Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Antragsteller ist Miteigentümer zu 333/10000 Anteilen der Liegenschaft EZ *****, GB *****, die Antragsgegner sind die übrigen Miteigentümer der Reihenhausanlage *****weg, ***** an der Wohnungseigentum begründet ist. Mit seinem Antrag vom 6.10.1994 begehrte der Antragsteller die Feststellung, daß der Mehrheitsbeschluß der Miteigentümer der obgenannten Liegenschaft, hinsichtlich der Errichtung einer Streetball-Anlage, der dem Antragsteller am 21.9.1994 schriftlich kundgemacht worden sei, nach § 14 Abs 3 iVm § 26 Abs 1 Z 4 WEG rechtsunwirksam sei. In der ersten Septemberwoche 1994 sei auf der Liegenschaft in unmittelbarer Nähe des Wohnungseigentumsobjektes des Antragstellers neben einer dort befindlichen Sandkiste eine Streetball-Anlage (Stange mit Basketballkorb samt dazugehörigem Brett) errichtet worden. Im Juli 1994 seien sämtliche Miteigentümer der obgenannten Liegenschaft hinsichtlich der Errichtung dieser Anlage befragt worden, wobei zunächst noch ein zweiter Aufstellungsort zur Auswahl gestanden sei. Der Antragsteller habe sich gegen die Errichtung der Streetball-Anlage ausgesprochen, weil bei deren Benützung mit einer unerträglichen Lärmbelästigung und mit Sachbeschädigungen zu rechnen sei. Mitte Juli sei dem Antragsteller seitens der Verwaltungsgesellschaft mitgeteilt worden, daß die Errichtung der Streetball-Anlage von der Mehrheit der Miteigentümer, nämlich insgesamt 9666/10000 Anteilen, beschlossen worden sei. Für den Aufstellungsort beim Kinderspielplatz in unmittelbarer Nähe des Objektes des Antragstellers hätten jedoch nicht sämtliche Miteigentümer gestimmt. Durch das Bespielen der zwischenzeitig fertiggestellten Anlage, insbesondere durch das Werfen der Bälle gegen die Wand und gegen in unmittelbarer Nähe befindliche Garagentore aus Stahl, entstehe über den gesamten Tag bis in die Abendstunden (ca. 21.00 Uhr) eine erhöhte und ein unerträgliches Maß erreichende Lärmbelästigung, die die Wohnqualität des Antragstellers und seiner Mutter übermäßig beeinträchtige. Ebenso werde der Antragsteller in seiner bisher ungehinderten Zufahrt zu seiner Garage, die neben der aufgestellten Spielanlage situiert sei erheblich behindert. Abgesehen davon befinde sich in unmittelbarer Nähe der Siedlung ein großer allgemeiner Spielplatz mit einer Korbballanlage, der gefahrlos auf einer Fußgängerunterführung auch für Kinder erreichbar sei, sodaß eine Notwendigkeit zur Benützung der Gemeinschaftsanlage zu Ballspielzwecken, insbesondere zur Errichtung einer Street-Ball-Anlage, nicht gegeben sei. Die Errichtung der Anlage stelle keine Maßnahme im Sinne ordentlicher Verwaltung dar und diene auch nicht der ordnungsgemäßen Erhaltung und stelle auch keine allen Miteigentümern zum Vorteil gereichende Verbesserung gemeinsamer Teile und Anlagen dar. Wohl habe die Mehrheit der Miteigentümer diese Veränderung an der im Gemeineigentum stehenden Liegenschaft beschlossen, jedoch seien die Interessen des Antragstellers bei der Beschlußfassung überhaupt nicht berücksichtigt worden. Durch das Aufstellen und die Benützung der Street-Ball-Anlage durch eine größere Zahl von Jugendlichen werde eine erhöhte und unzumutbare Lärmbelästigung verursacht.
