Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien haben die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Kläger begehrten die Rückzahlung eines Kaufpreises, den sie für die Eigentumsübertragung an Teilflächen einer im Eigentum des Beklagten stehenden Liegenschaft bereits bezahlt hätten. Der Beklagte weigere sich, den für die bücherliche Durchführung erforderlichen Kaufvertrag zu fertigen. Die Kläger seien deshalb vom Kaufvertrag zurückgetreten. Sie räumten schon in der Klage dem Beklagten die Lösungsbefugnis ein, er könne sich von der Zahlungsverpflichtung dadurch befreien, daß er in die lastenfreie Abschreibung der (im Klagebegehren näher bezeichneten) Trennflächen vom Gutsbestand seiner Liegenschaft und in die Zuschreibung der Trennflächen zum Gutsbestand der Liegenschaft der Kläger einwillige.
Der Beklagte beantragte aus verschiedenen Rechtsgründen die Abweisung des Klagebegehrens.
Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren statt, nahm aber die von den Klägern dem Beklagten eingeräumte Lösungsbefugnis mit der wesentlichen Begründung nicht in den Spruch der Entscheidung auf, § 410 ZPO sehe eine Lösungsbefugnis lediglich für den hier nicht vorliegenden Fall vor, daß dem Kläger ein nicht in einem Geldbetrag bestehender Gegenstand zugesprochen werde.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten in der Hauptsache unangefochten nicht Folge und wies in Beschlußform die Berufung der Kläger gegen die Ablehnung der Aufnahme der Lösungsbefugnis in den Spruch der Entscheidung zurück. Wohl sei § 410 ZPO entgegen der Meinung des Erstgerichtes auch auf den Fall anzuwenden, daß der Kläger dem beklagten Geldschuldner einräumt, statt der Geldleistung eine bestimmte Sache zu leisten. Die Lösungsbefugnis als Einräumung eines Gestaltungsrechts sei aber nicht Streitgegenstand, vom Richter nicht weiter zu prüfen und nur wie vom Kläger beantragt in das Urteil aufzunehmen. Dabei handle es sich um eine in das Urteil aufgenommene Beurkundung einer privatrechtlich erheblichen Willenserklärung. Der Ausspruch über die Lösungsbefugnis sei keine gerichtliche Entscheidung und nicht anfechtbar. Die Unterlassung des Ausspruchs könne weder mit Antrag auf Erlassung eines Ergänzungsurteils noch mit Berufung nach § 496 Abs 1 Z 1 ZPO bekämpft werden. Den Klägern stehe es frei, nach rechtskräftiger Erledigung der Rechtssache mit dem Beklagten erneut zu kontrahieren. Die Berufung sei mangels Beschwer der Kläger unzulässig.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Kläger mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß in den Spruch des Urteils der Vorinstanzen die Lösungsbefugnis aufgenommen werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt.
Nach dem Wortlaut des § 410 ZPO ist nur die in einer Geldleistung bestehende Lösungsbefugnis des Beklagten in den stattgebenden Urteilsspruch über den nicht in Geld bestehenden Streitgegenstand aufzunehmen. Nach überwiegender oberstgerichtlicher Rechtsprechung (SZ 27/265; 6 Ob 45/65 ua; gegenteilig JBl 1959, 105) gilt dies aber auch für den umgekehrten Fall, wo die Lösungsbefugnis zu einer Geldverpflichtung eingeräumt wird, was in der Lehre als sinnvoll bezeichnet wird (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 1 zu § 410; Fasching III 679 f). Auch der erkennende Senat hegt gegen die Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 410 ZPO über den reinen Gesetzeswortlaut hinaus aus teleologischen Erwägungen keine Bedenken. Der Gläubiger kann nach Vertragsrücktritt dem in der Rückabwicklung geldleistungspflichtigen Beklagten ohneweiteres materiellrechtlich die Befugnis einräumen, die bedungene Leistung zu erbringen. Es sind keine Gründe ersichtlich, daß diese Lösungsbefugnis nicht in den Urteilsausspruch aufzunehmen wäre.
