Spruch:
Die Revision und der Rekurs beider Teile werden zurückgewiesen.
Die Streitteile haben die Kosten ihrer jeweiligen Rechtsmittelbeantwortungen selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der am 14.12.1980 geborene Kläger benütze am 23.5.1994 als Badegast in dem von der beklagten Partei betriebenen Freibad eine sogenannte Breitwasserrutsche von 19 m Länge, 3,7 m Breite und einem Höhenunterschied von 3,55 m. Er versuchte, auf der Breitwasserrutsche im Stehen zu rutschen und wollte sich während des Rutschens niederknien. Dabei kam er zu Sturz, schlug mit dem Mund auf die Rutsche auf und verletzte sich.
Die Breitwasserrutsche wurde am 12.5.1994 vom Technischen Überwachungsverein Österreich geprüft. Danach bestanden keine Bedenken gegen den Betrieb der Rutsche unter anderem unter der Voraussetzung, daß die Anlage, insbesondere der Einstiegbereich und der Auslauf der Rutsche, ständig beaufsichtigt wird. Bei der Breitwasserrutsche befinden sich Tafeln mit Hinweisen über die Benützung der Rutsche, insbesondere mit folgenden stilisierten Darstellungen bzw. Aufschriften: Rutschen in Rückenlage ("Rückenlage, Blick nach vorne"), Rutschen aufrecht sitzend ("sitzend, Blick nach vorn"), Rutschen in Bauchlage ("liegend, Blick nach vorn"). Beim Einstieg zur Rutsche ist in der gesamten Rutschenbreite eine Querstange angebracht, um den Benützer zu veranlassen, sich zu bücken bzw. niederzusetzen, und ihn davon abzuhalten, stehend hinunterzurutschen. Eine Hinweistafel mit einem ausdrücklichen (schriftlich oder durch eine stilisierte Darstellung erkennbar gemachten) Verbot, daß stehend (oder in anderen Positionen) nicht gerutscht werden darf, ist nicht vorhanden.
Im gesamten Schwimmbad waren für die Aufsicht ein Bademeister und zwei ihm unterstellte Beckenwarte zuständig. Ein Beckenwart führte beim Erlebnisbecken zu dem die Wasserrutsche gehört, einer beim Sport- und Nichtschwimmerbecken und der dritte im gesamten übrigen Bereich des Bades die Aufsicht. Der am Unfallstag zur Beaufsichtigung des Erlebnisbeckens eingeteilte Bademeister ging seine Runde am Erlebnisbecken und kam dabei immer wieder an der Breitrutsche vorbei. Er befand sich zum Unfallszeitpunkt auf einem kleinen Aussichtsturm bzw auf dem Übergang des Aussichtsturms zur Breitrutsche und bemerkte den Unfall selbst nicht.
Zwischen dem 21.5.1994 und 5.8.1994 ereigneten sich an der Breitwasserrutsche 11 Unfälle. Am 24.5.1994 verletzte sich ein Benützer, der knieend rutschte.
Das Berufungsgericht sprach in Abänderung des das Klagebegehren zur Gänze abweisenden Urteils des Erstgerichtes aus, daß das Leistungsbegehren des Klägers zu einem Drittel dem Grunde nach zu Recht und zu zwei Dritteln nicht zu Recht besteht. Es hob die Entscheidung über das Feststellungsbegehren auf und sprach weiters aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000,-
übersteigt und gegen den abändernden Teil seiner Entscheidung die ordentliche Revision sowie gegen den aufhebenden Teil der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig seien.
Anspruchsgrundlage für die vom Kläger erhobenen Ansprüche sei die behauptete Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch die beklagte Partei. Die Verkehrssicherungspflicht habe nicht nur auf Grund des Gesetzes, sondern auch als Nebenpflicht des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages bestanden. Die beklagte Partei sei verpflichtet gewesen, die Benützer der Anlage vor Schäden zu bewahren und hätte alles Zumutbare vorkehren müssen, um eine gefahrlose Benützung der Anlage zu ermöglichen. Da vorwiegend mit der Benützung der Rutsche durch Kinder gerechnet werden müsse, sei bei der Beurteilung des Zumutbaren ein strengerer Maßstab anzulegen. Im konkreten Fall sei eine ständige Überwachung der Anlage geboten gewesen, um im größtmöglichen Umfang eine Gefahr für die meist jugendlichen Benützer abzuwenden. Diese ständige Beaufsichtigung sei auch geeignet, jugendliche Benützer vom bestimmungswidrigen Verhalten abzuhalten.
Den Kläger treffe aber ebenfalls ein Mitverschulden, weil er die Rutsche bestimmungswidrig stehend benützt habe, obwohl er das Vorschriftswidrige seines Verhaltens und die daraus resultierenden Gefahren erkennen hätte können. Sein Verschulden überwiege jenes der beklagten Partei, weshalb eine Schadensteilung von 1:2 zu Lasten des Klägers vorzunehmen sei.
Das Berufungsgericht erachtete noch weitere Feststellungen über die behaupteten Dauerfolgen und Spätschäden für erforderlich.
Es sah die ordentliche Revision als zulässig an, weil trotz umfangreicher Judikatur zur Verkehrssicherungspflicht keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Verkehrssicherungspflicht des Betreibers eines Schwimmbades aufgefunden werden konnte.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes von beiden Parteien erhobenen Revisionen und Rekurse sind entgegen dem - nicht bindenden - Ausspruch nicht zulässig im Sinne des § 502 Abs 1 (§ 528 Abs 1) ZPO.
Das Berufungsgericht hat die Grundsätze der Haftung für die Verletzung der Verkehrssicherungspflichten im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zutreffend wiedergegeben. Welche Sicherungsmaßnahmen aber zumutbar und erforderlich sind, hängt immer nur von den Umständen des Einzelfalles ab. Dies gilt aber für die Sicherung einer Wasserrutsche, weil auch hiebei etwa die Art der Anlage und deren Lage im Bereich des Bades entscheidend sind.
Einzelfallentscheidungen sind aber für den Obersten Gerichtshof nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm korrigiert werden müßte (RZ 1994/45; 5 Ob 81/91; 1 Ob 504/93; 2 Ob 580/95 ua). Ein derartiger Fehler kann in der Beurteilung der Zumutbarkeit der Überwachungsmaßnahmen nicht erblickt werden.
Das Gesagte gilt auch für die Frage des Mitverschuldens des Klägers. Ob ihm im konkreten Einzelfall die Einsicht in die Sorglosigkeit seines Verhaltens zuzumuten ist, stellt ebenfalls keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar. Dies trifft auch auf die vorgenommene Verschuldensteilung zu (EvBl 1993/59 uva).
Die Rechtsmittel beider Parteien waren daher ungeachtet des - nicht bindenden - Ausspruches des Berufungsgerichtes mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung über die Kosten der jeweiligen Revisions- und Rekursbeantwortungen gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO, weil auf die Unzulässigkeit der Rechtsmittelschriften nicht hingewiesen wurde.
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