Erst in der Tagsatzung vom 30.11.1995 brachte der Antragsteller ergänzend vor (AS 83), daß der Mehrheitsbeschluß auch formell deshalb nicht ordnungsgemäß zustandegekommen sei, weil den Wohnungseigentümern zwei Standorte alternativ zur Abstimmung vorgelegt worden sei und daher das Ergebnis der Abstimmung mehrdeutig sei. Die Aufstellung der Anlage in unmittelbarer Nähe des Objekts des Antragstellers sei daher unzulässig vorgenommen worden. Im übrigen sei das Verfahren zur Beschlußfassung gemäß § 13b WEG, insbesondere die vorhergehende Verständigung der Wohnungseigentümer, nicht ordnungsgemäß erfolgt, sodaß der Beschluß auch aus diesem Grunde rechtsunwirksam sei.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen: Im Juli 1994 wurden sämtliche Miteigentümer zur Errichtung einer Streetball-Anlage (Stange mit Basketballkorb samt dazugehöriger Rückwand) befragt. Damals standen zwei Möglichkeiten für den Standplatz zur Auswahl. Der Antragsteller sprach sich gegen die Errichtung dieser Anlage aus, da mit unerträglichen Lärmbelastungen und Sachbeschädigungen zu rechnen sei. Mitte Juli 1994 teilte die gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft ***** als Hausverwalter dem Antragsteller mit, daß die Errichtung der Streetball-Anlage von der Mehrheit der Miteigentümer, und zwar mit einem Verhältnis von 9666/10000 Anteilen, beschlossen worden sei. Für den Aufstellungsort am Kinderspielplatz habe ebenfalls die Mehrheit, wenngleich nicht sämtliche andere Miteigentümer, gestimmt. In der ersten Septemberwoche 1994 wurde in unmittelbarer Nähe des Objekts des Antragstellers neben einer Sandkiste diese Streetball-Anlage errichtet. Die Siedlung liegt im Haselgraben östlich der L*****straße (B *****), parallel zu dieser Straße sind vier Garagenriegel angeordnet, sodaß die Siedlung zur L*****straße hin durchgehend mit einer Schallschutzbarriere geschlossen ist. Zwischen den Garagenriegeln und den westlichen Wohnhäusern der in verdichteter Flachbauweise errichteten Siedlung erstreckt sich parallel zur L*****straße eine als solche gekennzeichnete Wohnstraße. Im nördlichen Bereich der Wohnstraße befindet sich eine Wendeschleife. Die Streetball-Anlage ist nördlich der Umkehrschleife in der Mitte eines Sandspielplatzes situiert. Der Korbständer befindet sich auf dem Rasengrund, die Wendeschleife der Wohnstraße dient somit als Fläche für das Basketballspiel. Der Horizontalabstand zwischen dem Korbständer und dem Meßpunkt im Garten des Hauses des Antragstellers beträgt 16 m, das Tor jener Garage, die den geringsten Abstand zur Basketball-Anlage aufweist, ist 22 m entfernt. Der Garten des Antragstellers ist im Süden zur Wohnstraße hin durch eine Mauer abgeschlossen. Die örtliche Situation ist durch Verkehrslärm auf der L*****straße geprägt. Es ist hauptsächlich ein schwankendes Rauschen zu hören. Der A-bewertete Schalleistungspegel eines Kindesspielplatzes für 10 Kinder im Alter bis zu 10 Jahren beträgt 82 dB, für einen Sandspielplatz kann ein A-bewerteter Schalleistungspegel von deutlich unter 80 dB angenommen werden. Die Lärmentwicklung, die beim Baskettballspiel entsteht, ist der Größenordnung nach mit der eines Kinderspielplatzes vergleichbar. Ein Sandspielplatz für Kleinkinder verursacht hingegen wesentlich weniger Lärm. Die Grenze der zumutbaren Störung wird im Garten des Antragstellers nicht erreicht, obwohl das charakteristische Spielgeräusch dort hörbar ist. Durch normales Rufen beim Basketballspielen wird der Beurteilungspegel nicht angehoben.
Rechtlich gelangte das Erstgericht zur Ansicht, daß eine übermäßige Beeinträchtigung des Antragstellers nicht vorliege, da sich die Lärmentwicklung bei vorliegenden Basketballanlage innerhalb eines ortsüblichen Rahmens bewege. Das spätere Vorbringen, der Mehrheitsbeschluß sei nicht ordnungsgemäß zustandegekommen, sei ein "nachgeschobener" Grund, der schon durch das eigene Vorbringen des Antragstellers widerlegt sei.
