OGH 1Ob335/97i

OGH1Ob335/97i30.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Andreas U*****, vertreten durch Dr.Ludwig Pramer und Dr.Peter Lindinger, Rechtsanwälte in Linz, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 22,291.131,69 sA, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 24.Juli 1997, GZ 53 R 203/97b-14, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Zell am See vom 3.März 1997, GZ 7 Nc 53/96z-10, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekurses bzw der Äußerung hiezu (Revisionsrekursbeantwortung) selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Bescheid der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde vom 13.6.1996 wurden der Antragstellerin Kosten im Betrag von S 22,291.131,69 vorgeschrieben, die die Behörde zur Beseitigung der konkreten Gefahr einer weiteren Gewässerverunreinigung nach einem Ölunfall, der der Antragstellerin anzulasten sei, aufzuwenden gehabt habe. Am 7.8.1996 beantragte die Antragstellerin gemäß § 117 Abs 4 WRG beim Erstgericht die gerichtliche Entscheidung, auszusprechen, daß keine Verpflichtung zum Ersatz der mit Bescheid vorgeschriebenen Kosten bestehe. Die Kosten seien zur Beseitigung einer unmittelbaren Gefahr nicht erforderlich gewesen, insbesondere nicht in dem von der Behörde behaupteten Ausmaß. Unter anderem wurde auch Verjährung der mit Bescheid auferlegten Kosten eingewendet, weil sich der Ölunfall am 25.4.1993 ereignet habe, auf den von der Antragsgegnerin mit Bescheid geltend gemachten Schadenersatzanspruch die „dreijährige Verjährungsfrist des ABGB“ anzuwenden und die Verjährungsfrist demnach spätestens am 25.4.1996 abgelaufen sei.

Die Antragsgegnerin wendete ein, daß der Bescheid völlig zu Recht erlassen worden sei; ihre Forderungen seien auch nicht verjährt. Bei der Vorschreibung von Kosten gemäß § 31 Abs 3 WRG handle es sich um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, der keiner Verjährung unterliege.

Das Erstgericht erkannte den Anspruch der Antragsgegnerin auf Ersatz von Kosten angeordneter Wasserschutzmaßnahmen, wie sie dem Antragsteller mit Bescheid vom 13.6.1996 im Betrag von S 22,291.131,69 vorgeschrieben wurden, als nicht zu Recht bestehend.

Es stellte fest, am 25.4.1993 sei der Ölunfall bekannt geworden und die Bezirksverwaltungsbehörde habe bereits in der Nacht vom 25. auf den 26.4.1993 erste Gegenmaßnahmen gegen die Gefahr einer Ölverunreinigung des Grundwassers ergriffen. An den folgenden Tagen seien weitere wasserpolizeiliche Maßnahmen angeordnet worden. Die Behörde habe mit verfahrensfreiem Verwaltungsakt vom 16.6.1993 die Durchführung weiterer gewässerschutztechnischer Maßnahmen gegenüber der Andreas U***** Gesellschaft mbH infolge von Gefahr in Verzug wegen der zu erwartenden (weiteren) Grundwasserverunreinigung unmittelbar angeordnet. Bis etwa Ende 1994 seien umfangreiche Schadensbegrenzungs- und -beseitigungsmaßnahmen ergriffen worden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Gericht erster Instanz aus, daß die „Ersatzvornahme“ nach § 31 Abs 3 WRG eine „im öffentlichen Recht liegende Sonderregelung“ des zivilrechtlichen Ersatzanspruches nach § 1042 ABGB darstelle. Der Kostenersatzanspruch sei zivilrechtlicher Natur. Für den Anspruch nach § 1042 ABGB fehle eine explizite Verjährungsvorschrift im bürgerlichen Recht. Gehe man davon aus, daß die Bezirkshauptmannschaft Professionistenleistungen in Auftrag gegeben habe, zu denen nach Ansicht der Behörde die Antragstellerin verpflichtet gewesen sei, dann sei davon auszugehen, daß die daraus abgeleiteten Kostenforderungen der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 1486 Z 1 ABGB unterlägen, weil sich an der für die Verjährung maßgeblichen Art der Forderung durch das Dazwischentreten eines vorleistenden Dritten nichts ändern könne. Die der Antragstellerin mit Bescheid auferlegte Kostenforderung der Antragsgegnerin sei demnach verjährt.

