OGH 9Ob194/98i

OGH9Ob194/98i19.8.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anna S*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Erwin Gstirner, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Gemeinde L*****, vertreten durch den Bürgermeister Josef N*****, p.A. Marktgemeinde ***** L*****, dieser vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen Vertragsanfechtung (Streitwert S 500.000,-), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 3. März 1998, GZ 5 R 218/97m-82, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht folgt der Judikatur, wonach ein Motivirrtum nur dann beachtlich ist, wenn der Beweggrund oder der Endzweck der Einwilligung gemäß § 901 ABGB ausdrücklich zur Bedingung gemacht worden ist, weil nur in diesem Fall der Irrtum im Beweggrund zu einem gemäß § 872 ABGB beachtlichen Irrtum über einen Geschäftspunkt, also zu einem Geschäftsirrtum wird (RIS-Justiz RS0016267). Soweit das Berufungsgericht im Rahmen der Auslegung des zwischen den Streitteilen geschlosssenen Kaufvertrages - und nur hierauf beruft sich die Klägerin - zur Auffassung gelangte, daß der Beweggrund (drohende Enteignung aller vom Kauf umfaßter Grundstücke und damit Entfall eines steuerpflichtigen Spekulationsgewinns) nicht zur Bedingung gemacht wurde, liegt darin jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung und somit auch keine in ihrer Bedeutung über den konkreten Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage. Ebenso unbedenklich ist die Rechtsauffassung, daß die Kalkulation der Klägerin bei den Vertragsverhandlungen nicht in Erscheinung getreten und somit auch nicht als Grundlage für die Willenserklärung erkennbar gewesen ist (RIS-Justiz RS0014894).

Der Anfechtungstatbestand des Wegfalls einer über die individuelle Vereinbarung hinausgehenden allgemeinen Geschäftsgrundlage scheitert daran, daß eine steuerrechtlich begünstigte Behandlung des Verkaufserlöses keine typische (RIS-Justiz RS0017551) Voraussetzung für den Abschluß eines Kaufvertrages ist.

Ausgehend von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen, daß nur davon die Rede war, daß bloß die Möglichkeit der Enteignung eines Teiles der Grundstücke der Klägerin für die Errichtung eines Kanals bestehe (AS 405), die Frage eines Spekulationsgewinnes bzw eines Entfalls der Spekulationssteuer jedoch nicht erörtert wurde (AS 409), fehlt es auch an der Grundlage für den (erkennbar) auf eine Verletzung von Vertrags(neben)pflichten gestützten, mit Eventualbegehren geltendgemachten Schadenersatzanspruch. Feststellungen über die Schadenshöhe sind daher zu Recht unterblieben.

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