Das Rekursgericht gab den dagegen erhobenen Rekurs des Antragstellers nur im Kostenpunkt, nicht jedoch in der Hauptsache Folge. Wohl könne nach § 14 Abs 3 WEG auch das formelle Zustandekommen eines Beschlusses im Sinne dieser Bestimmung überprüft werden, doch müßten die Fristen nach § 13b Abs 4 und § 14 Abs 3 WEG im Interesse der Rechtssicherheit eingehalten werden. Das ungenützte Verstreichen der dort geregelten Fristen bewirke relative Unanfechtbarkeit und damit Wirksamkeit des Beschlusses gegenüber dem einzelnen Miteigentümer, dem eine spätere Bekämpfung genommen sei. Ein überstimmter Minderheitseigentümer müsse sich daher bei Antragstellung nach § 14 Abs 3 WEG innerhalb der dort genannten Drei- bzw Sechsmonatsfrist dahin entscheiden, ob er die formelle Beschlußfassung, die materiellen Voraussetzungen oder beides vom Gericht überprüfen lassen wolle. Stelle, wie im vorliegenden Fall, der Minderheitseigentümer zunächst lediglich einen Antrag auf Überprüfung der materiellen Voraussetzungen und gestehe er die formelle Richtigkeit der Beschlußfassung zu, so könne er dieses Zugeständnis lediglich innerhalb der offen Antragsfrist, nicht jedoch später zurückziehen. Das erst später erstattete Vorbringen hinsichtlich Formalmängeln bei der Beschlußfassung sei verspätet, sodaß dem Gericht keine Möglichkeit gegeben sei, auch die formelle Beschlußfassung zu überprüfen. Das Erstgericht sei daher zu Recht von einem rechtswirksamen Beschluß über die Errichtung der Streetball-Anlage am nunmehrigen Aufstellungsort ausgegangen. Daß sich nicht alle Zustimmenden an der Finanzierung beteiligen, treffe den Antragsteller nicht, da er nicht finanziell belastet werde (WoBl 1996, 40). Eine übermäßige Beeinträchtigung der Interessen des Antragstellers durch die Errichtung und Benützung einer Streetball-Anlage sei nicht gegeben. In Wohnstraßen sei das Betreten der Fahrbahn und das Spielen gestattet, der erlaubte Fahrzeugverkehr dürfe aber nicht mutwillig behindert werden. Eigentümer von Reihenhäusern, die unmittelbar an die Wohnstraße angrenzten, hätte daher damit zu rechnen, daß die Wohnstraße auch von Kindern zum Spielen verwendet werde und sich dabei Lärm entwickle, der einem Spielplatzlärm gleich komme. Insbesondere müßten die Bewohner angrenzender Häuser auch damit rechnen, daß auf einer Wohnstraße Ballspiele durchgeführt würden, weshalb auch mit einem gelegentlichen unbeabsichtigten Bewegen des Balls an die an die Wohnstraße angrenzenden Garagentore zu rechnen sei. Die übliche Benützung der Streetball-Anlage verursache keinen größeren Lärm, als er auch von einem normalen Spielplatz ausgehe, sodaß von einer übermäßigen Beeinträchtigung des Antragstellers nicht gesprochen werden könne.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, da Rechtsprechung des OGH zur Frage fehle, inwieweit dann, wenn bei einer Antragstellung nach § 14 Abs 3 WEG zunächst die formelle Richtigkeit der Beschlußfassung zugestanden wurde, der Antrag nach Ablauf der Antragsfrist um die formelle Frage erweitert werden könne.
Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der gegenständliche Mehrheitsbeschluß für unwirksam erklärte werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Während sich die übrigen Antragsgegner am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligten, beantragten die 8., 9., 12., 13., 14., 16., 17., 24., 36., 37. und 42. Antragsgegner, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Bei den Fristen nach § 13b Abs 4 WEG und § 14 Abs 3 WEG handelt es sich um materiellrechtliche Fristen, für deren Einhaltung der Eingang der betreffenden Erklärung (zB Klage; hier: Antrag) bei Gericht maßgebend ist. So wie Klagen mit materiellrechtlichem Begehren und Klagssurrogate materiellrechtlichen Fristen unterlegen, hat dies auch für in das Außerstreitverfahren verwiesene Sachanträge, welche eine Klage setzen, zu gelten (RIS-Justiz RS0106946 = immolex 1997/78). Antragstellungen nach den §§ 13b Abs 4 und 14 Abs 3 WEG sind von der Dispostionsmaxime des anfechtenden Miteigentümers getragen, dem Gericht kommt hiebei keine Regelungsfunktion zu, vielmehr ist es an den Sachantrag insoweit gebunden, als es ihm