OGH 3Ob2178/96g

OGH3Ob2178/96g6.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** AG, *****, vertreten durch Mag. Dr. Reinhard Selendi, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei Herbert G*****, vertreten durch Dr. Johannes Kirschner, Rechtsanwalt in Wels, wegen Anfechtung (Streitwert S 94.433,47), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 14. Februar 1996, GZ 23 R 239/95-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 9. August 1995, GZ 5 C 2681/93-14, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das in seinen Punkten 2) und 4) bestätigt wird, wird in seinem Punkt 1) dahin abgeändert, das es zu lauten hat:

"1) Das Klagebegehren, die von Beatrice Maria G***** am 9.12.1992 abgegebene Verzichtserklärung auf die Auszahlung der Ausgleichsquote im Zwangsausgleich im Konkursverfahren über das Vermögen des Beklagten, S 82/92 des Landesgerichtes Wels, welche ihr aufgrund der Ansprüche gegenüber dem Beklagten infolge gewährter Darlehen aus den Jahren 1990 und 1991 und Gehältern für die Monate Jänner bis Mai 1991 zustehe, sei gegenüber der Klägerin unwirksam, wird abgewiesen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.086,40 (darin S 1.014,40 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Wechselzahlungsauftrag des Kreisgerichtes Wels vom 2.7.1991, 1 Cg 233/91-1, wurden der Beklagte (als Wechselakzeptant) und seine Ehegattin Beatrice Maria G***** (als Wechselbürgin) zur ungeteilten Hand verpflichtet, der Klägerin S 247.640 sA zu bezahlen. Zur Hereinbringung dieser Forderung führte die Klägerin in der Folge Exekution gegen beide, wodurch sie jedoch nur im geringen Umfang Befriedigung erlangte.

Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 15.10.1992, S 82/92-1, wurde über das Vermögen des Beklagten der Konkurs eröffnet. Die Klägerin meldete im Konkurs ihre Forderung aus dem Wechselzahlungsauftrag vom 2.7.1991 in Höhe von S 247.640 Kapital, S 57.222,94 Zinsen und S 3.477,71 Kosten an. Die Forderung wurde nicht bestritten.

Beatrice Maria G***** meldete ihrerseits im Konkurs des Beklagten eine Forderung in der Höhe von S 449.492,94 aus Darlehen aus den Jahren 1990 und 1991 und offenen Gehältern aus ihrer Mitarbeit im Betrieb des Beklagten für Jänner bis Mai 1991 samt 4 % Zinsen bis 14.10.1992, insgesamt sohin S 472.167,36 an. Auch andere nahe Angehörige des Beklagten meldeten im Konkurs Forderungen an. Sie verfolgten mit der Ehegattin des Beklagten das Ziel, den Beklagten bei der Erreichung des angestrebten Zwangsausgleichs zu unterstützen, und vereinbarten, auf ihre Ausgleichsquoten zu verzichten.

Bei der Prüfungstagssatzung vom 3.12.1992 wurde die Konkursforderung der Ehegattin des Beklagten mit S 472.167,36 festgestellt. Die Ehegattin des Beklagten rechnete von Anfang an mit keiner Zahlung des Beklagten. Am 9.12.1992 gab sie gegenüber dem Masseverwalter die Erklärung ab, für den Fall des Zustandekommens eines Ausgleichs oder Zwangsausgleichs auf die Auszahlung der auf ihre Konkursforderung entfallenden Ausgleichsquote endgültig und unwiderruflich zu verzichten, da sie ihrem Ehegatten bei der Finanzierung bzw Durchsetzung des Ausgleichs behilflich sein wolle. Der Zwangsausgleich sollte es dem Beklagten ermöglichen, das von ihm betriebene Gastlokal fortzuführen, das die Existenzgrundlage für ihn und seine Familie (zwei mj. Kinder) darstellte.

Am 18.12.1992 beantragte die Klägerin beim Bezirksgericht Wels zur Hereinbringung der noch offenen Forderung aus dem Wechselzahlungsauftrag vom 2.7.1991 gegen die Ehegattin des Beklagten die Exekution durch Pfändung der dieser gegen den Beklagten zustehenden, im Konkurs angemeldeten Forderung von S 472.167,36. Dieser Exekutionsantrag wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 21.12.1992, 10 S 6989/92-1 bewilligt.

Mit Beschluß des Konkursgerichtes vom 14.5.1993 wurde ein im Konkurs des Beklagten zustandegekommener Zwangsausgleich bestätigt. Danach sollten die Konkursgläubiger eine Quote von 20 % erhalten. Mit Beschluß des Konkursgerichtes vom 14.6.1993 wurde der Konkurs aufgehoben. Ab 9.8.1993 war die Ausgleichsquote fällig.

Der Ehegattin des Beklagten war zwar klar, daß sie gegenüber der Klägerin eine Bürgschaft übernommen hatte; sie dachte aber nie daran, daß mit dem Verzicht auf die angemeldete Forderung die Klägerin weniger oder nichts bekommen würde.

Mit der am 3.11.1993 eingebrachten Anfechtungsklage begehrte die Klägerin den Ausspruch, daß die von Beatrice Maria G***** am 9.12.1992 abgegebene Verzichtserklärung auf die Auszahlung der Ausgleichquote im Zwangsausgleich im Konkurs über das Vermögen des Beklagten, S 82/92 des Landesgerichtes Wels, welche ihr aufgrund der Ansprüche gegenüber dem Beklagten infolge gewährter Darlehen aus den Jahren 1990 und 1991 und Gehältern für die Monate Jänner bis Mai 1991 zustehe, gegenüber der Klägerin unwirksam sei, und die Zahlung des Betrages von S 94.433,47 sA. In der Verzichtserklärung der Ehegattin des Beklagten sei eine unentgeltliche Verfügung einer Angehörigen zugunsten des Beklagten und eine Benachteiligung der Klägerin zu erblicken. Der Beklagte habe Kenntnis von der Benachteiligungsabsicht seiner Ehegattin (zu Lasten der Klägerin) gehabt. Beiden Ehegatten sei die offene Schuld gegenüber der Klägerin und die mangelnde Deckung bekanntgewesen. Anfechtungsgegner sei stets derjenige, zu dessen Gunsten die anfechtbare Rechtshandlung vorgenommen worden sei. Die Klägerin stütze sich auf sämtliche Anfechtungstatbestände, insbesondere auf die §§ 2, 3 AnfO. Sie habe bisher keine Befriedigung ihrer Forderung erlangt. Die Benachteiligungsabsicht sei dem Forderungsverzicht durch die Ehegattin des Beklagten immanent; es reiche aber sogar dolus eventualis zur Verwirklichung der Benachteiligung aus. Die Ehegattin des Beklagten habe sich, auch wenn sie mit dem Forderungsverzicht primär andere Ziele verfolgt habe, mit der offensichtlichen Benachteiligung der Klägerin abgefunden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und bestritt seine Passivlegitimation. Die Anfechtungsklage wäre nicht gegen ihn, sondern gegen seine Ehegattin zu richten gewesen. Von einer Benachteiligungsabsicht seiner Ehegattin oder dolus eventualis könne keine Rede sein. Die Anmeldung im Konkurs sei nur in der irrigen Annahme erfolgt, daß damit ein Stimmrecht zugunsten des geplanten Zwangsausgleich verbunden wäre. Die Klägerin habe bei den Überlegungen des Beklagten und seiner Ehegattin nicht die geringste Rolle gespielt.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren unter Zugrundelegung der eingangs wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen ab. Dabei vertrat es die Rechtsauffassung, daß kein Anfechtungstatbestand wegen Benachteiligungsabsicht oder Vermögensverschleuderung im Sinne der AnfO vorliege. Dies ergebe sich aus dem Beweggrund der Anmeldung der Forderung der Ehegattin des Beklagten. Mit dem Verzicht habe sie einer sittlichen Pflicht entsprochen, weil sonst die Existenz ihres Ehegatten bzw der gesamten Familie gefährdet gewesen wäre.

