OGH 4Ob256/97v

OGH4Ob256/97v9.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden, durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek, durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** C***** AG, ***** vertreten durch Dr. Ernst Ploil, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P***** W*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Frieders, Tassul & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000,--), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 8. Juli 1997, GZ 2 R 35/97z-14, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat zuerst für den Bereich der

Alleinstellungswerbung ausgesprochen, daß eine Verschiebung der

Beweislast möglich ist, wenn für den Kläger im Einzelfall ganz

besondere Beweisschwierigkeiten bestehen, wobei es aber entscheidend

darauf ankommt, ob die Umstände des konkreten Falles eine solche

Überwälzung der Beweislast auf den Beklagten als gerechtfertigt

erscheinen lassen (ÖBl 1973, 53 - Stahlrohrgerüste). Dieser Grundsatz

wurde in der Folge über den Bereich der Alleinstellungswerbung hinaus

ganz allgemein in all jenen Fällen angewendet, in denen es bei einer

als irreführend beanstandeten Werbebehauptung dem außerhalb des

Geschehensablaufes stehenden Kläger im Einzelfall mangels genauer

Kenntnis der entsprechenden Tatumstände unmöglich ist, den

Sachverhalt von sich aus aufzuklären, während andererseits dem

Beklagten die entsprechenden Kenntnisse zur Verfügung stehen und es

ihm daher nicht nur leicht möglich, sondern nach den Grundsätzen von

Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen

Aufklärungen zu geben (stRsp ua SZ 50/20 = ÖBl 1977, 71 -

Fernschul-Gruppenunterricht; ecolex 1994, 824 = ÖBl 1995, 17 = WBl

1995, 39 - Führerschein auf Anhieb; ecolex 1995, 568 = WBl 1995, 250

= GRURInt 1996, 750 - Persil Megaperls).

Im vorliegenden Fall geht es nicht um eine irreführende Werbeaussage, sondern um einen von der Klägerin behaupteten sittenwidrigen Normverstoß. Für einen solchen Fall wurde bereits ausgesprochen, daß keine Grundlage dafür besteht, jedem Unternehmer, dem ein Kläger auf bloßen Verdacht hin - ohne konkrete Kenntnis - vorwirft, gesetzwidrig zu handeln, die Beweislast für die Unrichtigkeit dieser Behauptung aufzubürden (ecolex 1991, 473 = MR 1991, 205 - Werbeständer). Die angefochtene Entscheidung steht demnach im Einklang mit der Rechtsprechung.

Auch bei der Beurteilung der Frage, ob der auf den Etiketten angebrachte Hinweis auf § 4 GiftVO zur Irreführung geeignet ist, ist das Rekursgericht den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen gefolgt. Ob aber eine Ankündigung im Einzelfall zur Irreführung geeignet ist, ist keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0053112).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte