OGH 1Ob535/93

OGH1Ob535/9325.8.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Werner Leimer, Rechtsanwalt, 4020 Linz, Landstraße 38, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der A***** Gesellschaft mbH, ***** wider die beklagte Partei W***** Sparkasse, ***** vertreten durch Dr. Gernot Hain, Dr. Joachim Wagner, Dr. Martin Schober, Dr. Georg Schober, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wegen S 355.675,45 s.A., infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 15. Dezember 1992, GZ 4 R 127/92-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 18. Februar 1992, GZ 3 Cg 322/87-29, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Rekurs der beklagten Partei und die Rekursbeantwortung der klagenden Partei werden zurückgewiesen.

Dem Rekurs der klagenden Partei wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 42.093,60 (darin S 7.015,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Verfahren zweiter und dritter Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 27.6.1985, S 26/85, wurde über das Vermögen der A***** Gesellschaft mbH (im folgenden: Gemeinschuldnerin) der Konkurs eröffnet.

Die Gemeinschuldnerin hatte im Jahre 1982 von der H***** Gesellschaft mbH den Auftrag zur Errichtung eines Mehlsilos erhalten. Aus diesem Anlaß erlegte die H***** Gesellschaft mbH bei der Gemeinschuldnerin eine Bankgarantie der Beklagten über S 1,000.000,- -. Nachdem ein ungetreuer Angestellter der Gemeinschuldnerin sich den in der Bankgarantie genannten Betrag von der S*****-Bank hatte auszahlen lassen, vereinbarten die Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin und der H***** Gesellschaft mbH, daß letztgenanntes Unternehmen bei einer Inanspruchnahme aus der Bankgarantie schad- und klaglos gehalten werde und der Geschäftsführer der Gemeinschulderin die persönliche Haftung für den Betrag von S 1 Mill. übernehme. Zur Sicherstellung akzeptierte die Gemeinschuldnerin zwei von Dipl. Vw. Hans H***** (dem einzelzeichnungsberechtigten Geschäftsführer der H***** Gesellschaft mbH) am 1.2.1984 ausgestellte auf die Gemeinschuldnerin gezogene Wechsel in der Höhe von je S 500.000,-- mit Fälligkeitstagen 31.5.1984 und 31.8.1984. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin und seine Gattin übernahmen die Wechselbürgschaft für die Akzeptantin. Dipl. Vw. Hans H***** eskomptierte die Wechsel bei der Beklagten. Mit dem Eskompterlös wurde die Forderung der S*****-Bank aus der Inanspruchnahme der Bankgarantie abgedeckt. Anläßlich der Eskomptierung eröffnete die Beklagte das auf die Namen der Wechselparteien lautende Wechselevidenzkonto Nr. *****. Die Gemeinschuldnerin leistete im Jahr 1984 auf dieses Konto eine Zahlung von S 300.000,- -. Exekutionsschritte gegen die Gemeinschuldnerin aufgrund von Wechselzahlungsaufträgen blieben in der Folge erfolglos.

Am 18.4.1985 stellten die Gemeinschuldnerin und die H***** Gesellschaft mbH einvernehmlich fest, daß der Gemeinschuldnerin aus der Endabrechnung des Baues des Mehlsilos noch ein Betrag von S 355.675,45 zustehe. Im Herbst 1985 trat die Beklagte an die H***** GesmbH wegen Zahlung des auf dem Wechselevidenzkonto unberichtigt aushaftenden Betrages heran. Dipl. Vw. Hans H***** erklärte sich der Beklagten gegenüber einverstanden, daß im Umfang des offenen Rechnungsbetrages eine Umbuchung vom Konto der H***** Gesellschaft mbH auf das Wechselevidenzkonto erfolge. Diese Umbuchung wurde am 31.10.1985 unter der Bezeichnung: „Nicht rückbuchungsfähige Eskomtwechsel Fa. H*****/Firma A*****, Teilzahlung für Wechsel EW 637 per 31.8.1984 und EW 638 per 31.5.1984 je S 500.000,- -“ durchgeführt.