Das Berufungsgericht änderte infolge Berufung der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung das Ersturteil dahin ab, daß es aussprach, daß die von Beatrice Maria G***** am 9.12.1992 abgegebene Verzichtserklärung auf die Auszahlung der Ausgleichsquote im Zwangsausgleich im Konkursverfahren über das Vermögen des Beklagten, S 82/92 des Landesgerichtes Wels, welche ihr aufgrund der Ansprüche gegenüber dem Beklagten infolge gewährter Darlehen aus den Jahren 1990 und 1991 und Gehältern für die Monate Jänner bis Mai 1991 zustehe, gegenüber der Klägerin unwirksam sei (Punkt 1.), und den Beklagten verpflichtete, zur Hereinbringung einer Forderung von S 94.433,47 samt 4 % Zinsen seit 9.8.1993 (aufgrund der Eintragung der Forderung der Beatrice Maria G***** von insgesamt S 472.167,36 in das Anmeldungsverzeichnis im Konkursverfahren S 82/92 des LG Wels) die Exekution in das gesamte Vermögen zu dulden (Punkt 2.); das Mehrbegehren, der Beklagte sei schuldig, zur Hereinbringung weiterer 6 % Zinsen aus der Kapitalforderung laut Punkt 2. die Exekution in sein gesamtes Vermögen zu dulden, wurde abgewiesen (Punkt 3.). Die ordentliche Revision sei zufolge Vorliegens erheblicher Rechtsfragen zuzulassen.

Das Berufungsgericht ging in seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, daß die Ehegattin des Beklagten in den letzten zwei Jahren vor der Anfechtung zugunsten des Beklagten eine Rechtshandlung (Verzicht) gesetzt habe. Der Beklagte sei daher Anfechtungsgegner im Sinne des § 2 AnfO. Mit dieser Rechtshandlung sei ein Nachteil für die Klägerin verbunden gewesen, weil sich die Ehegattin des Beklagten ohne Gegenleistung eines Vermögensbestandteiles begeben habe, obwohl sie ihrerseits bisher nicht in der Lage gewesen sei, ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin zu erfüllen. Es komme daher der Anfechtungstatbestand des § 2 Z 3 AnfO in Betracht. Die Beweislast dafür, daß der Schuldner keine Benachteiligungsabsicht gehabt habe bzw eine solche weder bekannt gewesen sei noch bekannt sein mußte, treffe den Anfechtungsgegner. Die Benachteiligungsabsicht iS des § 2 AnfO setze nicht voraus, daß der Schuldner mit seiner Rechtshandlung geradezu die Verkürzung seines Gläubigers beabsichtigt habe; es genüge das Bewußtsein, daß der Gläubiger durch die angefochtene Rechtshandlung benachteiligt werden könne. Der Anfechtungsgegner müsse behaupten und beweisen, daß sich der Schuldner bei der angefochtenen Rechtshandlung nicht damit abgefunden habe, daß sein Gläubiger nicht rechtzeitig befriedigt werde. Auch der in juristischen Dingen nicht besonders geschulten Ehegattin des Beklagten hätte klar sein müssen, daß sie mit ihrem Verzicht auf eine ihr zustehende Forderung (Zwangsausgleichsquote) ihre finanzielle Situation weiter verschlechtere und die Eintreibung der Forderung der Klägerin zumindest weiter verhindere. Umstände, aus denen zu schließen wäre, daß sich die Ehegattin des Beklagten trotz dieser eindeutig für eine Benachteiligung der Klägerin sprechenden Situation mit der Benachteiligung nicht einmal abgefunden habe, seien nicht erwiesen worden, was bei dem gegebenen Anfechtungstatbestand zu Lasten des Anfechtungsgegners gehe. Im Hinblick auf die finanzielle Krise der Familie, die letztlich auch zur Konkurseröffnung über das Vermögen des Beklagten geführt habe, liege es auf der Hand, daß sowohl der Beklagte als auch seine Ehegattin das Geschäft als für die Gläubiger nachteilig erkennen mußte. Der Beklagte könne sich daher auch nicht auf eine Unkenntnis der Nachteile des angefochtenen Verzichts berufen, zumal schon bloße Fahrlässigkeit den guten Glauben des Anfechtungsgegners ausschließe. Die Klägerin habe daher sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 2 Z 3 AnfO nachgewiesen, während dem Beklagten der ihm obliegende Beweis der fehlenden Benachteiligungsabsicht des Schuldners bzw der unverschuldeten Unkenntnis nicht gelungen sei. Hätte die Ehegattin des Beklagten nicht auf die Auszahlung der ihr gebührenden Ausgleichsquote verzichtet, wäre der Klägerin ein Befriedigungsfonds zur Verfügung gestanden, aus dem sie zumindest eine teilweise Abdeckung ihrer Forderung erreichen hätte können. Das Argument, daß die Ehegattin des Beklagten bei Kenntnis der Möglichkeit des Zugriffs auf die von ihr im Konkurs ihres Ehegatten angemeldete Forderung die Anmeldung unterlassen hätte, greife nicht, weil die Nichtanmeldung der Forderung im Konkurs bzw zum Zwangsausgleich nicht deren Verlust zur Folge habe. Im Falle des Nichtzustandekommens eines Zwangsausgleichs hätte die Ehegattin des Beklagten ihre Forderung nach Aufhebung des Konkurses gegen den Beklagten betreiben und auf sein nach der Konkursaufhebung erworbenes oder auf das ihm zur freien Verfügung überlassene Vermögen greifen können. Da keineswegs auszuschließen sei, sondern vielmehr naheliege, daß der Beklagte in Zukunft wieder Einkünfte erzielen werde, sei eine zumindest teilweise Realisierung der Forderung seiner Ehegattin und damit eine teilweise Befriedigung der Klägerin denkbar. Die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung sei daher anzunehmen. Die Anfechtungsklage sei daher berechtigt.

