OGH 8ObA121/98x

OGH8ObA121/98x17.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Ignaz Gattringer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Kurt Klein ua, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Günther K*****, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 90.725,-- sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 5. Februar 1998, GZ 8 Ra 258/97s-18, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 6. August 1997, GZ 31 Cga 211/96z-14, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs an den Obersten Gerichtshof wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Beklagte schloß am 17. 11. 1988 mit der A***** GmbH & Co KG einen Angestelltendienstvertrag ab. Dieser sieht in Punkt 9. die Verpflichtung des Beklagten vor, daß er, wenn er aus dem Dienst der Firma ausscheide, ein Jahr lang darauf verzichte, für ein Konkurrenzunternehmen in Kärnten, Osttirol und Steiermark tätig zu werden. In Punkt 10. wurde für den Fall der Zuwiderhandlung eine Konventionalstrafe in Höhe von sechs Monatsbezügen brutto und anteiligen Sonderzahlungen vereinbart, wobei als Basis für die Berechnung die letzten drei vollen Monatsbezüge herangezogen werden sollten. Punkt 11. dieses Angestelltendienstvertrages enthält die Vereinbarung, daß offene Ansprüche aus dem gegenständlichen Dienstverhältnis, bei sonstigem Verfall, innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit beim Dienstgeber schriftlich geltend gemacht werden müssen.

Anfang 1992 wurde der Teilbetrieb K***** mit allen Rechten und Pflichten in die neu errichtete A***** GmbH (die Klägerin) als Sacheinlage eingebracht. Die Errichtung dieser Gesellschaft erfolgte zu dem ausschließlichen Zweck der Fortführung des seit mehr als fünf Jahren bestehenden Unternehmens (Teilbetriebes).

Der Beklagte war von Beginn seines Dienstverhältnisses an als Objektleiter für die Firma S***** in V***** tätig. Am 15. 4. 1996 kündigte er sein Dienstverhältnis zur Klägerin erstmals auf. Als Grund gab er an, daß er mit einer Mexikanerin verheiratet sei und beabsichtige, mit seiner Ehefrau nach Mexiko zurückzukehren. Über Ersuchen des Mehrheitsgesellschafters erklärte sich der Beklagte trotz der Kündigung bereit, für die Klägerin noch bis zur Einschulung eines Nachfolgers weiterzuarbeiten.

Ende April 1996 kündigte der Beklagte schließlich sein Dienstverhältnis (zum 31. 5. 1996) endgültig mit der genannten Begründung auf und begann am 1. 6. 1996 bei einem Konkurrenzunternehmen in K***** zu arbeiten. Die Zusage, daß der Beklagte bei diesem zu arbeiten beginnen könne, hatte er bereits vor seiner ersten Kündigung im April 1996 erhalten.

Bereits im Mai 1996, also noch vor Aufnahme der Tätigkeit des Beklagten bei der Konkurrenzfirma, erfuhr der Geschäftsführer der Klägerin, daß der Beklagte nicht nach Mexiko gehen, sondern bei der Konkurrenz zu arbeiten beginnen werde.

Mit Schreiben vom 20.11.1996 forderte die Klägerin den Beklagten zur Bezahlung der vereinbarten Konventionalstrafe auf.

