OGH 5Ob80/99x

OGH5Ob80/99x13.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1.) Ing. Horst M*****, und 2.) Birgit M*****, beide wohnhaft in *****, und 3.) Mag. Markus G*****, alle vertreten durch Dr. Hellfried Klaftenegger, öffentlicher Notar in 8190 Birkfeld, wegen Berichtigung des Grundbuchs 63108 A***** (betreffend die EZ *****), infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 16. Oktober 1998, AZ 4 R 407/98x, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 14. Jänner 1998, TZ 185/98, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Auch im Grundbuchsverfahren ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Rekursgerichtes, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, nicht gebunden (RZ 1992, 44/20 ua). Die Zurückweisung des Revisionsrekurses kann unter Inanspruchnahme der Begründungserleichterung des § 126 Abs 3 GBG so erfolgen, daß nur die Zurückweisungsgründe ausgeführt werden (vgl RPflSlgG 2547; RPflSlgG 2573 ua).

Ein Grund für den Ausspruch des Rekursgerichtes, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, lag darin, daß es keine grundbuchsrelevante Entscheidung des Höchstgerichtes zur Frage gebe, wie vorzugehen sei, wenn nur einzelne von mehreren Miteigentümern einer mit einer Grunddienstbarkeit belasteten Liegenschaft Rekurs gegen die Berichtigung einer die Dienstbarkeit betreffenden Eintragung erheben oder dies mit unterschiedlichen Rechtsmittelanträgen tun. Eben dieses Problem sprechen auch die Antragsteller im vorliegenden Revisionsrekurs an, indem sie argumentieren, das Rekursgericht habe sich über die (Teil-)Rechtskraft des erstgerichtlichen Beschlusses hinweggesetzt, weil es die Berichtigung des Grundbuchs in Ansehung aller Miteigentümer der betreffenden Liegenschaft ablehnte, obwohl nur einzelne von ihnen dieses Begehren gestellt hatten. Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, bei einer die Feststellung des Umfangs einer Grunddienstbarkeit betreffenden Eintragung seien alle Miteigentümer des dienenden Gutes als Rechtsgemeinschaft iSd § 14 ZPO, sodaß der von einem Miteigentümer erzielte Rechtsmittelerfolg allen zugutekomme, basiert jedoch auf einer bereits gefestigten Rechtsgrundlage.

Eine Grunddienstbarkeit kann immer nur auf dem ganzen Grundbuchskörper lasten, also nicht an ideellen Anteilen bestehen (vgl SZ 3/101 ua; Petrasch in Rummel2, Rz 2 zu § 485 ABGB; Kiendl-Wendner in Schwimann2, Rz 2 zu § 481 ABGB). Es gehört daher zur Rechtsnatur einer solchen Dienstbarkeit, daß sie alle Miteigentümer des dienenden Gutes in gleicher Weise verpflichtet. In gerichtlichen Verfahren, in denen über die Begründung, Änderung oder Feststellung einer Grunddienstbarkeit entschieden werden soll, bilden dementsprechend die Miteigentümer des dienenden Gutes eine einheitliche Streitpartei iSd § 14 ZPO (vgl SZ 69/110). Sind einzelne Streitgenossen säumig, so erstreckt sich die Wirkung der Prozeßhandlungen der tätigen Streitgenossen auch auf sie (§ 14 letzter Satz ZPO); bei unterschiedlichen Prozeßerklärungen ist nach dem prozessualen Günstigkeitsprinzip vorzugehen (Fucik in Rechberger, Rz 6 zu § 14 ZPO). Daß dies sinngemäß auch für das Grundbuchsverfahren gilt, wurde bereits entschieden (RPflSlgG 2042; vgl SZ 27/138). Wenn nur ein einheitliches Vorgehen in Bezug auf die Gesamtheit der Anteile an einem Grundbuchskörper möglich ist, wirkt sich der Erfolg des Rechtsmittels eines Miteigentümers auch zugunsten aller anderen aus (RPflSlgG 2042).

Im gegenständlichen Fall stellen die Revisionsrekurswerber die Anwendbarkeit des prozessualen Günstigkeitsprinzips gar nicht in Abrede. Sie meinen jedoch, daß eine daran orientierte Entscheidung zur Aberkennung der Rechtsmittellegitimation der gegen die erstinstanzliche Entscheidung rekurrierenden Miteigentümer führen müßte, weil die Aufrechterhaltung der vom Erstgericht bewilligten Grundbuchsberichtigung den Rechtsmittelwerbern die Kosten eines Folgeprozesses ersparen würde. Die Günstigkeit einer Prozeßhandlung ist jedoch nicht nach Wirtschaftlichkeit oder anderem außerjuristischen Chancenkalkül zu beurteilen, sondern abstrakt und objektiv danach, ob sie das Verfahrensziel - hier die Abwehr der Ersichtlichmachung einer Servitutsausweitung im Zuge einer Teilung des herrschenden Gutes - effektiver verfolgt (vgl Fucik aaO mwN). Der (weitestgehenden) Anfechtung einer der Rechtsgemeinschaft nachteiligen Entscheidung ist daher gegenüber dem (teilweisen) Rechtsmittelverzicht immer der Vorzug zu geben.

