OGH 5Ob407/97g

OGH5Ob407/97g14.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Schinko, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Bezirkshauptmannschaft H*****, wegen Ersichtlichmachung des Naturschutzgebietes "Thayatal" ob der EZ *****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Liegenschaftseigentümerin Gabrielle ***** P*****, vertreten durch Dr.Ludwig Draxler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 15. April 1997, GZ 22 R 25/97z, womit der Rekurs der Liegenschaftseigentümerin gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Retz vom 13.Jänner 1997, TZ 61/1997, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß aufgehoben.

Dem Rekursgericht wird die Entscheidung über den Rekurs der Liegenschaftseigentümerin gegen den Beschluß des Erstgerichtes unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Mit der aufgrund des § 7 Abs 1 des Nö Naturschutzgesetzes erlassenen Verordnung der Nö Landesregierung LGBl 5500/13-19 wurden in deren § 2 Abs 41 die wie folgt bezeichneten Grundflächen zum Naturschutzgebiet "Thayatal" erklärt:

"Das Naturschutzgebiet umfaßt die Thaya im Gemeindegebiet von Hardegg und die in der Anlage ausgewiesenen Grundflächen (Gebiete A, A1, B, C und D) in den Katastralgemeinden Hardegg, Merkersdorf, Umlauf und Niederfladnitz (alle Stadtgemeinde Hardegg)."

Die von dieser Maßnahme betroffenen Grundstücke wurden auch in der Anlage nicht genannt.

Aufgrund dieser Verordnung beantragte die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn am 9.1.1997 die Erlassung folgenden Grundbuchsabschlusses:

"Aufgrund § 1 und § 2 Abs 41 der Verordnung über die Naturschutzgebiete, LGBl 5500/13-19, wird im Grundbuch 18104 Hardegg ob der der Gabrielle ***** P***** zur Gänze gehörigen Liegenschaft EZ ***** hinsichtlich der Grundstücke Nr 192, 193, 194, 197/1, 197/2, 198/1, 198/2, 199/2, 212/1, 212/2, 213, 214, 215/1, 216, 294, 308 und 309 die Ersichtlichmachung des Naturschutzgebietes bewilligt.

Hievon werden verständigt: ......".

Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag ohne jede Einschränkung.

Den dagegen von der Liegenschaftseigentümerin erhobenen Rekurs wies das Rekursgericht mit dem Beisatz zurück, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Möglichkeit der Ersichtlichmachung eines Naturschutzgebietes ergebe sich wohl aus § 15 Abs 1 Nö Naturschutzgesetz, fraglich bleibe hingegen, ob eine solche Ersichtlichmachung eine Rechtswirkung habe, die den Eigentümer in seinem Recht verletze. Der Eigentümer sei wohl grundsätzlich berechtigt, sich gegen unzulässige Eintragungen in der ihm zugeschriebenen Grundbuchseinlage zur Wehr zu setzen (MGA Grundbuchsrecht4 § 122 GBG E 39). Dies treffe jedoch nicht auf die im Sinne des § 7 Abs 2 AllGAG ohne Rücksicht auf die bücherliche Eintragung gegen jeden Eigentümer wirksamen Beschränkungen, Lasten und Verbindlichkeiten, die auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften beruhen, zu. Durch deren Ersichtlichmachung im Grundbuch würden weder Rechtswirkungen im Sinne des § 20 GBG bezweckt noch persönliche Verhältnisse kundgetan. Die Ersichtlichmachung eines Naturschutzgebietes habe daher keinerlei dem Eigentümer nachteiligte Rechtswirkungen, sodaß er sich auch nicht im Rekursweg dagegen wenden könne.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Liegenschaftseigentümerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig; er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurslegitimation eines Liegenschaftseigentümers gegen eine bücherliche Eintragung wird in Lehre und Rechtsprechung nach § 9 AußStrG beurteilt und nur jenen Personen zuerkannt, die durch eine Verfügung der ersten Instanz in ihren bücherlichen Rechten verletzt wurden oder deren Interessensphäre durch eine solche Verfügung berührt wurde (Bartsch, GBG7 602; SZ 16/50, SZ 20/35, SZ 26/203, EvBl 1959/366, EvBl 1962/426). Ausdrücklich wurde ausge- sprochen (EvBl 1962/426), daß der Eigentümer für berechtigt gehalten werden muß, sich gegen unzulässige Eintragungen auf der ihm zugeschriebenen Grundbuchseinlage zur Wehr zu setzen. Der zitierten Entscheidung lag der Fall zugrunde, daß aus einem Belastungs- und Veräußerungsverbot Berechtigte die Löschung dieser Eintragung begehrten, wogegen der Grundeigentümer Rekurs erhob.

Der Gesetzgeber hat zwar die Wirkung einer "Ersichtlichmachung" nicht ausdrücklich geregelt, doch bestehen keine Bedenken dagegen, Ersichtlichmachungen im Sinne des § 7 Abs 2 AllGAG als Anmerkung im Sinne des § 20 lit b GBG aufzufassen (Hoyer, Grundbuchseintrag im angemerkten Rang und Frist für den Antrag auf Löschung von Zwischeneinträgen in NZ 1997, 233; so auch VwGH vom 7.11.1995, ZfVB 1996/2190). Durch die Ersichtlichmachung gemäß § 15 Abs 1 Nö Naturschutzgesetz, welche über Antrag der Behörde vorzunehmen ist, wird in rechtlich geschützte Interessen des Grundstückseigentümers eingegriffen, weil mit an der Liegenschaft haftender Wirkung angemerkt (kundgemacht?) wird, daß sich niemand (auch nicht der Rechtsnachfolger des Grundeigentümers) auf die Unkenntnis der ersichtlich gemachten Verpflichtungen berufen kann. Es sei in diesem Zusammenhang nur auf die nachteiligen Folgen bei Erwirkung einer Baubewilligung oder Verwertung der Liegenschaft hingewiesen, weil eine zu Unrecht erfolgte Ersichtlichmachung dem Liegenschaftseigentümer die Widerlegungslast aufbürdet.

Dementsprechend hat der Oberste Gerichtshof in vergleichbaren Fällen der Ersichtlichmachung von Beschränkungen, die auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften beruhen (§ 3 Abs 2 DSchG, § 7 Abs 4 Stadterneuerungsge- setz), von Grundstückseigentümern gegen die Bewilligung der Ersichtlichmachung erhobene Revisionsrekurse (5 Ob 84/93 = EvBl 1994/149) oder gegen die Entscheidung der ersten Instanz erhobene Rekurse (5 Ob 21/89 = SZ 62/56, 5 Ob 60/92 ua) als zulässig behandelt.

Es besteht kein Grund, in dem hier gleichgelagerten Fall der Grundstückseigentümerin die Rekurslegitimation abzusprechen.

Wenn das Rekursgericht einen Rekurs als unzulässig zurückgewiesen hat, ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, anläßlich der Entscheidung über diesen Zurückweisungsbeschluß gleich in der Sache selbst zu erkennen, wenn dadurch der Instanzenzug verschoben würde. Der Oberste Gerichtshof darf nicht sachlich über eine Frage entscheiden, über die er im Hinblick auf § 126 Abs 1 GBG unter Umständen gar nicht zu entscheiden hätte (SZ 50/55 ua).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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