Mit Klage vom 20. 12. 1996 begehrte die Klägerin vom Beklagten die Zahlung einer Konventionalstrafe in Höhe von S 181.450,-- sA (= 6 Monatsentgelte) mit der Begründung, der Beklagte habe gegen die in seinem Vertrag vereinbarte Konkurrenzklausel verstoßen, indem er mit Mai 1996 sein Dienstverhältnis zur Klägerin aufgekündigt und umgehend ein neues Dienstverhältnis bei einem Konkurrenzunternehmen begonnen habe, schränkte jedoch in der Tagsatzung vom 2. 4. 1997 mit Rücksicht auf eine allfällige Mäßigung der Konventionalstrafe das Klagebegehren auf die Hälfte, dh S 90.725,-- sA ein.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete ua unter Aufzählung detaillierter Fakten ein, er habe das Dienstverhältnis nicht freiwillig aufgekündigt, sondern sei von der Klägerin nach einem Wechsel der Geschäftsleitung, wie auch andere Dienstnehmer vor ihm, zur Vermeidung der anstehenden Abfertigungsansprüche zur Aufkündigung gedrängt und entsprechend unter Druck gesetzt worden. Überdies wendete er für den Fall des Zurechtbestehens der Klagsforderung eine Kompensandoforderung in Höhe von S 20.000,-- ein. Die Klägerin habe sich ihm gegenüber verpflichtet, eine von ihm getragene Geldstrafe in Deutschland zu refundieren und den diesbezüglichen Betrag auch anerkannt, ihn jedoch nicht refundiert.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die im Angstelltendienstvertrag vereinbarte Konkurrenzklausel sei auch zwischen den Streitteilen gültig, weil alle Rechte und Pflichten der ursprünglichen Dienstgeberfirma auf die Klägerin übergegangen seien. Diese habe allerdings bereits im Mai 1996 erfahren, daß der Beklagte entgegen seiner Ankündigung nicht nach Mexiko gehe, sondern bei einem Konkurrenzunternehmen zu arbeiten beginne. Zu diesem Zeitpunkt sei daher bereits die Fälligkeit der vereinbarten Koventionalstrafe eingetreten. Die Verfallsklausel nach Punkt 11. des Dienstvertrages beziehe sich zwar eindeutig nur auf Ansprüche des Dienstnehmers gegenüber seinem Dienstgeber, stelle jedoch eine einseitige ungerechtfertigte Bindung für den Dienstnehmer dar, sodaß die Verfallsfrist nur für beide Teile Geltung haben könne. Da die Klägerin erst mit Schreiben vom 20. 11. 1996 den Beklagten zur Bezahlung der vereinbarten Konventionalstrafe aufgefordert habe, sei ihr diesbezüglicher Anspruch verfristet.

Das Berufungsgericht hielt die von der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Berufung im Sinn der Aufhebung und Rückverweisung an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung für berechtigt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, daß das vom Erstgericht zur Begründung der Abweisung des Anspruchs herangezogene Argument unrichtig sei. Verfallsklauseln seien zwar sittenwidrig iSd § 879 Abs 1 ABGB, wenn sie zum Nachteil des Arbeitnehmers gegen zwingende gesetzliche Fristbestimmungen - etwa § 1162d ABGB oder § 34 AngG - verstießen oder wenn durch eine unangemessen kurze Ausschlußfrist die Geltendmachung von Ansprüchen ohne sachlichen Grund übermäßig erschwert würde (vgl Arb 10.219; 10.174; 8.515 uva). Selbst wenn man aber von einer Teilungültigkeit der im Dienstvertrag unter Punkt 11. enthaltenen Verfallsvereinbarung ausgehe, ergebe sich daraus lediglich die rechtliche Konsequenz der (partiellen) Unwirksamkeit der Bindung der Dienstnehmeransprüche an diese dreimonatige Verfallsfrist. Eine Behauptung des Beklagten, daß es entgegen dem Wortlaut des Dienstvertrages bei dessen Abschluß Parteienabsicht gewesen wäre, auch Ansprüche des Dienstgebers aus einer Verletzung der vereinbarten Konkurrenzklausel in gleicher Weise zu befristen, sei weder aufgestellt worden noch böten die getroffenen Feststellungen dafür eine hinreichende Grundlage.

Nicht gefolgt werden könne auch der sich auf eine Entscheidung des OLG Wien (33 Ra 51/89 vom 28. 7. 1989 = ARD 4152/19/90) berufenden Auffassung des Berufungsgegners, daß die Frist des § 7 Abs 3 AngG auch bei Verstößen gegen vereinbarte Konkurrenzklauseln analog anzuwenden sei. Die Konkurrenzklausel sei vom Konkurrenzverbot streng zu unterscheiden. Gerade der Umstand, daß die Beschränkung der Tätigkeit in dem Geschäftszweig des Dienstgebers für den Zeitraum eines Jahres erfolgen könne und gemäß § 37 Abs 3 AngG der Dienstgeber im Falle der Vereinbarung einer Konventionalstrafe nur diese verlangen könne, würde bei der zwingenden Bestimmung des § 38 AngG dazu führen, daß bei Fälligkeit des Konventionalstrafanspruches durch das dem Dienstgeber bekanntgewordene erstmalige Zuwiderhandeln nach Ablauf einer Dreimonatsfrist weitere schädigende Handlungen des ehemaligen Dienstnehmers keine Berücksichtigung finden könnten, was mit dem Grundsatz, daß der wirkliche Schade tunlichst festzustellen und die Konventionalstrafe nicht unter den tatsächlichen Schaden zu mäßigen sei, nicht in Übereinstimmung erbracht werden könne.