Mit Schreiben vom 4.7.1985 teilte der Masseverwalter der H***** Gesellschaft mbH mit, daß er die Einräumung einer Zahlungsmöglichkeit der noch offenen Forderung der Gemeinschuldnerin auf ein Konto der Beklagten widerrufe. Er forderte die H***** Gesellschaft mbH auf, den offenen Forderungsbetrag bis spätestens 15.7.1985 ausschließlich auf das Massekonto zu überweisen. Mit Schreiben vom 6.11.1985 teilte die Beklagte der H***** Gesellschaft mbH mit, daß sie einvernehmlich vom Konto der H***** Gesellschaft mbH S 355.675,45 auf das Wechselevidenzkonto gebucht habe. Mit Schriftsatz vom 12.12.1985 schränkte daraufhin die Beklagte ihre Forderungsanmeldung im Konkurs der Gemeinschuldnerin aufgrund des offenen Wechselevidenzkontos von S 750.202,20 auf S 394.526,75 ein.

Die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin trat spätestens mit 30.6.1982 ein.

Der klagende Masseverwalter begehrte mit der von ihm als „Anfechtungsklage gemäß §§ 30 und 31 KO“ bezeichneten am 27.6.1986 eingebrachten Klage den Ausspruch, daß die an die Beklagte von der H***** Gesellschaft mbH auf das von der Beklagten für die Gemeinschuldnerin errichtete Wechselkonto geleistete Zahlung von S 355.675,45 gegenüber den Gläubigern der Gemeinschuldnerin unwirksam sei; die Beklagte sei schuldig, dem klagenden Masseverwalter den Betrag von S 355.675,45 s.A. zu bezahlen. Er brachte vor, daß am Tag der Eröffnung des Konkurses auf dem Wechselevidenzkonto S 705.202,20 ausgehaftet haben. Die H***** Gesellschaft mbH habe damals der Gemeinschuldnerin den Betrag von S 355.675,45 geschuldet. Dadurch, daß der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin mit dem Geschäftsführer der H***** Gesellschaft mbH am 18.4.1985, somit nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und nach dem Antrag auf Konkurseröffnung vom 18.3.1985 vereinbart habe, die Forderung der Gemeinschuldnerin von S 355.675,45 durch die H***** Gesellschaft mbH an die Beklagte zu bezahlen und diese Zahlung im Herbst 1985 auf das Konto ***** eingegangen sei, sei die Beklagte vor den anderen Gläubigern begünstigt worden. Sie habe aufgrund der für die übrigen Gläubiger nachteiligen Vereinbarung vom 18.4.1985 Befriedigung erlangt, obwohl ihr die Zahlungsunfähigkeit bzw. die Konkurseröffnung bekannt gewesen seien oder bekannt hätten sein müssen. Durch die Überweisung des Betrages von S 355.675,45 auf das Wechselevidenzkonto habe die H***** Gesellschaft mbH jene Forderung beglichen, die der Gemeinschuldnerin zustehe. Die Überweisung unterliege mangels Vorliegens einer rechtswirksamen Kompensation der Anfechtung gemäß §§ 30 und 31 KO. Befriedigungstauglichkeit sei gegeben.

