, daß die klagende Partei den diese Dienstbarkeit betreffenden Teil des Kaufvertrages spätestens mit dem Tag der Klagseinbringung (25. 6. 1997) aufgehoben hat; schließlich, die beiden beklagten Parteien schuldig zu erkennen, der Einverleibung der Löschung dieser einverleibten Dienstbarkeit des Wohnungsrechtes zuzustimmen und (zur ungeteilten Hand) die von der Dienstbarkeit des Wohnungsrechtes umfaßten Räumlichkeiten geräumt von allen ihren persönlichen Fahrnissen und allem persönlichen Eigentum binnen 14 Tagen an den Kläger zu übergeben. Dieses Begehren war vom Kläger (ebenso wie das ursprüngliche Begehren laut Klageschriftsatz) gemäß §§ 59, 56 Abs 2 JN mit S 50.000,-- bewertet worden.

Das Erstgericht gab dem Begehren bezüglich des Erstbeklagten statt und wies das Mehrbegehren hinsichtlich der zweitbeklagten Partei (rechtskräftig) ab.

Das lediglich von der erstbeklagten Partei angerufene Berufungsgericht änderte das angefochtene Urteil in teilweiser Stattgebung deren Rechtsmittels dahin ab, daß es den Erstbeklagten schuldig erkannte, der Einverleibung der Löschung der einverleibten Dienstbarkeit des Wohnungsrechtes zuzustimmen sowie die von der Dienstbarkeit dieses Wohnungsrechtes umfaßten Räumlichkeiten geräumt von all seinen persönlichen Fahrnissen und allem persönlichen Eigentum binnen 14 Tagen an den Kläger zu übergeben; die darüber hinausgehenden Mehrbegehren wurden (rechtskräftig) abgewiesen. Darüber hinaus wurde ausgesprochen, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes nicht S 52.000,-- übersteigt und die Revision damit (gemäß § 502 Abs 2 ZPO) jedenfalls unzulässig ist.

Gegen dieses Urteil richtet sich die (erkennbar) auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Berufungsurteil im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Nach Auffassung des Revisionswerbers handle es sich bei der vorliegenden Streitigkeit um einen Fall des § 502 Abs 5 ZPO, sodaß die Revision auch bei einem Entscheidungsgegenstand unter S 52.000,-- zulässig sei. In diesem Zusammenhang wird daher auch das Begehren gestellt, das Berufungsgericht wolle gemäß § 508 ZPO aussprechen, daß entgegen seinem Berufungserkenntnis die ordentliche Revision doch zulässig sei.

Die klagende Partei hat eine Revisonsbeantwortung erstattet, in der der Antrag gestellt wird, die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist tatsächlich gemäß § 502 Abs 2 ZPO unzulässig.

Nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO (idF der WGN 1997) gilt diese Gesetzesstelle ua nicht "für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird". § 49 Abs 2 Z 5 JN erfaßt "alle Streitigkeiten aus Bestandverträgen über die im § 560 ZPO bezeichneten Sachen und mit ihnen in Bestand genommene bewegliche Sache sowie aus genossenschaftlichen Nutzungsverträgen (§ 1 Abs 1 MRG) und aus dem im § 1103 ABGB bezeichneten Vertrag über solche Sachen einschließlich der Streitigkeiten über die Eingehung, das Bestehen und die Auflösung solcher Verträge, die Nachwirkungen hieraus und wegen Zurückhaltung der vom Mieter oder Pächter eingebrachten oder der sonstigen dem Verpächter zur Sicherstellung des Pachtzinses haftenden Fahrnisse, schließlich Streitigkeiten zwischen wem immer über verbotene Ablösen (§ 27 MRG)." Erfaßt werden somit nach dem klaren Wortlaut nur Streitigkeiten aus Bestandverträgen, genossenschaftlichen Nutzungsverträgen und Teilpachtverträgen.

Der vorliegende Rechtsstreit dient nicht der Durchsetzung eines solchen (Räumungs-)Begehrens unter Berufung auf ein derartiges (in diesem Sinne auch gar nicht festgestelltes) Rechts-, insbesondere Bestandverhältnis, sondern vielmehr eines zwischen den Parteien in einem Liegenschaftskaufvertrag vereinbarten und auch intabulierten Dienstbarkeitsrechtes des Wohnungsrechtes ex nunc nach den Grundsätzen der Aufhebung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigen, die Fortsetzung nicht mehr zumutbar erscheinen lassenden Gründen. Nach herrschender Auffassung darf die (Zuständigkeits-)bestimmung des § 49 Abs 2 Z 5 JN - und damit gleichermaßen die darauf ausdrücklich Bezug nehmende Ausnahme vom Revisionsausschluß nach § 502 Abs 5 ZPO - nicht ausdehnend ausgelegt werden (EvBl 1956/354; Mayr in Rechberger, ZPO Rz 11 zu § 49 JN mwN), sodaß etwa Streitigkeiten aus "nicht reinen Bestandverträgen", zB Gastaufnahmeverträgen, Garagierungsverträgen, aus der Auflösung einer Dienst- oder Naturalwohnung, zwischen Wohnungseigentümern uam grundsätzlich nicht darunterfallen (Nachweise bei Mayr aaO; ebenso Stohanzl MGA ZPO14 E 40 ff zu § 49 JN). Diese Auffassung wurde auch durch die (bislang letzte) Novellierung des § 49 Abs 2 Z 5 JN durch Art IX Z 1 lit b der WGN 1989 BGBl 343, in welcher dieser Gesetzesstelle eine weitere Wendung (als Schlußhalbsatz) hinzugefügt wurde, nicht durchbrochen.

§ 502 Abs 5 ZPO gilt nach der Rechtsprechung demgemäß auch dann nicht, wenn zwar die Kündigung, Räumung oder die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens eines Bestandvertrages zu beurteilen ist, jedoch nicht als Entscheidungsgegenstand in merito, sondern lediglich als Vorfrage (RIS-Justiz RS0043006, 0042950; 1 Ob 2289/96s und 2 Ob 43/99h, jeweils im Zusammenhang mit Unterlassungsbegehren unter Berufung auf ein bestehendes Bestandverhältnis); gleichermaßen auch nicht etwa im Falle eines Zwischenfeststellungsantrages, ob ein bestimmter Vertrag dem MRG unterliegt oder nicht (3 Ob 95/98m), schließlich auch nicht, wenn etwa über die Vollständigkeit der Erfüllung einer Räumungspflicht (nach Beendigung eines Bestandverhältnisses) Streit herrscht (RZ 1991/21). Der Zweck der gegenüber den allgemeinen Bestimmungen über die Revision im § 502 Abs 5 ZPO (vor der WGN 1997 wortgleich § 502 Abs 3 Z 2 ZPO) angeordneten Ausnahme liegt nämlich nur darin, Entscheidungen über das Dauerschuldverhältnis eines der in § 49 Abs 2 Z 5 JN erfaßten Vertragstypen unabhängig von jeder Bewertung für revisibel zu erklären. Der Umstand, daß im vorliegenden Rechtsstreit ebenfalls (neben weiteren Begehren) die Berechtigung eines Räumungsbegehrens zu prüfen und zu entscheiden war, reicht damit für sich allein nicht aus, um die Ausnahmebestimmung des § 502 Abs 5 ZPO in Anwendung bringen zu können; hiefür wäre vielmehr zusätzlich erforderlich, daß es sich um einen der in § 49 Abs 2 Z 5 JN taxativ aufgezählten Vertragstypen gehandelt hätte. Bereits in der Entscheidung 5 Ob 1110/92 (nur kursorisch wiedergegeben in WoBl 1993, 143/108 = MietSlg 45.715 = RS0042931) hat der Oberste Gerichtshof daher auch ausgesprochen, daß Räumungsklagen folgerichtig nur dann als Bestandstreitigkeiten im Sinne dieser Gesetzesstelle anzusehen sind, wenn sie aus der Beendigung eines Bestandverhältnisses resultieren. Ein Benützungsverhältnis aus (in dieser Entscheidung) Miteigentumsrecht oder (wie hier) einer persönlichen Dienstbarkeit des Wohnungsrechtes im Rahmen eines Liegenschaftskaufvertrages ist aber kein Bestandvertrag, weshalb entgegen der Annahme des Revisionswerbers - in Bestätigung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes - hier auch keine privilegierte (Bestand-)Streitigkeit im Sinne des § 502 Abs 5 ZPO vorliegt, sodaß zufolge des S 52.000,-- nicht übersteigenden Wertes des Entscheidungsgegenstandes im Berufungsverfahren (daß dessen Bewertung gegen zwingende Bestimmungen verstoßen habe, behauptet nicht einmal der Revisionswerber) die dennoch erhobene (außerordentliche) Revision tatsächlich jedenfalls unzulässig ist. Damit ist hier aber auch kein Fall des § 508 Abs 1 ZPO (Antrag an das Berufungsgericht auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision) gegeben (Danzl, Der Weg zum OGH nach der WGN 1997, ÖJZ-Sonderheft 5 A, 10).

Aus der Zurückweisung des Rechtsmittels folgt auch die Selbstkostentragungspflicht des Revisionswerbers. Die klagende Partei (als Revisionsgegner) hat, weil ihre Revisionsbeantwortung vor Freistellung erfolgte, zutreffend für diesen Schriftsatz keine Kosten verzeichnet (§ 508a Abs 2 letzter Satz ZPO).

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