Die Anfechtung sei grundsätzlich mit Leistungsklage geltend zu machen, wobei die Leistung auch in einem Dulden einer Exekutionsführung bestehen könne. Der Klägerin sei mit Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 21.12.1992 die Pfändung der Forderung ihrer Schuldnerin gegen den Beklagten, die wegen Unwirksamkeit des Verzichtes der Klägerin gegenüber weiterhin bestehe, und die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung bewilligt worden. Der Klägerin komme daher in Ansehung dieser Forderung die Stellung eines Überweisungsgläubigers zu. Einer Drittschuldnerklage bedürfe es nicht, wenn der Verpflichtete gegen den Drittschuldner bereits einen Exekutionstitel erworben habe. Ein solcher sei hier durch die Eintragung der Forderung der Ehegattin des Beklagten in das Anmeldungsverzeichnis und die mangelnde Bestreitung geschaffen worden. Die betreibende Partei könne daher gegen den Drittschuldner (Beklagten) unmittelbar Exekution führen, weshalb das Begehren der Klägerin dahin umzuformulieren gewesen sei, daß der Beklagte die Exekution zur Hereinbringung der Forderung von S 94.433 sA aufgrund der Eintragung einer Forderung von insgesamt S 472.176,36 in das Anmeldungsverzeichnis im Konkurs in sein gesamtes Vermögen zu dulden habe.

Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die Revision des Beklagten wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird die Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht begehrt.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil in der Zulassung der Revision auch der Bewertungsausspruch zu erblicken ist, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt (3 Ob 507/93; 4 Ob 47/94); sie ist im Ergebnis teilweise berechtigt.

Die vom Revisionswerber gerügte Aktenwidrigkeit gemäß § 503 Z 3 ZPO liegt nicht vor. Diese Beurteilung bedarf keiner Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO). Es genügt, darauf hinzuweisen, daß sich der Vorwurf der Aktenwidrigkeit auf Tatsachenfeststellungen beziehen muß, während er vom Revisionswerber auf Überlegungen des Berufungsgerichtes im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung bezogen wird (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 503).

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, sodaß hierauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO).

Zusammenfassend ist dem Revisionswerber folgendes entgegenzuhalten:

Gemäß § 2 Z 3 AnfO sind alle Rechtshandlungen anfechtbar, durch welche die Gläubiger des Schuldners benachteiligt werden und die er in den letzten zwei Jahren vor der Anfechtung gegenüber nahen Angehörigen oder zugunsten solcher Personen vorgenommen hat, es sei denn, daß dem anderen Teil zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners weder bekannt war noch bekannt sein mußte. Bei der auf diesen Tatbestand, der inhaltlich § 28 Z 3 KO entspricht, gestützten Anfechtung muß der Anfechtungskläger die Vornahme einer dessen Gläubiger benachteiligenden Rechtshandlung des Schuldners in den letzten zwei Jahren vor Einbringung der Anfechtungsklage, die Beteiligung des Anfechtungsgegners an dieser Rechtshandlung und dessen Eigenschaft als naher Angehöriger im Sinne des § 4 AnfO behaupten und beweisen. Die im § 2 Z 2 AnfO geforderten subjektiven Tatbestandsmerkmale - also die Benachteiligungsabsicht des Schuldners sowie deren Kenntnis bzw fahrlässige Unkenntnis durch den Anfechtungsgegner - sind dagegen keine Merkmale des geltend gemachten Tatbestandes und demgemäß auch nicht von der Behauptungs- und Beweislast des Anfechtungsklägers umfaßt. Hat dieser einen den vorher genannten objektiven Tatbestandsmerkmalen entsprechenden Sachverhalt bewiesen, kann der Anfechtungsgegner den Anfechtungsanspruch nur durch den Beweis entkräften, daß der Schuldner nicht in Benachteiligungsabsicht handelte bzw daß der Anfechtungsgegner aufgrund der für ihn maßgeblichen Umstände diese Absicht nicht kennen mußte. Um diesen - gewiß schwierigen - Beweis zu führen, muß der Anfechtungsgegner Tatsachen behaupten und beweisen, die den Schluß rechtfertigen, daß sich der Schuldner bei Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung nicht mit der Absicht trug, seine Gläubiger zu benachteiligen, oder wenn schon dieser Beweis nicht gelingen sollte, daß dem Anfechtungsgegner die doch vorliegende Benachteiligungsabsicht des Schuldners nicht bekannt sein mußte;

