OGH 9Ob376/97b

OGH9Ob376/97b14.1.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer, Dr.Spenling und Dr.Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Josef Olischar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Viktor Igali-Igalffy als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P***** BaugesmbH, ***** wegen S 74.817,60 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 1.September 1997, GZ 1 R 156/97f-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 13.Jänner 1997, GZ 15 C 3288/95d-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird als nichtig aufgehoben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit Urteil vom 13.1.1997 wies das Erstgericht das auf Zahlung von S 74.817,60 sA gerichtete Klagebegehren ab. Die dagegen erhobene Berufung der Klägerin wurde am 24.1.1997 zur Post gegeben. Eine Berufungsbeantwortung wurde nicht erstattet. Die Vorlage des Aktes an das Berufungsgericht erfolgte am 21.3.1997.

Am 10.4.1997 eröffnete das Handelsgericht Wien zu 6 S 403/97z über das Vermögen der Beklagten den Konkurs.

Mit dem angefochtenen, am 1.9.1997 in nichtöffentlicher Sitzung ergangenen Urteil gab das Berufungsgericht - offenbar in Unkenntnis der Konkurseröffnung - der Berufung nicht Folge und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 5 ZPO, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil aus dem Grunde der Rechtssicherheit eine dem Urteil des Berufungsgerichtes anhaftende Nichtigkeit wahrzunehmen ist. Die Revision ist auch berechtigt.

Gemäß § 7 Abs 1 KO werden alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in denen der Gemeinschuldner Kläger oder Beklagter ist, mit Ausnahme der im § 6 Abs 3 KO bezeichneten Streitigkeiten - eine solche liegt hier nicht vor -, durch die Konkurseröffnung unterbrochen. Die Unterbrechung tritt ex lege ein, auch im Stadium des Rechtsmittelverfahrens (EvBl 1982/119); ein Beschluß über den Eintritt der Unterbrechung hat nur deklarative Wirkung (MietSlg 30.909 ua). Ein nach Eintritt der Unterbrechung gefälltes Urteil leidet an der Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 5 ZPO (JBl 1972, 578; SZ 51/150). Die Ausnahmebestimmung des § 163 Abs 3 ZPO, wonach durch die nach Schluß einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung die Verkündung der aufgrund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert wird, ist entgegen der von Fasching (Kommentar II 795 und Lehrbuch**2 Rz 598) vertretenen Ansicht nicht im Wege einer ausdehnenden Auslegung auch auf Entscheidungen über vor Konkurseröffnung eingebrachte Rechtsmittel, über die in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden ist, anzuwenden. Die Entscheidungen SZ 49/135, 3 Ob 506/87 sowie EvBl 1982/119, in denen der Oberste Gerichtshof der Ansicht Faschings folgte, wurden in der Folge abgelehnt (EvBl 1979/115; GesRZ 1983, 222; 1 Ob 554/84; 1 Ob 580/85; SZ 56/32; SZ 59/45; RZ 1992/21; RIS-Justiz RS0036809). Der erkennende Senat schließt sich der nunmehr herrschenden Rechtsprechung an. Auch über ein vor Eröffnung des Konkurses eingebrachtes Rechtsmittel ist daher während der Dauer der Unterbrechung nicht zu entscheiden, eine dennoch ergangene Entscheidung ist nichtig.

Trotz der Unterbrechung des Verfahrens ist die Revision der Klägerin zulässig. Während der Unterbrechung des Verfahrens sind Prozeßhandlungen zwar unwirksam, doch kann einer Partei, die sich durch eine trotz erfolgter Verfahrensunterbrechung ergangene Entscheidung beschwert erachtet, nicht verwehrt werden, diese Entscheidung anzufechten, wenn sie damit einen Verstoß gegen § 7 KO geltend machen will (SZ 43/158; SZ 45/19; SZ 51/150; 6 Ob 582/87; RZ 1992/21).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO, weil die Kostenregel des § 51 ZPO nicht die Aufhebung einer Entscheidung allein, sondern die Aufhebung des Verfahrens betrifft (Arb 11.006; RIS-Justiz RS0035870).

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