OGH 3Ob2365/96g

OGH3Ob2365/96g6.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Siegfried S*****, 2. Anneliese S*****, beide vertreten durch Dr.Otmar Simma und andere Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagte Partei Walter S*****, vertreten durch Dr.Clement Achammer und andere Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen Einwendungen gegen den Anspruch, infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 16.Juli 1996, GZ 1 R 293/96p-8, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 1.April 1996, GZ 4 C 426/95y-4, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 24.136,20 (darin enthalten S 4.022,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Erstkläger und der Beklagte sind Brüder, die Zweitklägerin ist die Gattin des Erstklägers und Schwägerin des Beklagten. Beide Kläger sind aufgrund des mit dem Vater des Erstklägers, Franz S*****, geschlossenen Übergabevertrages vom 2.4.1991 je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 7122 Grundbuch D*****, GStNr 8086/2, sowie zu je 107/253-Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ 9632, Grundbuch D*****, GStNr 1047/3.

Mit rechtskräftigem Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 5.12.1994, 4 R 303/94-27, infolge Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 12.8.1994, 8 Cg 420/93d-22, wurden die nunmehrigen Oppositionskläger schuldig erkannt, dem nunmehrigen Oppositionsbeklagten folgende Beträge binnen 14 Tagen zu bezahlen: der nunmehrige Erstkläger S 304.333,33 samt 4 % Zinsen ab 1.7.1994, und zwar bei sonstiger Exekution auf die 107/253-Anteile des nunmehrigen Erstklägers an der Liegenschaft EZ 9632, GB ***** D*****, mit welchem Wohnungseigentum W 2 verbunden ist, sowie auf den Hälfteanteil des nunmehrigen Erstklägers an der Liegenschaft EZ 7122, GB ***** D*****; die nunmehrige Zweitklägerin S 397.533,33 samt 4 % Zinsen seit 1.7.1994, und zwar bei sonstiger Exekution auf die 107/253-Anteile der nunmehrigen Zweitklägerin an der Liegenschaft EZ 9632, GB ***** D*****, mit welcher Wohnungseigentum W 2 verbunden ist, sowie auf den Hälfteanteil der nunmehrigen Zweitklägerin an der Liegenschaft EZ 7122, GB ***** D*****.

In diesem Urteil befaßte sich das Berufungsgericht mit den Feststellungen des Erstgerichtes zum Wert der Liegenschaft und führte hiezu auf den Seiten 26 bis 28 folgendes aus:

"Für die Frage der Verwertbarkeit der vom Kläger benützten Räumlichkeiten, also für die Frage, ob und in welchem Ausmaß daraus für die beklagten Parteien ein Ertrag zu erzielen ist, kann die Rechtslage nicht außer Betracht bleiben. Nach Auffassung des Klägers hat er die Investitionen für die Liegenschaft (die nun im Eigentum der beklagten Parteien steht) gemacht, weil er davon ausging, daß diese Liegenschaft ihm (und seiner Schwester) übertragen werde. Im Hinblick auf diese Investitionen konnte er die Tischlereiräumlichkeiten unentgeltlich benützen. All dies stand also in einem einander bedingenden Zusammenhang. Tatsache ist, daß dem Kläger die streitgegenständliche Liegenschaft infolge des Übergabsvertrages mit den Beklagten nicht übertragen wurde. Damit ist objektiv die Geschäftsgrundlage für die Gesamtregelung zwischen dem Vater des Klägers und dem Kläger weggefallen, sodaß - entsprechende Geltendmachung vorausgesetzt - neben den Regeln der Lehre über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (siehe zu denselben Rummel in Rummel 2. Auflage Rz 4 f zu § 901 ABGB; der dort und weiters in Rz 6 und 6 a dargelegte dogmatische Streit kann, weil es hier nur um die Rechtsfolgen geht, die unabhängig von der dogmatischen Begründung die gleichen sind, dahingestellt bleiben) jedenfalls die Möglichkeit einer Vertragsauflösung besteht (und zwar ex tunc - siehe Rummel aaO Rz 6 a zu § 901 ABGB; es ist von einem anfänglichen Fehlen der Geschäftsgrundlage auszugehen und davon, daß die gesamte vertragliche Regelung zwischen dem Kläger und seinem Vater überwiegend nicht den Charakter eines Dauerrechtsverhältnisse hat - als Dauerrechtsverhältnis kann nur die Benützung der Tischlereiräumlichkeiten geltend; die getätigten Investitionen und die Zusage der Vererbung der Liegenschaft dominiert und hat keinen Dauerrechtscharakter). Die Vertragsauflösung hat die Rückabwicklung (condictio causa finita - siehe Rummel aaO Rz 7 zu § 901 und Rz 3 zu § 1435 ABGB) zur Folge.