Ein schuldhaftes Verhalten des Dienstgebers müsse, um zur Verwirkung der Konkurrenzklausel zu führen, zwar nicht unter allen Umständen einen Austrittsgrund iSd § 26 AngG bilden, aber doch immerhin so gravierend sein, daß es das Arbeitsverhältnis zerrütte und aus diesem Grund zur Kündigung durch den Dienstnehmer führe (vgl 4 Ob 111/76; 4 Ob 134/85; 9 ObA 149/87; 9 ObA 104/97b). Dem Vorbringen des Beklagten lasse sich nicht entnehmen, daß sich dieser konkret auf einen Austrittsgrund iSd § 26 AngG stütze. Ebensowenig habe er behauptet, daß er die Kündigung unter Hinweis auf eine durch das Verhalten des Dienstgebers begründete Zerrüttung des Dienstverhältnisses erklärt hätte. Ebenso wie nach der Rechtsprechung, in den minderschweren Fällen, in denen der Angestellte iSd § 37 Abs 2 AngG immerhin durch schuldhaftes Verhalten begründeten Anlaß zur Lösung des Dienstverhältnisses gegeben habe, der Dienstgeber um die durch die Konkurrenzklausel begründeten Rechte gegen einen Angestellten wahren zu können, die Kündigung in einer für den Angestellten erkennbaren Weise auf dessen schuldhaftes Verhalten stützen müsse (SZ 58/155), hätte der Beklagte bei Ausspruch der Kündigung die Klägerin darauf hinweisen müssen, daß er ein schuldbares Verhalten der Klägerin an der Auflösung des Dienstverhältnisses geltend mache, das eine Unwirksamkeit der vereinbarten Konkurrenzklausel nach sich ziehe. Dies habe der Beklagte nicht getan. Jedoch könnten im Rahmen von Billigkeitserwägungen in Anlehnung an § 32 AngG bei Bemessung der Konventionalstrafe die Umstände bzw der Hintergrund bei Lösung des Dienstverhältnisses durch den Beklagten eine nicht unbeachtliche Rolle spielen. Das Erstgericht habe jedoch, von einer anderen Rechtsauffassung ausgehend, zum umfangreichen Vorbringen des Beklagten in diesem Zusammenhang keine Feststellungen getroffen. Diesbezüglich erweise sich das angefochtene Urteil und das diesem vorausgegangene Verfahren als mangelhaft, sodaß dem Erstgericht die Verfahrensergänzung insoweit aufzutragen sei.

Mit Rücksicht darauf, daß die örtliche Beschränkung der Konkurrenzklausel eher eng gezogen sei und dem Beklagten somit auch die Ausübung der zuletzt ausgeübten und von der Konkurrenzklausel betroffenen Tätigkeit im restlichen Bundesgebiet offengestanden sei, sei es nicht erforderlich, nähere Feststellungen über von ihm im Zuge seines Arbeitslebens ausgeübten Tätigkeiten und damit erworbenen Kenntnisse zu treffen.

Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht zu, weil der Oberste Gerichtshof, soweit überschaubar, einerseits zu der vom erkennenden Senat abgelehnten Auffassung des Oberlandesgerichtes Wien in dessen Entscheidung 33 Ra 51/89 über die analoge Anwendung des § 7 Abs 3 AngG auf Konventionalstrafen bei Verletzung einer Konkurrenzklausel bislang nicht Stellung genommen habe und auch die Berücksichtigung von besonderen Umständen bei der Lösung des Dienstverhältnisses für die Bemessung einer Konventionalstrafe in Anlehnung an § 32 AngG bislang in der Judikatur nicht ausdrücklich behandelt worden sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Beklagten an den Obersten Gerichtshof. Er ficht den Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschluß des Berufungsgerichtes hinsichtlich der "Zurückverweisung und der gesamten Begründung, nicht aber hinsichtlich des Auftrages zur Verfahrensergänzung" an, macht als Rekursgründe Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, "den angefochtenen Beschluß im Umfang der Anfechtung aufzuheben und dem Berufungsgericht nach Ergänzung des Verfahrens die neuerliche Entscheidung aufzutragen, in eventu den angefochtenen Beschluß im Umfang der Anfechtung aufzuheben und dem Erstgericht nach Ergänzung des Verfahrens die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Die Klägerin beantragt, den Rekurs an den Obersten Gerichtshof mangels erheblicher Rechtsfrage als unzulässig zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Beklagten an den Obersten Gerichtshof ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zwar zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt.