Ein weiteres für den Zulassungsausspruch des Rekursgerichtes ins Treffen geführte Argument besteht darin, daß in RPflSlgG 1390 und 1511 bzw RPflSlgG 2219 divergente Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob das Grundbuch gemäß § 136 GBG berichtigt werden kann, wenn Teile des herrschenden Gutes (antragsgemäß) einer neuen Grundbuchseinlage zugeschrieben werden, ohne daß dies im Lastenblatt des dienenden Gutes berücksichtigt wurde. Auch dies greifen die Revisionsrekurswerber zur Begründung ihres Rechtsmittelbegehrens, die vom Rekursgericht abgelehnte Grundbuchsberichtigung zuzulassen (also den erstinstanzlichen Beschluß zur Gänze wieder herzustellen), auf, wobei sie den Standpunkt vertreten, in Anlehnung an die Entscheidung RPflSlgG 2219 könne die aus Anlaß der Teilung des herrschenden Gutes zwar antragsgemäß erfolgte, jedoch unrichtige Ersichtlichmachung der herrschenden Grundstücke im Lastenblatt des dienenden Grundbuchskörpers sowie in den korrespondierenden Gutsbestandsblättern der herrschenden Grundbuchskörper korrigiert werden. Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, § 136 GBG lasse die konkret begehrte Grundbuchsberichtigung nicht zu, entspricht jedoch ebenfalls einer schon durch die bisherige Judikatur ausreichend gesicherten Rechtslage. Die aufgezeigte vermeintliche Judikaturdivergenz ist für diese Beurteilung nicht relevant.

Die in § 136 GBG vorgesehene Berichtigung des Grundbuchs auf Ansuchen soll vor allem dazu dienen, nachträglich eingetretene außerbücherliche Rechtsänderungen, die grundbücherlich noch nicht durchgeführt sind, einzutragen (RZ 1959, 124; NZ 1970, 45; RPflSlgG 1511 ua). Die Bestimmung ist jedoch nicht anzuwenden, wenn sich nach Eintritt der Rechtskraft des die Eintragung bewilligenden Beschlusses herausstellt, daß der Beschluß auf fehlerhafter Grundlage beruht, etwa weil sich der Rechtstitel als unrichtig oder ungültig herausgestellt hat (E 3 zu § 136 GBG MGA4 ua; jüngst 5 Ob 270/98m mwN). Ob es nach diesen Judikaturgrundsätzen einen Berichtigungsfall des § 136 GBG darstellt, in die aus Anlaß einer Teilung des herrschenden Gutes antragsgemäß erfolgten Ersichtlichmachungen im C-Blatt des dienenden bzw im A2-Blatt des (der) herrschenden Grundbuchskörper(s) außer dem im ursprünglichen Eintragungsgesuch bezeichneten noch weitere Trennstücke des ursprünglich herrschenden Grundstücks aufzunehmen, kann im konkreten Fall auf sich beruhen, weil eine wesentliche Tatbestandsvoraussetzung der von den Revisionsrekurswerbern in Anspruch genommenen Berichtigungsmöglichkeit fehlt und diesem Mangel nicht durch eine schlichte Ergänzung des Berichtigungsansuchens, sondern nur durch einen neuen Antrag auf neuer urkundlicher Basis abgeholfen werden könnte.

Die Grundbuchsberichtigung nach § 136 GBG kann immer nur dazu dienen, den Grundbuchsstand an die wahre (wirkliche) Rechtslage anzupassen (vgl Hoyer zu NZ 1996, 349/373; 5 Ob 452/97z; 5 Ob 191/98v). Die Unrichtigkeit des Grundbuchsstandes (seine mangelnde Übereinstimmung mit der wahren außerbücherlichen Rechtslage) muß dabei offenkundig sein oder durch öffentliche Urkunden (wenn es auf die Erklärung eines Beteiligten ankommt, durch eine gerichtlich oder notariell beglaubigte Privaturkunde) nachgewiesen werden. Der hier zu beurteilende Sachverhalt stellt sich vereinfacht so dar, daß ursprünglich herrschende Grundstücke mit anderen zusammengelegt wurden und dann das daraus entstandene einheitliche Grundstück unter Verletzung des Erweiterungsverbotes des § 844 Satz 4 ABGB (vgl auch § 484 ABGB) im jeweiligen C- bzw A2-Blatt als herrschend ersichtlich gemacht wurde, ohne die räumliche Begrenzung des eigentlich herrschenden Gutes genau zu bezeichnen (siehe zu dieser Problematik SZ 25/202; JBl 1957, 591; JBl 1961, 357; EvBl 1966, 212; jüngst 1 Ob 121/97v). In der Folge wurde das laut Grundbuch herrschende Grundstück neuerlich geteilt und (antragsgemäß) nur eines der Teilstücke im Grundbuch (wiederum im jeweiligen C- und A2-Blatt) als herrschend ersichtlich gemacht. Wenn jetzt die Eigentümer der anderen Trennstücke die Berichtigung des Grundbuchs dergestalt begehren, daß alle Teilstücke des nicht nur herrschende, sondern auch andere Teile umfassenden Grundstücks, wie es vor der letzten Grundstücksteilung bestanden hat, in die Ersichtlichmachung des herrschenden Gutes aufgenommen werden, fehlt es am Nachweis, daß dies der wahren Rechtslage entspricht. Das richtige Ausmaß und die richtige Konfiguration des herrschenden Gutes läßt sich im Streitfall nur im Prozeß klären; eine Grundbuchsberichtigung nach § 136 GBG scheidet auf Basis der vorhandenen Entscheidungsgrundlage aus.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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