OGH 2Ob576/95

OGH2Ob576/9524.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Wilhelm G*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Karl ***** T***** (S 14/93 des Landesgerichtes Wels), wider die beklagte Partei Bank A*****, vertreten durch Dr.Peter Schulyok, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 524.994,64 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 27. Juni 1995, GZ 4 R 149/94-12, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 28.Februar 1994, GZ 1 Cg 257/93-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die in der Abweisung des Feststellungsbegehrens als unangefochten von dieser Entscheidung unberührt bleiben, werden im übrigen teils bestätigt, teils dahin abgeändert, daß sie insofern wie folgt zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 87.337,44 samt 4 % Zinsen seit 13.10.1993 zu zahlen.

Das Mehrbegehren auf Zuspruch weiterer S 437.657,20 samt 4 % Zinsen seit 18.3.1993 sowie auf Zuspruch von Zinsen aus dem zuerkannten Betrag bereits seit 18.3.1993 wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 37.154,05 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 6.122,98 USt) sowie die mit S 8.738,02 bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz (darin S 1.354,33 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist ferner schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.654,29 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.458,82 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluß des Landesgerichtes Wels vom 1.3.1993, wurde über das Vermögen des Karl ***** T***** der Konkurs eröffnet; zum Masseverwalter wurde der Kläger bestellt. Das Konkursedikt wurde am 1.3.1993 an der Amtstafel angeschlagen.

Am 20.3.1992 hatte der spätere Gemeinschuldner bei der Zweigstelle Wels der Beklagten das Girokonto mit der Nummer 820-146-305/00 eröffnet, für das auch seine Ehefrau zeichnungsberechtigt war. Es war dies das erste Konto des späteren Gemeinschuldners bei der Beklagten, die nicht seine Hausbank war und der er weder Bilanzen noch sonstiges Ziffernmaterial über seine Geschäftsgebarung zur Verfügung gestellt hatte. Das Konto wurde - abgesehen von einer aus einer Spesenbelastung resultierenden einmaligen Überziehung um S 378,09 - immer habenseitig geführt. Es wies zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung ein Guthaben von S 161,91 auf.

Im Februar 1993 erwartete der spätere Gemeinschuldner von einem ungarischen Kunden eine Zahlung von S 530.000,--. Er benötigte das Geld dringend zur Bezahlung von Warenlieferungen im Wert von S 131.318,-- (Firma A*****) und von S 156.338,-- (Firma T*****), die für die Durchführund des vom ungarischen Kunden erteilten Auftrages erforderlich waren. Mit beiden Lieferanten war "Vorauskassa" vereinbart; die Warenlieferungen sollten also erst nach Zahlungseingang erfolgen. Auch dem späteren Gemeinschuldner sollte mit der erwarteten Zahlung des ungarischen Kunden der gesamte Auftrag im voraus bezahlt werden. Die Zahlung des Kunden langte am 1.3.1993 bei der C*****-Bank***** ein. Diese teilte der Beklagten mit, daß sich ein Betrag von rund S 529.000,-- bereits in ihrem EDV-Buchungsnetz befinde; sie gab "gegenüber der beklagten Partei ein verbindliches Aviso ab".

Am 2.3.1993 beauftragte der Gemeinschuldner die Beklagte mit Überweisungen:

a) von S 87.237,44 ("ohne Spesen von S 100,--") zur Abdeckung einer Schuld aus einem laufenden Leasingvertrag,

b) von S 131.318,60 als Vorauszahlung für die Warenlieferung der A***** und

c) von S 156.338,60 für Waren der T*****

Der Gemeinschuldner wollte überdies S 150.000,-- bar abheben. Die Schalterangestellte der Beklagten ersuchte ihn aber, das Geld erst am nächten Tag abzuheben, weil dann die avisierte Zahlung bereits "fix dem Konto gutgebucht" wäre. Die Abhebung wurde daraufhin von der Ehefrau des Gemeinschuldners am Vormittag des 3.3.1993 vorgenommen. Die abgehobenen S 150.000,-- dienten der Bezahlung einer schon vor dem 1.3.1993 fällig gewordenen Provision im Zusammenhang mit dem Ungarn-Auftrag.

