OGH 6Ob688/79

OGH6Ob688/7931.8.1979

SZ 52/129

Normen

EheG §§81 ff
EheG §97
EheG §§81 ff
EheG §97

 

Spruch:

Ein Haus, das Ehegatten während ihrer aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft in der Absicht errichteten, es als Ehewohnung zu verwenden, das sie aber bis zur Aufhebung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft tatsächlich noch nicht zu Wohnzwecken in Benützung nahmen, unterliegt zwar nicht als Ehewohnung, wohl aber als Bestandteil ehelicher Ersparnisse der eherechtlichen Aufteilung im Sinne der §§ 81 ff. EheG

Ein in Form eines Notariatsaktes errichteter Vertrag im Sinne des § 97 Abs. 1 Satz 2 EheG schließt im Umfang seiner Wirksamkeit eine Aufteilung nach §§ 81 EheG aus

Schließen Ehegatten (oder Brautleute) über einen während ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zu errichtenden und für deren Dauer gemeinsam zu nutzenden Bau einen formellen Gesellschaftsvertrag, könnte dies eine Beurteilung nach §§ 81 ff. EheG im allgemeinen und nach § 97 Abs. 1 Satz 2 EheG im besonderen nicht hintanhalten

OGH 31. August 1979, 6 Ob 688/79 (OLG Innsbruck 2 R 141/79; LG Feldkirch 5 Cg 2204/79)

Text

Die Ehe der Streitteile wurde durch das am 13. September 1978 verkundete und infolge Rechtsmittelverzichtes in Rechtskraft erwachsene Urteil des Landesgerichtes Feldkirch aus dem Alleinverschulden des Ehemannes geschieden.

Mit der am 4. Jänner 1979 erhobenen Klage begehrt die geschiedene Ehefrau die Verurteilung ihres geschiedenen Ehemannes zur Zahlung eines Betrages von 150 000 S samt 4% Verzugszinsen seit 15. September 1978. Dieses Begehren stützt sie im wesentlichen auf folgendes Tatsachenvorbringen:

Bereits vor Eingehung ihrer am 14. Juli 1975 geschlossenen Ehe seien die Streitteile übereingekommen, in Jugoslawien, unter eigenem persönlichen Arbeitseinsatz sowie tätiger Mithilfe von Familienangehörigen beider Seiten und Verwendung der durch sparsame Wirtschaftsführung zu erübrigenden Mittel sowie des der Klägerin von ihren Eltern als Heiratsausstattung in Aussicht gestellten Geldbetrages "privat" ein Haus zu errichten, das als eheliche Wohnstätte hätte dienen sollen. Tatsächlich sei nach der Eheschließung unter tätiger Mithilfe der Eltern und der Schwester der Klägerin sowie dieser selbst ein Althaus abgerissen, ein neues Bauwerk im Rohbau fertiggestellt und teilweise auch in Ansehung der Innenarbeiten vollendet, wenn auch noch nicht völlig bezugsfertig gestellt worden. Dazu habe die Klägerin dem Beklagten die ihr in Teilbeträgen von ihren Eltern ausgezahlte Summe von 120 000 S ausgehändigt und darüber hinaus den anläßlich der Eheschließung erhaltenen Betrag von 7500 S sowie die im Jahr 1977 ausgezahlte Geburtenbeihilfe von 8000 S zur Verfügung gestellt. Im Jahr 1976 seien monatlich 1000 S "abgespart" und für den Hausbau verwendet worden. Zum Jahreswechsel 1976/77 habe der Beklagte an gemeinsamen Ersparnissen einen Betrag von 6000 S bis 7000 S zu diesem Zweck nach Jugoslawien mitgenommen. Im Jahr 1977 seien dem Vater des Beklagten 3000 S für den Hausbau übergeben worden. Außerdem seien 1977 wiederholt - kleinere Beträge nach Jugoslawien überwiesen worden. Nach der am 26. April 1977 erfolgten Geburt der gemeinsamen Tochter sei es zwischen den Streitteilen zu Meinungsverschiedenheiten gekommen, die Klägerin habe sich außerstande erklärt, die Ehe fortzusetzen und sei aus diesem Grund auch nicht mehr zur weiteren Mitwirkung am Hausbau bereit gewesen. Dennoch habe der Beklagte gegen ihren Willen gemeinsame Gelder für den Hausbau verwendet. In dem Zeitpunkt, in dem festgestanden sei, daß das Haus nicht als gemeinsame eheliche Wohnung dienen werde, habe es einen Zeitwert von mindestens 300 000 S besessen. Die Streitteile hätten nach der Auflösung der Ehe keine Vereinbarungen über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens getroffen. Die Klägerin habe dem Beklagten vielmehr erklärt, daß sie Ersatz für ihre und ihrer Eltern Aufwendungen zum Hausbau begehre. Die Eltern der Klägerin und ihre Geschwister hätten ihr alle Ansprüche aus der Mithilfe zum Hausbau abgetreten.

