OGH 5Ob288/98h

OGH5Ob288/98h22.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Dr. J***** G***** H*****, vertreten durch Dr. Walter Poschinger, Mag. Anita Taucher, Rechtsanwälte in Graz, wider die Antragsgegnerin B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Christian Kuhn, Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 in Verbindung mit § 12a Abs 3 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. Juli 1998, GZ 40 R 346/98y-28, womit der Teilsachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 13. Mai 1998, GZ 41 Msch 43/97y-24, bestätigt wurde, folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller hat die Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung im Revisionsrekursverfahren selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist Eigentümer des Hauses P*****gasse ***** in ***** W*****. Die Antragsgegnerin ist Mieterin von Geschäftsräumlichkeiten in diesem Haus. Ursprünglich war die P***** H***** & Söhne AG Mieterin dieser Bestandobjekte. In weiterer Folge wurde sie mit der L***** AG und dann mit der B***** Vermögensverwaltungs AG verschmolzen. Im Jahr 1982 wurde das Bestandobjekt von der L***** AG an die Antragsgegnerin weitergegeben.

Alleinaktionärin der Antragsgegnerin ist die "J***** GmbH. Deren Alleingesellschafterin ist die B***** Vermögensverwaltungs AG. Im Sommer 1996 wurden sämtliche, *****Aktien der B***** Vermögensverwaltungs AG an den R*****-Konzern verkauft. Der Kaufvertrag wurde mit Zustimmung der Kommission der Europäischen Union am 17. 8. 1996 rechtswirksam.

Mit Schreiben vom 20. 11. 1996 nahm der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin gestützt auf den 100 %igen Übergang des Aktienkapitals des "B*****-Konzerns" *****an den R*****-Konzern rückwirkend zum 1. 10. 1996 eine Anhebung des Mietzinses vor und schrieb der Antragsgegnerin den ihm angemessen erscheinenden monatlichen Hauptmietzins von S 107.500 (netto) vor. Die Antragsgegnerin widersprach diesem Anhebungsbegehren.

Mit dem verfahreneinleitenden Sachantrag begehrt der Antragsteller die Feststellung, daß das von ihm mit Schreiben vom 20. 11. 1996 gestellte Mietzinserhöhungsbegehren sowohl dem Grunde nach berechtigt ist als auch der Höhe nach angemessen ist. Zur Begründung seines Begehrens stützt sich der Antragsteller auf den eingangs wiedergegebenen, unstrittigen Sachverhalt.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrags und brachte vor: In § 6 des zwischen ihr und dem Antragsteller gültigen Mietvertrags sei der Mieterin die Überlassung des Mietgegenstandes in jeder Form an Unternehmen, die demselben Konzern angehören, gestattet worden. Deshalb liege kein Anhebungstatbestand im Sinn des § 12a Abs 3 MRG vor. Im übrigen sei der vom Antragsteller begehrte erhöhte Mietzins auch der Höhe nach nicht angemessen.

In der mündlichen Verhandlung am 29. 4. 1998 stellte die Antragsgegnerin den Zwischenantrag auf Feststellung, daß das Mietzinserhöhungsbegehren des Antragstellers dem Grunde nach nicht berechtigt sei.

Das Erstgericht legte über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus folgende Feststellungen zugrunde:

Die frühere Eigentümerin des Hauses P*****gasse ***** in ***** W*****, R***** C***** ***** schloß am 28. 8. 1969 mit der P***** H***** & Söhne AG einen unbefristeten Hauptmietvertrag über Geschäfts- und Lagerräume in diesem Haus ab.

In § 6 des Mietvertrages wurde vereinbart, daß die Überlassung des Mietgegenstandes in jeder Form an Unternehmen, die demselben Konzern wie der Mieter angehören, zulässig sei.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, daß es dadurch zu einer Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten in der Gesellschaft der Antragsgegnerin gekommen sei. Dies berechtige grundsätzlich zur Anhebung des Hauptmietzinses nach § 12a Abs 3 MRG. Die zwischen den Parteien des Bestandvertrages bestehende Vereinbarung, daß die Antragsgegnerin innerhalb desselben Konzerns das Mietobjekt weitergeben dürfe, hindere die Anhebung nicht, komme es doch im vorliegenden Fall nicht zu einer Weitergabe des Objekts, sondern nur zu einer entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten im Konzern.

Das Erstgericht faßte einen als "Zwischensachbeschluß" bezeichneten Teilsachbeschluß über jenen Teil des Antrags, daß das Mietzinserhöhungsbegehren des Antragstellers vom 20. 11. 1996 dem Grunde nach berechtigt sei. Den Zwischenantrag auf Feststellung des begrifflichen Gegenteils wies das Erstgericht ab.