Die Beklagte wendete ein, die H***** Gesellschaft mbH sei niemals von ihr aus der Wechselverpflichtung (aufgrund der Eskomptierung) entlassen worden. Die H***** Gesellschaft mbH habe durch die Überweisung des Klagsbetrages auf das auf die Gemeinschuldnerin lautete Rückwechselkonto wirksam und unanfechtbar kompensiert, und zwar in einer nicht der Anfechtung unterliegenden Art und Weise. Gemäß § 19 KO sei nämlich die Aufrechnung mit einer Forderung, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits aufrechenbar gewesen sei, zulässig und hiemit unanfechtbar. Es sei auch die H***** Gesellschaft mbH nicht erst nach der Konkurseröffnung Schuldnerin der Konkursmasse geworden, da die Forderung gegen die Gemeinschuldnerin bereits beträchtliche Zeit vor der Konkurseröffnung erworben worden sei. Da die Schuld der Gemeinschuldnerin gegenüber der H***** Gesellschaft mbH aus einer Zeit stamme, zu der für die H***** Gesellschaft mbH eine Zahlungsunfähigkeit überhaupt nicht erkennbar gewesen sei, sei sie berechtigt, mit ihrer Rückgriffsforderung gegen die Gemeinschuldnerin gegen eine Forderung derselben selbst dann aufzurechnen, wenn die Zahlung für die Gemeinschuldnerin, aus der die Gegenforderung entstanden sei, nach der Konkurseröffnung erfolgt sei. Die durch die H***** Gesellschaft mbH durchgeführte Kompensation durch Zahlung des Klagsbetrages auf das Rückwechselkonto der Gemeinschuldnerin bei der Beklagten, zu deren Zurückweisung sie aus rechtlichen Gründen nicht berechtigt gewesen sei, habe die Beklagte weder im Sinn des § 30 KO begünstigt noch sei eine Anfechtung wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit berechtigt.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 10.1.1989 brachte der klagende Masseverwalter ergänzend vor, sollte eine Aufrechnung vorliegen, sei diese gemäß § 20 KO unzulässig, weil eine Forderung der Masse aufgerechnet worden sei. Mit der Bezahlung einer Forderung der Gemeinschuldnerin sei die Beklagte nach der Konkurseröffnung Schuldnerin der Konkursmasse geworden. „Für den Fall, daß das gegenständliche Begehren in der Form eines Leistungsbegehrens zu stellen wäre, werde darauf hingewiesen, daß dieses Leistungsbegehren im derzeitigen Urteilsbegehren bereits enthalten“ sei.

Die Beklagte erwiderte, dieses neue Vorbringen stelle eine Klagsänderung dar, gegen die sie sich ausspreche.

Das Erstgericht gab im ersten Rechtsgang dem Klagebegehren statt. Durch die Umbuchung des Betrages von S 355.675,45 sei eine inkongruente Deckung im Sinn des § 30 Abs. 1 Z 1 KO erreicht worden. Durch die Rechtshandlung sei die Beklagte vor den anderen Gläubigern begünstigt worden, da diese anderen Gläubiger Befriedigung nur im Rahmen eines Konkursverfahrens erhalten können, weil die Beklagte die Abdeckung jenes Teiles ihrer Gesamtforderung durch die Umbuchung des Betrages erlangt habe. Es lägen daher auch die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Z 2 KO vor, da angenommen werden müsse, daß der Beklagten zum Zeitpunkt der Umbuchung die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin bekannt gewesen sei, zumindest aber aus den Umständen hätte bekannt sein müssen.

Das Berufungsgericht gab im ersten Rechtsgang der Berufung der Beklagten Folge. Es änderte das angefochtene Urteil als Teilurteil dahin ab, daß das Rechtsgestaltungsbegehren abgewiesen wurde. Im Umfang des Leistungsbegehrens und der Kostenentscheidung hob es das Ersturteil auf und wies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Aus dem gesamten Vorbringen des Klägers, insbesondere aus seinem ausdrücklich gestellten Rechtsgestaltungsbegehren ergebe sich unzweifelhaft, daß er nur die im Herbst 1985, also nach der Konkurseröffnung geleistete Zahlung angefochten habe. Wie sich schon aus dem klaren Wortlaut des § 27 KO ergebe, könnten nur jene das Vermögen des Gemeinschuldners betreffenden Rechtshandlungen nach den §§ 27 ff KO angefochten und den Konkursgläubigern gegenüber als unwirksam erklärt werden, die vor der Konkurseröffnung vorgenommen worden seien. Wenn hingegen nach Konkurseröffnung eine Schuld an den Gemeinschuldner bezahlt werde, das Geleistete nicht der Konkursmasse zugewendet worden sei und dem Verpflichteten zur Zeit der Leistung die Konkurseröffnung zumindest hätte bekannt sein müssen, dann werde er durch diese Zahlung nicht von seiner Schuld befreit (§ 3 Abs. 2 KO). Damit im Zusammenhang stehe die die Zulässigkeit einer Aufrechnung regelnde Bestimmung des § 20 KO. Wegen dieser Spezialnorm, die den Zeitraum nach Konkurseröffnung erfasse, bedürfe es nicht der analogen Ausdehnung der Anwendung der §§ 27 ff KO auf den vorliegenden Fall. Das Rechtsgestaltungsbegehren sei daher abzuweisen. Der Klageerzählung könne nur Anfechtung als Klagsgrund entnommen werden. Wenn der Kläger in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 10.1.1989 einen neuen Klagsgrund geltend gemacht habe, handle es sich um eine Klagsänderung im Sinn des § 235 Abs. 1 ZPO. Da die Beklagte über die geänderte Klage nicht verhandelt, sondern sich gegen diese Klagsänderung unverzüglich ausgesprochen habe, werde das Erstgericht gemäß § 235 Abs. 3 ZPO auszusprechen haben, ob es diese Klagsänderung zulasse oder nicht. Werde die Klagsänderung rechtskräftig nicht zugelassen, sei auch das Leistungsbegehren der Klage abzuweisen. Andernfalls sei über das auf einen anderen Klagsgrund gestützte Leistungsbegehren meritorisch zu entscheiden.

