Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 22.725,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.787,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 12.11.1987 in Linz ausgestellte Wechsel enthält die Anweisung, am 20.1.1997 an D***** (= die klagende Partei) aber nicht an deren Order, S 1 Mio zu bezahlen. Als Bezogener ist auf dem Wechsel die B***** & Co Gesellschaft mbH, Li***** ausgewiesen. Als Bürge für den Annehmer hat neben der Gustav W***** GmbH, ***** auch die F***** Finanzierungs- und BeteiligungsmbH, ***** unterfertigt. Aus dieser GmbH ist durch Umwandlung die beklagte Partei hervorgegangen.
Weiters enthält der Wechsel den Vermerk "Zahlbar bei D*****" ohne Angabe eines Ortes.
Dieser Wechsel wurde von der klagenden Partei an den Klagevertreter mit dem Auftrag, ihn auf einen Betrag von S 1 Mio auszufüllen und als Aussteller zu unterfertigen, übergeben. Er hat den Wechsel als Aussteller unterschrieben, wobei als Aussteller Saxinger, Baumann & Partner, Rechtsanwälte, Linz, Europaplatz 7, aufscheinen.
Gemäß Punkt 8 des Bürgschaftsvertrages zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei ist die klagende Partei berechtigt, den von der beklagten Partei unterzeichneten Blanko-Rektawechsel in allen Punkten auszufüllen. Ausdrücklich wird in diesem Punkte auch festgehalten, daß die Wechselgebühren zu Lasten des Bürgen gehen.
Aufgrund dieses Wechsel beantragte die beklagte Partei die Erlassung eines Wechselzahlungsauftrages "ohne Protest". Die beklagte Partei erhob dagegen Einwendungen, sie habe seinerzeit als Bürge und Zahler für die Firma B***** & Co GmbH in Li***** einen Blankowechsel unterfertigt, über das Vermögen dieser Gesellschaft sei das Konkursverfahren eröffnet worden. Eine Fälligstellung des Betrages von S 1 Mio aus einer Wechselbürgschaft sei bisher nicht erfolgt, der Wechsel sei auch nicht protestiert worden. Die beklagte Partei stehe zu der auszustellenden Rechtsanwaltspartnerschaft in keiner Rechtsbeziehung, sie habe dieser keinen Blankowechsel übergeben, dennoch scheine diese Partnerschaft als Ausstellerin auf dem Wechsel auf. Es liege daher ein nichtiger und mangelhafter Skripturakt und somit ein nichtiger Wechsel vor. Es fehle die Bevollmächtigung durch die klagende Partei. Der Wechsel sei auch deshalb nichtig, weil als Zahlstelle D***** angeführt sei, die ihren Sitz - wie aus der Klage hervorgehe - in Wien 1 habe. Die Adresse des Bezogenen liege in Li*****; dieser Ort habe als Zahlungsort zu gelten. Da kein ausdrücklicher Zahlungsort angegeben sei, sondern lediglich eine Zahlstelle an einem anderen Ort sei zufolge der daraus entstehenden Zweifel der Blankowechsel nichtig.
Diesen Einwendungen entgegnete die klagende Partei, sie habe ihren Vertreter beauftragt und bevollmächtigt, in ihrem Namen das Blankoakzept auszufüllen und als Aussteller zu unterfertigen. Der Vermerk zahlbar bei D***** bezeichne keine Zahlstelle.
Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag aufrecht und stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, der Wechsel sei zwar nicht protestiert worden, dies sei jedoch rechtlich unerheblich. Die Ermächtigung des Wechselnehmers zur Vervollständigung des Wechsels umfasse auch die Befugnis, diesen an Nachmänner zu übertragen. Die Ausfüllung durch den Klagevertreter begründe daher keine Nichtigkeit des Wechsels. Als Zahlungsort stehe mangels Angabe eines Zahlungsortes der beim Namen des Bezogenen angegebene Ort, also Li*****, fest. Daß es dort keine Zweigstelle der klagenden Partei gebe, spielt keine Rolle.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision für zulässig.
In rechtlicher Hinsicht führte es aus, es treffe zu, daß nach der Bürgschaftserklärung nur die klagende Partei zu Vervollständigung des Wechsels (ohne Erwähnung einer Vollmacht) berechtigt sei. Aus den Feststellungen ergebe sich jedoch, daß der Klagevertreter den ihm von der Wechselnehmerin erteilten Auftrag nicht überschritten habe. Die Bürgschaft- und Wechselwidmungserklärung enthalte zwar keine ausdrückliche Ermächtigung der klagenden Partei, das Recht zur Vervollverständigung des Blankowechsels auf Dritte zu übertragen, ein derartiges Vorgehen sei aber auch nicht ausgeschlossen. Der Wechsel sei inhaltlich nicht abredewidrig ausgefüllt.