Aus diesem Sachverhalt leitet die Klägerin den Klagsanspruch in folgender Weise ab: Infolge der Ehescheidung stehe fest, daß das in Jugoslawien errichtete Haus dem beabsichtigten Zweck einer Ehewohnung nicht mehr dienen könne. Deshalb sei die Erwerbsgesellschaft aufgelöst, und die Klägerin habe daher Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen, wobei auch die Arbeit ihrer Familienangehörigen zu berücksichtigen sei. Sie begehre den Klagsbetrag aber nicht nur aus dem Titel der Auflösung der Erwerbsgesellschaft, sondern auch aus "allen anderen Rechtsgrunden (Zurverfügungstellung eines Heiratsgutes von S 120 000)". Der Beklagte erhob aus dem Grund des § 104b JN, § 235 AußStrG die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges.

Das Erstgericht wies die Klage aus diesem Grund zurück, weil das Begehren inhaltlich auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens im Sinne der §§ 81 ff. EheG gerichtet sei. Das Rekursgericht hob diesen Zurückweisungsbeschluß mit dem Auftrag zur Verfahrensfortsetzung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Es führte dazu aus, daß die Klägerin ihr Begehren aus dem von ihr vorgetragenen Sachverhalt einerseits daraus ableite, daß sie sich in Ansehung des Hausbaues mit dem Beklagten (und anderen Familienangehörigen) zu einer Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen habe und daß diese Gesellschaft wegen Vereitelung des Gesellschaftszweckes aufgelöst worden sei. Die sich daraus ergebende Rechtsnatur des klageweise erhobenen Anspruches ergäbe sich daher aus § 1215 ABGB. Ein solcher Anspruch sei, soweit er - in der angeblichen Höhe von 30 000 S - in der Person der Eltern oder Geschwister der Klägerin gegenüber dem Beklagten entstanden und von diesen Anspruchsberechtigten der Klägerin abgetreten worden sei, keinesfalls ein Gegenstand der Aufteilung nach §§ 81 ff. EheG, aber auch insofern nicht, als er - und zwar in der Höhe von 120 000 S - nach der Auffassung der Klägerin unmittelbar in ihrer Person selbst entstanden sei. Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Beklagten teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluß derart ab, daß er lautete: "Die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges wird insoweit verworfen, als die Klägerin ihr Begehren auf abgetretene Ansprüche stützt. Dagegen ist der streitige Rechtsweg insoweit unzulässig, als die Klägerin ihr Begehren auf ihre eigenen Leistungen an tätiger Mithilfe und finanziellen Beiträgen stützt; in diesem Umfang wird die Rechtssache dem Bezirksgericht Bludenz überwiesen."

