Spruch:
Der Antrag der beklagten Partei, anstelle des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Mit der beim Bezirksgericht für Handelssachen Wien eingebrachten Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung offener Rechtsschutzversicherungsprämien.
In ihrem Einspruch gegen den Zahlungsauftrag beantragt die Beklagte, die Rechtssache an das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz zu delegieren. Die Klägerin habe sich bisher nur auf Urkunden als Beweismittel berufen. Sollte die Klägerin Zeugen führen, werde es sich um den in Graz wohnhaften Vertreter handeln, der beim Abschluß des Versicherungsvertrages mit der Beklagten tätig geworden sei. Die Beklagte habe sich hingegen auf die Vernehmung zweier Zeugen und auf ihre Parteienvernehmung berufen; alle diese Personen hätten ihren Wohnsitz im Sprengel des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz. Die Delegierung an dieses Gerichtes sei daher zweckmäßig.
Die Klägerin sprach sich gegen den Delegierungsantrag aus. Sie werde sich auf einen in Wien wohnhaften Zeugen berufen, sodaß die von der Beklagten angeführten Zweckmäßigkeitsgründe nicht vorlägen. Die Delegierung sei aber schon deshalb nicht zulässig, weil hier eine Gerichtsstandvereinbarung vorliege, die Beklagte aber nicht dargelegt habe, daß trotz dieses Umstandes besondere Gründe für eine Delegierung sprächen.
Das Vorlagegericht erstattete - entgegen § 31 Abs 3 JN - keine Stellungnahme zum Delegierungsantrag.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Eine Delegation aus Zweckmäßigkeitsgründen gemäß § 31 JN ist regelmäßig ausgeschlossen, wenn die Zuständigkeit des Gerichts auf einer Vereinbarung der Parteien beruht (RZ 1989/107; 7 Nd 12/95 uva). Der einschränkenden Auffassung Mayrs (Die Delegation im zivilgerichtlichen Verfahren, JBl 1983, 293 ff, 299), daß der Vereinbarung des Gerichtsstandes oder des Erfüllungsortes kein größeres Gewicht beizumessen sei, als der gesetzlichen Zuständigkeit, hat sich der Oberste Gerichtshof nicht angeschlossen (4 Nd 582/92 ua). Nur wenn nachträglich wesentliche, für die Zweckmäßigkeit der Delegierung sprechende Umstände eintreten, auf die die Parteien bei Abschluß einer Gerichtsstandvereinbarung nicht Bedacht nehmen konnten, wird sie auch in diesem Fall als zulässig angesehen (7 Nd 506/92; 1 Nd 501/93; 4 Nd 503/95; 7 Nd 512/95).
Im vorliegenden Fall wurde die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts auf eine Gerichtsstandvereinbarung gestützt. Umtände der angeführten Art, auf die bei Abschluß der Gerichtsstandvereinbarung nicht Bedacht genommen werden konnte, hat die Beklagte nicht vorgetragen.
Dem Delegierungsantrag war daher ein Erfolg zu versagen.
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