OGH 6Ob2078/96y

OGH6Ob2078/96y19.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Landesgrundverkehrsreferent der Tiroler Landesregierung, ***** vertreten durch Dr.Grosch & Partner, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wider die beklagten Parteien 1. W***** Gesellschaft mbH, ***** 2. Wilhelm K*****, beide vertreten durch Dr.Siegfried Dillersberger und Dr.Helmut Atzl, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen Feststellung der Nichtigkeit von Verträgen, infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 15.Februar 1996, GZ 4 R 28/96s-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 22.November 1995, GZ 6 Cg 83/94f-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Festgestellt wird, daß die Treuhandverträge vom 2./8.11.1972, abgeschlossen zwischen der erstbeklagten Partei als Treunehmerin und der zweitbeklagten Partei als Treugeber, erliegend in der Urkundensammlung des Bezirksgerichtes Schwaz zu TZl. 2061/72 und 674/73, auf Grund welcher zugunsten der zweitbeklagten Partei nachstehende Grundbuchseinverleibungen bewilligt worden sind:

nichtig sind.

Die beklagten Parteien haben zur ungeteilten Hand der klagenden Partei die mit 22.318,56 S (darin 3.719,76 S Umsatzsteuer) bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz und die mit 6.971,58 S (darin 1.161,93 S Umsatzsteuer) bestimmten Verfahrenskosten zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagten Parteien haben zur ungeteilten Hand der klagenden Partei die mit 8.365,50 S (darin 1.394,25 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Landesgrundverkehrsreferent der Tiroler Landesregierung und als solcher nach dem Tiroler Grundverkehrsrecht grundsätzlich legitimiert, die Nichtigkeit von Schein- und Umgehungsgeschäften, die geschlossen wurden, um eine nicht erlangbare grundverkehrsbehördliche Zustimmung zu umgehen, mit Feststellungsklage geltend zu machen (§ 16a der Tiroler Grundverkehrsgesetznovelle 1991, LGBl 1991/74; § 35 Abs 2 TirGVG 1993, LGBl 1993/82; § 35 Abs 2 TirGVG 1996, LGBl 61). Unstrittig ist folgender Sachverhalt:

Die Erstbeklagte ist eine Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Österreich. Sie war 1972 bücherliche Eigentümerin einer Liegenschaft. Über Auftrag des Zweitbeklagten aus dem Jahr 1971 errichtete sie auf der Liegenschaft eine Wohnungseigentumseinheit (betreffend eine Eigentumswohnung und eine Garage). Der Zweitbeklagte wollte das Objekt kaufen. Er war deutscher Staatsbürger. Das Eigentum am Objekt konnte ihm nicht verschafft werden. 1972 konnten Ausländer in Tirol nur unter besonderen Voraussetzungen Grund erwerben. Das öffentliche Interesse durfte nicht dagegen sprechen. Die beklagten Parteien schlossen Treuhandverträge. Die Erstbeklagte sollte als Treuhänderin des Zweitbeklagten fungieren und verpflichtete sich, nachdem der Zweitbeklagte die Errichtungskosten bezahlt hatte, ohne weiteres Entgelt in die bücherliche Übertragung des Eigentums an den Zweitbeklagten einzuwilligen, sobald dies rechtlich möglich sein werde. Bis dahin wurde vereinbart, daß dem Zweitbeklagten die uneingeschränkte Nutzung des Objektes zukommen sollte. Die Erstbeklagte verpflichtete sich, das Objekt nicht zu belasten. Sie räumte dem Zweitbeklagten ein Vorkaufsrecht sowie zur Sicherstellung des bezahlten Kaufpreises eine Höchstbetragshypothek ein. Das Vorkaufsrecht und das Pfandrecht wurden verbüchert.

