Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, daß sie einschließlich des unbekämpft gebliebenen Teiles insgesamt zu lauten haben:
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger den Betrag von S 120.708,10 brutto und weitere S 1.892,85 netto samt 9,5 % Zinsen seit 20.Mai 1995 binnen 14 Tagen zu zahlen. Das Mehrbegehren von S 4.118,95 brutto sA wird abgewiesen.
Die beklagten Parteien sind ferner zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 45.017,54 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin enthalten S 6.354,59 Umsatzsteuer und S 6.890 Barauslagen), die mit S 24.543,16 bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz (darin enthalten S 2.323,86 Umsatzsteuer und S 10.600 Barauslagen) und die mit S 20.855 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.267,50 Umsatzsteuer und S 13.250 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Nach mehrfacher Klageausdehnung begehrt der Kläger den im Spruch genannten Betrag. Obwohl eine konkludente Urlaubsvereinbarung getroffen worden sei, habe die Geschäftsführerin dem Kläger den schon längst geplanten Urlaub verweigert. Sie habe das Dienstverhältnis mit 5.5.1995 zum 19.5.1995 gekündigt. Der Kläger habe am 8.5.1995 seinen Urlaub beansprucht, sei von der Erstbeklagten bei der Krankenkasse abgemeldet und das Beschäftigungsverhältnis auf diese Art und Weise vorzeitig zur Auflösung gebracht worden. Es sei daher von einer unberechtigten Entlassung auszugehen. Mit Ausnahme eines Betrages für Überstundenentgelte von S 1.497 seien die im Spruch genannten Beträge entlassungsabhängige Ansprüche.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens, weil der Kläger am 8.5.1995 unberechtigt vorzeitig ausgetreten sei.
Das Erstgericht erkannte die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger S 10.499,36 brutto abzüglich S 1.061,35 netto sA zu zahlen. Das Mehrbegehren wies es ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:
Der Kläger war vom 1.3.1992 bis 5.5.1995 bei der Erstbeklagten als Tapezierermeister beschäftigt. Er bezog brutto S 25.948 monatlich. Anfang 1995 fixierte die Geschäftsleitung der Erstbeklagten - wie schon vorher - für den Zeitraum 13. bis 20.5.1995 eine Betriebsurlaubswoche. Es sollte eine Mittelmeerkreuzfahrt stattfinden, wobei der Dienstgeber die Hälfte der für den einzelnen Arbeitnehmer anfallenden Kosten übernahm. Der Kläger entschloß sich, nicht daran teilzunehmen. Er hatte nämlich im Februar 1995 einen Reisegutschein gewonnen und mit dem Reiseveranstalter eine Griechenlandreise für den 7. bis 18.5.1995 fixiert. Es war Betriebsgegebenheit, daß in den Tagen vor einem Betriebsurlaub den Mitarbeitern keine Urlaube bewilligt wurden, weil diese wegen regen Arbeitsanfalls dringend benötigt wurden. Der Kläger äußerte seinen Urlaubswunsch für den 8. bis 12.5.1995 vorerst gegenüber der Tochter der Geschäftsführerin, die ihn an die Geschäftsführerin weiter verwies. Zwei bis drei Wochen vor dem geplanten Urlaubsantritt sprach er nun mit einer anderen Mitarbeiterin, die üblicherweise Urlaubswünsche der Geschäftsleitung zu melden hatte, über seinen Urlaubswunsch. Auch diese verwies ihn an die Geschäftsführung. Ende April 1995 teilte er der im Betrieb tätigen zweiten Tapezierermeisterin mit, daß er ab 8.5.1995 auf Urlaub gehen werde. Die Arbeitskollegin war völlig perplex. Erst über Mitteilung dieser Arbeitskollegin wurde der Urlaubswunsch der Geschäftsführerin bekannt. Diese teilte ihm daraufhin mit, daß im Hinblick auf die dringend benötigte Arbeitsleistung eine Urlaubsbewilligung ausgeschlossen sei. Der Kläger beharrte auf seinem Urlaubswunsch, wobei er die bereits gebuchte Griechenlandreise verschwieg. Die Geschäftsführerin wiederholte die Verweigerung der Urlaubsbewilligung. Am 4.5.1995 forderte sie den Kläger dringlich auf, in der Folgewoche zur Arbeit zu kommen, da seine Arbeitsleistung unverzichtbar sei. Der Kläger beharrte dabei auf seinem Ansinnen, ab 8.5.1995 auf Urlaub zu gehen. Daraufhin erklärte die Geschäftsführerin dem Kläger sinngemäß, daß sie derart aufsässige Mitarbeiter nicht behalten wolle und ihn daher kündigen müsse, sollte er an seinem Standpunkt, in der Folgewoche auf Urlaub zu gehen, festhalten. In diesem Zusammenhang mag auch das Wort Entlassung gefallen sein. Der Kläger beharrte jedoch auf seinem Urlaubswunsch, sodaß die Geschäftsführerin daraufhin die Kündigung unter Einhaltung der 14‑tägigen Kündigungsfrist aussprach und mit der Begründung: "... da Sie einfach nächste Woche nicht zur Arbeit kommen wollen" schriftlich bestätigte. Der Kläger erklärte im Hinblick auf die erfolgte Kündigung "Da könne er ja gleich gehen" und verließ den Betrieb. Die Geschäftsführerin übermittelte ihm nun ein weiteres Schreiben mit dem Inhalt: "..... Sie wurden von mir heute verwarnt, sollten Sie nächste Woche vom 8.5. bis 12.5. nicht zur Arbeit kommen, wäre dies für Sie die Kündigung. Daraufhin haben Sie den Arbeitsplatz verlassen und gesagt: Dann gehe ich sofort. Dies bedeutet ein vorzeitiges Ausscheiden (= vorzeitiger Austritt) ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist.....". Der Kläger kehrte wieder in den Betrieb zurück und arbeitete mit Einverständnis der Geschäftsführerin weiter bis zum regulären Dienstschluß am 5.5.1995.
Nach Dienstende begab er sich ins Büro, um sich bei der Geschäftsführerin zu verabschieden, weil er den Standpunkt vertrat, mit 14‑tägiger Kündigungsfrist gekündigt zu sein und wegen des für ihn unverrückbaren Urlaubsantrittes ab 8.5. und des nachfolgenden Betriebsurlaubes ohnehin nicht mehr zur Arbeit zurückkehren zu müssen. Die Verabschiedung des Klägers stellte abschließend klar, daß er in der Folgewoche nicht zur Arbeit kommen würde. Die Geschäftsführerin brachte zum Ausdruck, daß ein Nichterscheinen am 8.5. eine "vorzeitige Beendigung der Zusammenarbeit durch den Kläger" sei und die Kündigung nur wegen der Halsstarrigkeit, auf dem Urlaub zu beharren, stattgefunden hätte. Der Kläger änderte seine Haltung nicht und verließ den Betrieb. