OGH 4Ob127/98z

OGH4Ob127/98z26.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Pimmer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dietmar K.G*****, vertreten durch Dr.Johannes Neumayer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. K***** Verlag GmbH & Co KG, 2. K***** Verlag GmbH, *****, beide vertreten durch Fiebinger & Pollak, Rechtsanwälte in Wien, wegen Beseitigung und Schadenersatz (Gesamtstreitwert S 350.000.-), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 27. Februar 1998, GZ 4 R 187/97t-50, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der von den Beklagten behauptete Widerspruch der Berufungsentscheidung mit den Grundsätzen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu § 78 UrhG, insbesondere zur Entscheidung MR 1997, 302 = ÖBl 1998, 88 - Ernestine K., deren Leitsätze die Revisionswerber verkürzt und damit sinnentstellend zitieren, besteht nicht. Daß die Interessen des Klägers durch die Veröffentlichung von Lichtbildern im Zusammenhang mit dem Begleittext, der Kläger habe seine Gattin krankenhausreif geprügelt, beeinträchtigt werden, zieht die Revision nicht mehr in Zweifel. Ein überwiegendes Veröffentlichungsinteresse der Beklagten wäre aber nach der zitierten Rsp nur dann zu bejahen, wenn die Voraussetzungen eines Eingriffs in den Identitätsschutz gem. § 7a MedienG vorlägen. Danach müßte der Beklagte unter anderem eines Verbrechens verdächtig oder wegen eines solchen verurteilt sein (zuletzt 4 Ob 95/98v); bezieht sich die Veröffentlichung hingegen bloß auf ein Vergehen, werden nach § 7a Abs 2 Z 2 MedienG schutzwürdige Interessen des Betroffenen jedenfalls verletzt (zuletzt 4 Ob 385/97i). Letzteres ist aber hier der Fall, ist doch auch die schwere Körperverletzung mit nicht mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht (§ 84 StGB); den Vorwurf des Verbrechens einer absichtlichen schweren Körperverletzung (§ 87 StGB) haben die Beklagten hingegen nicht erhoben. Daß der Kläger allgemein bekannt wäre und ihm aus diesem Grund kein Identitätsschutz zukäme, kann hingegen nicht ernstlich behauptet werden. Das Interesse des Klägers am Unterbleiben der Bildnisveröffentlichung überwiegt demnach bereits nach den Wertungen des Medienrechts das Informationsinteresse der Beklagten. Damit verstößt die beanstandete Berichterstattung schon aus diesem Grund gegen § 78 UrhG, ohne daß es weiter auf deren inhaltliche Richtigkeit ankäme.

Es entspricht stRsp, daß immaterieller Schaden iS des § 87 Abs 2 UrhG nur dann zu ersetzen ist, wenn die Beeinträchtigung den mit jeder Urheberrechtsverletzung verbundenen Ärger übersteigt, es sich also um eine ganz empfindliche Kränkung handelt; dies gilt auch für immaterielle Schäden, die auf eine Verletzung berechtigter Interessen iS des § 78 UrhG gestützt werden (ÖBl 1995, 186 - Lebensberater mwN). Ob das bisher erstattete Vorbringen so weit spezifiziert ist, daß es als Anspruchsgrundlage hinreicht, ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalles, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt (4 Ob 67/98a ua); davon abgesehen hat der Kläger zur Verletzung seiner berechtigten Interessen iS des § 78 UrhG vorgetragen, daß die beanstandete Berichterstattung zu Unrecht den strafrechtlichen Vorwurf einer so schweren Körperverletzung seiner Frau erhoben habe, daß deren Einlieferung in ein Spital erforderlich geworden sei; diese falsche Tatsachenbehauptung aus dem Bereich des Privat- und Familienlebens des Klägers sei nicht recherchiert worden und habe den Kläger in der Öffentlichkeit bloßgestellt. Mit diesen Behauptungen hat der Kläger das Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 87 Abs 2 UrhG hinreichend dargetan (SZ 63/75; ÖBl 1990, 187 - Thalia ua), kann doch nach den Feststellungen der Vorinstanzen keine Rede davon sein, daß der Kläger auf seine Gattin eintrat, als sie auf dem Boden lag, sie prügelte und sie so schwer verletzte, daß sie deshalb ins Krankenhaus gebracht werden mußte.

Soweit die die Bildberichterstattung ergänzenden Textstellen - wie es hier entgegen den Revisionsausführungen der Fall ist - den Tatsachen widersprechen und damit zu Mißdeutungen Anlaß geben, deckt der Beseitigungsanspruch des § 82 UrhG auch die Beseitigung solcher Textstellen (ÖBl 1990, 187 - Thalia); ist nämlich die Frage, ob berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt wurden, stets im Zusammenhang mit dem beigefügten Text zu beurteilen (stRsp: ÖBl 1980, 166 - Österreich-Spiegel; SZ 63/75; MR 1995, 145 - Wunderarzt; MR 1997, 26 = ÖBl 1997, 138 - Ich werde dafür sorgen), darf auch in der spiegelbildlichen Frage der Beseitigung des gesetzwidrigen Zustandes dieser Zusammenhang zwischen Bild und Text nicht gelöst werden.

Dem Beseitigungsanspruch des § 82 UrhG liegt der Gedanke zugrunde, daß der in einem auf das UrhG gegründeten Ausschließungsrecht Verletzte die Beseitigung des durch die Verletzung geschaffenen gesetzwidrigen Zustandes bewirken können soll (SZ 60/187; SZ 63/128). Ist die Urheberrechtsverletzung in einer Tageszeitung erfolgt, kann dieser Zweck aber nur dann erreicht werden, wenn die vom Beseitigungsanspruch umfaßten Bilder bzw. Textstellen in sämtlichen im Besitz der Beklagten befindlichen Exemplaren der Zeitung unkenntlich gemacht werden; andernfalls würde nämlich jeder im Archiv der Beklagten recherchierende Leser auch zukünftig auf die beanstandete Berichterstattung stoßen, womit regelmäßig auch weiterhin eine Verletzung berechtigter Interessen des Klägers verbunden wäre. Die von den Beklagten gewünschte teleologische Reduktion des § 82 UrhG für die Berichterstattung in Tageszeitungen findet daher weder im Wortlaut, noch im Zweck dieser Bestimmung eine Stütze.

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