Zwar könnte nicht der Erstbeklagte (als Universalsukzessor des Vaters des Klägers) nach der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen dieser den mit dem Kläger geschlossenen Vertrag (der unter anderem die Unentgeltlichkeit der Benützung der Tischlereiräumlichkeiten umfaßt) anfechten, weil ihm - als Universalsukzessor des Vaters des Klägers - entgegenzuhalten wäre, daß die Zweckverfehlung, auf welche die Anfechtung gestützt wird, seiner eigenen Sphäre entstammt (siehe Rummel aaO Rz 4 zu § 901 ABGB). Die Zweckverfehlung geht ja darauf zurück, daß der Vater des Klägers die Liegenschaft den beiden Beklagten übergab und somit die Zusage nicht einhielt, sie dem Kläger (und seiner Schwester) zu vererben. Nun hat aber der Kläger selbst, was sich aus seinem Vorbringen unter K) (S 8 in ON 19) klar ergibt, die Konsequenzen aus diesem Verhalten seines Vaters bereits gezogen; er erachtet sich nicht mehr an die mit dem Vater getroffene gesamtvertragliche Regelung gebunden und macht den Aufwand für Investitionen seit dem Jahre 1980 geltend. Es steht dem Erstbeklagten somit jederzeit frei, durch korrespondierende Erklärung sogar die einvernehmliche Aufhebung der erwähnten gesamtvertraglichen Regelung zu bewirken. Angesichts der erwähnten ex-tunc-Wirkung der Aufhebung hätte dies zur Folge, daß auch schon zum Übergabszeitpunkt (rückwirkend) entsprechender Ertrag aus den Tischlereiräumlichkeiten erwirtschaftet werden kann. Die entsprechende korrespondierende Erklärung wurde zwar vom Erstbeklagten bisher nicht abgegeben (dem Vorbringen in erster Instanz kann dies nicht entnommen werden), doch muß bei der wirtschaftlichen Betrachtung, die im Rahmen einer Ertragswertschätzung vorzunehmen ist, auf diese jederzeit gegebene Möglichkeit des Erstbeklagten Bedacht genommen werden. Aus wirtschaftlicher Sicht bedeutet diese dem Erstbeklagten jederzeit offenstehende Möglichkeit eben, daß eine wertmindernde Beeinträchtigung der Möglichkeit zur Verfügung über die Tischlereiräumlichkeiten nicht gegeben ist. Das Berufungsgericht verkennt dabei nicht, daß das Vorbringen des Klägers unter Punkt K) erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu welchem die Schätzung durch den Sachverständigen Ing.Kaiser bereits erfolgt war. Der Sachverständige selbst konnte also auf dieses Vorbringen noch nicht Bedacht nehmen. Dies ändert aber nichts daran, daß sich gerade aufgrund dieses Vorbringens des Klägers rückblickend das Ergebnis der Schätzung des Sachverständigen als zutreffend erweist.