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach der Ehescheidung unterliegt eheliches Gebrauchsvermögeneiner Aufteilung nach den in den §§ 83 und 84 EheG umschriebenen Billigkeitsgrundsätzen. Als eheliches Gebrauchsvermögen sind nach der gesetzlichen Definition des § 81 Abs. 2 EheG die beweglichen oder unbeweglichen körperlichen Sachen zu verstehen, die während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten gedient haben; kraft ausdrücklicher Anführung zählt dazu auch die Ehewohnung. Eine gesetzliche Definition dieses Begriffes fehlt, wie sie auch in der durch die gesetzliche Neuregelung aufgehobenen 6. DVEheG nicht enthalten war. Nach der in JAB, 916 BlgNR, XIV. GP, 13, zu § 81 Abs. 2 und 3 niedergelegten Ansicht sei der Begriff der Ehewohnung im Sinne der bisherigen Rechtsprechung zur 6. DVEheG zu verstehen. Diese ging einhellig dahin, daß erst durch die Aufnahme der Ehegemeinschaft in einer Wohnung diese zur Ehewohnung werde (EFSlg. 29 711). Allerdings schien dem Justizausschuß die für die Qualifikation als eheliches Gebrauchsvermögen ausdrücklich aufgestellte Voraussetzung, "daß die Sache während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten gedient habe, auch dann gegeben zu sein, wenn die Sache erst gebrauchsfertig gemacht werden muß, wie ein in Bau befindliches Haus ....". Eine solche Absicht hat allerdings im Gesetzeswortlaut keinen ausreichenden Niederschlag gefunden: Nach der gesetzlichen Neuregelung unterfällt der Begriff der Ehewohnung dem neueingeführten Oberbegriff des ehelichen Gebrauchsvermögens (arg.: "hierzu gehören auch der Hausrat und die Ehewohnung"). Körperliche Sachen zählen aber nur dann zum ehelichen Gebrauchsvermögen, wenn sie während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten gedient haben. Die Regelung der in Ansehung der Ehewohnung zu treffenden gerichtlichen Anordnungen in §§ 87 und 88 EheG setzt nach dem natürlichen Wortsinn des Zeitwortes benützen in der Gegenwart ("....., wenn sie ..... benützt wird, ....." und "wird die Ehewohnung .... benützt .....") eine in dem für die Aufteilung maßgebenden Zeitpunkt (noch) aufrechte Benützung voraus.

Ein noch nicht bezugsfertiges Haus, das von den Ehegatten zwar als Ehewohnung vorgesehen, aber als solche noch nicht in Benützung genommen wurde, ist darnach nicht als Ehewohnung zu werten. Das schließt allerdings nicht aus, daß eine Mitwirkung beim Hausbau als Leistung ehelichen Beistandes bei der Aufteilung der ihr unterliegenden Masse in Anschlag gebracht würde.

Ein Wohnhaus ist nun aber, auch wenn es sich nur um ein Einfamilienhaus handelte, eine Sache, in der beträchtliche Vermögenswerte langfristig gebunden werden und die mangels Eigennutzung üblicherweise zur Vermietung genutzt zu werden pflegt. In diesem Sinne ist ein im Bau befindliches Haus, mag es auch als künftige Ehewohnung vorgesehen sein, auch als Wertanlage anzusehen. In dieser Eigenschaft unterliegt es als Bestandteil ehelicher Ersparnisse der eherechtlichen Aufteilung nach §§ 81 ff. EheG.

Ein von Ehegatten während ihrer aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft errichtetes Haus unterliegt auch dann, wenn die Ehegatten beabsichtigen, es als Ehewohnung zu verwenden, es aber bis zum Zeitpunkt der Aufhebung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft noch nicht zu Wohnzwecken in Benützung genommen haben, bei der eherechtlichen Aufteilung im Sinn der §§ 81 ff. EheG nicht den für die Ehewohnung getroffenen Sonderregelungen (§ 82 Abs. 2, §§ 87, 88 EheG), wohl aber einer Behandlung als eheliche Ersparnisse.

Nach § 97 Abs. 1, Satz 2 EheG bedürfen Verträge, die die Aufteilung ehelicher Ersparnisse im voraus regeln, zu ihrer Rechtswirksamkeit der Form eines Notariatsaktes. Ehegatten können also schon vor dem Zeitpunkt, in dem der eherechtliche Aufteilungsanspruch entsteht, vereinbaren, wie im Fall einer Auflösung ihrer Ehe durch gerichtliche Entscheidung das seinerzeit vorhandene, als eheliche Ersparnisse zu wertende Vermögen unter ihnen aufzuteilen sein werde. Wird dabei die besondere Formvorschrift eingehalten und fehlt es auch an inneren Mängeln, dann kommt einer solchen rechtsgeschäftlichen Regelung unmittelbare Wirksamkeit zu. Die Vertragsregelung schließt dann, soweit sie reicht, eine Aufteilung nach §§ 81 ff. EheG aus. Gegenstand der vertraglichen Regelung mag die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse in ihrer Gesamtheit oder nur zum Teil sein, inhaltlich mageine Gleichwertigkeit der Teilmassen beabsichtigt sein oder eine bewußte Bevorzugung eines Teiles, die Regelung mag sich ausdrücklich auf den Rechtsgrund des eherechtlichen Aufteilungsanspruches berufen oder in die Form eines anderen Vertragstyps gekleidet sein, wenn der Regelungsgehalt der Vereinbarung über die (Gewinnung und) - Aufteilung ehelicher Ersparnisse im Fall der Eheauflösung durch gerichtliche Entscheidung nicht hinausreicht oder dies doch der hauptsächliche Zweck der Vereinbarung ist, dann muß ein solcher Vertrag über Vermögenswerte, die eben ohne die abgeschlossene Vereinbarung als eheliche Ersparnisse dem eherechtlichen Aufteilungsanspruch unterworfen wären, in seiner Wirkung auf diesen gesetzlich besonders geregelten Anspruch in erster Linie nach den hiefür aufgestellten besonderen Vorschriften beurteilt werden. Schließen daher Ehegatten (oder Brautleute) über einen während ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zu errichtenden und für deren Dauer gemeinsam zu nutzenden Bau einen formellen Gesellschaftsvertrag, könnte dies eine Beurteilung nach §§ 81 ff. EheG im allgemeinen und nach § 97 Abs. 1 Satz 2 EheG im besonderen nicht hintanhalten.

