Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei, die Rechtssache an das Landesgericht Linz oder das Landesgericht Steyr oder das Landesgericht Wels zu delegieren, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Beklagte hat mit Bestellschein vom 18.Mai 1993 bei der Klägerin Kanal-Druckrohre aus duktilem Gußeisen für eine Baustelle in V***** bestellt. Die Beklagte hat die Annahme der ihr gelieferten Kanaldruckrohre verweigert.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Kaufpreis von S 977.738,78 sA.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe die Kanaldruckrohre bei der Klägerin im Vertrauen auf deren ausdrückliche Zusage bestellt, daß die Rohre den Vorschriften des GRIS entsprächen und diese Prüfung positiv abgeschlossen sei. Da diese Behauptung aber nicht zutreffe, sei die Beklagte, die für die Durchführung des ihr von der Gemeinde V***** erteilten Auftrages nur GRIS-geprüfte Rohre verwenden dürfe, gezwungen gewesen, von der Bestellung zurückzutreten.
Gemäß Punkt 11 der dem schriftlichen Vertrag zugrundegelegten Einkaufsbedingungen hat das sachlich zuständige Gericht in Wien einzuschreiten.
Im Hinblick auf diese von der Beklagten geltend gemachte Gerichtsstandvereinbarung überwies das ursprünglich angerufene Landesgericht Steyr auf Antrag der Klägerin die Rechtssache an das Handelsgericht Wien.
Die Klägerin beantragt, aus Gründen der Zweckmäßigkeit anstelle des Handelsgerichtes Wien das Landesgericht Linz, in eventu das Landesgericht Steyr oder allenfalls das Landesgericht Wels zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen.
Die Beklagte sprach sich gegen die Delegierung an das Landesgericht Wels aus und verhielt sich im übrigen "neutral".
Das Handelsgericht Wien hält eine Delegierung "nach Linz, besser nach Steyr, subsidiär aber auch nach Wels" für zweckmäßig.
Rechtliche Beurteilung
Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung ist eine Delegierung aus
Zweckmäßigkeitsgründen dann, wenn die örtliche Zuständigkeit eines
Gerichtes durch Parteienvereinbarung begründet wurde, grundsätzlich
ausgeschlossen, weil sie dem Zweck der Parteienvereinbarung
widerspricht (Fasching I 232 und LB2 Rz 209; SZ 33/7; RZ
1989/107 uva). Anders liegt der Fall nur, wenn nachträglich
wesentliche, für die Zweckmäßigkeit der Delegierung sprechende
Umstände eintreten, auf welche die Parteien bei ihrer Übereinkunft
nicht Bedacht nehmen konnten (SZ 33/7; EvBl 1967/31; RZ 1989/107
ua). Die Entscheidung 1 Nd 507/87, wonach eine "ganz allgemein als
eine von vielen Vertragsklauseln" getroffene
Gerichtsstandsvereinbarung einer Delegierung nicht im Wege stehe, ist
vereinzelt geblieben. Auch die Meinung von Mayr (Die Delegation im
zivilgerichtlichen Verfahren, JBl 1983, 293 ff [299]), daß
Gerichtsstandsvereinbarungen, die bloß durch Unterfertigung
vorformulierter Vertragsklauseln zustande kommen, welche auf die
Umstände des Einzelfalls keine Rücksicht nehmen, kein größeres
Gewicht beizumessen sei als der gesetzlichen Zuständigkeit, hat der
Oberste Gerichtshof schon ausdrücklich abgelehnt (4 Nd 502/92).
Da die Klägerin ihren Delegierungsantrag nicht mit solchen Umständen begründet hat, die bei Abschluß der Gerichtsstandsvereinbarung noch nicht vorhersehbar waren, ist die begehrte Delegierung nicht zu bewilligen. Im übrigen ist nicht zu erkennen, daß eine Delegierung an einen der drei genannten oberösterreichischen Gerichtshöfe zweckmäßig wäre, da sich nach der derzeitigen Aktenlage zwei Zeugen unter der Anschrift der Beklagten - also in Graz - aufhalten (S.31), ein Zeuge in Wien (S.23) und nur ein Zeuge in Steyr (S.31) wohnt.
Der Antrag war daher abzuweisen.
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