OGH 6Ob188/98k

OGH6Ob188/98k25.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der zweitklagenden und gefährdeten Partei Dr. Benno S*****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr ua, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Johann F*****, vertreten durch Dr. Christoph Straberger, Rechtsanwalt in Wels, wegen Unterlassung, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 14. Mai 1998, GZ 1 R 104/98i-17, womit der Beschluß des Landesgerichtes Wels vom 29. April 1998, GZ 28 Cg 48/97w-14, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs und die Revisionsrekursbeantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Zweitkläger vom Beklagten unter anderem die Unterlassung näher angeführter beleidigender Äußerungen.

Nachdem sich der Beklagte in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 9. 12. 1997 in unflätiger Weise über den Zweitkläger geäußert hatte, erörterte die Erstrichterin die Frage der Deliktsfähigkeit und Prozeßfähigkeit des Beklagten und setzte sodann beschlußmäßig das Verfahren bis zur Entscheidung des Pflegschaftsgerichtes gemäß § 6a ZPO aus. Dieser Beschluß blieb unbekämpft.

Mit Eingabe vom 29. 4. 1998 beantragte der Zweitkläger im Hinblick auf eine fortgesetzte Verunglimpfung seiner Person und neue Bildnisverbreitungen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung des Inhalts, daß dem Beklagten ab sofort verboten werde, bei Eingaben und Briefen an Behörden und/oder Privatpersonen, Bildnisse des Zweitklägers, insbesondere mit herabsetzenden Begleittexten wie "Judenfluchtrumpf" und "Welser Judenfluchtlager" zu verbreiten.

Das Erstgericht wies diesen Antrag a limine mit der Begründung zurück, daß das Prozeßgericht im Falle des Aussetzens des Verfahrens nach § 6a ZPO mit dem Fortgang des Verfahrens zuzuwarten habe und ein Fall des § 6 Abs 2 zweiter Satz ZPO nicht vorliege.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Zweitklägers Folge. Es hob den angefochtenen Beschluß ersatzlos auf und trug dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über den Sicherungsantrag des Zweitklägers auf. Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige 52.000 S. Der Rekurs gegen diese Entscheidung sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einem vergleichbaren Sachverhalt nicht vorliege.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern.

Der Zweitkläger beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Gemäß § 402 Abs 1 erster Satz EO ist § 521a ZPO sinngemäß anzuwenden, wenn das Verfahren einen Rekurs gegen einen Beschluß über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über einen Widerspruch nach § 397 EO oder über einen Antrag auf Einschränkung oder Aufhebung einer einstweiligen Verfügung zum Gegenstand hat. Dies gilt jedoch gemäß Abs 2 leg cit nicht für einen Rekurs der gefährdeten Partei gegen die Abweisung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wenn der Gegner der gefährdeten Partei zu dem Antrag noch nicht einvernommen worden ist. Mit dieser durch die Zivilverfahrens-Novelle 1986 eingefügten Einschränkung wollte der Gesetzgeber klarstellen, daß der Rekurs bei Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann zweiseitig sein soll, wenn auch das Verfahren erster Instanz bereits zweiseitig geworden war, wie es ohnedies in der hier rezipierten Regelung des § 521a ZPO ausgedrückt sei. Damit sollte berücksichtigt werden, daß dem Gegner, der mangels Anhörung vor der Beschlußfassung des Erstgerichtes in das durch die Einbringung des Sicherungsantrages beim Erstgericht zwischen Gericht und gefährdeter Partei begründete verfahrensrechtliche Rechtsverhältnis nicht einbezogen wurde, auch im Verfahren über den Rekurs gegen die Abweisung des Sicherungsantrages mangels Zweiseitigkeit des Verfahrens keine Parteistellung zukommt. Es sollte dem Gegner der gefährdeten Partei keineswegs ein ihm sonst zustehendes Recht genommen, sondern vielmehr nur der Tatsache Rechnung getragen werden, daß der Gegner am Verfahren noch nicht beteiligt ist. Er wird am Verfahren auch nicht dadurch beteiligt, daß das Rekursgericht die Auffassung des Erstgerichtes nicht teilt und ihm eine neuerliche Entscheidung aufträgt. Es findet damit auch keine Beteiligung des Gegners der gefährdeten Partei nach Fällung eines Aufhebungsbeschlusses durch die zweite Instanz statt, auch wenn diese unzulässigerweise ihrem Beschluß einen Rechtskraftvorbehalt beisetzte und das Erstgericht den Beschluß dem Gegner der gefährdeten Partei zustellte. Die Rechtsstellung des Gegners der gefährdeten Partei ist vielmehr gleich wie die des Prozeßgegners, dem die Klage noch nicht zugestellt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung steht dem Beklagten aber gegen den Beschluß, mit dem das Gericht zweiter Instanz dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über eine von diesem wegen Fehlens einer Prozeßvoraussetzung a limine zurückgewiesenen Klage aufträgt, kein Rekurs zu. Wurde jedoch der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung - wie im vorliegenden Fall - ohne Anhörung des Gegners der gefährdeten Partei aus formellen Gründen zurückgewiesen, ist dessen Stellung gleich wie die des Prozeßgegners, dem die Klage noch nicht zugestellt worden ist. Ihm steht daher mangels Parteistellung ein Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes selbst dann nicht zu, wenn dem Beschluß des Rekursgerichtes ein Rechtskraftvorbehalt beigesetzt wurde (vgl RZ 1990/19; RIS-Justiz RS0005666).

Durch den Rechtsmittelausschluß wird der Gegner in seinen Rechten auch nicht verkürzt, weil er sich im erneuerten Verfahren äußern bzw, sollte er wiederum nicht gehört werden, gegen die vom Erstgericht gegebenenfalls erlassene einstweilige Verfügung Widerspruch (§ 397 EO) erheben kann. Da das Rekursgericht in einem solchen Fall nur die Möglichkeit hat, den Beschluß des Erstgerichtes aufzuheben, nicht aber in der Sache selbst zu entscheiden, bleibt das Rechtsschutzbedürfnis des Gegners für den Fall einer späteren Entscheidung in der Sache selbst gewahrt. Für eine analoge Anwendung des § 402 Abs 1 EO auf Rekurse gegen Zurückweisungsbeschlüsse besteht daher keine Notwendigkeit (vgl Kimeswenger, Zweiseitigkeit des Rekurses im Verfügungsverfahren, ecolex 1998, 851 ff [854]).

Da im vorliegenden Fall der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vom Erstgericht ohne Anhörung des Beklagten aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist, steht ihm nach den dargelegten Ausführungen mangels Parteistellung ein Rechtsmittel gegen den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes trotz Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes nicht zu. Sein Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

Auch die Revisionsrekursbeantwortung ist zurückzuweisen, weil ein Fall der sinngemäßen Anwendung des § 521a ZPO nach § 402 Abs 1 EO nicht vorliegt.

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