Das Berufungsgericht hält also die Einwendungen der beklagten Parteien gegen die Feststellungen des Erstgerichtes über den Wert der übergebenen Liegenschaft für unberechtigt und sieht keinen Grund, diese Feststellungen zu korrigieren (auf die in der Berufung nicht aufgeworfene Frage, ob das Fruchtgenußrecht zu Gunsten des Vaters der Streitteile nicht auch als wertmindernd zu berücksichtigen gewesen wäre, ist mangels Relevierung dieses Problems nicht einzugehen)".

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 3.3.1995, 13 E 666/95i, wurde auf Antrag des nunmehrigen Oppositionsbeklagten als betreibenden Gläubigers gegen die nunmehrigen Oppositionskläger als Verpflichtete zur Hereinbringung dieser Forderungen die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung bewilligt.

Die Kläger begründen ihre Einwendungen gegen diesen exekutiv betriebenen Anspruch damit, nach Vorliegen des Urteils des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 5.12.1994, 4 R 303/94, habe der Erstkläger im Sinn der Ausführungen des Oberlandesgerichtes Innsbruck auf den Seiten 26 bis 28 die Aufhebung der vom Oberlandesgericht Innsbruck angenommenen gesamtvertraglichen Regelung zwischen dem Beklagten einerseits und dem Vater der Streitteile andererseits erklärt. Diese Erklärung habe "ex-tunc-Wirkung" gehabt, sodaß - rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übergabe der in Frage stehenden Liegenschaften - eine rechtsgrundlose Benützung dieser Liegenschaft durch den Beklagten anzunehmen sei. Damit sei eine Forderung der Kläger gegen den Beklagten auf Benützungsentgelt entstanden, welches für die Zeit ab Übergabe der Liegenschaften an die Kläger bis Anfang 1995 einen Gesamtbetrag von S 2,596.828,80 ausmache. Mit Schreiben der Klagevertreter an die damaligen Beklagtenvertreter vom 19.1.1995 sei mit einem Teilbetrag dieser Benützungsentgeltforderung in Höhe der nun vom Beklagten in Exekution gezogenen Forderung gegen diese Forderung die Aufrechnung erklärt worden, sodaß sämtliche Forderungen des Beklagten schon vor Einbringung des dem Verfahren 13 E 666/95i des Bezirksgerichtes Dornbirn zugrundeliegenden Exekutionsantrags durch Aufrechnung beglichen und bezahlt gewesen seien. Soweit zur Erzielung dieser Wirkung Abtretungen notwendig gewesen seien, seien diese erfolgt.

Der Beklagte wendete ein, im Verfahren 8 Cg 420/93d des Landesgerichtes Feldkirch seien die vertraglichen Beziehungen zwischen dem verstorbenen Vater der Streitteile und dem Beklagten nicht rechtsverbindlich geklärt bzw festgestellt worden. Es seien sohin auch die Rechtsausführungen des Oberlandesgerichtes Innsbruck auf den Seiten 26 bis 28 des Urteils vom 5.12.1994 schlichtweg falsch. Vom Oberlandesgericht Innsbruck sei die Möglichkeit einer Vertragsauflösung ausgesprochen worden, ohne jedoch die tatsächlichen Rechtsverhältnisse zwischen dem Vater der Streitteile und dem Beklagten zu klären. Hiezu habe für das Oberlandesgericht Innsbruck kein Anlaß bestanden, zumal diese Vertragsbeziehungen für die Entscheidung im genannten Verfahren irrelevant gewesen seien. Es bleibe auch unerfindlich, weshalb das Oberlandesgericht Innsbruck in seiner Entscheidung vom 5.12.1994 einen derartigen rechtlichen Exkurs auf den Seiten 26 bis 28 vorgenommen habe. Die von den Klägern mit Schreiben vom 19.1.1995 vorgenommene Vertragsauflösung bzw Aufrechnung sei rechtsunwirksam bzw nichtig, zumal die Annahme des Oberlandesgerichtes Innsbruck, daß sich der Kläger (und nunmehrige Beklagte) nicht mehr an die mit dem Vater getroffene gesamtvertragliche Regelung gebunden fühle, unrichtig sei. Weiters basierten die Rechtsausführungen des Oberlandesgerichtes Innsbruck auf bloßen Annahmen und Spekulationen, was sich bereits aus der Diktion der Entscheidung ergebe. Die auf diese Annahmen und Spekulationen gestützten Erklärungen der Kläger seien daher rechtlich wertlos; jedenfalls stellten sie kein wirksames novum productum dar und könnten nicht unter § 35 EO subsumiert werden, der für die Klagsführung die Eventualmaxime vorsehe.