Dem Rekurs der Antragsgegnerin gegen die Zurückweisung des Zwischenantrags auf Feststellung gab das Rekursgericht nicht Folge und bestätigte den bekämpften "Zwischensachbeschluß". Die von der Rekurswerberin behauptete sekundäre Mangelhaftigkeit verneinte das Rekursgericht. Daß bei Einräumung des Weitergaberechtes an die Firma P***** H***** & Söhne AG die Absicht bestanden habe, daß das Weitergaberecht auch wiederholt ausgeübt werden könne und daß damit der Vermieter auf jede Rechtsfolge zu Lasten des Mieters verzichte, so lange die Mietrechte im Konzern des Mieters verblieben, stelle eine im Rekurs unbeachtliche Neuerung dar. Aus dem Vertragstext lasse sich diese Bedeutung der Vereinbarung nicht ableiten. Es wäre daher Sache der Antragsgegnerin gewesen, zu behaupten und Beweisanbote dafür zu erbringen, daß zwischen den Streitteilen eine vom Vertragstext abweichende, durch dessen äußersten Wortsinn nicht gedeckte Vereinbarung getroffen worden sei. Ein solches Vorbringen habe die Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht erstattet. Es reiche daher die Feststellung des Wortlauts der mietvertraglichen Vereinbarung, auf die sich die Antragsgegnerin berufen habe, aus. Zur Frage, ob durch den festgestellten Sachverhalt tatsächlich rechtliche und wirtschaftliche Einflußmöglichkeiten in der Antragsgegnerin entscheidend geändert worden seien, verwies das Rekursgericht auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 5 Ob 7/98k = WoBl 1998/112, welche Entscheidung die identen gesellschaftsrechtlichen Veränderungen im Unternehmen der Antragsgegnerin zum Gegenstand hatte.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 übersteige und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es fehle eine Rechtsprechung des Höchstgerichtes, inwieweit ein vertragliches Weitergaberecht auch eine Mietzinsanhebung aufgrund der Bestimmung des § 12a Abs 3 MRG ausschließe, auch wenn eine Weitergabe nicht erfolge und damit das Weitergaberecht nicht ausgenützt werde.

Gegen diesen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin.

Der Antragsteller beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Antragsgegnerin macht zunächst insoweit Feststellungsmängel geltend, als die Vorinstanzen keine Feststellungen zum Inhalt des zwischen den Parteien des Mietvertrags vereinbarten Weitergaberecht getroffen hätten. Die Vertragspartner hätten mit dem vereinbarten Weitergaberecht die Absicht verfolgt, dem Mieter innerhalb des Konzerns auch die wiederholte Weitergabe der Mietrechte zu gestatten und dabei habe der Vermieter auf jede Rechtsfolge zu Lasten des Mieters verzichtet, so lange die Mietrechte im Konzern des Mieters verblieben. Daher schließe das Weitergaberecht, auf das sich die Antragsgegnerin berufe, den Mietzinserhöhungsanspruch aus. Darüber hinaus wendet sich die Revisionsrekurswerberin gegen die Erlassung eines Zwischensachbeschlusses durch das Erstgericht und die Bestätigung desselben durch das Rekursgericht. Des weiteren zieht sie in Zweifel, daß aufgrund der getroffenen Feststellungen überhaupt eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten bei der Antragsgegnerin stattgefunden hätte, weshalb die Voraussetzungen des § 12a Abs 3 MRG nicht vorlägen.

Daß die Veräußerung der Anteilsrechte an jener Holding-Gesellschaft, die Alleingesellschafterin der Mieter-Gesellschaft ist, eine wesentliche Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten in der Mietergesellschaft bedeutet, hat der erkennende Senat aus Anlaß der identen gesellschaftsrechtlichen Änderungen in der Antragsgegnerin in der Entscheidung vom 27. 1. 1998, 5 Ob 7/98k = WoBl 1998/112, bereits ausgesprochen. Es kommt demnach nicht darauf an, ob der (geänderte) entscheidende Einfluß auf die Mietergesellschaft von innen oder von außen kommt, weil der Gesetzgeber mit der weiten Formulierung des § 12a Abs 3 MRG den Machtwechsel in der Gesellschaft erfassen wollte. Die Einflußmöglichkeit muß zwar gesellschaftsrechtlich begründet sein, ist aber auch dann tatbestandsmäßig im Sinn des § 12a Abs 3 Satz 1 MRG, wenn sie bloß mittelbar - etwa über dazwischengeschaltete weitere Gesellschaften - besteht. Eine Änderung der rechtlichen Entscheidungsmöglichkeiten liegt dann vor, wenn es dem Machtträger aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Position möglich ist, die Geschicke der Gesellschaft faktisch zu bestimmen, weil deren rechtliche Strukturen keine Handhabe bieten, ihn daran zu hindern. Dabei ist vor allem an die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführerorgane zu denken.

Im weiteren entspricht es ständiger Rechtsprechung zu § 12 Abs 3 aF MRG, daß dessen Rechtsfolgen dann ausgeschlossen sind, wenn Mietrechte nicht durch die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit, sondern aufgrund eines Weitergaberechtes übergehen (vgl MietSlg 36.279/12; 39.137; 41.230; immolex 1997/67; 5 Ob 2169/96y ua). Dem liegt die Erwägung zugrunde, daß die in § 12 Abs 3 aF MRG vorgesehene gesetzliche Möglichkeit zur Mietzinsanhebung wesentlich mit der Aufdrängung eines neuen Mieters und der mangelnden Verfügungsmacht des Vermieters im Fall einer Unternehmensveräußerung begründet wird. Räumt aber ein Vermieter einem Mieter bereits im vorhinein ein Weitergaberecht ein, so ist er in der Lage schon bei der vertraglichen Gestaltung der Einräumung des Weitergaberechtes diese Umstände zu bedenken.