Den dagegen erhobenen Rechtsmitteln beider Parteien gab der Oberste Gerichtshof nicht Folge. Rechtshandlungen, die nach Konkurseröffnung gesetzt würden, bedürfen nicht der Anfechtung, weil sie regelmäßig an der Konkursverstrickung der Masse abprallen. Eine analoge Anwendung der §§ 27 ff KO habe nicht stattzufinden. Durch das Vorbringen in der Verhandlung vom 10.1.1989 sei ein weiterer, bisher nicht geltend gemachter Rechtsgrund in das Verfahren eingeführt worden. Aufgrund der Einwendungen der Beklagten werde das Erstgericht vorerst gemäß § 235 Abs. 3 ZPO über die Zulässigkeit der vom klagenden Masseverwalter vorgenommenen Klagsänderung zu entscheiden haben.

Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das Leistungsbegehren ab. Die Antwort auf die Frage nach der Zulässigkeit der Klagsänderung ergebe sich aus der Lösung der Frage der Berechtigung des Leistungsbegehrens. Der Masseverwalter habe die im Konkursverfahren angemeldete Forderung der Beklagten, vermindert um den umgebuchten Betrag (Klagsbetrag) anerkannt. Aus dieser im Sinn des § 105 KO abgegebenen Erklärung folge, daß der Masseverwalter die Gegenstand des Verfahrens bildende Umbuchung gegen sich habe gelten lassen, sodaß von der Anerkennung auch diese Umbuchung erfaßt sei. Der nunmehrigen Klagsforderung stehe daher das Anerkenntnis des Masseverwalters entgegen. Für den Fall, daß nicht angenommen werden könne, das Anerkenntnis in der Prüfungstagsatzung umfasse auch den eingeschränkten Betrag, müßte auf die Zulässigkeit der Aufrechnung der Beklagten im Zeitpunkt der Umbuchung näher eingegangen werden. Die Prüfung dieser Frage erfordere aber die Erörterung der Mitschuldnerhaftung der H***** Gesellschaft mbH und damit auch die Erörterung der Haftung der Gemeinschuldnerin für Gewährleistungsansprüche dieses Unternehmens. Das würde aber eine solche Erschwerung und Verzögerung des Verfahrens bedeuten, daß eine Klagsänderung nicht zulässig sei.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers Folge. Es stellte fest, daß die im angefochtenen Urteil enthaltene Entscheidung über die Zulassung der Klagsänderung zu lauten habe: „Die in der Verhandlung vom 10.1.1989, ON 12, vorgenommene Klagsänderung wird zugelassen“, hob im übrigen das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte das Gericht zweiter Instanz für zulässig. Obwohl die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Klagsänderung grundsätzlich in Beschlußform zu erfolgen habe, lasse die Praxis zu, daß kein formeller Beschluß gefaßt, sondern der Sachentscheidung das geänderte Begehren zugrundegelegt werde. Wenn das Erstgericht im ersten Teil seiner rechtlichen Beurteilung ausführe, daß das Saldoanerkenntnis des Masseverwalters in der Prüfungstagsatzung die Leistungsklage hindere, sei dies inhaltlich als Zulassung der Klagsänderung anzusehen. Es sei allerdings erforderlich gewesen, in die Entscheidung des Berufungsgerichtes zwecks Klarstellung einen formellen Beschluß über diese Zulassung der Klagsänderung einzufügen. In der Sache selbst könne dem Erstgericht allerdings nicht gefolgt werden, da nach neuerer oberstgerichtlicher Rechtsprechung das Anerkenntnis des Saldos eines Kontokorrentkreditkontos durch den Masseverwalter in der Prüfungstagsatzung eine spätere Anfechtung von Zessionen und Zahlungseingängen durch den Masseverwalter mit dem Ziel, diese Gutschriften aus der Abrechnung auszuscheiden, nicht ausschließe. Die Erklärung des Masseverwalters in der Prüfungstagsatzung stehe daher dem Leistungsbegehren nicht entgegen. Da das Erstgericht selbst darauf hinweise, den neuen Klagsgrund keiner vollständigen Überprüfung zugeführt zu haben, sei mit einer Aufhebung des Ersturteiles vorzugehen gewesen. Insoferne das Erstgericht im zweiten Teil seiner rechtlichen Beurteilung die Klagsänderung wegen möglicher Verzögerungen des Verfahrens nicht zugelassen habe, könne ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Durch die Klagsänderung werde kein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt und zudem einem zweiten Prozeß zwischen den Streitteilen vorgebeugt. Die Klagsänderung sei daher zulässig, was abermals zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteiles in der Hauptsache führen müsse. Da das Schicksal des Hauptbegehrens mit der Frage der Zulassung der Klagsänderung in einem unmittelbaren Zusammenhang stehe, sei sowohl hinsichtlich der Entscheidung über die Klagsänderung, bei welcher das Berufungsgericht von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen sei, als auch in der Hauptsache der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zuzulassen gewesen.