Das Erstgericht wies die Oppositionsklage ab; es ging "in Anlehnung an die den Titel der Anlaßexekution bildende Entscheidung des Oberlandesgerichtes Innsbruck" von folgenden Tatsachen aus: Die nunmehrigen Kläger sind Eigentümer der Liegenschaften EZ 7122, Grundbuch ***** D*****, aufgrund des mit Franz Josef S***** abgeschlossenen Übertragsvertrags vom 2.4.1991. Der Nachlaß des am 28.4.1992 verstorbenen Franz Josef S***** wurde aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers dem Erstkläger als Alleinerben eingeantwortet. Der Beklagte hat im Rahmen seiner Tischlereiwerkstatt seit 1985 das gesamte Untergeschoß und das Kellergeschoß des Hauses F*****gasse 4 übernommen; er hat im Hinblick auf von ihm in Erwartung einer späteren Übertragung im Erbweg getätigte Investitionen vereinbarungsgemäß keinen Mietzins zu zahlen, obschon hiefür ein solcher von monatlich S 47.044 netto angemessen und ortsüblich wäre. Infolge des Übergabsvertrags vom 2.4.1991 ist objektiv die Geschäftsgrundlage für die Gesamtregelung zwischen dem nunmehrigen Beklagten und seinem Vater weggefallen, sodaß - entsprechende Geltendmachung vorausgesetzt - jedenfalls die Möglichkeit einer Vertragsauflösung ex tunc, und zwar ausschließlich durch den Beklagten besteht, welcher sich an die mit seinem Vater getroffene gesamtvertragliche Regelung offenbar auch gar nicht mehr gebunden erachtete, womit es dem Erstkläger jederzeit freigestanden wäre, durch korrespondierende Erklärung sogar die einvernehmliche Auflösung der in Rede stehenden gesamtvertraglichen Regelung zu bewirken. Die Kläger haben erst mit Schreiben ihrer Vertreter vom 19.1.1995 außerhalb des Titelverfahrens mit der Gegenforderung an Benützungsentgelt aufgerechnet, in welchem in diesem Zusammenhang monatlich S 56.452,80 (inklusive 20 % Umsatzsteuer) für die 46 Monate zwischen April 1991 und Jänner 1995 bzw insgesamt S 2,596.828,80 geltend gemacht wurden. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Kläger hätten das Benützungsentgelt von S 2,032.300,80 für die drei Jahre vor dem Ableben (28.4.1992) des Franz Josef S***** bereits im Titelverfahren tatsächlich geltend gemacht; damit sei jedenfalls auch der Beginn des Zeitraumes umfaßt, der im Schreiben der Kläger vom 19.1.1995 angesprochen werde. Zwar sei nicht zu übersehen, daß sich die im Titelverfahren und die im Schreiben vom 19.1.1995 vorgenommenen Aufrechnungen mit Benützungsentgelt darin unterscheiden, daß es letzterenfalls zu einer nicht bloß über das Ableben des Franz Josef S*****, sondern außerdem über den Schluß der Verhandlung im Titelverfahren (1.7.1994) um sieben Monate bis Jänner 1995 hinausreichenden Geltendmachung gekommen sei, ebensowenig daß § 1439 ABGB die Fälligkeit sowohl der Forderung als auch der Gegenforderung voraussetze. Daß das - allein dem nunmehrigen Erstkläger als Universalsukzessor des Franz Josef S*****, nicht aber der nunmehrigen Zweitklägerin gebührende - Benützungsentgelt im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung im Titelverfahren nicht ausschließlich für die Vergangenheit, sondern überdies für die Zukunft zugestanden sei, besage aber deshalb nichts, weil allein schon der bis dahin angefallene, nämlich auf die 39 Monate von April 1991 bis Juni 1994 bezügliche Teil des Benützungsentgelt von monatlich S 56.452,80 (inklusive 20 % Umsatzsteuer) die Entstehung des Exekutionstitels hinsichtlich der dem nunmehrigen Beklagten gegenüber dem nunmehrigen Erstkläger zuerkannten S 304.333,33, aber auch hinsichtlich der gegenüber der nunmehrigen Zweitklägerin zuerkannten S 397.533,33 zu verhindern ausgereicht hätte. Hinzu komme, daß der Umstand, daß der Anspruch auf Benützungsentgelt lediglich hinsichtlich der zurückliegenden Zeit ein unbedingter, hinsichtlich der jeweiligen Zukunft hingegen ein (ausschließlich) durch die Fortdauer der Benützung bedingter sei, nichts daran zu ändern vermöge, daß es hiebei um ein- und denselben, zwar befristeten, jedoch bereits von vornherein gegebenen Anspruch zu tun sei, von welchem daher noch im Titelverfahren auch für die Zukunft wirksam Gebrauch gemacht werden habe können. Seitens der nunmehrigen Kläger habe nämlich auch anläßlich der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 1.7.1994, in deren Verlauf sie ihre bereits am 27.5.1994 erhobene Gegenforderung präzisierten, keineswegs davon ausgegangen werden können, daß es hiebei zum Schluß der Verhandlung kommen werde. Überdies bestehe - zumal im Fall künftig wiederkehrender Leistungen - kein Grund, davon auszugehen, daß die Aufrechnungserklärung, durch welche die Kompensation bezogen auf den Eintritt der Aufrechnungslage - den Zeitpunkt, in dem sich die Forderungen erstmalig aufrechenbar gegenüberstehen, erst bewirkt werde, nur im nachhinein und nicht auch im vorhinein abgegeben werden könne. Der Verlust der Einwendung im Weg der Oppositionsklage soll nicht von der Willkür des dadurch Betroffenen abhängen. Die Worte "wirksam Gebrauch machen konnte" in § 35 Abs 1 EO seien also dahin zu verstehen, daß die Möglichkeit der Geltendmachung auch dann als gegeben anzusehen sei, wenn hiezu eine rechtsbegründende Willenserklärung notwendig sei. Auch bei Gestaltungserklärungen, wie zB Aufrechnung, stellten herrschende Lehre und überwiegende Rechtsprechung nicht darauf ab, wann diese abgegeben wurden, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem das Gestaltungsrecht entstanden sei. Im Zusammenhang mit der rein objektiv zu verstehenden Präklusionsnorm des § 35 Abs 1 EO sei sogar belanglos, wann der Verpflichtete von den bezüglichen Tatsachen Kenntnis erhielt; sie könnten, falls ihre Geltendmachung im Titelverfahren möglich war, nicht einmal bei von der Partei unverschuldeter Unkenntnis mehr zum Anlaß der Klage nach § 35 EO genommen werden.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück; es ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO gegeben seien. Zum einen bestünden unterschiedliche Auffassungen darüber, ob bei Gestaltungsrechten, zu denen auch die Aufrechnung zählt, die Einwendungstatsache erst mit der tatsächlichen Ausübung des Gestaltungsrechts oder bereits mit der Möglichkeit dieser Ausübung entstehe; hiezu fehlten jüngere oberstgerichtliche Entscheidungen. Weiters sei von rechtlich erheblicher Bedeutung, inwieweit zukünftiges Benützungsentgelt im Rahmen einer Aufrechnung den Anspruch vernichtend geltend gemacht werden könne. Schließlich fehle eine Rechtsprechung dazu, ob eine Aufrechnung als Oppositionsgrund dann zu verneinen sei, wenn durch eine andere Gegenforderung der Bestand des exekutionsrechtlich durchzusetzenden Anspruchs bereits zum Erlöschen hätte gebracht werden können.

Das Berufungsgericht führte aus, bei der rechtlichen Beurteilung sei zwischen der Aufrechnungsmöglichkeit der Kläger im seinerzeitigen Titelprozeß und der inhaltlichen Berechtigung einer solchen Aufrechnung zu unterscheiden. Die Klage nach § 35 EO könne nur auf solche Tatsachen gestützt werden, die erst nach Entstehung des Exekutionstitels eingetreten sind. Handle es sich beim Exekutionstitel um eine gerichtliche Entscheidung, müßten diese Tatsachen nach dem Zeitpunkt entstanden sein, bis zu welchem der Verpflichtete von diesen Tatsachen im vorangegangenen gerichtlichen Verfahren Gebrauch machen konnte. Sie müßten daher zu einem Zeitpunkt entstanden sein, zu dem bereits Neuerungsverbot galt. Bei Urteilen sei dieser Zeitpunkt der Schluß der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz. Lägen also die den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen schon vor dem Schluß der Verhandlung erster Instanz vor, so habe sie die Partei einredeweise vorzubringen. Bei Gestaltungsrechten (Aufrechnung, Irrtumsanfechtung, Wandlung, Minderung) werde in der Lehre überwiegend und in der Rechtsprechung einhellig die Auffassung vertreten, es komme darauf an, wann sie entstanden sind und damit ausgeübt hätten werden können. Demgegenüber werde aber auch die Meinung vertreten, die Möglichkeit der Ausübung eines Rechtes könne nicht mit seiner tatsächlichen Ausübung gleichgesetzt werden; es sei daher darauf abzustellen, daß das Gestaltungsrecht tatsächlich ausgeübt werde. Das Berufungsgericht schließe sich in dieser Frage trotz der beachtlichen dagegensprechenden Argumente der herrschenden Rechtsprechung an, wonach die Aufrechnungseinrede nur dann einen Oppositionsgrund bilden könne, wenn ihre Geltendmachung im Hauptprozeß aus nicht bloß subjektiven Gründen unmöglich gewesen sei. Es sei daher vorerst zu prüfen, ob und in welchem Umfang den Klägern die nunmehr als Oppositionsgrund herangezogene Kompensation bereits möglich gewesen wäre.