Nach dem Klagsvorbringen habe die Klägerin ihre Leistungen zum Hausbau, aus denen sie ihr Klagebegehren ableitet, in Erfüllung eines "Übereinkommens" mit dem Beklagten erbracht. Rechtlich qualifiziert sie ihr in Ansehung des Hausbaues zustande gekommenes Rechtsverhältnis als Erwerbsgesellschaft. Sie behauptet aber keine in Notariatsaktform beurkundete Vereinbarung und damit keine vertragliche Regelung, die eine Aufteilung ehelicher Ersparnisse nach Billigkeitsgrundsätzen auszuschließen geeignet wäre. Soweit die Klägerin daher ihr Begehren auf Zahlung des Klagsbetrages auf eigene Leistungen an tätiger Mitarbeit und finanziellen Beiträgen zum Hausbau in Jugoslawien grundet, macht sie einen weder durch Ehepakte noch eine sonstige rechtswirksame Vereinbarung ausgeschlossenen ehelichen Aufteilungsanspruch im Sinne der §§ 81 ff. EheG geltend. Diese Sonderregelung des eherechtlichen Aufteilungsanspruches schließt einen auf denselben Sachverhalt gegrundeten Kondiktionsanspruch nach allgemeinem bürgerlichen Recht aus. In dem dargelegten Umfang ist der Anspruch, wie das Erstgericht erkannt hat, im außerstreitigen Verfahren nach §§ 229 ff. AußStrG zu verfolgen, der streitige Rechtsweg daher unzulässig und die Rechtssache im Sinne des § 235 AußStrG dem gemäß § 104b JN sachlich und gemäß § 114b JN und der Anlage zu JN örtlich zuständigen Bezirksgericht Bludenz zu überweisen.

Soweit die Klägerin ihr Begehren aber - ohne ziffernmäßige Abgrenzung und daher bis zur vollen Höhe des Klagsbetrages - auf ihr abgetretene Ansprüche der Angehörigen aus deren Mitarbeit am Hausbau und deren finanziellen Leistungen zum Hausbau gegen den Beklagten stützt, ist der streitige Rechtsweg, wie das Rekursgericht grundsätzlich zutreffend erkannt hat, zulässig, weil Gegenstand der eherechtlichen Aufteilung nach § 81 ff. EheG nur eine Zuordnung von Rechten an Gegenständen des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse oder die Begründung von Rechten an solchen Gegenständen zugunsten eines der geschiedenen Ehegatten sein kann, nicht aber ein von Dritten begehrter Rechtsfolgenanspruch, der sich nach der Person des Anspruchsberechtigten notwendigerweise jeder Billigkeitsabwägung im Sinne des § 83 EheG entzieht und dessen Rechtsnatur durch eine nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft an einen der Ehegatten erfolgte Abtretung keine Änderung erfährt.

Aus diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurs teilweise stattzugeben und die Unzulässigkeit des Rechtsweges unter gleichzeitiger Überweisung der Rechtssache an das Bezirksgericht Bludenz in diesem Umfang insoweit auszusprechen, als die Klägerin ihr Begehren auf ihre eigenen Leistungen grundet; soweit sie aber ihr Begehren auf die ihr von ihren Familienangehörigen abgetretenen Ansprüche gegen den Beklagten stützt, war die Verwerfung der vom Beklagten erhobenen Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges zu bestätigen.

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