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes ist im vorliegenden Fall nicht entscheidend, ob die Einräumung eines Weitergaberechtes auch eine Mietzinsanhebung im Fall des § 12a Abs 3 MRG hindert, sind doch die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, daß eine Weitergabe des Mietrechts aufgrund der Ausübung eines Weitergaberechtes nicht erfolgte. Die Gesellschaft der Antragsgegnerin war und ist Trägern der Mietrechte.

Entscheidend ist im vorliegenden Fall hingegen, ob die individuelle mietvertragliche Vereinbarung, wonach der Mieterin die Überlassung des Mietgegenstandes an Unternehmen, die demselben Konzern wie die Mieterin angehören, in jeder Form zulässig ist, einer Anhebung des Hauptmietzinses nach § 12a Abs 3 MRG entgegensteht, weil mit ihr die Rechtsfolgen des § 12a Abs 3 MRG bereits bedacht und ausgeschlossen wurden. Daß die Revisionsrekurswerberin dieser Vereinbarung die Bedeutung zumißt, daß damit der Vermieter auf jede Rechtsfolge einer Weitergabe verzichten wollte, so lange die Mietrechte nur im Konzern der Mieterin bleiben, ist für ihren Rechtsstandpunkt wenig hilfreich, kam es doch im vorliegenden Fall nicht zu einer Weitergabe des Bestandgegenstandes oder der Mietrechte. Abgesehen davon hätte es, wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, schon in erster Instanz des Nachweises konkreter Umstände bedurft, aus denen abgeleitet werden könnte, der Vermieter des Jahres 1969 habe mit dieser Zusicherung auch auf eine ihm durch gesetzliche Änderung erst 25 Jahre später eingeräumte Möglichkeit der Mietzinsanhebung verzichten wollen. Die zur Problematik Weitergabe - § 12 Abs 3 aF MRG - entwickelte Argumentation versagt hier, hatte sie doch wesentlich zum Inhalt, daß dem Mieter dort ein identes Recht - nämlich den Mietrechtsnachfolger selbst zu bestimmen - sowohl durch Vertrag als auch durch Gesetz zustand.

Der hier zu prüfenden Vereinbarung ist aber nicht zu entnehmen, daß überhaupt an einen Machtwechsel im Konzern der Mieterin gedacht worden wäre. Dafür, daß redliche Parteien bei Mietvertragsabschluß, hätten sie an den Fall eines Machtwechsels im Konzern und eine gesetzlich daran geknüpfte Möglichkeit der Mietzinsanhebung gedacht, dieselben Rechtfolgen abgeleitet hätten, hätte die Antragsgegnerin ein Sachverhaltssubstrat behaupten und erweisen müssen, das eine solche Auslegung der vertraglichen Vereinbarung zuließe.

Es hat daher dabei zu verbleiben, daß die Gestattung der Überlassung des Mietgegenstandes an Unternehmen im Konzern der Mieterin, und damit der Verzicht auf jede Rechtsfolge einer Weitergabe, so lange die Mietrechte im Konzern der Mieterin bleiben, keinen Verzicht auf die durch das 3. WÄG geschaffene Möglichkeit der Mietzinsanhebung im Fall eines Machtwechsels in der Gesellschaft der Mieterin bedeutet.

Die Mietzinsanhebung ist daher dem Grunde nach zulässig.

Es entspricht allerdings ständiger Judikatur, daß im Verfahren außer Streit, weil Vorschriften der ZPO nur insoweit herangezogen werden können, als sie vom Außerstreitgesetz selbst bezogen werden, eine Anwendung des § 393 Abs 1 ZPO nicht in Betracht kommt (vgl RS0008508). Daher kommt auch die Fassung eines Zwischensachbeschlusses nach § 393 Abs 1 ZPO im Verfahren nach § 37 MRG nicht in Betracht (vgl 5 Ob 92/92 = WBl 1993, 54; 5 Ob 86/88 mit Zustimmung Würth in WoBl 1989, 125; dagegen Steininger in WoBl 1994, 51 f). Nur im Fall eines Zwischenantrags auf Feststellung ist im Verfahren nach § 37 MRG die Fassung eines Zwischensachbeschlusses zulässig.

Der bekämpfte Sachbeschluß kann allerdings unter der Maßgabe bestehen, daß er "Teilsachbeschluß" zu lauten hat. Dies entspricht dem ersten Teil des verfahrenseinleitenden Antrags, worin der Antragsteller begehrt, festzustellen, daß aufgrund der beschriebenen gesellschaftsrechtlichen Vorgänge in der Gesellschaft der Mieterin ein Anhebungsbegehren nach § 12a Abs 3 MRG dem Grunde nach zu Recht besteht.

Barauslagen hat der Antragsteller im Revisionsrekursverfahren nicht verzeichnet.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

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