dabei geht jede Unklarheit zu Lasten des Anfechtungsgegners (König,

Anfechtung2 Rz 136 ff, 161 f; ÖBA 1992/337; RdW 1990, 15 = ÖBA

1990/204; WBl 1987, 158 = ÖBA 1987/50; SZ 53/31).

Die sachliche Begründung dafür, daß nahe Angehörige zu beweisen haben, daß ihnen Umstände aus der Sphäre des Schuldners nicht bekannt waren oder auch nicht bekannt sein mußten, liegt in der Erwägung, daß in der Regel ein naher Angehöriger gegenüber anderen Personen einen Informationsvorsprung hat. Die Schlechterstellung trägt dem Gläubigerinteresse in besonders kritischen Situationen Rechnung, weil in derartigen Fällen das Vorliegen der Kenntnis subjektiver Tatbestandsmerkmale beim Angehörigen typischer Weise angenommen werden kann (Ruppe in Ruppe, Handbuch der Familienverträge2 109; Fenyves, JBl 1975, 617 [623 f]; König aaO Rz 101; ÖBA 1995/485).

Die Frage, ob Benachteiligungsabsicht (gleich, ob in Form der Absicht, des unbedingten oder des bedingten Vorsatzes [dolus eventualis]) vorliegt, gehört zum Tatsachenbereich und ist insoweit nicht revisibel; lediglich die Frage, ob die von den Tatsacheninstanzen festgestellte Absicht des Schuldners im Sinne des § 2 AnfO zu beurteilen ist oder nicht, ist als Rechtsfrage auch vom Obersten Gerichtshof überprüfbar (ÖBA 1992/337; ecolex 1991, 532).

Im gegenständlichen Fall hat das Erstgericht festgestellt, daß die Ehegattin des Beklagten auf ihre Forderung verzichtete, weil sie dem Beklagten bei der Finanzierung und Durchsetzung des Ausgleichs behilflich sein wollte. Der Abschluß des Zwangsausgleichs sollte es dem Beklagten ermöglichen, das von ihm betriebene Gastlokal weiterzuführen, das die Existenzgrundlage für die Familie des Beklagten darstellte. Der Ehegattin des Beklagten war klar, daß sie gegenüber der Klägerin eine Bürgschaft übernommen hatte; sie dachte aber nicht daran, daß die Klägerin aufgrund ihres Verzichtes weniger oder gar nichts bekommen würde. Eine Feststellung, daß die Ehegattin des Beklagten eine Benachteiligung der Klägerin nicht zumindest billigend in Kauf nahm, wurde vom Erstgericht nicht getroffen. Es erübrigt sich daher, auf die mit der Benachteiligungsabsicht des Schuldners zusammenhängenden Fragen näher einzugehen, da das Erstgericht deren Fehlen ohnehin nicht feststellen konnte (ÖBA 1995/485).

