Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird in Ansehung der Abweisung des Begehrens auf Feststellung, daß die beklagte Partei an der streitgegenständlichen Fläche kein wie immer geartetes Nutzungsrecht habe, bestätigt.
Im übrigen wird die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes in Punkt 1.) und in der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 6.625,-- an Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen. Im übrigen werden die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei ist Eigentümerin der Grundstücke 238/6 und 238/11 in EZ 1***** Grundbuch 5***** Ai*****. Die beklagte Partei ist Eigentümerin des Nachbargrundstückes 477/7. Die beklagte Partei hat die Grundstücke vom Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der W***** GmbH im Gesamtausmaß von 2.161 m2, dem Grundbuchsstand entsprechend erworben. Aufgrund eines Vermessungsplanes des Geometers DI Klaus F***** verläuft die Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken 238/11 und 477/7 in der Form, daß im westlichen Bereich hinter einer errichteten Mauer ein Zwickel in einer Breite von 1,81 m spitz zulaufend zum Grundstück 238/11 und im östlichen Bereich ein Zwickel mit einer Breite von 1,04 m spitz zulaufend zum Grundstück 238/11, insgesamt sohin eine Fläche von 17 m2 gehört. Die erwähnten Teilflächen des Grundstückes 238/11 werden von der beklagten Partei gemeinsam mit dem Grundstück 477/7 genutzt. Vor dieser Fläche befindet sich eine von der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei errichtete Stützmauer, die die betreffende Teilfläche vom Restgrundstück abtrennt und zugleich eine Einheit zwischen dieser Teilfläche und dem Grundstück 477/7 herstellt.
Die klagende Partei begehrte die Feststellung, daß 1.) die im Lageplan des genannten Geometers eingezeichnete Fläche von 17 m2 im Bereich der Grundstücksgrenze 477/7 zu 238/11 ihr Eigentum darstellt und 2.) die beklagte Partei an dieser Fläche kein wie immer geartetes Nutzungsrecht habe. Die beklagte Partei behaupte, daß ihr das Eigentumsrecht an dieser Fläche zustehe. Die klagende Partei beabsichtige, die Fläche von 17 m2 selbst und allein zu nützen.
Die beklagte Partei beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Zwischen den beiden Rechtsvorgängerinnen im Eigentum der betreffenden Grundstücke sei im Jahr 1970 eine Vereinbarung geschlossen worden, aufgrund welcher die Grundstücksflächen ausschließlich von der beklagten Partei bzw deren Rechtsvorgängerin benützt worden sei. Die Verbücherung der Vereinbarung sei aus nicht nachvollziehbaren Gründen unterblieben. Die beiden Grundstückseigentümer hätten sich mit den faktischen Verhältnissen einer ausschließlichen Nutzung dieser Fläche durch die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei sowie später durch die beklagte Partei begnügt. Die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei habe gemäß § 418 ABGB an der betreffenden Grundstücksfläche Eigentum erworben. Die klagende Partei habe nicht gutgläubig Eigentum an der Fläche erwerben können, weil der tatsächliche Grenzverlauf in der Natur ersichtlich sei. Der klagenden Partei sei vor Verbücherung des Kaufvertrages die Vermessungsurkunde des DI Klaus F***** bekannt gewesen; sie habe daher gewußt, daß sie an dieser Fläche kein lastenfreies Eigentum erwerben hätte können, was sie zu weiteren Nachforschungen und Erkundigungen verpflichtet hätte. Selbst wenn man davon ausgehe, daß die Vereinbarung im Jahr 1970 bloß einen obligatorischen Übereignungsanspruch begründet hätte, wäre die klagende Partei nicht gutgläubig hinsichtlich einer Lastenfreiheit der betreffenden Fläche, weshalb sie sachenrechtliches Eigentum allenfalls mit der weiterhin bestehenden Verpflichtung auf Übereignung an die beklagte Partei erworben hätte oder zumindest davon ausgehen hätte müssen, daß eine Dienstbarkeit zugunsten der beklagten Partei bestehe.
Das Erstgericht gab Punkt 1 des Klagebegehrens statt, Punkt 2 hingegen wies es ab.
