Spruch:
Der Antrag der Beklagten, die Rechtssache an das Landesgericht Innsbruck zu delegieren, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt von der Beklagten S 112.160 als Kaufpreis für ein Kopiergerät. Zum Beweis ihrer Behauptungen berief sich die Klägerin - neben Urkunden - auf einen unter ihrer W***** Anschrift zu ladenden Zeugen (S. 21).
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Das gelieferte Gerät habe nicht funktioniert. Auf sofortige Rüge der Beklagten hin habe ein Mitarbeiter der Klägerin sich vergeblich bemüht, das Gerät zu verbessern. Es sei daher von der Unbehebbarkeit der Mängel auszugehen. Die Beklagte beruft sich - neben Urkunden und Parteienvernehmung auf seiten der Klägerin - auf die Vernehmung zweier Zeugen, die unter ihrer Anschrift in K*****, und auf einen Zeugen, der unter der I***** Anschrift der Klägerin zu laden wäre (S. 14 und 15).
Die Beklagte beantragt, aus Gründen der Zweckmäßigkeit anstelle des Handelsgerichtes Wien das Landesgericht Innsbruck zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen. Eine Gerichtsstandvereinbarung sei zwischen den Streitteilen nicht getroffen worden, insbesondere könne auch kein Fakturengerichtsstand geltend gemacht werden. Das Kopiergerät sei im Betrieb der Beklagten in K***** aufgestellt; alle angebotenen Zeugen stünden in Tirol zur Verfügung. Nicht zuletzt werde auf Grund der technisch schwierigen Sachlage die Bestellung eines Sachverständigen zu erörtern sein. Die Durchführung des Verfahrens vor dem Handelsgericht Wien wäre erheblich langwieriger und aufwendiger als eine Verhandlung vor dem Landesgericht Innsbruck.
Die Klägerin tritt dem Delegierungsantrag entgegen. Eine Erschwernis der Prozeßführung sei hier nicht zu befürchten, weil die Verkehrsverbindungen zwischen den Städten rasch, effizient und kostengünstig seien. Die Einvernahme von Zeugen im Rechtshilfeweg und auch die Einholung von Tiroler Sachverständigengutachten sei unproblematisch und üblich. Dem Kaufvertrag lägen die Allgemeinen Liefer- und Zahlungsbedingungen der Klägerin zugrunde, welche sich auf der Rückseite des Kaufvertrages befänden. Danach sei als Erfüllungsort und als Gerichtsstand Wien vereinbart worden. Dieser Umstand stehe einer Delegierung im Wege. Die Delegierung sei im übrigen nicht schon deshalb zweckmäßig, weil auswärts wohnende Zeugen nicht vom erkennenden Gericht vernommen würden.
Das Handelsgericht Wien hält die Delegierung nicht für zweckmäßig. In Anbetracht des Streitwertes komme die Einvernahme aller Zeugen vor dem erkennenden Gericht in Betracht; die Beiziehung eines Sachverständigen sei bisher nicht beantragt worden.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung ist eine Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen dann, wenn die örtliche Zuständigkeit eines Gerichtes durch Parteienvereinbarung begründet wurde, grundsätzlich ausgeschlossen, weil sie dem Zweck der Parteienvereinbarung widerspricht (Fasching I 232 und LB2 Rz 209; SZ 33/7; RZ 1989/107; 4 Nd 503/95 uva). Anders liegt der Fall nur, wenn nachträglich wesentliche, für die Zweckmäßigkeit der Delegierung sprechende Umstände eintreten, auf welche die Parteien bei ihrer Übereinkunft nicht Bedacht nehmen konnten (SZ 33/7; EvBl 1967/31; RZ 1989/107; 4 Nd 503/95 ua). Die Entscheidung 1 Nd 507/87, wonach eine "ganz allgemein als eine von vielen Vertragsklauseln" getroffene Gerichtsstandvereinbarung einer Delegierung nicht im Wege stehe, ist vereinzelt geblieben. Auch die Meinung von Mayr (Die Delegation im zivilgerichtlichen Verfahren, JBl 1983, 293 ff [299]), daß Gerichtsstandsvereinbarungen, die bloß durch Unterfertigung vorformulierter Vertragsklauseln zustande kommen, welche auf die Umstände des Einzelfalles keine Rücksicht nehmen, kein größeres Gewicht beizumessen sei als der gesetzlichen Zuständigkeit, hat der Oberste Gerichtshof schon ausdrücklich abgelehnt (4 Nd 502/92). Die Klägerin hat die Vereinbarung Wiens als Erfüllungsort und Gerichtsstand urkundlich nachgewiesen (§ 88 Abs 1, § 104 Abs 1 JN). Sie hat zwar bloß Ablichtungen beigebracht; der geforderte urkundliche Nachweis kann aber auch durch die Vorlage einer (nicht beglaubigten) Fotokopie erbracht werden (Mayr in Rechberger, ZPO, Rz 7 zu § 104 JN mwN aus der Rechtsprechung). Der Oberste Gerichtshof hat keinen Anlaß zu Bedenken gegen die Übereinstimmung der Ablichtungen mit dem Original. Demnach hat aber die Beklagte den Kaufvertrag vom 23.10.1996 unterfertigt, auf dessen Vorderseite der Hinweis auf die auf der Rückseite des Formulars abgedruckten AGB der Klägerin enthalten war; in den AGB findet sich die Vereinbarung, wonach der Erfüllungsort für die Zahlung Wien sei und der ausschließliche Gerichtsstand sich vor dem sachlich zuständigen Gericht in Wien befinde. Jedenfalls unter Kaufleuten muß bei dieser Sachlage trotz der Unterfertigung nur auf der Vorderseite des Formulars der Erfüllungsort und der Gerichtsstand als vereinbart gelten (Mayr aaO Rz 6 zu § 104 mwN).
Da die Klägerin ihren Delegierungsantrag nicht mit Umständen begründet hat, die bei Abschluß der Gerichtsstandvereinbarung noch nicht vorhersehbar waren, ist die begehrte Delegierung nicht zu bewilligen.
Der Antrag war daher abzuweisen.
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