Aufgrund des Einganges der avisierten Zahlung, der Barhebung und der oben genannten Überweisungsaufträge nahm die Beklagte am Konto des Gemeinschuldners folgende Buchungen vor:

per 2.3.1993: Belastung mit S 87.337,44 (Valutadatum 2.3.1993)

per 3.3.1993: Zahlungseingang von S 528.615,-- (Valutadatum 3.3.1993)

per 5.3.1993: Belastung mit S 131.318,60 (Valutadatum 4.3.1994)

per 5.3.1993: Belastung mit S 150.000,-- (Valutadatum 4.3.1993)

per 5.3.1993: Belastung mit S 156.338,60 (Valutadatum 5.3.1993).

Nach diesen Kontobewegungen wies das Konto einen positiven Saldo von S 3.782,27 auf. Dieser Betrag wurde am 12.3.1993 dem Masseverwalter überwiesen.

Der Masseverwalter erfuhr von der Konkurseröffnung am 2.3.1993. Noch am selben Tag rief er im Hause des Gemeinschuldners an und sprach dort "mit einer Frau". Am 3.3.1993 wies er den Gemeinschuldner telefonisch darauf hin, daß er nicht berechtigt sei, Geschäfte abzuschließen oder Forderungen zu zahlen. Der Gemeinschuldner erfuhr erst am 3.3.1993 von der Konkurseröffnung. Die Beklagte erfuhr von der Eröffnung des Konkurses erst durch eine Mitteilung des Masseverwalters vom 9.3.1993. Üblicherweise erfährt sie von Konkurseröffnungen aus den Kammernachrichten, gelegent- lich hält sie auch bei Gericht Nachschau. Die früher übliche tägliche Nachschau ist aber aufgrund ihrer personellen Situation nicht (mehr) möglich. In der Ausgabe der Kammernachrichten vom 5.5.1993 wurde die Konkurseröffnung noch nicht veröffentlicht; im Amtsblatt der Wiener Zeitung erfolgte die Veröffentlichung am 10.3.1993.

Aufgrund der Zahlungen konnten die vom Lieferanten A***** erwarteten Waren vom Empfänger abgeholt werden; der Lieferant T***** lieferte "frei Spedition" nach Budapest. Der Kläger ist von den Geschäften mit A***** und T***** nicht gemäß § 21 KO zurückgetreten, weil für ihn die Geschäfte aufgrund der Vorauskasse bereits erledigt waren. Er hat sich gegenüber A***** aber eine Rückforderung der Zahlung vorbehalten.

Der Kläger begehrte mit seiner Klage

1.) die Feststellung der Unwirksamkeit der seit 1.3.1993 zu Lasten des Kontos vorgenommen Überweisungen und Zahlungen von insgesamt S 524.994,46 gegenüber den Konkursgläubigern und

2.) die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des genannten Betrages samt 4 % Zinsen seit 18.3.1993.