Es traf noch nachstehende weitere Feststellungen:
Am 15. 10. 1970 richtete der Rechtsanwalt der Voreigentümerin des Grundstückes 238/11 an die Voreigentümerin des Grundstückes 477/7 ein Schreiben, das nachstehenden Inhalt aufweist: " Wir haben heute an Ort und Stelle in der Z*****straße die Vermessungsmarken des DI H***** überprüft und haben festgestellt, daß der Zufahrtsweg zu ihrem Neubau etwa 15 cm jenseits der derzeit ausgelegten Mauer sich zum Grundstück meiner Klientin, der Frau Gräfin Therese K*****, zu, befindet. Es ist ihnen deshalb gestattet, die von ihnen geplante neue Mauer mit darauf befestigten Gittergerüst um dieses Ausmaß zu verändern. Hingegen befindet sich die Einfahrt zu ihrer Pension, zur Z*****straße zu gesehen, spitzwinkelig auf dem Grundstück meiner Klientin. Um die Einfahrt hier etwas abzurunden, haben wir vereinbart, daß meine Klientin die Mauererrichtung anschließend an den Gitterzaun zu gestattet, so wie wir dies an Ort und Stelle besprochen haben, sie wird dadurch etwa 1 1/2 m Grund verlieren, andererseits anerkennt sie, daß hier eine Mauer und Umzäunung geschaffen wird, die Sie, sehr geehrte Frau W*****, rechtlich nicht verpflichtet sind zu schaffen. Um die Eigentumsverhältnisse für die Zukunft festzustellen, halten wir fest, daß dieser Mauersockel mit Zaun an der Grundgrenze zwar, jedoch auf Ihrem Grunde, errichtet wird und sohin Ihr bücherliches Eigentum ist ...". Mit Kaufvertrag vom 19. 4. 1993 übertrug der Rechtsnachfolger der Therese K*****, die Grundstücke 238/6 und 238/11 der W***** Gesellschaft mbH. Mit Kaufvertrag vom 6. 6. 1995 wurden diese Grundstücke vom Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der W***** GesmbH der klagenden Partei verkauft. Katharina W***** verkaufte unter anderem das Grundstück 477/7 am 14. 12. 1976 der Erzdiözese Salzburg. Mit Schenkungsvertrag vom 18. 1. 1988 ging das Eigentum am Grundstück 477/7 an die beklagte Partei über. Der Lageplan ging bei der klagenden Partei zu Handen ihres Architekten am 12. 6. 1995 vor Verbücherung des Kaufvertrages ein.
Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß die Einbringung einer Feststellungsklage zulässig sei, weil die klagende Partei ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Umfanges ihres Eigentumes habe. Die beklagte Partei habe allerdings durch die Errichtung einer Stützmauer kein Eigentum am Grundstück gemäß § 418 ABGB erworben, weil diese Bestimmung nur auf Bauwerke anzuwenden sei, denen selbständige Bedeutung zukomme, nicht jedoch auf Grenzzäune oder Grenzmauern. Darüber hinaus umfasse ein diesbezüglicher Eigentumserwerb nur das Bauwerk und den Grund, auf welchem jenes Bauwerk stehe, nicht aber darüber hinausgehende Grundstücksteile, es sei denn, diese seien für die Benützung des Bauwerkes unbedingt erforderlich. Punkt 2 des Klagebegehrens sei jedoch nicht berechtigt. Dem Kaufvertrag (zwischen der klagenden Partei und dem Masseverwalter) sei der Lageplan zugrundegelegen. Aus diesem sei ersichtlich, daß eine Mauer auf dem Grundstück 238/11 errichtet sei. Diese Mauer sei auch in natura ersichtlich. Zwar dürfe sich ein gutgläubiger Erwerber auf das Vertrauen in die öffentlichen Bücher berufen. Guter Glaube sei aber bei Offenkundigkeit einer Dienstbarkeit ausgeschlossen, sofern Anlagen vorhanden seien, die das Bestehen einer Dienstbarkeit vermuten ließen. Die klagende Partei hätte Nachforschungen über die aus dem Lageplan ersichtliche Mauer, welche bei Besichtigung des Grundstückes auch in die Augen fallen hätte müssen, anstellen müssen. Dabei hätte sie auch bemerken müssen, daß der Bereich jenseits der Mauer gemeinsam mit dem Grundstück 477/7 benützt werde.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts über Punkt 2 des Klagebegehrens, änderte diese jedoch in Ansehung des Punktes 1 im Sinne der Abweisung ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.