Soweit sich der Beklagte unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens dagegen wendet, daß das Berufungsgericht nicht selbst das Verfahren ergänzt, sondern zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen hat, liegt kein Verstoß gegen § 496 Abs 1 Z 3 ZPO vor. Es wurden zu dem umfangreichen Vorbringen des Beklagten, daß die Klägerin ihm durch schuldhaftes Verhalten begründeten Anlaß zur Kündigung des Dienstverhältnisses gegeben habe - was nach Meinung des Berufungsgerichtes im Rahmen von Billigkeitserwägungen in Anlehnung an § 32 AngG eine Rolle spiele (dazu unten) - überhaupt keine Beweise aufgenommen, sodaß hiezu eine umfangreiche Verfahrensergänzung nötig wird und daher davon ausgegangen werden kann, daß eine diesbezügliche Verfahrensergänzung durch das Berufungsgericht im Vergleich zur Zurückverweisung an das Erstgericht jedenfalls einen wesentlichen Mehraufwand an Kosten verursachen würde (vgl MGA ZPO14 § 496/E 1, 2; Fasching Lb**2 Rz 1817, 1820).

Im übrigen muß den Rekursausführungen insoweit entschieden entgegengetreten werden, als der Beklagte behauptet, das Berufungsgericht hätte schon aufgrund der Verfahrensergebnisse erster Instanz erkannt, daß die Klägerin den Beklagten durch schuldhaftes Verhalten begründeten Anlaß zur Kündigung des Dienstverhältnisses gegeben habe und er durch sein umfangreiches Vorbringen seiner Beweislast mehr als Rechnung getragen habe. Das Berufungsgericht hielt lediglich aus rechtlichen Gründen Beweisaufnahmen zu diesen Thema im Gegensatz zum Erstgericht für nötig. Der Beklagte hat im übrigen höchstens seiner Behauptungspflicht genüge getan; ob er diese Behauptungen auch beweisen kann, kann erst dann beurteilt werden, wenn das Gericht die hiefür angebotenen Beweise aufgenommen und sodann hiezu Feststellungen - im positiven oder negativen Sinn - getroffen hat.

In seiner Rechtsrüge meint der Beklagte, entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes sei wegen der Ähnlichkeit der diesbezüglichen Sachverhalte die dreimonatige Verfallsfrist des § 7 Abs 3 AngG betreffend den Verfall der Ansprüche des Dienstgebers bei Verstoß des Angestellten gegen das Konkurrenzverbot während des aufrechten Dienstverhältnisses analog auch auf den Verfall der Konventionalstrafe bei Verstoß gegen eine gültig vereinbarte Konkurrenzklausel für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses anzuwenden; es liege eine planwidrige Lücke im Angestelltengesetz vor. Der Gesetzgeber habe die Zulässigkeit und Gültigkeit der Konkurrenzklausel möglichst beschränken wollen, sodaß eine analoge Anwendung bei Verstoß gegen die vereinbarte Konkurrenzklausel zulässig und rechtlich geboten sei. Da die Klägerin Schadenersatzansprüche in Form der vereinbarten Konventionalstrafe nicht binnen drei Monaten ab Kenntnis geltend gemacht habe, seien sie verfristet.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Wenn auch die rechtliche Begründung des Berufungsgerichtes, daß andernfalls der wirkliche Schaden nicht festgestellt werden könne, nicht überzeugt, so fehlt doch jeder Anhaltspunkt dafür, daß der Gesetzgeber auf eine § 7 Abs 3 AngG entsprechende Regelung "vergessen" haben sollte. Gerade weil der Gesetzgeber vertragliche Beschränkungen der Erwerbstätigkeit des ehemaligen Angestellten nach Beendigung seiner Tätigkeit nur in sehr eingeschränktem Ausmaß gestattet (§ 36 Abs 2 AngG) und hiefür detaillierte Regelungen trifft, kann ihm nicht unterstellt werden, daß er, hätte er eine § 7 Abs 3 AngG entsprechende zeitliche Beschränkung der Geltendmachung (drei Monate ab Kenntnis vom Verstoß) gewünscht - eine solche Regelung nicht getroffen hätte. Ein derartiger Verfall der Konventionalstrafe wäre auch insoweit unsystematisch, als dem Angestellten zulässigerweise vertraglich eine Konkurrenztätigkeit ein Jahr lang untersagt werden kann, der Dienstgeber aber dann, wenn er sich für den Fall des Zuwiderhandelns eine Konventionalstrafe ausbedungen hat und deshalb auf Grund der von den allgemeinen Grundsätzen abweichenden Ausnahmeregelung des § 37 Abs 3 AngG keine Erfüllung (dh kein weiteres Einhalten der Konkurrenzklausel) mehr begehren kann, den Anspruch auf pauschalierten Schadenersatz in Form der Konventionalstrafe schon vor Ablauf der Zeit, für die die Beschränkung der Erwerbstätigkeit gültig vereinbart werden kann, verlieren könnte.

