OGH 1Ob140/97p

OGH1Ob140/97p27.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Michael Brunner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Dr.Rudolf E*****, vertreten durch Dr.Heinz Meller, Rechtsanwalt in Wien, und 2.) Dr.Wolfgang D*****, wegen Herausgabe von Urkunden (Streitwert S 200.000,-) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27.Jänner 1997, GZ 12 R 112/96w-30, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die vom Verkäufer gemäß § 1061 ABGB geschuldeten Übereignungshandlungen bestehen bei unbeweglichen Sachen, bei denen die Einverleibung des neuen Eigentümers im Grundbuch zu erfolgen hat, in der erforderlichen Mitwirkung an der Ausstellung der für die Verbücherung gemäß den §§ 26 f und 31 f GBG notwendigen Urkunden. Sind diese Leistungen erbracht, können sie nicht einseitig zurückgezogen werden (SZ 58/117; 6 Ob 717/87). Diese den Verkäufer treffenden Eigentumsverschaffungspflichten dauern grundsätzlich bis zur Verbücherung des Eigentumsrechts des Käufers an, weshalb dieser - etwa bei Verlust der Urkunden - auch neuerlich die Einwilligung in die Einverleibung begehren kann (JBl 1988, 714). Diese soeben genannte, von der Revisionswerberin zur Darlegung der Berechtigung ihres Anspruchs zitierte Entscheidung vermag deren Standpunkt deshalb nicht zu stützen, weil sie eine Auseinandersetzung zwischen den ursprünglichen Vertragspartnern zum Gegenstand hat: Über die Ansprüche des letzten Erwerbers bei mehrfacher außerbücherlicher Weiterveräußerung sagt sie nichts aus.

Ein derartiger Erwerber ist vorerst darauf zu verweisen, daß im Hinblick auf die Bestimmung des § 431 ABGB außerhalb der im Gesetz normierten - hier nicht gegebenen - Ausnahmen vom Eintragungsprinzip außerbücherliches Eigentum nicht in Betracht kommt. Dingliche, gegen jedermann wirkende Ansprüche kommen diesem Käufer daher nicht zu (SZ 48/104; SZ 52/12; MietSlg 34.050; 5 Ob 308/85). Er sieht lediglich in Rechtsbeziehungen zu seinem unmittelbaren Vertragspartner; nur diesen treffen im Verhältnis zum Erwerber die eingangs genannten Verkäuferpflichten. Der erste, weiterhin im Grundbuch als Eigentümer eingetragene Verkäufer steht mit dem letzten von mehreren außerbücherlichen Käufern solange in keiner Rechtsbeziehung, als nicht die Rechte des ersten Käufers in lückenloser Kette an den letzten Erwerber abgetreten wurden. Solange ein derartiger Rechtsübergang nicht erwiesen ist, bedarf es auch keines weiteren Eingehens auf die von der Revisionswerberin aufgeworfenen Fragen der Berechtigung aus der Treuhandschaft und des Übergangs von Miteigentumsrechten am ersten Kaufvertrag.

Die Klägerin hat sich im Verfahren erster Instanz nicht darauf berufen, daß die aus der Eigentumsverschaffungspflicht entspringenden Rechte des ersten Käufers rechtsgeschäftlich auf sie übertragen worden seien. Auch der in den Kaufverträgen enthaltene Passus, daß die Verkäuferin die Liegenschaftsanteile samt allen Rechten und Pflichten und mit allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör, so wie sie den Vertragsgegenstand besitzt und benützt bzw zu besitzen und zu benützen berechtigt war, an die Käuferin übertrage, vermag den von der Revisionswerberin gewünschten Rechtsübergang nicht zu begründen. Dieser Vertragspunkt bezieht sich nach seinem klaren Wortlaut auf die Liegenschaft selbst und soll die Grundlage für allfällige auf sie bezogene Gewährleistungsansprüche bilden. Auch eine die redliche Verkehrsübung sowie die individuellen Zwecke und Interessen der Parteien berücksichtigende ergänzende Vertragsauslegung (vgl SZ 53/164; NZ 1988, 11) kann nicht zu dem Ergebnis führen, es würden dadurch Rechte aus dem Vertrag des ersten Käufers auf dessen Einzelrechtsnachfolger übertragen. Dies erhellt schon daraus, daß andernfalls bei mehreren aufeinanderfolgenden Verkäufen unter Verwendung dieser formelhaften, im Rechtsgeschäftsverkehr üblichen Klausel die vertraglichen Rechte und Pflichten immer nur zwischen erstem Verkäufer und letztem Käufer bestünden und der unmittelbare Vertragspartner nicht in Anspruch genommen werden könnte. Ein solcher Parteiwille kann aber ohne ausdrückliche Willensbekundung nicht unterstellt werden.

Auch der Hinweis der Revision auf § 22 GBG geht fehl: Diese Bestimmung dient unter der Voraussetzung des Vorliegens einer geschlossenen Titelkette ausschließlich der Vermeidung überflüssiger Eintragungen (5 Ob 46/94; 5 Ob 57/95). Ein Anspruch auf Herausgabe von für die Verbücherung erforderlichen Urkunden durch einen der Vormänner kann daraus nicht abgeleitet werden. Es ist vielmehr Sache des um die Einverleibung Ansuchenden, den Rechtserwerb bis zum unmittelbaren bücherlichen Vormann durch eintragungsfähige Urkunden nachzuweisen (10 ObS 228/90; 5 Ob 57/95).

Insoweit schließlich die Revisionswerberin die Herausgabepflicht des Zweitbeklagten aus seiner telefonischen Zusage an den Notar, der die Folgeverträge verfaßte, ableiten will, ist sie darauf zu verweisen, daß nach ständiger Rechtsprechung (SZ 43/73; EvBl 1981/122; ArbSlg. 10448; u.a.) im Zweifel einer Erklärung die weniger weit gehende Wirkung eines bloß deklarativen Anerkenntnisses zuzuschreiben ist. Bezogen auf den Empfängerhorizont (RdW 1989, 62; SZ 61/215; RdW 1989, 62; 7 Ob 18/95), konnte der anfragende Notar nicht davon ausgehen, daß ein als Treuhänder verpflichteter Rechtsanwalt über eine bloße Wissenserklärung hinaus seine Herausgabepflicht gegenüber Dritten bedingungslos anerkennen wollte.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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