OGH 7Ob79/97m

OGH7Ob79/97m25.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 28.8.1996 verstorbenen Heinz P*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses 1. des Karlheinz P*****, und 2. der Mag.Martina P*****, beide vertreten durch Dr.Siegfried Rack, Rechtsanwalt in Völkermarkt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 23.Jänner 1997, GZ 4 R 25/97m-26, womit der Rekurs des Karlheinz P***** und der Mag.Martina P***** gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Völkermarkt vom 17.Dezember 1996, GZ 1 A 198/96s-20, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird aufgehoben. Dem Gericht zweiter Instanz wird eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Mit eigenhändigem Testament vom 30.5.1995 setzte der am 28.8.1996 verstorbene Heinz P***** seine Ehefrau Dora Ewa G*****-P***** zur Universalerbin ein. Seine beiden aus der ersten Ehe stammenden Kinder Karlheinz P***** und Mag.Martina P***** vermachte er je zur Hälfte "zur Pflichtteilsabfindung" sein Friseurgeschäft samt Inventar in V*****.

Mit Beschluß vom 11.9.1996 nahm das Erstgericht die von Dora Ewa G*****-P***** aufgrund des Testamentes zum gesamten Nachlaß abgegebene bedingte Erbserklärung an und räumte ihr antragsgemäß die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses ein.

Mit Beschluß vom 17.12.1996 erteilte das Erstgericht aufgrund eines dahingehenden Antrages der Dora Ewa G*****-P***** die verlassenschaftsgerichtliche Genehmigung der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Einräumung eines Höchstbetragspfandrechtes von S 650.000,-- auf zwei in den Nachlaß fallende Liegenschaften sowie der von der Witwe bereits gefertigten Pfandbestellungsurkunde vom 11.12.1996. Die der Pfandbestellung zugrundeliegende Kreditaufnahme sei zur Weiterführung des in den Nachlaß fallenden Friseurunternehmens erforderlich und läge in einem vertretbaren Rahmen.

Das Gericht zweiter Instanz wies den dagegen erhobenen Rekurs des Karlheinz P***** und der Mag.Martina P***** als unzulässig zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Rekurswerber hätten lediglich die Rechtsstellung von Noterben und zusätzlich von Vermächtnisnehmern. Entgegen ihren Rekursausführungen hätten sie keine Nachlaßabsonderung begehrt. Auf die Verwaltung des Nachlasses habe der Noterbe im Verlassenschaftsverfahren keinen Einfluß. Er könne daher Beschlüsse hinsichtlich der Nachlaßverwaltung nicht zulässigerweise bekämpfen. Auch der bloße Legatar sei im Abhandlungsverfahren nur insoweit Beteiligter mit Rekursrecht, als eine Verfügung des Verlassenschaftsgerichtes gerade das Legat bzw das dahinterstehende Vermögensobjekt betreffe. Die genannte Sicherstellung der Höchstkreditaufnahme auf Liegenschaften, die nach der Aktenlage nicht die Betriebsliegenschaften des Friseurgeschäftes seien, tangiere daher die Rekurswerber weder in ihrer Rechtsstellung als Noterben noch in jener als Legatare.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Karlheinz P***** und der Mag.Martina P***** ist zulässig und berechtigt.

Entgegen der aktenwidrigen Annahme des Gerichtes zweiter Instanz haben die Rekurswerber bereits am 8.11.1996 beim Erstgericht den Antrag auf Nachlaßabsonderung und Bestellung eines Absonderungskurators zur Sicherstellung ihrer Pflichtteilsansprüche, die sie mit je S 597.949,98 bezifferten, eingebracht (wobei sich der betreffende Schriftsatz offenbar einige Zeit hindurch nicht beim Gerichtsakt befunden hat, sondern vom Gerichtskommissär entnommen wurde und erst am 20.2.1997 wieder zum Akt gelangt ist).

Über diesen Antrag wurde zunächst nicht entschieden. Am 7.2.1997 gaben die Rekurswerber aufgrund des Gesetzes zu je 1/3 des Nachlasses die bedingte Erbserklärung ab und behaupteten, daß das schriftliche Testament vom 30.5.1995 nicht die Unterschrift des Erblassers trage. Mit Beschluß vom 18.2.1997 hat das Erstgericht diese Erbserklärungen angenommen und "die Entscheidung über die Verteilung der Klägerrollen samt Fristsetzung" vorbehalten. Mit Beschluß vom 24.2.1997 wies das Erstgericht den Antrag auf Nachlaßabsonderung und Bestellung eines Separationskurators mit der Begründung zurück, daß die Nachlaßabsonderung unzulässig sei, wenn der Noterbe eine Erbserklärung abgegeben habe. Über den dagegen seitens des Karlheinz P***** und der Mag.Martina P***** erhobenen Rekurs wurde bislang noch nicht entschieden.

Im Zeitpunkt der Entscheidungen der Vorinstanzen hatten die Rekurswerber die Rechtsstellung von Pflichtteilsberechtigten (und Legataren) und waren damit berechtigt, die Nachlaßabsonderung gemäß § 812 ABGB zu begehren, wovon sie auch Gebrauch gemacht haben. Solange über einen Antrag auf Nachlaßabsonderung nicht rechtskräftig entschieden ist, kann über einen Antrag auf Genehmigung von den Nachlaß schmälernden oder belastenden Verfügungen nur insoweit entschieden werden, als die Entscheidung auch mit einer die von den Noterben beantragten Nachlaßabsonderung genehmigenden Entscheidung vereinbart werden könnte. Wieweit den berechtigten Interessen des Erben an der von ihm zur Genehmigung vorgeschlagenen Maßnahme gegenüber den konkreten Interessen der Noterben als Absonderungsgläubiger der Vorrang zukommt, ist bereits eine Frage der Sachbeurteilung, auf die die Absonderungsgläubiger aber einen verfahrensrechtlichen Anspruch haben (NZ 1985, 148). Soweit die Interessen von Noterben, insbesondere von solchen, die sich aktiv durch einen Antrag auf Nachlaßseparation am Abhandlungsverfahren beteiligt haben (vgl 3 Ob 560/92), betroffen sind, sind diese auch rekursberechtigt, ohne daß über die Zulässigkeit des Rechtsmittels eine Vorprüfung stattzufinden hätte und ohne daß zu beurteilen wäre, ob und inwieweit durch die angefochtene Entscheidung ihre besonderen Interessen betroffen sind (8 Ob 571, 572/89 mwN). Die Tatsache, daß die Rekurswerber inzwischen (auch) die Rechtsstellung erbserklärter Erben erlangt haben, vermag an ihrer Rechtsmittellegitimation nichts zu ändern, sondern verstärkt vielmehr ihre Position im Nachlaßverfahren.

Die Rekurslegitimation des Karlheinz P***** und der Mag.Martina P***** ist daher im Gegensatz zur Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz zu bejahen. Dieses wird über deren Rekurs neuerlich zu entscheiden haben.

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