Bezeichnend ist, daß bisher mit Ausnahme der zitierten zweitinstanzlichen Entscheidung - soweit ersichtlich - ein derartiger Gedanke der analogen Anwendung der Verfallsfrist noch nirgends erörtert wurde (vgl die umfangreiche Monografie Reissners, Die arbeitsrechtliche Konkurrenzklausel [1996]). Im übrigen wurde in der zitierten Entscheidung, liest man sie im Volltext, keineswegs der Gedanke der analogen Anwendung als tragender Abweisungsgrund herangezogen, sondern lediglich als obiter dictum erörtert. Die Konventionalstrafe betraf nämlich ein vertragliches Konkurrenzverbot. Diesbezüglich meinte das dortige Berufungsgericht, ob die Frist des § 7 Abs 3 AngG auf ein solches Anwendung finden könne, hänge vom Inhalt der jeweiligen Vereinbarung bzw davon ab, ob das vereinbarte Konkurrenzverbot inhaltlich § 7 AngG entspreche (so auch Martinek/Schwarz/Schwarz, AngG7 208).

Nach § 37 Abs 1 AngG kann der Dienstgeber, der durch schuldbares Verhalten dem Angestellten begründeten Anlaß zum vorzeitigen Austritt oder zur Kündigung des Dienstverhältnisses gegeben hat, die durch die Konkurrenzklausel begründeten Rechte gegen den Angestellten nicht geltend machen (zur Aufspaltung in Austritt und Kündigung und die Gründe hiefür sowie zur "Schwere" des durch schuldbares Verhalten des Arbeitgebers begründeten Anlasses zur Arbeitnehmerkündigung (siehe Reissner aaO 228 ff mwN; Martinek/Schwarz/Schwarz aaO 715 f; OGH ZAS 1978/15 [Böhm]; SZ 58/155 = Arb 10.478 = DRdA 1988/3 [Harrer]).

Der Beklagte wendet sich gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, daß er nicht nur beweisen muß (Arb 7.587; 10.190), daß ihm der Dienstgeber durch schuldhaftes Verhalten Anlaß zum vorzeitigen Austritt oder zur Kündigung gegeben hat, sondern daß er bei Ausspruch der Kündigung die Klägerin hätte darauf hinweisen müssen, daß er ein schuldhaftes Verhalten ihrerseits an der Auflösung des Dienstverhältnisses geltend macht. Er meint, es genüge, wenn ein solches Verhalten vorgelegen habe, und er dies im Prozeß beweise.

Die Ansicht des Berufungsgerichtes ist jedoch zutreffend, daß aus dem Inhalt der Lösungserklärung erkennbar sein muß, daß ein wichtiger Lösungsgrund vorliegt.

Unabhängig davon, ob man die Rechtsfolgen der vorzeitigen Lösung im allgemeinen auf eine Kündigung übertragen kann, ordnet § 37 Abs 1 AngG ausdrücklich bei einer Kündigung, für die der Arbeitgeber durch schuldhaftes Verhalten begründeten Anlaß gegeben hat, die selben Konsequenzen wie bei einem entsprechenden Austritt an. Die Geltendmachung der Konkurrenzklausel ist somit auch dann ausgeschlossen, wenn die Rechtsfolgen eines vom Arbeitgeber verschuldeten Austritt ansonsten - etwa wegen "Verwirkung" des wichtigen Grundes - nicht mehr anzuwenden sind. "Begründete" Kündigungen sind insofern ungewöhnlich, als diese Form einer einseitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses - im Gegensatz zur vorzeitigen Lösung aus wichtigem Grund - nicht von vorneherein die Berufung auf einen Grund, eine Zerrüttung udgl indiziert. Es ist daher nötig, zu verlangen, daß dem Erklärungsgegner gegenüber eine gewisse Manifestation der Berufung auf einen solchen Auflösungsgrund erfolgt.