Zum Erwerb von Liegenschaftseigentum sei zufolge § 431 ABGB die grundbücherliche Einverleibung erforderlich. Eine Ausnahme hievon bestehe ua im Fall der Bauführung auf fremden Grund gemäß § 418 ABGB. Nach Satz 3 dieser Gesetzesstelle trete außerbücherlicher Eigentumserwerb des Bauführers an der Baufläche nur ein, wenn der Grundeigentümer vom Bau wisse, ihn aber - schuldhaft - dennoch nicht untersagt habe und der Bauführer redlich sei. Bei einer vorherigen Vereinbarung zwischen Bauführer und Grundeigentümer über die Bauführung sei § 418 ABGB nicht anwendbar. Der Eigentumserwerb setze nach dem Wortlaut des Gesetzes die Bauführung ohne Wissen und Willen des Grundeigentümers voraus, ein Tatbestandsmerkmal, das bei einer Vereinbarung über die Bauführung im allgemeinen nicht erfüllt sei. Dennoch könnten im Einzelfall die Rechtswirkungen des § 418 ABGB bei einer vorausgegangenen Vereinbarung über die Bauführung zum Tragen kommen. In diesem Fall träten die Rechtswirkungen aufgrund der Vereinbarungen ein. Inhalt der Vereinbarung könne nämlich auch sein, daß der Bauführer durch den Bau Eigentümer des bebauten Grundes werden solle. Dem stehe das Eintragungsprinzip des § 431 ABGB nicht entgegen, weil das Gesetz den redlichen Bau auf fremdem Grund ausdrücklich als außerbücherliche Erwerbsart anerkenne. Im Falle einer diesbezüglichen Vereinbarung trete der Eigentumserwerb eo ipso, also durch die Bauführung selbst ein. Nach dem Willen der seinerzeitigen Vertragsparteien hätte die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei bereits durch die Bauführung Eigentümerin der abgetrennten Grundfläche einschließlich der Fläche der eigentlichen Stützmauer werden sollen. Es sei Wille der Vertragsparteien gewesen, daß dieser Eigentumsübergang durch die Bauführung selbst eintreten solle. Anders könne der Satz, "um die Eigentumsverhältnisse für die Zukunft festzustellen .... und sohin ihr bücherliches Eigentum ist" nicht verstanden werden. Daß es dabei nicht nur um die von der eigentlichen Stützmauer betroffenen Flächen, sondern auch um die abgetrennte dahinterliegende Fläche gehen habe sollen, ergebe sich aus dieser Vereinbarung. Die Rechtsvorgänger der Streitteile hätten daher verbindlich vereinbart, daß die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei durch die Bauführung originär Eigentum an der Grundfläche erwerbe. Richtig sei, daß § 418 ABGB auf Grenzzäune und Grenzmauern, die zum Teil auf Nachbargrund errichtet worden seien, mangels selbständiger Bedeutung nicht anwendbar sei. Die Bestimmungen des § 418 ABGB seien aber auch auf Grenzüberbauten, die teils auf eigenem, teils auf fremden Grund errichtet worden seien, anzuwenden. Es handle sich hier um eine Stützmauer, der eine selbständige Bedeutung zukomme. Der redliche Bauführer erwerbe nicht nur Eigentum am Bauwerk selbst, sondern auch an der Grundfläche, die zur Benützung des Bauwerkes unentbehrlich sei. Es sei unstrittig, daß die von der Stützmauer umschlossene Teilfläche gemeinsam mit dem Grundstück 477/7 genützt werde und damit eine Einheit bilde. Daraus folge, daß durch die Bauführung in Verbindung mit der zitierten Vereinbarung die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei auch Eigentum an der hinter der Mauer liegenden Grundfläche erworben habe. Solange der originäre Eigentumserwerb nicht im Grundbuch eingetragen sei, könne über diesen nicht bücherlich verfügt werden. Er sei im Hinblick auf § 1500 ABGB auch den Wirkungen des Vertrauensschutzes des Grundbuches ausgesetzt. Im allgemeinen sei zwar der Erwerber eines Grundstückes nicht verpflichtet, den Grundbuchsstand durch eigene Nachforschungen zu überprüfen, doch könne sich die klagende Partei nicht mehr auf den Grundbuchsstand berufen, wenn die Stützmauer in der Natur deutlich sichtbar sei und der Lageplan, aus dem sich das Vorhandensein der Mauer ergebe, dem Kaufvertrag zugrundegelegt worden sei. § 49 VermG sei nicht anzuwenden, weil nicht behauptet worden sei, daß die Grundstücke im Grenzkataster eingetragen worden seien.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine "gesicherte" Rechtsprechung zur Frage fehle, ob im Falle einer Vereinbarung über die Bauführung auf fremden Grund originär Eigentum erworben werden könne.
Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Zusammengefaßt wird geltend gemacht, daß nach § 431 ABGB zum Erwerb von Liegenschaftseigentum die grundbücherliche Einverleibung erforderlich sei. Im Falle eines vorherigen Übereinkommens über die Bauführung zwischen dem Grundeigentümer und dem Bauführer sei § 418 Satz 3 ABGB unabwendbar; ein originärer Eigentumserwerb kraft Vereinbarung stehe mit dem im Sachenrecht geltenden Prinzip des Typenzwanges in Widerspruch. Ein derartiger "ipso iure" Erwerb verstoße gegen das Publizitätsprinzip. Eine wirksame Übertragung des Eigentums am Grundstücksstreifen von 17 m2 auf die nunmehr beklagte Partei sei nicht zustandegekommen.
Rechtliche Beurteilung
Diese Ausführungen sind grundsätzlich berechtigt.
Außerbücherlicher Eigentumserwerb des Bauführers an der Baufläche im Sinn des dritten Satzes des § 418 ABGB tritt nur ein, wenn der Grundeigentümer vom Bau weiß, ihn vorwerfbar dennoch nicht untersagt (sich also verschweigt) und der Bauführer redlich ist. Redlicher Bauführer ist nicht nur, wer entschuldbar über die Eigentumsverhältnisse irrt und deshalb auf fremden Grund baut, sondern auch, wer aufgrund einer Vereinbarung darauf vertraut, dort, wo er baut, auch bauen zu dürfen. Die Bestimmung des § 418 Satz 3 AGBG hat aber eine Willensdiskrepanz zwischen Grundeigentümer und Bauführer zur Voraussetzung. Das rechtlich entscheidende Moment für den Eigentumserwerb durch den redlichen Bauführer ist die Unredlichkeit des Grundeigentümers, der den Bauführer bauen läßt, obwohl er weiß, daß dieser auf fremdem Grund baut. § 418 Satz 3 ABGB ist daher vor allem als Sanktion gegen ein unredliches Verhalten des Grundeigentümers gedacht. Nur unter diesen Voraussetzungen tritt - als eine der Ausnahmen vom Eintragungsgrundsatz des § 431 ABGB (Spielbüchler in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 431, Klicka in Schwimann, ABGB2 § 418 Rz 16 mwN) - außerbücherlicher Eigentumserwerb des Bauführers an der Baufläche ein.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes schließt jedoch das Vorliegen einer Vereinbarung über die Bauführung die Anwendung der subsidiären Vorschriften des § 418 ABGB überhaupt aus (SZ 50/123; RIS-Justiz RS0011052 mwN). Diese Rechtsmeinung wurde vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung in Kenntnis der von Ostheim (Zum Eigentumserwerb durch Bauführung in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, Wien 1968, 51) vertretenen Rechtsmeinung, der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, vertreten (NZ 1977, 26; NZ 1981, 76; NZ 1986, 226; wN in RIS-Justiz RS0011052). Von dieser Rechtsprechung abzugehen sieht sich der erkennende Senat nicht veranlaßt. Liegt daher eine Vereinbarung über die Bauführung vor, ist die Regelung des § 418 dritter Satz ABGB nicht anwendbar. Es hängt in einem solchen Fall von der Vereinbarung ab, ob das Bauwerk dem Grundeigentümer oder der Grund dem Bauführer zufällt (JBl 1985, 741). Nur für den Fall, daß in einem solchen Übereinkommen vorgesehen wäre, daß der Grund dem Bauführer zufallen sollte, der Grundeigentümer sich aber in der Folge nicht mehr an die Vereinbarung über die Überlassung des Grundes an den Bauführer hält, ist der Bauführer nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes - die trotz der Kritik Ostheims, Zum Eigentumserwerb durch Bauführung, 54 ff; Spielbüchler in Rummel ABGB2 I Rz 7 zu § 418 aufrechterhalten wurde - so zu behandeln, als ob kein Übereinkommen vorliege (SZ 59/38 mwN, JBl 1989, 582 uva).