Ob dem Beklagten als Anfechtungsgegner die (vermutete) Benachteiligungsabsicht seiner Ehegattin bei entsprechender Aufmerksamkeit hätte auffallen müssen, ist eine Rechtsfrage, die auch im Revisionsverfahren überprüft werden kann (JBl 1979, 603). Hiebei ist auf den Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung des Schuldners abzustellen (ÖBA 1990/235). Daß dem Beklagten die Benachteiligungsabsicht seiner Ehegattin beim Verzicht vom 9.12.1992 auffallen mußte, liegt hier auf der Hand, weil der Beklagte selbst Solidarschuldner jener Wechselverbindlichkeit war, die die Klägerin erfolglos von seiner Ehegattin hereinzubringen versuchte. Daß der Verzicht besonders abgesprochen wurde, gab der Beklagte bei seiner Vernehmung zu (ON 11, AS 39). Daß sich seine Ehegattin durch den Verzicht der Forderungen gegen ihn wesentlicher Vermögensrechte begab, die der Klägerin als Befriedigungsfonds dienen hätten können, konnte für ihn als Kaufmann kaum überraschend sein, wenn auch die Klägerin - nach seinem Vorbringen - in den Überlegungen der Familie G***** "nicht die geringste Rolle gespielt" hat (ON 10, AS 29). Dem Beklagten ist sohin auch der Beweis, daß er schuldlos von der nach dem Gesetz zu vermutenden Benachteiligungsabsicht des Schuldners keine Kenntnis gehabt habe, nicht gelungen. Der am 9.12.1992 erfolgte Forderungsverzicht ist daher gemäß § 2 Z 3 AnfO als die Klägerin benachteiligend anfechtbar.

Für den Standpunkt des Beklagten wäre aber auch mit der Verneinung des Anfechtungstatbestandes nach § 2 Z 3 AnfO nichts gewonnen, weil im vorliegenden Fall auch der Anfechtungstatbestand nach § 3 Z 1 AnfO gegeben ist. Die einzelnen Tatbestände schließen einander nicht aus (SZ 27/166). Nach § 3 Z 1 AnfO sind unentgeltliche Verfügungen des Schuldners in den letzten zwei Jahren vor der Anfechtung anfechtbar, durch die nicht - soweit hier relevant - einer sittlichen Pflicht entsprochen wurde. Bei der auf diesen Tatbestand, der inhaltlich § 29 Z 1 KO entspricht, gestützten Anfechtung, muß der Anfechtungskläger bloß die Vornahme der unentgeltlichen Verfügung durch den Schuldner innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Anfechtung beweisen. Unentgeltliche Verfügungen im Sinne des § 3 Z 1 AnfO sind nicht nur Schenkungen, sondern etwa auch der Forderungserlaß (= Schulderlaß = Verzicht; § 1444 ABGB; König aaO Rz 180).

Insoweit der Revisionswerber erstmals die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung in Frage stellt, handelt es sich um eine unzulässige Neuerung (§ 504 Abs 2 ZPO). Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß es schon genügt, daß die Beseitigung der angefochtenen Rechtsverhandlung die Befriedigungsaussichten des Gläubigers fördert. Im Zweifel ist zugunsten der Anfechtung zu entscheiden (König aaO Rz 103 f mwN). Die Behauptungs- und Beweislast, daß die Anfechtung nicht befriedigungstauglich sei, trägt der Anfechtungsgegner (SZ 53/176).

Dem Anfechtungsgegner obliegt auch die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen einer im Anfechtungstatbestand erwähnten Ausnahme (König aaO Rz 187a; SZ 61/110 = JBl 1989, 51). Während die Klägerin schon in der Klage ausdrücklich darauf hinwies, daß es sich beim Verzicht um eine unentgeltliche Verfügung handelte, unterließ der Beklagte ein ausdrückliches Vorbringen bezüglich des Vorliegens eines Ausnahmetatbestandes. Unterstellt man seinem Vorbringen, von welchen Überlegungen sich seine Ehegattin beim Verzicht leiten ließ, daß er sich damit auch auf die Erfüllung einer sittlichen Pflicht berufen wollte, so kann dieser Auffassung vom Obersten Gerichtshof nicht beigetreten werden. Was sittliche Pflicht oder Anstandsrücksicht ist, bestimmt sich nach der Verkehrsanschauung im gesellschaftlichen Kreise der Verfügenden. Gemeint sind Leistungen, die nach der gesellschaftlichen Anschauung zwar nicht rechtlich, aber moralisch gefordert werden können, deren Unterlassung gesellschaftlich als Pflicht- oder Anstandsverletzung gilt und eine Minderung der gesellschaftlichen Achtung nach sich zieht. Die unentgeltliche Verfügung muß also im Zeitpunkt ihrer Vornahme nach Maßgabe ihres Anlasses, der Beziehungen des Schuldners zum Bedachten und den gesamten persönlichen und Vermögensverhältnissen des Schuldners dadurch veranlaßt sein, daß ihre Unterlassung in dem nach jenen Gesichtspunkt gebotenen Maßstab den Schuldner dem Vorwurf sittlicher Minderwertigkeit aussetzen würde. Das ist namentlich dort der Fall, wo die sittliche Anschauung, die der Normierung einer gesetzlichen Verpflichtung zugrunde liegt, über deren Bereich hinaus Befolgung fordert. Bei der Gläubigeranfechtung ist in diesem Fall ein strenger Maßstab anzulegen (Stanzl in Klang2 608; König aaO Rz 187; SZ 61/110 = JBl 1989, 51).