Der Wechsel sei auch nicht deshalb ungültig, weil er zwei Zahlungsorte benenne. Entsprechend der Bestimmung des Art 2 Abs 3 WG sei mangels besonderer Angabe eines Zahlungsortes der beim Namen des Bezogenen angegebene Ort der Zahlungsort. Der Vermerk "Zahlbar bei D*****" enthalte keine Ortsangabe. Damit sei nicht der Wechsel wegen Angabe mehrerer Zahlungsortes unwirksam, sondern nur der Zahlstellenvermerk, weil die klagende Partei in Li***** keine Zweigstelle habe.
Die ordentliche Revision sei zulässig, da eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt nicht aufgefunden werden könne.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es abzuändern, den Wechselzahlungsauftrag aufzuheben und das Klagebegehren abzuweisen.
Die klagende Partei beantragt die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Begründung der Berufungsentscheidung, die Vertretung des Ausstellers durch einen Rechtsanwalt (Klagevertreter) auch ohne Erwähnung einer Vollmacht und die Beifügung "Zahlbar bei D*****" ohne Ortsangabe, die den Eindruck eines zweiten Zahlungsortes oder einer Zahlstelle erwecken könnte, hindere nicht die Wirksamkeit des von der klagenden Partei gegen die beklagte Partei als Wechselbürgin geltend gemachten Wechselanspruches, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).
Den Revisionsausführungen ist entgegenzuhalten:
Wird ein Blankowechsel in einem Punkt vom Vertragspartner verabredungwidrig ausgefüllt und tritt der Ausfüller als Kläger auf, so kann er den Wechsel insoweit geltend machen, als er der getroffenen Abrede entspricht (SZ 57/48; ÖBA 1990, 212; 8 Ob 117/97g). Dies muß auch dann gelten, wenn der nach dem Begebungsvertrag zur Ausfüllung Berechtigte den Wechsel durch einen Bevollmächtigten ausfüllen läßt und sodann als Kläger auftritt. Da die wechselmäßige Haftung der beklagten Partei als Bürgin für die Akzeptantin gegenüber der klagenden Partei, deren Kredit an die Akzeptantin durch den Blankowechsel gesichert werden sollte, jedenfalls der getroffenen Vereinbarung entsprach, ist es ohne Bedeutung, ob die Vervollständigung des Blankowechsels durch Einsetzen der klagenden Partei als Ausstellerin und Remittentin oder dadurch erfolgte, daß der Bevollmächtigte der klagenden Partei sich selbst als Aussteller und die klagende Partei als Remittentin einsetzte.
Die Klausel "Zahlbar bei D*****" machte, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, den Wechsel nicht ungültig. Nur ein Vermerk, durch den ein wesentlicher Wechselbestandteil ins Unklare gesetzt wird, was im Ergebnis dem Fehlen dieses Bestandteiles gleichzuhalten ist, führt zur Ungültigkeit des Wechsels (Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, 473; Bülow, Wechselgesetz, Scheckgesetz2, Art 2 WG Rz 64); dies ist insbesondere dann der Fall, wenn zwei Zahlungsorte angegeben werden (SZ 31/132; SZ 35/117; 8 Ob 505/83; SZ 58/173; 1 Ob 553/87). Der Vermerk "Zahlbar bei D*****" enthält mangels Angabe eines Ortes weder die Bezeichnung eines Zahlungsortes noch - mangels einer Zweigstelle am Sitz des Bezogenen - die Angabe einer Zahlstelle. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin ist dieser Vermerk nicht durch die Hinzufügung des Sitzes der klagenden Partei (Wien) zu ergänzen. Ebensowenig wie bei Fehlen einer besonderen Angabe des Zahlungsortes und der Angabe eines Ortes beim Namen des Bezogenen die Gültigkeit des Wechsels dadurch herbeigeführt werden kann, daß der im Wechsel nicht genannte Wohnort des Bezogenen als Zahlungsort angenommen wird, kann der Vermerk, der Wechsel sei bei einem Dritten zahlbar, der nicht am Zahlungsort seinen Sitz hat, dadurch ergänzt werden, daß der im Vermerk nicht genannte Sitz des Dritten als Zahlungsort angenommen wird.
Auch das Unterbleiben eines Protestes schadet nicht. Da der Bürge durch seinen Skripturakt jedem Wechselinhaber genauso verpflichtet ist, wie der Wechselschuldner, für den er sich verbürgt hat, bedarf es zur Inanspruchnahme des Bürgen für den Akzeptanten ebensowenig des Protestes wie zur Inanspruchnahme des Akzeptanten selbst (SZ 14/94).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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