OGH 15Os68/97 (15Os69/97)

OGH15Os68/97 (15Os69/97)12.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Juni 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Schmucker und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Sturmayr als Schriftführer, in der Strafsache gegen Herwig Franz S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Bandendiebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Herwig Franz S***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4.März 1997, GZ 2 c Vr 10169/96-134, sowie über die Beschwerde gegen den zugleich mit dem Urteil gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO gefaßten Widerrufsbeschluß nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil (das auch unbekämpft gebliebene Schuldsprüche anderer Angeklagter enthält) wurde Herwig Franz S***** (A I und II) des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Bandendiebstahls (im Urteil S 5 offenbar irrig: "gewerbsmäßig schweren Diebstahls") nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien und Wiener Neudorf der Firma B***** fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S übersteigenden Wert gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Bandenmitgliedes mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz weggenommen, und zwar

(A I) von Mitte August bis Mitte September 1996 gemeinsam mit Wladislaw P***** und Mariusz K***** in mindestens sieben Angriffen insgesamt 250 Flaschen Spirituosen im Wert von zumindest 40.000 S;

(A II) am 20.September 1996 gemeinsam mit Wladislaw P***** und Mariusz K***** in Wiener Neudorf eine LKW-Ladung überwiegend mit Getränken und diversen Lebensmitteln im Wert von ca 200.000 S.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, die sich als nicht berechtigt erweist.

Mit der Argumentation der Mängelrüge (Z 5) vermag der Beschwerdeführer keinen formalen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen, sondern versucht lediglich nach Art einer Schuldberufung und damit auf eine im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässige Weise die beweiswürdigenden Überlegungen der Tatrichter anzugreifen und zu anderen als den von ihnen getroffenen Feststellungen zu gelangen. Tatsächlich hat das erkennende Gericht die Beweisergebnisse, damit aber auch die darin enthaltenen Widersprüche, soweit sie entscheidungswesentliche Tatsachen betreffen, erörtert. Dabei hat es sich - entgegen dem Beschwerdevorbringen - mit der leugnenden Verantwortung des Angeklagten ausführlich auseinandergesetzt (US 11 und 12) und auch mit ausreichender Begründung dargelegt, weswegen es den Angaben der den Angeklagten belastenden Mittäter P***** und K***** zu folgen können glaubte (US 10 f) und zur Überzeugung der Täterschaft des Angeklagten gelangte.

Soweit die Beschwerde eine Erörterung der bezüglichen Verantwortung des Angeklagten hinsichtlich der bei ihm vorgefundenen (und von ihm nach eigenen Angaben geschriebenen) Bestellzettel für die Getränke (437, 439/I) vermißt, ist ihr zu erwidern, daß der Gerichtshof in den Entscheidungsgründen in gedrängter Form die entscheidenden (also für die Schuld oder den anzuwendenden Strafsatz maßgebenden) Tatsachen bezeichnete, die er als erwiesen annahm und die - mit den Denkgesetzen in Einklang stehenden - Gründe anführte, die zu seiner Überzeugung von der Richtigkeit seiner Feststellungen geführt haben. Diesen Erfordernissen hat das Schöffengericht entsprochen, indem es sich bei der Beurteilung der Frage, inwieweit die Spirituosen auf Grund von Bestellungen des Angeklagten gestohlen wurden, mit sämtlichen wesentlichen Verfahrensergebnissen - insbesondere auch den Angaben der Mittäter - auseinandergesetzt hat (US 11).