Richtig ist die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die Lösungsbefugnis (Alternativermächtigung) eine einseitige Willenserklärung des Klägers ist, die schon mit ihrem Zugang (hier durch die Klagezustellung) an den beklagten Erklärungsempfänger wirksam wird. Sie ist daher nicht Streitgegenstand, vom Richter nicht zu prüfen, sondern nur, wie vom Kläger beantragt, in das Urteil aufzunehmen (SZ 65/156 mwN). Mangels konstitutiver Entscheidung des Gerichts über die Lösungsbefugnis wurde in zwei älteren Entscheidungen (Rspr 1930/240 und 1 Ob 446/50) die Anfechtbarkeit des Ausspruchs nach § 410 ZPO verneint. In beiden Fällen ging es aber um das Revisionsrecht des Beklagten, dessen Beschwer durch die "Mitteilung" des Gerichts über die Lösungsbefugnis verneint wurde. Ob dies auch für die Anfechtung des Klägers gilt, hatte der Oberste Gerichtshof noch nicht zu beurteilen. Zu dieser Frage verweisen die Rekurswerber zutreffend auf die Begründung der Entscheidung 3 Ob 562/95 = SZ 68/161, aus welcher folgendes hervorzuheben ist:
Wohl stelle der Ausspruch über die Lösungsbefugnis nach der vorliegenden Vorjudikatur keine gerichtliche Entscheidung, sondern nur eine in das Urteil aufgenommene Beurkundung einer privatrechtlich erheblichen Erklärung des Klägers ohne jede Urteils- oder Vollstreckungswirkung dar. Selbst wenn man dieser Auffassung folge und im Ausspruch nach § 410 ZPO keine deklarative, aber bindende feststellende Entscheidung erblicke, sei die Unanfechtbarkeit jedenfalls dann zu verneinen, wenn es um die strittige Frage gehe, ob die Voraussetzungen des § 410 ZPO erfüllt seien. Der Beklagte habe zwar das Recht, statt der eingeklagten eine andere Leistung mit schuldbefreiender Wirkung zu erbringen, dies schon ab dem Zugang der einseitigen Erklärung des Klägers. Dennoch habe der Kläger ein Interesse daran, daß der Ausspruch in das Urteil nur aufgenommen werde, wenn und soweit er seiner Erklärung entspreche. Es könne nicht sachgerecht sein, ihn darauf zu verweisen, in einem weiteren Rechtsstreit gemäß § 292 Abs 2 ZPO die Unrichtigkeit des Ausspruchs zu beweisen. Der Kläger könne daher den gemäß § 410 ZPO in das Urteil aufgenommenen Ausspruch mit dem Argument bekämpfen, daß er darin nicht oder nicht mit dem dem Urteil zu entnehmenden Inhalt hätte aufgenommen werden dürfen.
Der erkennende Senat tritt der zitierten Rechtsauffassung bei. Wenn im Sinne der Vorentscheidungen der Ausspruch nach § 410 ZPO eine Beurkundung des Gerichts darstellt und eine Falschbeurkundung im Sinne der Entscheidung SZ 68/161 anfechtbar ist, weil der Ausspruch nicht mit dem erklärten Willen des Klägers über die dem Beklagten eingeräumte Lösungsbefugnis übereinstimmt, hat der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis an der Korrektur der Beurkundung, die ihm ja grundsätzlich zusteht (arg.: "... ist zugleich auszusprechen ..."). Im vorliegenden Fall geht es nicht um eine fehlerhafte Beurkundung der Willenserklärung des Klägers sondern um die Ablehnung der Beurkundung, also um die Zulässigkeit des Ausspruchs. Die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses ist hier aber keine andere als im Fall des fehlerhaften Ausspruchs durch unvollständige oder unrichtige Wiedergabe der Erklärung des Klägers durch das Gericht. Der Ausspruch nach § 410 ZPO soll für beide Parteien deklarativ klarstellen, daß dem Beklagten ein rechtsänderndes Gestaltungsrecht eingeräumt wurde und welchen Inhalt dieses Recht hat. Der Beklagte hat das gemäß § 410 ZPO eingeräumte Wahlrecht bis zur Erbringung einer der beiden Leistungen. Er kann durch Erbringung der freigestellten Leistung auch noch während des zur Erfüllung der Urteilsverpflichtung eingeleiteten Exekutionsverfahrens die Exekution zur Einstellung bringen (vgl § 12 Abs 2, § 39 Abs 1 Z 7 EO; Fasching aaO 679). Die Beurkundung der Lösungsbefugnis im Exekutionstitel ist daher nicht nur für die Parteien, sondern auch für das Exekutionsgericht von zumindest informativer Bedeutung, weil diesem der Akteninhalt des Titelakts nicht zur Verfügung steht. Der erkennende Senat ist daher der Auffassung, daß einem Kläger gegen die Verweigerung der Aufnahme seiner im Prozeß erklärten Einräumung einer Lösungsbefugnis in den Urteilsspruch ein rechtliches Interesse nicht abgesprochen werden kann.