Die Kläger hätten im Titelprozeß bereits einen Teil jener Forderung, mit der sie entsprechend ihrem Schreiben vom 19.1.1995 aufgerechnet haben, als Gegenforderung kompensando eingewendet. Im Titelverfahren hätten die Kläger in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 1.7.1994 vorgebracht, das Benützungsentgelt von insgesamt S 2,032.300,80 betreffe den Zeitraum von drei Jahren vor dem Ableben des Franz Josef S***** am 28.4.1992. Da die Kläger nunmehr als Oppositionsgrund die Aufrechnung mit einer Forderung aus Benützungsentgelt von April 1991 bis Jänner 1995 anstrebten, überschneide sich das Benützungsentgelt für die Zeit von April 1991 bis April 1992. In diesem Umfang hätten die Kläger bereits erfolglos im Titelprozeß kompensieren wollen. Das weitergehende Benützungsentgelt für die Zeit von Mai 1992 bis Juni 1994 hätten die Kläger gleichfalls als Gegenforderung einwenden können, dies umso mehr, als sie bereits im Titelverfahren den Standpunkt eingenommen hätten, der Beklagte habe wegen titelloser Verwendung der Werkstatt ein Benützungsentgelt zu entrichten.

Von der objektiv möglichen Geltendmachung der Aufrechnung im Hauptprozeß zu unterscheiden sei die Frage, ob auch die materiellen Voraussetzungen für den Bestand der eingewendeten Gegenforderung und der sich daraus ergebenden Aufrechnung bereits im Titelverfahren vorhanden gewesen sein mußten. Dies sei zu verneinen. Es komme nicht darauf an, ob die Aufrechnungslage vor oder nach Schluß der Verhandlung im Titelprozeß entstanden ist oder ob die Aufrechnungserklärung vor oder nach diesem Zeitpunkt abgegeben wurde. Für den vorliegenden Fall bedeute dies, daß die angebliche Zustimmung der Kläger zur Aufhebung des Gesamtvertrags im Jänner 1995 - nach Ansicht des Oberlandesgerichtes Innsbruck und der Berufungswerber - nur inhaltliche Voraussetzung für den rechtlichen Bestand einer allfälligen Gegenforderung wäre. Ob diese Gegenforderung tatsächlich berechtigt erhoben worden sei oder nicht, sei bei der Beurteilung einer Aufrechnungserklärung als Oppositionsgrund nicht entscheidend.

Nicht zu folgen sei allerdings der Rechtsmeinung des Erstgerichtes, auch das ab dem Schluß der mündlichen Streitverhandlung erst entstandene (allfällige) Benützungsentgelt hätte von den Klägern im Hauptprozeß eingewendet werden können und schon das Benützungsentgelt bis Juni 1994 hätte ausgereicht, den Klagsanspruch zum Erlöschen zu bringen. Hier sei zu beachten, daß die Kläger weder rechtlich noch in tatsächlicher Hinsicht in der Lage gewesen wären, zukünftige Benützungsentgelte zu verlangen. Es hätte an der geforderten Fälligkeit gemangelt. Es gehe auch nicht darum, ob eine bereits tatsächlich erfolgte oder rechtlich mögliche Aufrechnung den gesamten geltend gemachten Klagsanspruch zum Erlöschen gebracht hätte, sondern ob der gesamte als Oppositionsgrund aufrechnungsweise eingewendete Betrag vor dem Schluß der Verhandlung erster Instanz aufrechnungsweise geltend gemacht hätte werden können. Da dies jedenfalls für die begehrten Benützungsentgelte ab Juli 1994 nicht zutreffe, sei die Abweisung des gesamten Klagebegehrens aus den vom Erstgericht herangezogenen Gründen derzeit nicht berechtigt. Zur abschließenden Beurteilung, ob die Aufrechnung mit einer Forderung aus Benützungsentgelten für den Zeitraum Juli 1994 bis Jänner 1995 inhaltlich gerechtfertigt sei oder nicht, fehlten die entsprechenden Feststellungen und Beweisergebnisse. Es sei daher erforderlich, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung in der aufgezeigten Richtung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Geltendmachung von Gegenforderungen mit Oppositionsklage (§ 35 EO) ist nicht unbeschränkt möglich. Gemäß § 35 Abs 1 EO können gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde, im Zuge des Exekutionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrundeliegenden Exekutionstitels eingetreten sind. Falls jedoch dieser Exekutionstitel in einer gerichtlichen Entscheidung besteht, ist der Zeitpunkt maßgebend, bis zu welchem der Verpflichtete von den bezüglichen Tatsachen im vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren wirksam Gebrauch machen konnte.