Das Rekursgericht hob die Entscheidung des Erstgerichts auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf; es sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Tatsächlich stelle § 31 Abs 3 WRG eine im öffentlichen Recht liegende Sonderregelung des zivilrechtlichen Ersatzanspruches nach § 1042 ABGB dar. Daraus folge aber nicht, daß der Kostenersatzanspruch gemäß § 31 Abs 3 WRG zivilrechtlicher und nicht öffentlich-rechtlicher Natur sei. Öffentlich-rechtliche Ansprüche unterlägen nach einhelliger Rechtsprechung nicht der Verjährung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Gemäß § 31 Abs 3 WRG hat die Wasserrechtsbehörde, wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, die entsprechenden Maßnahmen dem nach § 31 Abs 1 WRG Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzug unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Im vorliegenden Fall behauptet die Antragsgegnerin, die Wasserrechtsbehörde habe die der Antragstellerin obliegende Gefahrenbeseitigung im Wege notstandspolizeilicher Maßnahmen durchgeführt und damit einen Aufwand getätigt, den die Antragstellerin nach dem Gesetz selbst hätte machen müssen. Diesen Aufwand kann die Behörde vom Schadensverursacher zurückfordern, weil die Kosten der Gefahrenbeseitigung nach dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs 3 WRG nicht endgültig von dem hinter der Wasserrechtsbehörde stehenden Rechtsträger zu tragen sind; vielmehr obliegt es dieser, mittels Kostenbescheids gemäß § 117 Abs 1 WRG die ihr aufgelaufenen Kosten von dem nach § 31 Abs 1 WRG zur Schadensbehebung Verpflichteten einzubringen.

Die Kostenersatzpflicht nach § 31 Abs 3 WRG ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin ein öffentlich-rechtlicher Anspruch, der einer Verjährung nur dann zugänglich wäre, wenn dies im Wasserrechtsgesetz ausdrücklich bestimmt wäre. Die Kostenersatzpflicht nach § 31 Abs 3 WRG kann demnach als öffentlich-rechtlicher Anspruch gegenüber der Antragstellerin nicht verjähren (9 ObA 2300/96t; ZfV 1979/575; Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht Rz 12 zu § 31). Daß sich die privatrechtlichen Bestimmungen über die Verjährung nicht ohne weiteres auf das öffentliche Recht übertragen lassen, weil es sich bei der Verjährung um keine allgemeine, der gesamten österreichischen Rechtsordnung zugehörige Einrichtung handelt, und nur dann, wenn in Vorschriften des öffentlichen Rechts Verjährungsbestimmungen ausdrücklich enthalten sind, unter Bedachtnahme auf § 7 ABGB ergänzungsweise auf die Verjährungsvorschriften des ABGB zurückgegriffen werden darf, entspricht der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (JBl 1971, 619 mwN; Schubert in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 1451 mwN). Allein deshalb, weil die Behörde eine fremde gesetzliche Verpflichtung (der Antragstellerin) erfüllte, wird der im § 31 Abs 3 WRG normierte öffentlich-rechtliche Anspruch auf Rückersatz der Kosten nicht zu einem zivilrechtlichen Anspruch, auf den die Verjährungsbestimmungen des ABGB Anwendung fänden (vgl VfSlg 8178). Nur dann, wenn ein Dritter, und nicht die zur Erlassung eines Kostenbescheids verpflichtete Wasserrechtsbehörde, die wegen Gefahr im Verzug Maßnahmen durchführen ließ, einen Aufwand für den nach § 31 Abs 1 WRG Verpflichteten gemacht hat, steht jenem gemäß § 1042 ABGB der Anspruch auf Rückersatz dieser Kosten zu; dieser Anspruch ist einerseits im Rechtsweg durchzusetzen und unterliegt andererseits den Verjährungsbestimmungen des ABGB (vgl SZ 62/130; ZVR 1987/126; SZ 59/111; ZVR 1982/136; SZ 51/141). Es kann mangels Streitrelevanz dahingestellt bleiben, welche Verjährungsfrist in einem solchen Fall zur Anwendung käme.

Dem Revisionsrekurs ist ein Erfolg zu versagen.

Ein Kostenersatz an die Antragsgegnerin für ihre nach § 117 Abs 6 WRG iVm § 30 Abs 4 und 5 EisbEG zulässige, als Revisionsrekursbeantwortung bezeichnete Äußerung scheitert schon an der Einseitigkeit der Kostenersatzpflicht nach § 117 Abs 6 WRG iVm § 44 EisbEG (1 Ob 18/94; SZ 60/269; SZ 60/17 ua). Ein Kostenersatz an die Antragstellerin kann infolge Erfolglosigkeit ihres Revisionsrekurses nicht stattfinden.

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