Damit ist aber noch nicht die Frage geklärt, in welcher Form das Gericht eine von ihm als unzulässig erachtete Beurkundung einer Lösungsbefugnis abzulehnen hat (mit Urteil oder Beschluß) und welches Rechtsmittel den Parteien dagegen zur Verfügung steht:
Der Beurkundungsanspruch ist im Sinne der zitierten Vorentscheidungen kein Teil des Klageanspruchs, also nicht Entscheidungsgegenstand. Daran ist festzuhalten. Der Beurkundungsanspruch ist demgemäß ein Anspruch eigener Art, über den zwar zugleich mit der Sachentscheidung (tunlichst im Spruch der Entscheidung) zu entscheiden ist, nach Auffassung des erkennenden Senates aber nicht in Urteilsform, weil mit dem Urteil nur über das Rechtsschutzbegehren zu entscheiden ist. Wohl stellt eine antragsgemäße Beurkundung im Spruch der Entscheidung auch die Bewilligung des Beurkundungsantrages dar, der in den Spruch aufgenommene Beurkundungsakt ist aber gleichzeitig auch schon der Vollzug des nur implizit ausgedrückten Bewilligungsbeschlusses. Die Ablehnung der Beurkundung hat in Beschlußform zu ergehen. Auch ein solcher Beschluß kann in das Urteil aufgenommen werden, er kann aber auch - wie hier durch das Erstgericht - implizit in den Urteilsgründen ausgedrückt werden, wie dies beispielsweise in ständiger Rechtsprechung bei Entscheidungen über die Zulässigkeit von Klageänderungen für zulässig erachtet wird (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 8 zu § 235). Während aber die nur in den Entscheidungsgründen erfolgte Ablehnung einer Klageänderung mit dem Rechtsmittel gegen die Sachentscheidung angefochten werden kann, weil die Klageänderung immer ein Rechtsschutzbegehren ist, also den Streitgegenstand bildet, sodaß die Ablehnung einer Klageänderung immer auch Wirkung auf die Sachentscheidung über das ursprüngliche Begehren hat und daher eine rechtsirrige Entscheidung darüber eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darstellt, ist der Beurkundungsanspruch nach § 410 ZPO ein neben dem Streitgegenstand bestehender, von diesem losgelöster Anspruch eigener Art, der nur selbständig, also nur mit Rekurs angefochten werden kann, was jedenfalls dann gelten muß, wenn der durch die Ablehnung Beschwerte die Entscheidung in der Hauptsache gar nicht bekämpft (weil er - wie hier die Kläger - obsiegt hat). Die außerhalb der 14tägigen Rekursfrist eingebrachte "Berufung", richtig Rekurs (die falsche Rechtsmittelbezeichnung schadete nicht) der Kläger gegen die Ablehnung ihres Beurkundungsantrages nach § 410 ZPO ist daher verspätet, weshalb die Zurückweisung des Rechtsmittels im Ergebnis zu Recht erfolgte.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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