Dies hat der Oberste Gerichtshof (SZ 58/155) für den Fall der Lösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach § 37 Abs 2 1. Fall AngG bereits klargestellt und muß auch für den umgekehrten Fall der Lösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer gelten. Dem Adressaten muß aus dem Inhalt der Lösungserklärung oder aus sonstigen Umständen im Zuge der Beendigung zumindest im Sinn des § 863 ABGB erkennbar sein, daß ausnahmsweise ein verschuldeter wichtiger Auflösungstatbestand "Ursache und Grund" für die Kündigung ist. Unklarheiten gehen - anders als bei Austritt bzw Entlassung - zu Lasten des Erklärenden, weil es bei der Kündigung die Regel ist, daß sie ohne Angabe von Gründen ausgesprochen wird (Reissner aaO 229).

Da sich der Beklagte bei seiner Kündigung nicht auf einen vom Dienstgeber durch schuldhaftes Verhalten begründeten Anlaß iSd § 37 Abs 1 AngG berufen hat, sondern behauptet hat, er kündige, weil er nach Mexiko auswandern wolle, kann sich die Klägerin auf die vereinbarte Konkurrenzklausel berufen.

Dem Berufungsgericht ist aber im Ergebnis - wenn auch der Begründung nicht voll gefolgt werden kann - zuzustimmen, daß ein allfälliges schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers, auch wenn der Beklagte bei der Kündigung hierauf nicht hingewiesen hat, im Rahmen des in der Sache erhobenen Mitverschuldenseinwandes noch vor Einsatz des richterlichen Mäßigungsrechts nach § 38 AngG zu berücksichtigen ist.

Bei richtiger Wertung der Vertragsstrafe als pauschalierter Schadenersatz ist nämlich der Aspekt des Mitverschuldens des Gläubigers im Sinn des § 1304 ABGB zu prüfen (Kerschner, ZAS 1985, 33; in diesem Sinn auch Reischauer in Rummel ABGB II**2 Rz 15 zu § 1336). Dies kann dazu führen, daß die Konventionalstrafe schon durch die Schadensteilung unter die Grenze des wirklichen Schadens sinkt; dieser stellt zwar in Bezug auf das Mäßigungsrecht, nicht aber für § 1304 ABGB eine "absolute" Grenze dar. Liegt die Vertragsstrafe infolge der Anwendung der Mitverschuldensregel unter dem tatsächlichen Schaden, ist eine (weitere) Mäßigung nicht unstatthaft. Nur durch dieses zweistufige Verfahren, welches im übrigen im Schadenersatzrecht allgemein gebräuchlich ist, kann das Mitverschulden seiner Wertigkeit entsprechend berücksichtigt werden. Würde man es nur als Mäßigungskriterium iSd § 1336 Abs 2 ABGB ansehen, wäre der konkrete Schaden als Untergrenze bindend (Kerschner aaO; Reissner aaO 244 f). Aus diesem Grund sind daher die vom Beklagten angebotenen Beweise zu einem angeblich schuldhaften Verhalten des Arbeitgebers, welches ihm zur Kündigung Anlaß gegeben habe, im Sinn des vom Berufungsgerichtes aufgetragenen Ergänzungsauftrages aufzunehmen und hierüber entsprechende Feststellungen zu treffen.

Hinsichtlich der Entbehrlichkeit weiterer Feststellungen zur Zumutbarkeit der Konkurrenzklausel iSd § 36 Abs 2 Z 2 AngG, und zwar über allfällige sonstige Berufskenntnisse des Beklagten, wird auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes verwiesen.

Zu Recht verweist der Beklagte aber darauf, daß sich das Gericht bei Bejahung einer Zahlungsverpflichtung des Beklagten aufgrund der vereinbarten Konventionalstrafe mit einer allfälligen weiteren - über die Einschränkung des Klagebegehrens hinausgehenden - Mäßigung iSd § 38 AngG auseinanderzusetzen haben wird, gegebenfalls werden in diesem Zusammenhang auch noch Feststellungen über einen allfälligen konkreten Schaden, den die Klägerin erlitten hat, zu treffen sein.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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