Gemäß § 3 KO seien die die Konkursmasse betreffenden Rechtshandlungen des Gemeinschuldners, zu denen auch seine Anweisungen und die von seiner Gattin vorgenommene Abhebung zählten, den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam. Überdies sei gemäß § 26 KO mit der Konkurseröffnung der zwischen dem Gemeinschuldner und der Beklagten abgeschlossene Girovertrag erloschen. Diese Wirkungen der genannten Bestimmungen seien von einem Verschulden der Beklagten unabhängig. Die nach der Konkurseröffnung vorgenommenen Überweisungen und Auszahlungen seien daher den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam. Da der Auftrag zur Kontoführung bereits erloschen gewesen sei, könnten die bewirkten Zahlungen nicht dem Gemeinschuldner zugerechnet werden; die Empfänger dieser Zahlungen hätten demnach keine Zahlungen des Gemeinschuldners, sondern solche der Beklagten erhalten. Sie seien daher ausschließlich gegenüber der Beklagten bereichert, weshalb sie der Konkursmasse nicht für die Rückzahlung hafteten. Auch eine Bereicherung der Konkursmasse sei nicht eingetreten. Deshalb sei auch § 3 Abs 2 KO nicht anwendbar. Überdies werde das Klagebegehren auch auf ein Verschulden der Beklagten gestützt. Diese habe nämlich durch die Überweisung von S 87.337,44 das bislang nur habenseitig geführte Konto ins Soll versetzt, ohne über Sicherheiten zu verfügen oder eine Bonitätsprüfung vorzunehmen. Das Vorliegen eines Avisos habe keine sichere und rechtlich haltbare Aufrechnungslage bewirkt.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Sie sei nicht passiv klagslegitimiert. Der Kläger müsse die durch die bewirkten Zahlungen Bereicherten in Anspruch nehmen. Auch eine Haftung der Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes sei zu verneinen, weil eine Bank ohne Vorliegen besonderer Umstände nicht verpflichtet sei, durch tägliche Erhebungen beim Konkursgericht zu prüfen, ob über einen ihrer Kunden der Konkurs eröffnet worden sei. Die Beklagte sei schon aufgrund des telefonischen Avisos berechtigt gewesen, die Gutschrift einzubuchen, weil sie gegenüber der avisierenden Bank einen einklagbaren Rechtsanspruch gehabt habe. Der Masseverwalter habe die Möglichkeit gehabt, nach § 21 KO von den zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch nicht vollständig erfüllten Verträgen zurückzutreten. Er hätte sich dadurch "die Werklieferungen in die Masse zurückholen können". Da er dies nicht getan habe, habe er "Geschäfte genehmigt". Die von der Gattin des Gemeinschuldners durchgeführte Abhebung könne nicht § 3 KO unterstellt werden, da sie nicht handlungsunfähig gewesen sei. Durch die Überweisungen an A***** und T***** sei der Masse kein Nachteil entstanden, weil die Empfänger geliefert hätten und die für die Warenlieferungen vom ungarischen Kunden geleisteten Zahlungen sonst hätten rücküberwiesen werden müssen.

Das Erstgericht wies beide Klagebegehren ab. In seiner rechtlichen Beurteilung des oben wiedergegebenen Sachverhaltes verwies es auf die Entscheidung SZ 56/186. Wie im der zitierten Entscheidung zugrunde liegenden Fall sei auch hier der nach Konkurseröffnung eingegangene Betrag zur Bezahlung von erteilten Überweisungsaufträgen (bzw einer Abhebung), nicht aber zur Abdeckung einer bei der Beklagten bestehenden Schuld verwendet worden. Sei aber die Beklagte durch die Rechtshandlungen des Gemeinschuldners nicht bereichert, bestehe im Sinne der zitierten Entscheidung der gegen sie erhobene Anspruch nicht zu Recht.

Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung des Klägers diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die Abweisung des "Rechtsgestaltungsbegehrens" sei schon deshalb zutreffend, weil für das auf die Rechtsgründe der Bereicherung bzw des Schadenersatzes gestützte Leistungsbegehren kein zusätzliches Rechtsgestaltungsbegehren erforderlich bzw im Gesetz vorgesehen sei. Im übrigen sei der Girovertrag mit der Konkurseröffnung am 1.3.1993 erloschen. Die Bank sei jedoch - in Nachwirkung des Girovertrages - befugt, noch eingehende Überweisungsbeträge für ihren ehemaligen Kunden entgegenzunehmen. Der Überweisungsbetrag von S 528.615,-- sei zwar erst am 3.3.1993 dem Konto gutgebucht, der Beklagten jedoch schon vorher avisiert worden. Angesichts dieses Avisos durch eine andere österreichische Bank ändere sich nichts an der grundsätzlich nur habenseitigen Führung des Kontos. Die Behebung durch die (mitzeichnungsberechtigte) Gattin des Gemeinschuldners sei diesem zuzurechnen, da diese dabei im Auftrag des Gemeinschuldners gehandelt habe und der Geldbetrag für Geschäftszwecke des Gemeinschuldners verwendet worden sei. Da die Beklagte die Überweisungs- bzw Auszahlungsaufträge in Kenntnis des avisierten und dann tatsächlich gutgebuchten Geldbetrages erfüllt habe, sei von Anweisungen auf Schuld auszugehen. Diese Aufträge des Gemeinschuldners bzw der für ihn handelnden Gattin seien gemäß § 3 Abs 1 KO den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam. Allerdings sei die Beklagte entsprechend § 3 Abs 2 KO zu schützen, da ihr die Konkurseröffnung nicht bekannt gewesen sei und diese Unkenntnis nicht auf einer Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt beruht habe. Ein Schadenersatzanspruch des Klägers sei zu verneinen. Erst die Mißachtung eines Auftrages im Sinne des § 78 Abs 4 KO führe zur Schadenersatzpflicht der Bank. Für den Zeitraum davor reiche der Entlastungsbeweis der Bank gemäß § 3 Abs 2 KO aus, um Ansprüche des Masseverwalters abzuwehren.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, inwieweit nach Vorliegen des Avisos einer anderen inländischen Bank bereits von einer Anweisung auf Schuld auszugehen sei, keine oberstgerichtliche Judikatur vorliege. Im übrigen sei das Berufungsgericht der die Entscheidung SZ 56/186 ablehnenden Lehre gefolgt.

Gegen dieses Urteil - und zwar nur gegen die Abweisung des Zahlungsbegehrens - richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Der sog Überweisungsauftrag ist nach allgemeiner Auffassung kein Auftrag im eigentlichen Sinn, sondern eine Weisung des Kunden an die Bank im Rahmen des Girovertrages. Lehre und Rechtsprechung erblicken darin eine Anweisung (Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht I Rz 6/115; Koziol, Der Überweisungsauftrag im Konkurs des Überweisenden; Gedenkschrift Schönherr 305; SZ 54/2 ua).

Die Wirksamkeit eines vom Gemeinschuldner nach der Konkurseröffnung erteilten Überweisungsauftrages ist nach § 3 Abs 1 KO zu beurteilen. Nach dieser Bestimmung sind Rechtshandlungen des Gemeinschuldners nach der Konkurseröffnung, welche die Konkursmasse betreffen, den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam. Gleichgültig ist es, ob die Konkurseröffnung dem Dritten, mit dem der Gemeinschuldner das Rechtsgeschäfts abschloß oder dem gegenüber er eine sonstige Rechtshandlung vornahm, bekannt war, oder ob sie ihm ohne sein Verschulden unbekannt blieb. Die Unwirksamkeit ist nicht die Folge des schuldhaften Verhaltens des Gemeinschuldners oder des Dritten, sondern der durch die Konkurseröffnung eingetretenen Verfügungsunfähigkeit des Gemeinschuldners (SZ 56/186; RIS-Justiz RS0063817).

Anweisungen fallen unter den Begriff der Rechtshandlung. Eine vom Gemeinschuldner erst nach Konkurseröffnung erteilte Anweisung ist daher - soweit sie die Konkursmasse betrifft - gemäß § 3 Abs 1 KO gegenüber den Konkursgläubigern unwirksam (SZ 56/186; SZ 68/114; HS 24.702; Koziol aaO 305; Avancini/Iro/Koziol aaO Rz 6/116). Hat der Gemeinschuldner ein aktives Konto, ist die Bank aus dem Girovertrag zur Durchführung des Überweisungsauftrages verpflichtet, weshalb eine Anweisung "auf Schuld" vorliegt. In diesem Falle betrifft der Überweisungsauftrag regelmäßig die Konkursmasse, weil das Konto, auf das er sich bezieht, grundsätzlich in die Masse fällt (Koziol aaO 305). Befindet sich das Konto hingegen im Debet, liegt eine Anweisung "auf Kredit" vor. Mit ihr wird zwar nicht über eine Forderung verfügt, die der Masse gegen die Bank zusteht; da aber durch die Anweisung unabhängig davon, ob sie auf Schuld oder auf Kredit erfolgt, eine Tilgungsbestimmung im Valutaverhältnis getroffen wird, handelt es sich schon aus diesem Grund um eine Rechtshandlung, die die Masse betrifft (Koziol aaO 306).