Dagegen richten sich die Rekurse beider Parteien.

Die Beklagte bekämpft in ihrem Rechtsmittel ausschließlich die Zulassung der Klagsänderung und beantragt, diese nicht zuzulassen und das klagsabweisende erstinstanzliche Urteil vollinhaltlich zu bestätigen (richtig: wiederherzustellen).

Rechtliche Beurteilung

Dieser Rekurs ist unzulässig.

Das Gericht erster Instanz hat - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - implizit über die Klagsänderung dahin abgesprochen, daß es diese für zulässig erklärte und das geänderte Begehren meritorisch erledigte. Diese Vorgangsweise ist - wenngleich der gewünschten Klarheit gerichtlicher Entscheidungen nicht dienlich - grundsätzlich zulässig (RZ 1977/42; SZ 44/7; 7 Ob 742, 743/80; 7 Ob 543/88; Fasching III 123). Die vom Berufungsgericht als zweiter Teil der rechtlichen Beurteilung bezeichnete Begründung des Erstgerichtes, welche zur Unzulässigkeit der Klagsänderung ausführt, stellt sich als bloße Hilfsbegründung dar („Für den Fall aber, daß nicht angenommen werden kann, daß vom Anerkenntnis in der Prüfungstagsatzung auch der eingeschränkte Betrag umfaßt ist, ...“) und hat somit für den Entscheidungswillen keine Relevanz. Spricht das Gericht zweiter Instanz darüber ab, ob ergänzendes Vorbringen im Sinne des § 235 ZPO eine Klagsänderung darstellt und ob diese zulässig ist, entfaltet es dabei in Wahrheit eine rekursgerichtliche Tätigkeit. Weil das Gericht zweiter Instanz den Beschluß über die Zulassung der Klagsänderung bestätigte, ist der Revisionsrekurs dagegen gemäß § 528 Abs. 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig und zurückzuweisen (EvBl 1967/371; 1 Ob 655/83; Fasching III 123 f, IV 22).

Auch die Rekursbeantwortung des Klägers ist nicht zulässig, da das Verfahren zur Entscheidung über die Zulässigkeit einer Änderung der Klage nicht zu den im § 521a ZPO erschöpfend aufgezählten Fällen gehört, in denen das Gesetz eine Rekursbeantwortung zuläßt (8 Ob 659/86).

Der Rekurs des Klägers gegen den Aufhebungsbeschluß ist im Ergebnis berechtigt. Er führt jedoch zum Nachteil des Klägers - welcher Tatsache das Verbot der reformatio in peius nicht entgegensteht (JBl. 1983, 202; Fasching ZPR2 Rdz 1823) - zur Wiederherstellung des Ersturteiles.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes umfaßt das Anerkenntnis des um den Klagsbetrag verminderten Saldos durch den Masseverwalter in der Prüfungstagsatzung nicht die Zulässigkeit der Aufrechnung oder sonst einer den Saldo vermindernden Zahlung und steht daher weder der Anfechtungs- noch der Leistungsklage entgegen. Die vom Erstgericht zitierte Entscheidung EvBl. 1988/102 vermag den erstinstanzlichen Rechtsstandpunkt nicht zu stützen, da dort Gegenstand die Anfechtung einer anerkannten Forderung schlechthin, somit im Falle eines positiven Ergebnisses des Anfechtungsprozesses der Entzug der durch die Anerkennung dem Gläubiger zukommenden Feststellung des Teilnahmerechtes am Konkursverfahren war. Im vorliegenden Fall wird aber selbst bei Obsiegen des Masseverwalters im Anfechtungsprozeß die Erklärung der Anerkennung der Richtigkeit der angemeldeten Forderung in keiner Weise beeinträchtigt, vielmehr könnte es lediglich durch die Nichtberücksichtigung der Aufrechnung als Saldo vermindernd zu einer Vergrößerung der im Konkursverfahren anzumeldenden Forderung kommen. Dieser Fall wurde allerdings in AnwBl. 1989, 759 vom Obersten Gerichtshof in der vom Erstgericht dargestellten Art entschieden. Mit seiner Entscheidung 1 Ob 529/91 = JBl. 1992, 53 = ÖBA 1992, 484 mit zustimmender Anmerkung Schuhmacher ist der Oberste Gerichtshof jedoch ausdrücklich von dieser Rechtsansicht wieder abgegangen. Unter Hinweis auf die Tatsache, daß ein Obsiegen im Anfechtungsprozeß weder den Teilnahmeanspruch der Beklagten im Konkurs beseitige noch schmälere, folgerte der Oberste Gerichtshof, daß die dem Anerkenntnis zukommende Bindungswirkung durch das Ergebnis eines späteren Anfechtungsprozesses, der zum Ziel hat, Gutschriften aus der Kontokorrentabrechnung auszuscheiden, nicht beeinträchtigt werde. Auch könne in der Anerkennung des Saldos einer Kontokorrentabrechnung durch den Masseverwalter in der Prüfungstagsatzung kein schlüssiger Verzicht auf das Anfechtungsrecht erblickt werden. Aus denselben Erwägungen steht die Anerkennung des eingeschränkten Saldos auch der Leistungsklage nicht entgegen.

Trotz dieser Erwägungen kann jedoch dem Klagebegehren kein Erfolg beschieden sein.