Mit der am 18.4.1994 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt der namentlich angeführte Landesgrundverkehrsreferent (Dr.Josef G*****) die Feststellung der Nichtigkeit der Treuhandverträge vom 2. und 8.11.1972, aufgrund welcher zugunsten des Zweitbeklagten das Vorkaufsrecht und das Pfandrecht im Höchstbetrag von 409.042 S im Grundbuch einverleibt worden waren. Die Verträge seien nur deshalb geschlossen worden, weil eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung des vorgesehenen Eigentumserwerbs des Zweitbeklagten nicht erreichbar gewesen sei.

Die Beklagten bestritten, daß mit den angefochtenen Verträgen die Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsrechtes umgangen werden sollten. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seien sowohl die Begründung des Pfandrechtes als auch die Einräumung eines Vorkaufsrechtes nicht genehmigungspflichtig gewesen. Das anzuwendende TirGVG 1993 (LGBl 82) sei wegen Kundmachungsmängeln verfassungswidrig. Dem Kläger mangle es an der Klagelegitimation. Die Bestimmung, daß der Landesgrundverkehrsreferent Verträge, an denen er nicht beteiligt gewesen sei, rückwirkend anfechten könne, widerspreche der "Verfassungsrechtslage". Nach § 16 Abs 5 TGVG 1970 sei eine Löschung von im Grundbuch durchgeführten Eintragungen nach Ablauf von drei Jahren ab den Eintragungen nicht mehr möglich. Auch aus diesem Grund sei die Klage nicht berechtigt.

Ein Antrag des Klägers auf Anmerkung der Klage im Grundbuch wurde rechtskräftig abgewiesen (8 Ob 522/95 = ON 13). Der Oberste Gerichtshof vertrat in dieser Entscheidung die Auffassung, daß der Kläger die Nichtigkeit von Schein- und Umgehungsgeschäften (die zu bücherlichen Eintragungen führten) nur innerhalb von drei Jahren ab bücherlicher Eintragung mit Feststellungsklage geltend machen könne. Diese Frist sei hier längst verstrichen, die Klage daher aussichtslos, weshalb eine Streitanmerkung nicht erfolgen könne (auf die nähere Begründung dieser Entscheidung wird bei der Behandlung der Revision noch einzugehen sein).

Das Erstgericht wies die Klage unter Wiedergabe der oberstgerichtlichen Rechtsausführungen zur Abweisung des Antrages auf Streitanmerkung wegen mangelnder Aktivlegitimation ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es verneinte (zutreffend) eine Bindungswirkung an die Rechtsausführungen des Obersten Gerichtshofes im Rahmen des Zwischenverfahrens über die Streitanmerkung, folgte aber der rechtlichen Beurteilung des Senates 8 und verwies erläuternd auf gegenteilige Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (2 Ob 540/94 und 4 Ob 535/94), in denen eine Anfechtungsbefugnis des Landesgrundverkehrsreferenten über 30 Jahre bejaht worden war. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es liege eine widersprüchliche Judikatur des Obersten Gerichtshofes vor.

Mit seiner ordentlichen Revision beantragt der Kläger die Abänderung dahin, daß der Klage stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht erkannten Grund zulässig. Sie ist auch berechtigt.

In formeller Hinsicht ist zunächst der im Schriftsatz der Beklagten (an das Erstgericht gerichtet und dort nach Erhebung der Revision eingelangt) vertretenen Auffassung entgegenzutreten, daß die Klage schon deshalb abzuweisen wäre, weil in der Zwischenzeit statt des Dr.Josef G***** Dr.Karl N***** zum Tiroler Landesgrundverkehrsreferenten bestellt worden und daß deshalb die Aktivlegitimation verlorengegangen sei. Beim Landesgrundverkehrsreferenten handelt es sich um eine Formalpartei mit hoheitlicher Befugnis (Walzel in ZfV 1995, 289). Aus dem Behördencharakter ergibt sich, daß die jeweils bestellte physische Person nur Organwalter ist. Ein Wechsel dieser Person hat auf die Parteifähigkeit und auf die Aktivlegitimation keinen Einfluß. Da der Organwalter nur Vertreter der (Formal-)Partei ist, bedarf es auch keiner Richtigstellung der Parteibezeichnung.

In der Frage des anzuwendenden Landesrechtes ist vorweg darauf zu verweisen, daß der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 28.9.1996, G 50/96 ua festgestellt hat, daß die Tiroler Grundverkehrsgesetznovelle 1991 verfassungswidrig war (kundgemacht in LGBl 1996/71), und daß vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 10.12.1996, G 84/96 ua weiters festgestellt wurde, daß auch das Tiroler Grundverkehrsgesetz 1993 verfassungswidrig war (kundgemacht in LGBl 1997/4). Diese beiden Gesetze sind auf künftige Verfahren nicht mehr anzuwenden, ebenso nicht in den Verfahren, in denen der Verfassungsgerichtshof angerufen worden war. Auf anhängige Verfahren (wie das vorliegende) sind die beiden Landesgesetze jedoch wegen der mangelnden Beteiligung am Gesetzesprüfungsverfahren weiterhin anzuwenden.

In der entscheidungswesentlichen Frage der Rückwirkung der Anfechtungsbefugnis des Landesgrundverkehrsreferenten und der Befristung des Klagerechtes liegt eine widersprüchliche Judikatur des Obersten Gerichtshofes vor. In der Entscheidung 4 Ob 535/95 waren ein auf 100 Jahre abgeschlossenes, im Grundbuch eingetragenes Mietverhältnis eines ausländischen Mieters mit einem vereinbarten Kündigungsverzicht sowie einem Weitergaberecht des Mieters und ein gleichzeitig abgeschlossener Options- und Pfandbestellungsvertrag zu beurteilen. Zur Sicherstellung des verdeckten Kaufpreises war eine Höchstbetragshypothek eingeräumt und weiters ein Vorkaufsrecht begründet worden. Auch in der Entscheidung 2 Ob 540/94 waren ein 1973 abgeschlossener langfristiger Mietvertrag (auf 99 Jahre), die Einverleibung des Pfandrechtes und des Vorkaufsrechtes zugunsten des ausländischen Mieters sowie eine im Grundbuch erwirkte Anmerkung der Vorauszahlung des Bestandzinses zu beurteilen. Beide Senate legten die anzuwendende Rechtslage, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, wie folgt dar:

Zum Zeitpunkt des jeweils angefochtenen Vertrages war in Tirol das als Grundverkehrsgesetz 1970 (TirGVG 1970), LGBl 1971/4 wiederverlautbarte Grundverkehrsgesetz 1966, LGBl 27 in Kraft. Nach § 3 Abs 1 leg cit war ua jeder originäre oder derivative Eigentumserwerb genehmigungspflichtig, nicht aber die Einräumung von Bestandrechten oder anderen Benützungsrechten an Wohnungen. Mit 1.1.1974 wurde das Grundverkehrsgesetz 1970 dahin geändert, daß § 3 Abs 1 ua folgende Bestimmung angefügt wurde:

"g) Jede Art der Begründung der Dienstbarkeit der Wohnung oder eines Gebrauchsrechtes an Grundstücken, sowie die sonstige nicht unter lit f) fallende Überlassung der Benützung von Grundstücken zugunsten von Personen, die dem Personenkreis nach § 1 Abs 1 Z 2 angehören, sofern durch die Überlassung dem Benützer eine ähnliche rechtliche und tatsächliche Stellung gegeben werden soll wie einem Eigentümer oder Dienstbarkeitsberechtigten."

Nach Art II Abs 2 fanden die Bestimmungen dieses Gesetzes keine Anwendung auf Rechtserwerbe nach § 3 Abs 1 lit g, über die vor dem 1. Jänner 1974 eine verbücherungsfähige Urkunde oder ein Notariatsakt errichtet wurde.

§ 16 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1983 (TirGVG 1983) LGBl 69 regelt das Vorgehen der Grundverkehrsbehörde in Fällen, in denen eine Eintragung im Grundbuch bewilligt wurde, ohne daß die erforderliche Zustimmung vorlag. Nach Abs 2 leg cit ist der Rechtserwerber aufzufordern, binnen einer längstens mit acht Wochen festzusetzenden Frist um die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für den Rechtserwerb anzusuchen. Wird kein Ansuchen gestellt, dann hat die Grundverkehrsbehörde von Amts wegen festzustellen, daß die nach § 3 Abs 1 leg cit für den Rechtserwerb erforderliche Zustimmung nicht vorliegt. Aufgrund eines rechtskräftigen Bescheides, mit dem die Zustimmung zum Rechtserwerb versagt bzw nachträglich aufgehoben oder eine Feststellung nach Abs 2 getroffen wurde, hat das Grundbuchsgericht die Eintragung des Rechtserwerbs im Grundbuch zu löschen und den früheren Grundbuchstand wiederherzustellen (§ 16 Abs 3). Nach § 16 Abs 5 ist eine Löschung nicht zulässig, wenn seit der Eintragung drei Jahre verstrichen sind. Mit Gesetz vom 3.Juli 1991 LGBl 74, wurde § 16 Abs 5 TirGVG 1983 aufgehoben; gleichzeitig wurde festgesetzt, daß die Bestimmung auf Rechtserwerbe, die am 1.Oktober 1991 (Zeitpunkt des Inkrafttretens) bereits im Grundbuch eingetragen sind, weiterhin anzuwenden ist (Art I 40; Art II Abs 3). Mit demselben Gesetz wurde § 16a in das TirGVG 1983 eingefügt. Gleichzeitig wurde unter § 16a eine "Feststellungsklage des Landesgrundverkehrsreferenten" eingefügt. Nach Abs 1 dieser Bestimmung kann der Landesgrundverkehrsreferent bei Gericht Klage auf Feststellung erheben, daß ein Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn Grund zur Annahme besteht, daß ein Schein- oder Umgehungsgeschäft vorliegt. Die Erhebung der Klage auf Feststellung ist auf Antrag des Landesgrundverkehrsreferenten im Grundbuch anzumerken. Nach Abs 2 hat das Grundbuchsgericht nach der gerichtlichen Feststellung, daß ein solches Rechtsgeschäft nichtig ist, eine bereits erfolgte Eintragung des Rechtserwerbes im Grundbuch zu löschen und den früheren Grundbuchstand wiederherzustellen. Der Landesgrundverkehrsreferent hat dem Grundbuchsgericht die Entscheidung des Gerichtes über die Feststellung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes unverzüglich mitzuteilen. Art II Abs 4 des Gesetzes LGBl 1991/74 bestimmt, daß sich das Recht des Landesgrundverkehrsreferenten, nach § 16a Abs 1 Feststellungsklage zu erheben, auch auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehenden Schein- oder Umgehungsgeschäfte erstreckt.

Beide Senate gelangten übereinstimmend zur Auffassung, daß das Klagerecht des Landesgrundverkehrsreferenten zu bejahen und auch verfassungskonform sei, wenn es ein Rechtsgeschäft betreffe, das innerhalb der 30jährigen allgemeinen Verjährungszeit geschlossen worden sei. Der 4.Senat nahm dabei ausdrücklich zu den seiner Meinung nach unterschiedlichen Rechtsfällen nach § 16 TirTVG 1983 idF LGBl 69 einerseits und § 16a der Tiroler Grundverkehrsgesetznovelle 1991 LGBl 74 andererseits Stellung und führte folgendes aus:

"§ 16 TirGVG 1983 idF LGBl 1983/69 setzt fest, welche Folgen es hat, wenn die für einen Rechtserwerb notwendige Zustimmung rechtskräftig versagt wird oder wenn trotz Aufforderung nicht um die grundverkehrsbehördliche Zustimmung angesucht wird. Im zuletzt genannten Fall hat die Grundverkehrsbehörde mit Bescheid von Amts wegen festzustellen, daß die nach § 3 Abs 1 leg cit für den Rechtserwerb erforderliche Zustimmung nicht vorliegt. In beiden Fällen hat das Grundbuchsgericht eine (ohne Genehmigung bewilligte) Eintragung des Rechtserwerbes im Grundbuch zu löschen und den füheren Grundbuchsstand wiederherzustellen (§ 16 Abs 3 leg cit). Die Löschung war bis zur Aufhebung des § 16 Abs 5 TirGVG durch die TirGVG-Nov 1991, LGBl 74, nicht zulässig, wenn seit der Eintragung drei Jahre verstrichen waren.

§ 16 a TirGVG 1983 idF dieser Novelle betrifft hingegen Rechtsgeschäfte, bei denen Grund zur Annahme besteht, daß ein Schein- oder Umgehungsgeschäft vorliegt. Diese Bestimmung, auf die sich das Klagerecht des Landesgrundverkehrsreferenten gründet, regelt daher einen anderen Fall als § 16 Abs 2 und 3 TirGVG 1983. Während in dem einen Fall Rechtsgeschäfte betroffen sind, die - auflösend bedingt - gültig zustandgekommen sind, bei denen es aber unterlassen wurde, um die - nicht von vornherein ausgeschlossene - Zustimmung anzusuchen, werden Schein- und Umgehungsgeschäfte deshalb geschlossen, weil für das in Wahrheit beabsichtigte Geschäft die grundverkehrsbehördliche Zustimmung nicht erlangt werden kann. Mag daher der Gesetzgeber in dem einen Fall darauf verzichtet haben, daß die versäumte Zustimmung nach Ablauf einer bestimmten Frist noch nachzuholen ist, weil der Rechtserwerb in der Regel dem öffentlichen Interesse nicht widerspricht, wurde im anderen Fall durch Schein- und Umgehungsgeschäfte ein Zustand geschaffen, den der Gesetzgeber stets verhindern will. Es ist daher sachgerecht, beide Fälle verschieden zu behandeln."

Eine völlig andere Auffassung vertrat der 8.Senat in der schon zitierten Vorentscheidung über die Streitanmerkung im vorliegenden Verfahren. Zusätzlich zu den schon angeführten landesgesetzlichen Gesetzesbestimmungen verwies der Senat noch auf die Übergangsbestimmung des § 40 des TirGVG 1993 LGBl 82, wonach anhängige Verfahren nach dem Tiroler GVG 1983 idgF zu Ende zu führen seien. Nach der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgeblichen Rechtslage sei eine ohne Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bzw trotz Versagung der Zustimmung zum Rechtserwerb erfolgte bücherliche Eintragung zu löschen gewesen. Nach § 16 Abs 3 oder 4 GVG 1970 sei diese Löschung jedoch nicht mehr zulässig gewesen, wenn seit der Eintragung drei Jahre verstrichen seien oder wenn Dritte im guten Glauben auf diese Eintragung bücherliche Rechte erworben hätten (§ 16 Abs 5 leg cit). § 16 Abs 5 sei zwar mit der Tiroler Grundverkehrsgesetznovelle 1991 aufgehoben worden, diese Aufhebung gelte aber nach Art II Abs 3 der Novelle nicht hinsichtlich der Rechtserwerbe, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle bereits im Grundbuch eingetragen waren. Auf diese sei § 16 Abs 5 weiterhin anzuwenden. Art II Abs 4 der Novelle bestimme, daß das Recht des Landesgrundverkehrsreferenten, Feststellungsklage zu erheben, sich auch auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bestehenden Schein- oder Umgehungsgeschäfte erstrecke. An der Befristung der Löschung eingetragener bücherlicher Rechte habe sich durch das Tiroler Grundverkehrsgesetz 1993 nichts geändert. Das Recht des Landesgrundverkehrsreferenten erstrecke sich nach wie vor auch auf schon bestehende Schein- oder Umgehungsgeschäfte. Wenn der Klage stattgegeben werde, habe das Grundbuchsgericht eine bereits durchgeführte Eintragung des Rechtserwerbes zu löschen und den früheren Grundbuchsstand wiederherzustellen (§§ 34 und 35 TirGVG 1993).

Der 8.Senat beurteilte diese Rechtslage wie folgt:

"Im TGVG 1993 fehlt zwar eine ausdrückliche Regelung über die Rückwirkung der Befugnis des Landesgrundverkehrsreferenten gemäß § 35 TGVG 1993 im Hinblick auf - siehe § 40 Abs 6 TGVG 1993 letzter Satz - Art II Abs 3 des TGVG 1983 idF des Gesetzes vom 3.7.1991, LGBl 1991/74, wonach die Dreijahresfrist ab der Eintragung im Grundbuch gemäß § 16 Abs 5 TGVG 1983 weiterhin gilt. Aus dem Zusammenhalt von Art II Abs 3 und 4 leg cit muß gedoch gefolgert werden, daß der Landesgrundverkehrsreferent ua Schein- und Umgehungsgeschäfte, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bestehen, nur anfechten kann, wenn ihre bücherliche Eintragung in den letzten drei Jahren vor dem Inkrafttreten und somit nicht vor dem 1.10.1988 erfolgt ist. Die gegenteilige Annahme wäre kaum begründbar, zumal der Grundverkehrsbehörde bisher (§ 16 Abs 3-5 aF) und im Sinne des Art II Abs 3 leg cit auch in der Folge nur die Dreijahresfrist zur Versagung bzw Erlassung eines negativen Feststellungsbescheides - ab Eintragung - zugestanden wurde. Sie widerspräche aber auch dem Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung".

Gegen die Rechtsauffassung des 8.Senates führt der Revisionswerber die schon vom 4.Senat aufgezeigte Unterschiedlichkeit der Regelungsfälle des § 16 TirGVG 1983 idF vor der Novelle 1991 einerseits und der Fälle des § 16a der Novelle 1991 ins Treffen.

Der nunmehr erkennende Senat tritt aus folgenden Erwägungen dem Ergebnis der Senate 2 und 4 und insbesondere der Entscheidungsbegründung des 4.Senates bei:

Der Landesgesetzgeber hat die Beschränkungen des Grunderwerbs durch Ausländer im öffentlichen Interesse normiert. Die Landesgrundverkehrsbehörde kann bei genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäften ausnahmsweise dem Grunderwerb eines Ausländers nach gebundenem Ermessen zustimmen, wenn der Rechtserwerb dem öffentlichen Interesse nicht widerspricht oder aus öffentlichem Interesse sogar wünschenswert ist. Wenn der Gesetzgeber die Prüfung dieser Frage durch die Verwaltungsbehörde insofern befristet, daß die Löschung von bücherlichen Rechten, die ohne die erforderliche Zustimmung der Grundverkehrsbehörde erwirkt wurden, nach drei Jahren ab Eintragung nicht mehr zulässig ist, so ist damit nur klargestellt, daß die Wahrnehmung der öffentlichen Interessen im Verwaltungsverfahren vor der Grundverkehrsbehörde betreffend genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte, bei denen eine Genehmigung grundsätzlich erlangt werden könnte, nicht mehr möglich ist. Die zivilrechtliche Anfechtbarkeit von Rechtsgeschäften wegen Nichtigkeit ist jedoch ein davon gänzlich verschiedener Fall, bei dem schon mangels Ähnlichkeit des Sachverhalts jede Analogiefähigkeit fehlt. Es kann dem Landesgesetzgeber auch nicht unterstellt werden, daß er eine Befristung der rückwirkend angeordneten Klagebefugnis des Landesgrundverkehrsreferenten habe anordnen wollen. Eine planwidrige Gesetzeslücke liegt nicht vor. § 16 leg cit regelt die Löschung einer Eintragung im Grundbuch, die aufgrund eines gültigen Titels zustandekam, § 16a leg cit die Anfechtung eines nichtigen Titels. Dabei handelt es sich nicht nur um völlig verschiedene Regelungen, sondern auch um verschiedene Verfahrensarten (Verwaltungsverfahren gegenüber dem gerichtlichen Zivilverfahren). Aus der in einem Verfahren angeordneten Befristung könnte nur bei hinreichenden Auslegungskriterien auf den Willen des Gesetzgebers geschlossen werden, er habe auch im anderen Verfahren dieselbe Befristung anordnen wollen. Zivilgerichtliche Anfechtungsklagen unterliegen der Verjährung. Die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts wegen Nichtigkeit aus dem Grund des § 879 ABGB kann von den Vertragsparteien mangels besonderer Regelung jedenfalls innerhalb von 30 Jahren geltend gemacht werden (§ 1478 ABGB; Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 6 zu § 1478; Koziol-Welser, Grundriß10 147 mwN). Ob sogar eine zeitlich unbegrenzte Anfechtbarkeit wegen absoluter Nichtigkeit infolge der Verletzung öffentlicher Interessen vorliegt (vgl dazu Koziol aaO mwN), muß hier nicht untersucht werden, weil die Klage innerhalb der 30jährigen Frist eingebracht wurde. Die erfolgreiche Anfechtung führt wegen Wegfalls der Grundlage der bücherlichen Eintragung zur entsprechenden Löschung im Grundbuch. Diese kann innerhalb der Verjährungszeit - vom Fall eines Gutglaubenserwerbs abgesehen - erwirkt werden (§ 62 GBG; 4 Ob 532/92). Beispielsweise wird mit der Einverleibung des Eigentumsrechtes ohne Rechtstitel kein Eigentum erworben (SZ 58/177). Der Eigentumserwerb tritt durch Verschweigung erst ein, wenn die Verjährungszeit verstrichen ist (SZ 28/31), diese beträgt beispielsweise im Fall der Vertragsanfechtung wegen List 30 Jahre, ebenso - wie ausgeführt - im Fall der Geltendmachung einer Nichtigkeit gemäß § 879 ABGB. Der Entscheidung 5 Ob 508/89 lag die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts durch einen Vertragsteil zugrunde, das zur Umgehung der Tiroler Ausländergrundverkehrsbestimmungen abgeschlossen worden war. Der Oberste Gerichtshof bejahte die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Er verwarf den auch dort erhobenen Einwand, daß die Befristung des § 16 Abs 5 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes dem Klagebegehren entgegenstünde. Diese Bestimmung beziehe sich nur auf eine Löschung nach den Abs 3 und 4 der Gesetzesstelle. Dieser Rechtsansicht schließt sich der erkennende Senat an. Die angeführte Befristung greift auch nicht nur in dem Fall ein, daß der Vertrag von einem Vertragsteil wegen Nichtigkeit angefochten wird, sondern auch dann, wenn dies durch den Grundverkehrsanwalt in Wahrung der öffentlichen Interessen geschieht. Der Nichtigkeitsgrund ist in beiden Fällen eben derselbe, nämlich der Verstoß gegen ein materiellrechtliches gesetzliches Verbot, das im öffentlichen Interesse erlassen wurde. Es wäre ein Wertungswiderspruch, die Wahrung der öffentlichen Interessen den Vertragsparteien (neben ihrem Privatinteresse an der Anfechtung) über den langen Verjährungszeitraum zu gestatten, der eigens zur Wahrung dieser Interessen berufenen Amtspartei aber zu versagen.

