OGH 4Nd507/98

OGH4Nd507/9830.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Tibor R*****, Ungarn, vertreten durch Dr.Peter Hajek, Rechtsanwalt in Eisenstadt, wider die beklagte Partei ***** Versicherungs-AG, ***** Deutschland, vertreten durch die Partnerschaft der Rechtsanwälte Dr.Kreinhöfner - Dr.Mader in Wien, wegen Herausgabe (Streitwert S 150.000,-), über den Antrag der klagenden Partei auf Ordination des Landesgerichtes Eisenstadt in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Ordinationsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung

Mit der am 16.1.1998 beim Landesgericht Eisenstadt überreichten Klage begehrt der in Ungarn wohnhafte Kläger die Verurteilung der in Deutschland ansässigen Versicherungs-Aktiengesellschaft, der Ausfolgung eines vom Bezirksgericht Eisenstadt gemäß § 1425 ABGB verwahrten Pkws BMW 318i an ihn zuzustimmen. Das ursprünglich einer in Jena sitzenden Hotelunternehmung (Firma "Hotel Schwarzer Bär") gehörige Kraftfahrzeug sei am 13.8.1993 als gestohlen gemeldet worden, die beklagte Partei habe als Kaskoversicherer der Eigentümerin Ersatz in Höhe von DM 25.000,- geleistet und behauptet, Eigentümerin des Kraftfahrzeuges zu sein. Der Kläger habe den Pkw in Ödenburg (Sopron) bei der zum Handel mit Kraftfahrzeugen befugten Firma "Honda W*****" gutgläubig gekauft und sei dessen Eigentümer geworden. Bei der Einreise nach Österreich sei das Fahrzeug beim Grenzübergang Deutschkreutz beschlagnahmt worden. Nach Einstellung des gegen den Kläger wegen Verdachts der Hehlerei eingeleiteten Strafverfahrens gemäß § 90 StPO sei der Pkw auf Anordnung des Strafgerichtes beim Bezirksgericht Eisenstadt verwahrt (hinterlegt) worden. Die beklagte Partei beanspruche den Pkw und stimme einer Ausfolgung an den Kläger nicht zu. Wegen der Behauptung der Beklagten, sie sei Eigentümerin des Pkws, liege der Vermögensgerichtsstand des § 99 JN vor. In eventu wolle der Oberste Gerichtshof das Landesgericht Eisenstadt als örtlich zuständiges Gericht bestimmen.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, erhob die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit und beantragte unter Hinweis auf den Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit sowie der Ordinationsvoraussetzungen nach § 28 JN die Zurückweisung der Klage, allenfalls die Abweisung des auch materiell-rechtlich ungerechtfertigten Klagebegehrens.

Das Landesgericht Eisenstadt verhandelte abgesondert über die Unzuständigkeitseinrede und faßte am 28.5.1998 den - auch den Parteien zugestellten - Beschluß auf Vorlage des Aktes an den Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Ordinationsantrag. In seiner Entscheidung äußerte es Bedenken gegen das Vorliegen der örtlichen Zuständigkeit sowie der inländischen Gerichtsbarkeit, weil mangels Bestehens eines Sondergerichtsstandes für Streitigkeiten um bewegliche Sachen - (es kämen weder die Tatbestände des Art 5 Z 1 [Vertragsansprüche] oder Z 3 [Ansprüche aus unerlaubter Handlung in Fortwirkung des Strafverfahrens], des Art 6 Z 1 [mangels Belangung der Republik Österreich für das Verwahrschaftsgericht] noch Art 7 ff [zwischen den Parteien bestehe kein Versicherungsvertrag] oder Art 16 Z 5 jeweils des LGVÜ [das Erlagsverfahren sei kein Vollstreckungsverfahren] in Betracht) - der allgemeine Wohnsitz-Gerichtsstand des Art 2 LGVÜ zur Anwendung komme. Es liege daher weder ein Zuständigkeitsanknüpfungspunkt nach dem LGVÜ, noch ein solcher nach der JN vor. Dennoch könne im Hinblick auf den in eventu gestellten Ordinationsantrag nicht sogleich mit der Zurückweisung der Klage vorgegangen werden.

Rechtliche Beurteilung

Da die Klage nach dem 31.12.1997 angebracht wurde, findet § 28 JN idF WGN 1997 BGBl I 140 (Art XXXII Z 8 dieses Gesetzes) Anwendung. Die danach erforderlichen Voraussetzungen fehlen hier:

Eine völkerrechtliche Verpflichtung Österreichs, die Gerichtsbarkeit in einem Rechtsstreit zwischen dem ungarischen Kläger und der in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Beklagten auszuüben (§ 28 Abs 1 Z 1 JN), besteht nicht.

Der Kläger, der seinen Wohnsitz in einer in Ungarn gelegenen Stadt angegeben hat, hat nicht behauptet, geschweige denn bescheinigt (§ 28 Abs 4 letzter Satz JN), daß er österreichischer Staatsbürger sei oder (auch) im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt habe (§ 28 Abs 1 Z 2) oder daß die inländische Gerichtsbarkeit vereinbart worden wäre (§ 28 Abs 1 Z 3 JN). Im übrigen besteht auch kein Grund zur Annahme, die Rechtsverfolgung in der Bundesrepublik Deutschland wäre im vorliegenden Fall unmöglich oder unzumutbar (§ 28 Abs 1 Z 2 JN).

Selbst wenn also kein inländisches Gericht örtlich zuständig ist (§ 28 Abs 1 JN), kommt eine Ordination nicht in Frage. Der Antrag war daher abzuweisen, ohne daß es einer Untersuchung der Frage bedurft hätte, ob nicht der Ordinationsantrag erst nach rechtskräftiger Stattgebung der von der Beklagten erhobenen Unzuständigkeitseinrede vorzulegen gewesen wäre.

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