Ein "originärer" Eigentumserwerb der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei an der strittigen Grundstücksfläche durch Bauführung scheidet im vorliegenden Fall aus, weil eine Vereinbarung über die Bauführung zwischen den damaligen Grundeigentümern vorlag. § 418 Satz 3 ABGB ist daher nach den obigen Ausführungen nicht anwendbar. Es wäre an den Rechtsvorgängern der Partei gelegen, die zwischen den beiden Grundeigentümern getroffene Vereinbarung auch grundbücherlich durchzuführen. Ob Rechte daraus von der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei an den Erwerber übertragen wurden, ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Die beklagte Partei hat sich auch nicht darauf berufen, daß der Rechtsvorgänger der klagenden Partei die grundbücherliche Übertragung des strittigen Grundstreifens an den Erwerber vereitelt hätte. Auf die Kritik an der dazu ergangenen Rechtsprechung ist daher nicht einzugehen. Ein originärer Eigentumserwerb durch die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei durch Bauführung hat somit nicht stattgefunden.
Die klagende Partei hat aber auch nicht gutgläubig lastenfreies Eigentum an der strittigen Grundfläche erworben. Nach § 1500 ABGB kann das aus der Ersitzung oder Verjährung erworbene Recht demjenigen der im Vertrauen auf die öffentlichen Bücher noch vor dessen Einverleibung einer Sache oder ein Recht an sich gebracht hat, zu keinem Nachteil gereichen. Dieser Tatbestand gilt über Ersitzung und Verjährung hinaus sinngemäß auch in anderen Fällen außerbücherlichen Erwerbs (Schubert in Rummel ABGB2 Rz 1 zu § 1500). Doch kommt der Vertrauensgrundsatz dem nicht zugute, der bei gehöriger Aufmerksamkeit die Abweichung des Buchstandes von der wahren Rechtslage erkennen konnte; fahrlässige Unkenntnis wird nicht geschützt (Schubert aaO Rz 3 mwN). Erwirbt jemand eine Liegenschaft, auf welcher sichtbare Anlagen oder sonstige Einrichtungen oder Vorgänge zu erkennen sind, die das Bestehen einer Dienstbarkeit vermuten lassen, dann ist der Erwerber zu Nachforschungen verpflichtet (SZ 57/38; SZ 63/35; SZ 70/185). Dies muß auch dann gelten, wenn der Erwerber einer Liegenschaft bei gehöriger Aufmerksamkeit entdecken müßte, daß sich eine Stützmauer teilweise auf den von ihm erworbenen Grund erstreckt. In diesem Fall kann der Käufer nicht als selbstverständlich davon ausgehen, daß ihm die überbaute Fläche lastenfrei gehören werde (SZ 70/185). Der klagenden Partei mußte bei Abschluß des Kaufvertrages aufgrund des Lageplanes ersichtlich sein, daß sich die Stützmauer auf dem von ihr erworbenen Grund befindet und der übrige Teil von der beklagten Partei benutzt wird. Es wird daher ohne weitere Nachforschungen nicht davon ausgehen dürfen, daß sie diesen Teil der Grundfläche lastenfrei erwirbt.
In Stattgebung der Revision war daher das Ersturteil wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 43, 50 ZPO. Die klagende Partei ist etwa mit der Hälfte des Begehrens durchgedrungen, weshalb die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Pauschalgebühren gegenseitig aufzuheben waren.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)