stattgeben oder ihn abweisen kann, ohne eine allenfalls billige Lösung für alle Beteiligten zu finden (RIS-Justiz RS0013385, RS008751). Gemäß § 26 Abs 1 Z 4 WEG hat das Gericht im Fall einer Anfechtung nur die Rechtswirksamkeit eines Beschlusses zu prüfen, eine Kompetenz für eine inhaltliche Kontrolle besteht also nicht (Palten, Wohnungseigentumsrecht Rz 127, Illedits, Das Wohnungseigentum, Rz 378). § 14 Abs 3 WEG stellt sich insoweit als Ergänzung der Anfechtungsmöglichkeiten nach § 13b Abs 4 WEG dar, als jene Bestimmung im Rahmen der außerordentlichen Verwaltung der Liegenschaft (Würth/Zingher Wohnrecht '94 § 14 WEG Anm 4) der überstimmten Minderheit eine sonst im Rahmen der ordentlichen Verwaltung nicht gegebene Möglichkeit gewährt, den Mehrheitsbeschluß einer materiellen Überprüfung im Hinblick auf die Interessenlage der Miteigentümer zu unterziehen. Wenngleich es daher einem überstimmten Miteigentümer unbenommen ist, im Rahmen eines auf § 14 Abs 3 WEG gestützten Überprüfungsantrag auch Mängel beim Zustandekommen des Beschlusses (§ 13b WEG) geltend zu machen, bedarf es im Hinblick auf die schon erwähnte Dispostionsmaxime auch eines konkreten Vorbringens, aus welchen Gründen nicht nur eine Interessensverletzung gegeben, sondern die Beschlußfassung an sich mangelhaft sein soll. Hat daher - wie im vorliegenden Fall im ursprünglichen und fristgerecht eingebrachten Begehren - der Antragsteller unmißverständlich erklärt, sein Begehren nur auf einen bestimmten Rechtsgrund (einen oder einzelne der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen) zu stützen, hat das Gericht nicht von sich aus auch völlig andere Tatbestandsvoraussetzungen, wie eben Umstände des formellen Zustandekommens des Beschlusses zu überprüfen (5 Ob 2426/96t). Der Antrag war daher lediglich im Hinblick auf die materiellrechtliche Überprüfung des angefochtenen Beschlusses (§ 14 Abs 3 WEG) fristgerecht eingebracht, das erst in der Tagsatzung vom 30.11.1995 und somit außerhalb der Fristen des § 14 Abs 3 WEG erstattete Vorbringen, der Mehrheitsbeschluß sei auch aus formellen Gründen mangelhaft und daher unwirksam, ist hingegen verfristet.
Die Überprüfung durch das Gericht hat sich daher auf die Interessensabwägung nach § 14 Abs 3 WEG zu beschränken.
Unter die Gesetzesbestimmung des § 14 Abs 3 WEG fällt jegliche Veränderung (und nicht nur eine nützliche Verbesserung) gemeinsamer Liegenschaftsteile, die über die ordnungsgemäße Erhaltung im Sinne des § 14 Abs 1 Z 1 WEG hinausgeht. Die Voraussetzung des § 14 Abs 3 Satz 2 Z 3 WEG fehlt nicht schon bei jeder Beeinträchtigung der Überstimmten, sondern erst bei einer Übermäßigen (WoBl 1991, 79 [Würth/Call]). Bei Beurteilung der Zumutbarkeit des Ausmaßes der mit den angestrebten Änderungen allenfalls verbundenen Beeinträchtigungen der überstimmten Minderheit ist auch zu berücksichtigen, daß jeder Miteigentümer und Wohnungseigentümer im Rahmen des die Gemeinschaft verbindenden besonderen Schuldverhältnisses die Pflicht hat, auf schutzwürdige Interessen der anderen Miteigentümer und Wohnungseigentümer Rücksicht zu nehmen, andererseits aber auch selbst ein zumutbares Maß an Toleranz von den anderen Teilgenossen erwarten darf (WoBl 1991, 79). Die Vorinstanzen verkennen in diesem Zusammenhang nicht, daß mit der Benützung einer Streetball-Anlage Lärmbeeinträchtigungen verbunden sind, die im vorliegenden Fall auch den Antragsteller treffen. Es wurde aber auch festgestellt, daß die mit der Ausübung dieser Tätigkeit verbundenen Geräusche über übliche Spielplatzgeräusche nicht hinausgehen. Zieht man nun in Betracht, daß sich das vom Antragsteller benützte Objekt in unmittelbarer Nähe einer Wohnstraße befindet, auf der schon vor Aufstellung der Streetball-Anlage Ballspiele von Kindern ausgeführt werden durften, stellt das Bespielen der auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses aufgestellten Anlage keine übermäßige Beeinträchtigung der Interessen des überstimmten Antragstellers dar, vielmehr handelt es sich um einen zulässigen Eingriff in seine Interessensphäre.
Der angefochtene Sachbeschluß war daher zu bestätigen.
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