Erfüllung im Sinn des § 1424 ABGB ist grundsätzlich nur die Leistung des Schuldners an den Gläubiger. Die Leistung an einen anderen als den Gläubiger befreit hingegen den Schuldner nur dann von seiner Verbindlichkeit, wenn dieser Vertreter oder ermächtigte Empfangsperson des Gläubigers ist oder wenn der Gläubiger den Schuldner ermächtigt hat, an einen Dritten zu leisten. Ein zum Empfange geeigneter Machthaber im Sinne des § 1424 ABGB liegt nicht nur dann vor, wenn ihm der Gläubiger Vollmacht zur Empfangnahme der Leistung erteilt hat, sondern auch dann, wenn vom Gläubiger ein Dritter ermächtigt worden ist, die Zahlung im eigenen Namen anzunehmen (HS X/XI/2; 7 Ob 645/81). Im Konkurs des Gläubigers befreit die Zahlung einer Schuld an diesen nach der Konkurseröffnung gemäß § 3 Abs. 2 KO den Verpflichteten nicht, es sei denn, daß das Geleistete der Konkursmasse zugewendet worden ist oder daß dem Verpflichteten zur Zeit der Leistung die Konkurseröffnung nicht bekannt war und daß die Unkenntnis nicht auf einer Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt beruht. Die Beweislast dafür, daß die Leistung der Masse zugekommen ist, oder daß ihm die Konkurseröffnung weder bekannt war noch bekannt sein mußte, trägt der Verpflichtete (SZ 56/170 mwH). Schuldlose Unkenntnis der Konkurseröffnung kommt hier nicht in Betracht.

Der Gemeinschuldnerin stand eine Forderung gegen die H***** Gesellschaft mbH in Höhe des Klagsbetrages zu. Durch die Leistung dieses Betrages an einen Dritten, nämlich die Beklagte, zur Verminderung des Debetsaldos des Wechselevidenzkontos wurde die H***** Gesellschaft mbH von ihrer Schuld gegenüber der Gemeinschuldnerin nicht befreit, selbst wenn - wie in der Klage behauptet, jedoch im Beweisverfahren nicht verifiziert - eine Anweisung der Gemeinschuldnerin auf Schuld vorgelegen sein sollte und die Beklagte somit als zur Empfangnahme der Zahlung im eigenen Namen als ermächtigt zu betrachten wäre. Eine vor Konkurseröffnung vom nachmaligen Gemeinschuldner erteilte, bis zur Konkurseröffnung nicht angenommene (§ 1403 Abs. 1 ABGB) Anweisung, wird durch die Konkurseröffnung in analoger Anwendung des § 26 Abs. 1 KO iVm § 1024 ABGB unwirksam (Avancini - Iro - Koziol I Rdz 6/119; Koziol, Der Überweisungauftrag im Konkurs des Überweisenden, Gedenkschrift Schönherr, 305, hier: 308). Befolgt der Angewiesene nach Konkurseröffnung eine bis dahin nicht angenommene (und damit unwirksam gewordene) Anweisung auf Schuld, so zahlt er mit Wirkung für die Konkursmasse nur, wenn ihm die Konkurseröffnung ohne sein Verschulden unbekannt geblieben oder die Zahlung der Konkursmasse zugutegekommen ist. Derartiges ist aber im Verfahren nicht hervorgekommen. Der Angewiesene wird mangels Vorliegens der genannten Ausnahmen im Sinne des § 3 Abs. 2 KO von seiner Verbindlichkeit nicht befreit, es steht ihm (und nicht dem Anweisenden) ein Bereicherungsanspruch gegen den Anweisungsempfänger zu (SZ 54/2; SZ 54/162, SZ 54/127; SZ 56/186; Avancini-Iro-Koziol I Rz 6/122). Sollte die Anweisung nach Konkurseröffnung erteilt worden sein, wäre sie gemäß § 3 Abs. 1 KO den Konkursgläubigern gegenüber ebenso unwirksam.

Der Leistungsklage des Masseverwalters steht somit entgegen, daß durch die Zahlung der H***** Gesellschaft mbH an die Beklagte der Masse nichts entzogen wurde, da der Masse die Forderung gegen die Verpflichtete in vollem Umfange gewahrt blieb (vgl. EvBl. 1985/91). In Anbetracht der zwischen der H***** Gesellschaft mbH und der Beklagten bestehenden vertraglichen Beziehung scheidet auch ein Verwendungsanspruch gemäß § 1041 ABGB aus (SZ 52/110; Stanzl in Klang2 IV/1, 915).

Ob die H***** Gesellschaft mbH durch Zahlung der wechselrechtlichen Regreßforderung eine Aufrechnungslage im Verhältnis zur A.***** geschaffen hat (§§ 19, 20 KO), kann auf sich beruhen.

Es war daher dem Revisionsrekurs des Klägers Folge zu geben und das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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