Die verfahrensgegenständlichen Überweisungsaufträge des Gemeinschuldners, die sämtlich nach der Konkurseröffnung erfolgten, sind daher im Sinne des § 3 Abs 1 KO unwirksam gewesen.

Hat die Bank nach Konkurseröffnungen einen unwirksamen Überweisungsauftrag befolgt, ist sie bei Vorliegen eines aktiven Kontos des Überweisenden, also bei einer Anweisung auf Schuld, entsprechend § 3 Abs 2 KO zu schützen, wenn ihr die Konkurseröffnung nicht bekannt war und die Unkenntnis nicht auf der Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt beruht. So wie der Schuldner unter diesen Vorausaussetzungen durch die Zahlung an den Gemeinschuldner befreit wird, muß auch der auf Schuld Angewiesene von seiner Verbindlichkeit frei werden, wenn er an den vom Gemeinschuldner benannten Empfänger leistet, weil dies zugleich eine Leistung an den Anweisenden, also den Gemeinschuldner, ist. Genießt die Bank den Schutz des § 3 Abs 2 KO und wird sie durch die Gutschrift von ihrer Verpflichtung gegenüber dem Anweisenden befreit, so hat die Masse einen Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger auf Herausgabe des vom Angewiesenen erhaltenen, weil jener wegen der Unwirksamkeit des Überweisungsauftrages infolge der Konkurseröffnung keine Empfangsberechtigung mehr hat und keine wirksame Tilungsbestimmung vorhanden ist, weshalb seine Forderung gegen die Masse noch aufrecht bleibt (Koziol aaO 310 f; Avancini/Iro/Koziol aaO Rz 6/121; SZ 68/114; 1 Ob 535/93).

Hat die Bank eine unwirksame Anweisung auf Schuld befolgt, hätte sie jedoch von der Konkurseröffnung wissen müssen, wird sie von ihrer Verbindlichkeit nicht befreit und muß nochmals an die Masse zahlen. Da keine wirksame Anweisung vorhanden war und die Zahlung des Angewiesenen an den Empfänger auch nicht der Masse zugerechnet werden kann, steht der Bank ein Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger zu (Koziol aaO 310; Avancini/Iro/Koziol aaO Rz 6/122; SZ 68/114; 1 Ob 535/93).

War das Konto des Überweisenden passiv, lag also eine Anweisung auf Kredit vor, so ist § 3 Abs 2 KO nicht anwendbar, weil die Bank hier keine Schuld gegenüber dem Gemeinschuldner beglich. Die Bank muß daher nochmals an die Masse zahlen; ihr steht ein Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger zu, weil keine wirksame Anweisung vorliegt (Koziol aaO 311; Avancini/Iro/Koziol aaO Rz 6/123).

Soweit in SZ 56/186 - von diesen Überlegungen abweichend - der Rückforderungsanspruch der Masse gegen die nach Konkurseröffnung einen Überweisungsantrag durchführende Bank davon abhängig gemacht wurde, daß letztere bereichert ist, ist diese - vereinzelt gebliebene - Entscheidung abzulehnen (vgl dazu die schon vom Berufungsgericht erwähnte Kritik dieser Entscheidung durch König [Die Anfechtung nach der Konkursordnung FN 121 zu Rz 49], der sich der erkennende Senat anschließt).