Insoferne die Beschwerde behauptet, aus der Aussage des Mitangeklagten W***** in der Hauptverhandlung vom 4.März 1997 (251) ergebe sich, daß der Beschwerdeführer beim Abladen des LKWs (Faktum A II) nicht anwesend gewesen sei, übergeht sie die gegenteiligen Angaben dieses Angeklagten (250), gibt sie damit nicht aktenkonform wieder und versucht neuerlich in unzulässiger und damit unbeachtlicher Form die tatrichterliche Beweiswürdigung zu kritisierten.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) läßt zur Gänze eine gesetzmäßige Ausführung dieses unter die formellen Nichtigkeitsgründe eingereihten und in seiner prozessualen Reichweite keineswegs einer Schuldberufung gleichenden Anfechtungstatbestandes vermissen. Denn zur Überzeugung der Erkenntnisrichter von der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit von Zeugen oder Angeklagten auf Grund des von ihnen in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher ist auch mit dem relevierten Nichtigkeitsgrund nicht bekämpfbar. Insbesondere kann der zur Darlegung erheblicher Zweifel am Gelingen der Wahrheitsfindung gebotene Vergleich aktenkundiger Umstände mit entscheidenden Feststellungen nicht durch die Behauptung ersetzt werden, vom Schöffengericht als glaubwürdig beurteilte Beweismittel seien unglaubwürdig (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 a E 1, 3 f).

Eben diesen prozeßordnungswidrigen Weg schlägt der Rechtsmittelwerber ein, indem er zum Teil aktenfremd, zum Teil unter Verweis auf einzelne Beweisergebnisse bei Vernachlässigung des Gesamtzusammenhanges behauptet, die Glaubwürdigkeit des Mitangeklagten P***** sei im Gegensatz zu den Annahmen des Erstgerichtes "keineswegs verifiziert", der Viertangeklagte (K*****) belaste den Rechtsmittelwerber "praktisch nicht", insgesamt stellten sich die Feststellungen des Erstgerichtes "als ein Konstrukt dar, welches aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens nicht abzuleiten ist".

Nach Prüfung der Aktenlage durch den Obersten Gerichtshof ergeben sich indes weder Bedenken, geschweige denn solche erheblicher Art, gegen die sachgerechte und plausible Begründung des Schöffengerichtes, noch wurde die Pflicht zur amtswegigen Wahrheitserforschung (§§ 3, 232 Abs 2, 254 StPO) verletzt.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) entbehrt zur Gänze einer gesetzmäßigen Darstellung; diese verlangt nämlich ein unbedingtes Festhalten am gesamten festgestellten Tatsachensubstrat, dessen Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz und den Nachweis, daß dem Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhaltes ein Rechtsirrtum oder/und ein Feststellungsmangel unterlaufen ist (Mayerhofer StPO4 § 281 E 30, § 281 Z 9 a E 5). Diesem Gebot zuwider beschränkt sich der Beschwerdeführer nur auf die Behauptung von Feststellungsmängeln zur objektiven und subjektiven Tatseite, indem er die Konstatierungen des Schöffengerichtes zur Täterschaft ebenso wie diejenigen zur Schadenshöhe in ihrer Gesamtheit übergeht (US 9 bis 11). Mit den übrigen generalisierenden Einwänden wie "es sei durch kein Beweisergebnis dargetan, aus welchem Grund dem Erstangeklagten die im angefochtenen Urteil beschriebenen Diebstahlsfakten mit den dort angegebenen Werten zur Last fielen", "bloße Spekulationen ersetzten nicht eine schlüssige Ableitung rechtlicher Beurteilung aus festgestellten Tatsachen", ist die Rüge mangels Substantiierung einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. Der Umstand, daß in der Nichtigkeitsbeschwerde ziffernmäßig "§ 281 Abs 1 Zif. 9" angeführt wird, führt - entgegen der in der Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO vertretenen Meinung des Beschwerdeführers - nicht zur Notwendigkeit der Anordnung eines Gerichtstages; nur prozeßordnungsgemäß ausgeführte Rechtsrügen ziehen diese Folge nach sich (Mayerhofer StPO4 § 285 a E 61; 15 Os 22/97).

Über die Berufung und die Beschwerde wird demzufolge der hiefür zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben (§§ 285 i, 498 Abs 3 StPO).

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