Werden diese Grundsätze auf den im vorliegenden Fall festgestellten Sachverhalt angewendet, dann muß gesagt werden, daß der Verzicht für das Zustandekommen des Zwangsausgleichs und damit für den Weiterbetrieb des die Existenzgrundlage der Familie bildenden Gastlokals nicht erforderlich war. Die Erfüllung des Zwangsausgleichs hätte von der Ehegattin des Beklagten auch mit einer bloßen Stundung (anstelle des Verzichts) gefördert und erleichtert werden können. Die Unterlassung des Verzichts auf Darlehens- und Gehaltsforderungen hätte die Ehegattin des Beklagten nach den im Zeitpunkt ihrer Vornahme unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten geltenden Anschauungen bei Anlegung des gebotenen strengen Maßstabes nicht dem Vorwurf sittlicher Minderwertigkeit ausgesetzt. Der Anfechtungstatbestand nach § 3 Z 1 AnfO liegt daher ebenfalls vor.

Daß Anfechtungsgegner nicht der Schuldner, sondern derjenige ist, zu dessen Gunsten die anfechtbare Rechtshandlung vorgenommen wurde und der aus ihr einen Vorteil erlangt hat (JBl 1979, 603), ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig. Die Passivlegitimation des Beklagten ist daher gegeben.

Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 12 AnfO ist in der Anfechtungsklage anzugeben, in welchem Umfang und in welcher Weise der Beklagte zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers etwas zu leisten oder zu dulden habe. Der primäre Inhalt des Anfechtungsanspruches ist daher die Leistungspflicht des Anfechtungsgegners, während die in § 1 AnfO erwähnte Unwirksamerklärung der das Vermögen des Schuldners betreffenden Rechtshandlung nur eine Vorfrage für das Leistungsbegehren bildet, darüber hinaus aber keine Bedeutung hat. Es genügt daher, wenn die Unwirksamkeit des angefochtenen Rechtsgeschäftes in den Entscheidungsgründen des Urteils zum Ausdruck gebracht wird. Nach der mit der Lehre übereinstimmenden ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist somit die Anfechtung nur mit Leistungsklage geltend zu machen. Die Erhebung eines Rechtsgestaltungs- oder eines Feststellungsbegehrens ist hingegen unzulässig. Auch die Verbindung eines Feststellungsbegehrens mit dem Leistungsbegehren ist grundsätzlich unzulässig (JBl 1979, 603 mwN; SZ 53/31; ÖBA 1995/485).

Zu der vom Revisionswerber beanstandeten, oben wiedergegebenen "Umformulierung des Urteilsbegehrens" (Punkt 2.) ist auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen. Wodurch sich der Revisionswerber beschwert erachtet, ist nicht nachvollziebar, nachdem die Exekutionsführung auch beim ursprünglichen Zahlungsbegehren in das ganze Vermögen des Beklagten gegangen wäre.

Allerdings ist aus Anlaß der gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge des Beklagten die Unbegründetheit jenes Teils des Klagebegehrens, der auf den Ausspruch gerichtet ist, daß die Verzichtserklärung gegenüber der Klägerin unwirksam sei (Punkt 1. der Berufungsentscheidung), aufgrund der obigen Ausführungen zum primären Inhalt des Anfechtungsbegehrens wahrzunehmen und das Klagebegehren insoweit abzuweisen. Da dieser Teil des Klagebegehrens von der Klägerin mangels Erörterung nie gesondert, sondern stets nur gemeinsam mit dem Leistungsbegehren bewertet wurde, resultieren aus der Teilabweisung keine weiteren Kostenfolgen, da die Klägerin nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil des Anspruches unterlegen ist, dessen Geltendmachung keine besonderen Kosten veranlaßt hat (§ 43 Abs 2 ZPO).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahren beruht auf den §§ 43 Abs 2, 50 Abs 1 ZPO.

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