Der nach Konkurseröffnung vom Gemeinschuldner erteilte Überweisungsauftrag über S 87.237,44 wurde von der Beklagten bereits am 2.3.1993 und damit vor dem erst am 3.3.1993 erfolgten Eingang der avisierten Zahlung des ungarischen Kunden befolgt. Insofern ist von einer gemäß § 3 Abs 1 KO unwirksamen Anweisung auf Kredit auszugehen, durch deren Befolgung die Beklagte keine Schuld gegenüber dem Gemeinschuldner beglichen hat. Die Beklagte ist demnach nicht durch § 3 Abs 2 KO geschützt; das Klagebegehren ist demgemäß im Umfang des aufgrund dieses Überweisungsauftrages abgebuchten Betrages berechtigt.

Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichtes beruht auf der Meinung, daß auch hier eine Anweisung auf Schuld vorliege, weil die Beklagte den Überweisungsauftrag im Hinblick auf den bereits von der C*****-Bank***** avisierten Zahlungseingang erfüllt habe. Dem ist jedoch nicht zu folgen: Die Avisierung des Zahlungseinganges ist als eine Auskunft der avisierenden Bank gegenüber der Beklagten anzusehen. Sie ist dem tatsächlichen Eingang der Zahlung bei der Beklagten nicht gleichzuhalten. Der Beklagten stand aufgrund dieser Auskunft kein unmittelbarer Anspruch auf den avisierten Betrag gegen die avisierende Bank zu. Ein unrichtiges Aviso hätte lediglich einen - verschuldensabhängigen - Schadenersatzanspruch der Beklagten gegen die avisierende Bank zur Folge (Avancini/Iro/Koziol II Rz 3/127, I Rz 3/6). Daß die Beklagte aufgrund dieser Sicherstellung zur Durchführung des durch den Kontostand nicht gedeckten Überweisungsauftrages bereit war, ändert daher nichts daran, daß vor Einlangen der Zahlung kein Anspruch des Kontoinhabers auf dieses Verhalten der Beklagten bestand.

Im Umfang des vor Einlangen der avisierten Zahlung vom Konto des Gemeinschuldners abgebuchten Betrages von S 87.337,44 erweist sich die Klage daher als berechtigt, weshalb in teilweiser Stattgebung der Revision die Urteile der Vorinstanzen im Sinne des Zuspruchs dieses Betrages abzuändern waren. Zinsen aus dem zugesprochenen Betrag waren dem Kläger aber - da dieser keine frühere Fälligstellung bewiesen hat - erst ab Zustellung der Klage zuzusprechen.

Die beiden weiteren Überweisungsaufträge (über S 131.318,60 und S 156.338,60) wurden zwar vor Eingang der avisierten Zahlung erteilt, von der Bank nach dem festgestellten Sachverhalt aber erst nach Zahlungseingang durchgeführt. Zum Zeitpunkt der Durchführung der Überweisung durch die Bank handelte sie daher in Erfüllung einer (im Hinblick auf die Konkurseröffnung allerdings unwirksamen) Verpflichtung gegenüber dem Gemeinschuldner, weshalb ihr insoweit der Schutz des § 3 Abs 2 KO zugute kommt. Nach dieser Gesetzesstelle wird der Verpflichtete zur Zahlung einer Schuld an den Gemeinschuldner nach der Konkurseröffnung ua dann befreit, wenn ihm zur Zeit der Leistung die Konkurseröffnung nicht bekannt war und die Unkenntnis nicht auf einer Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt beruhte.

Da feststeht, daß die Beklagte erst am 9.3.1993 von der Konkurseröffnung erfuhr, ist daher zu prüfen, ob diese zum Zeitpunkt der Durchführung der beiden Überweisungen gegebene Unkenntnis auf einer Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt beruhte. Dies ist hier zu verneinen:

Die in diesem Zusammenhang von einer Bank zu fordernde Sorgfalt darf nicht überspannt werden. Ohne Vorliegen besonderer Umstände ist eine Bank nicht verpflichtet, durch tägliche telefonische Anrufe beim Konkursgericht oder durch Nachschau an der dortigen Amtstafel zu prüfen, ob Konkurseröffnungen einen ihrer Kunden betreffen. Eine Verfolgung der Veröffentlichungen im entsprechenden Amtsblatt wurde daher als ausreichende Maßnahme zwecks Verschaffung der notwendigen Kenntnis und als Erfüllung der gehörigen Sorgfalt der Bank anerkannt (SZ 55/3; SZ 56/170; SZ 58/210). In RdW 1996, 458 verwies der Oberste Gerichtshof allerdings auf die seit dem 1.2.1994 jedermann offenstehende Möglichkeit, über Teletext ab 16.00 Uhr des dem Tag der Konkurseröffnung folgenden Tages die Liste der neuen Insolvenzen abzufragen; die einer Bank obliegende Sorgfaltspflicht gebiete es, sich dieser Möglichkeit zu bedienen, um sich über den letzten Stand der Insolvenzen Kenntnis zu verschaffen. Da aber zum hier maßgeblichen Zeitpunkt (Anfang März 1993) diese Möglichkeit noch nicht bestand, hat es hier bei den bis dahin von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen zu verbleiben. Damit ist aber eine Sorgfaltsverletzung der Beklagten zu verneinen, weil im maßgeblichen Zeitpunkt die Konkurseröffnung weder in den Kammernachrichten noch im Amtsblatt der Wiener Zeitung veröffentlicht worden war.

Damit kommt der Beklagten hinsichtlich der Überweisungen über S 131.318,60 und über S 156.338,60 der Schutz des § 3 Abs 2 KO zugute, weshalb sich in diesem Umfange die Abweisung des Klagebegehrens durch die Vorinstanzen als zutreffend erweist.

Daß - wie der Kläger ins Treffen führt - durch die Konkurseröffnung der das Konto betreffende Girovertrag erloschen ist (näheres dazu in der Entscheidung ÖBA 1987, 420 [mit Anmerkung von Avancini]), führt zu keinem anderen Ergebnis, weil sich am entscheidenden Umstand nichts ändert, daß die Beklagte im Hinblick auf das Guthaben des Gemeinschuldners, zu dessen Ausfolgung sie verpflichtet war in Erfüllung einer Verpflichtung gegenüber dem Gemeinschuldner handelte.

Für eine Schadenersatzpflicht der Beklagten fehlt es an jeglicher Grundlage. Der Kläger hat dazu nur vorgebracht, daß die Beklagte vor Durchführung der Überweisungen die Bonität des Gemeinschuldners nicht überprüft habe. Dieser Vorwurf ist schon deshalb unhaltbar, weil zum Zeitpunkt der hier zu erörternden beiden Überweisungen das Konto des Gemeinschuldners bereits gedeckt war.

Im Umfang der beiden zuletzt genannten Überweisungen waren die Entscheidungen der Vorinstanzen daher zu bestätigen.

Die durch seine Gattin vorgenommene Barabhebung von S 150.000,-- ist als Handlung im Namen des Gemeinschuldners anzusehen. Im Zweifel muß nämlich die Erteilung einer Zeichnungsberechtigung als Handeln im Namen des Kontoinhabers angesehen werden (Avancini/ Iro/Koziol aaO Rz 4/61). Gegenteiliges wurde hier nicht behauptet. Die Abhebung erfolgte am 3.3.1993, also an jenem Tag, an dem auch die Zahlung des ungarischen Kunden einging. Aus der Reihenfolge der maßgeblichen Buchungen, aber auch aus dem Umstand, daß die Beklagte die Barabhebung vor dem Eingang der Zahlung verweigert hatte, ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, daß zum Zeitpunkt der Abhebung die Zahlung bereits eingelangt und das Konto gedeckt war. Damit erfüllte die Beklagte mit der Auszahlung des Betrages von S 150.000,-- eine gegenüber dem Gemeinschuldner als Kontoinhaber bestehende Verpflichtung. Auch insofern kommt ihr daher der Schutz des § 3 Abs 2 KO zugute. Dazu kann auf die oben angestellten Überlegungen verwiesen werden.

Auch in diesem Umfang war der Revision daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz beruht auf den §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO, jene über die Kosten des Verfahrens zweiter und dritter Instanz auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.

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