Im Gegensatz zur Meinung der Beklagten ist es nicht von entscheidender Bedeutung, daß das Vorkaufsrecht nie der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedurfte und daß der Pfandvertrag zugunsten eines Ausländers eine zulässige Vereinbarung gewesen sei, der nach dem Landesrecht die Genehmigung hätte erteilt werden können. Es sind nicht die zum Zwecke der Umgehung von gesetzlichen Verboten tatsächlich geschlossenen Verträge (Teile eines Gesamtvertrages), die jeweils isoliert betrachtet zulässig waren, maßgeblich. Die geltend gemachte Nichtigkeit ist vielmehr nach dem verdeckten, tatsächlich gewollten Geschäft zu beurteilen, hier also ein Vertrag, mit dem dem Zweitbeklagten entgegen einem gesetzlichen Verbot die Stellung eines Eigentümers verschafft werden sollte. Auch zu diesem Thema kann auf die eingehenden Begründungen der Vorentscheidungen 2 Ob 540/94 und 4 Ob 535/95 verwiesen werden. In der zuletzt genannten Entscheidung wurde auch ausführlich zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Einräumung einer zeitlich unbegrenzten Klagemöglichkeit Stellung genommen. Damit werde weder das aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleitete Sachlichkeitsgebot verletzt, noch sei die Erstreckung der Klagebefugnis auf Rechtsgeschäfte, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen worden waren, bedenklich. Dem erkennenden Senat erscheint vor allem das Argument gewichtig, daß es nicht darum geht, daß rückwirkend ein zuvor erlaubtes Verhalten pönalisiert wird, sondern darum, daß ein Verfolgungsrecht und eine Verfolgungsbehörde gegen ein Verhalten normiert wird, das schon zur Zeit der Begehung gesetzwidrig war.

Die Entscheidung des 8.Senates ist bisher vereinzelt geblieben. Er hat sich bei seiner Rechtsmeinung über die Befristung des Klagerechtes des Landesgrundverkehrsreferenten nicht mit der zitierten Vorentscheidung des 5.Senates auseinandergesetzt. Im Hinblick auf die angeführten beiden gegenteiligen Entscheidungen ist eine Befassung des verstärkten Senates wegen uneinheitlicher oberstgerichtlicher Rechtsprechung noch nicht erforderlich, zumal hier die vom Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erklärten Gesetze anzuwenden sind, denen Bedeutung nur für bereits anhängige Verfahren zukommen kann. Es ist nicht erforderlich, den verstärkten Senat bei einem relativ neuen Gesetz schon beim ersten Auftreten einer nicht ganz einheitlichen oberstgerichtlichen Judikatur zu befassen, weil eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung im Regelfall ohnehin schon nach mehr oder minder kurzer Zeit eintritt und eine Verstärkung unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit erst nach Bildung widersprüchlicher, aber doch schon verfestigter Judikaturlinien erforderlich erscheint.

Die Aktivlegitimation des Klägers ist zu bejahen. Entgegen den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung ist die Sache spruchreif im Sinne einer Klagestattgebung. Der eingangs wiedergegebene Sachverhalt ist unstrittig. Die Beklagten haben das Scheitern ihrer ursprünglichen Bemühungen, dem Zweitbeklagten Eigentum zu verschaffen, genauso zugestanden wie den Inhalt der angefochtenen Verträge. Ob ein Umgehungsgeschäft vorliegt, ist nach dem Zweck des Gesetzesverbotes zu beurteilen. Auf eine besondere Umgehungsabsicht der Parteien kommt es nicht an (SZ 62/80). Es genügt, daß das Umgehungsgeschäft objektiv den Sinn und Zweck der umgangenen Norm vereitelt (SZ 64/66 ua). Der Zweitbeklagte konnte die Eigentumswohnung nicht kaufen. Mit dem angefochtenen Vertragswerk wurde ihm eine Rechtsstellung verschafft, die der eines Wohnungseigentümers weitgehend gleichkam. Bei der Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Umgehungsgeschäfts kommt es auf das von den Parteien gewollte, verdeckte Geschäft an. Daß Pfandverträge oder Vorkaufsrechte zugunsten von Ausländern rechtlich zulässig sein können, ändert nichts an der Qualifikation des von den Parteien tatsächlich gewollten, einem gesetzlichen Verbot zuwiderlaufenden Umgehungsgeschäfts. Der Klage des Grundverkehrsanwalts ist daher stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 46 Abs 2 und 50 ZPO.

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