Der Ansicht der ständigen Rechtsprechung (EvBl 1973/8; EvBl 1965/308; EvBl 1964/328; JBl 1956, 184; JBl 1955, 251 [Novak]; SZ 26/245; SZ 15/245; SZ 6/145; GlUNF 7.012; 3 Ob 1066/91 ua), Gegenforderungen könnten nur dann in der Oppositionsklage erhoben werden, wenn ihre Geltendmachung im Hauptprozeß aus nicht bloß subjektiven Gründen unmöglich war, die im Titelverfahren verabsäumte Möglichkeit einer Aufrechnung könne im Oppositionsverfahren nicht mehr nachgeholt werden, sind in der Lehre zuletzt wieder Buchegger, Die Aufrechnung als Oppositionsklagegrund, in BeitrZPR I 41; Buchegger/Holzhammer in Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht4 148 f; Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht Rz 201 und Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren**2 Rz 347 entgegengetreten (zum weiteren Meinungsstand s Buchegger in BeitrZPR I 41), die nicht auf die Möglichkeit der Aufrechnungseinrede, sondern auf die tatsächliche Ausübung des Gestaltungsrechtes abstellen und daher die Zulässigkeit der Aufrechnung mit einer Forderung, die schon zum entscheidungsmaßgeblichen Zeitpunkt für die Schaffung des Titels bestanden hat, im Wege der Oppositionsklage bejahen.

Wie der erkennende Senat in der (nach der Entscheidung des Berufungsgerichtes im vorliegenden Fall ergangenen) Entscheidung 3 Ob 15/96 (veröffentlicht in Jus-Extra OGH-Z 2419) ausgesprochen hat, geben diese Lehrmeinungen keinen Anlaß, von der in ständiger Rechtsprechung vertretenen Rechtsansicht abzugehen. Es kann nicht in das Belieben des Klägers gestellt sein, sich im Oppositionsprozeß darauf zu berufen, daß er nach Entstehung des Exekutionstitels die Kompensationserklärung abgegeben hat. Wäre es zulässig, daß der Verpflichtete die Oppositionsklage aufgrund einer, gleichgültig wann, entstandenen Gegenforderung erhebt, so wäre dadurch in vielen Fällen die Möglichkeit einer mutwilligen Verschleppung der Exekutionsführung gegeben. Es muß daher vielmehr gefordert werden, daß der Verpflichtete im Verfahren, welches zum Exekutionstitel führt, seine Kompensationsansprüche geltend macht, sofern er dies kann, d.h., sofern die Tatsachen, die die Möglichkeit der Kompensation begründen, in diesem Stadium schon gegeben und ihm schon bekannt sind (JBl 1955, 251 [Nowak]; SZ 26/245). Aus dem Gesetzeswortlaut selbst ergibt sich eine Präklusion des Aufrechnungsrechtes, die eine spätere Geltendmachung mit Oppositionsklage ausschließt. Der Normzweck des § 35 EO, nur in bestimmten Fällen die Möglichkeit von Einwendungen gegen den betriebenen Anspruch einzuräumen, schließt die Ausübung des Gestaltungsrechtes der Aufrechnung in dem Fall aus, daß dies bereits im Titelverfahren möglich gewesen wäre.

Es ist somit die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes zu billigen, daß den Oppositionsklägern die Geltendmachung von Benützungsentgelt bis Juni 1994 verwehrt ist, weil die Verhandlung im Titelverfahren am 1.7.1994 geschlossen wurde.

Soweit die Aufrechnung mit Benützungsentgelten ab Juli 1994 begehrt wird, ist eine abschließende Beurteilung mangels Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes nicht möglich. Die Kläger haben immerhin mit hinreichender Deutlichkeit vorgebracht, daß das der Benützung zugrundeliegende Rechtsverhältnis durch korrespondierende Erklärungen aufgelöst wurde. Hiezu wird das Erstgericht nach Ergänzung des Beweisverfahrens Tatsachenfeststellungen zu treffen haben. Ein Sachverhalt, wie er dem zwischen denselben Parteien ausgetragenen Rechtsstreit zu 10 Ob 2470/96z zugrundelag, wurd ein diesem Verfahren bisher nicht festgestellt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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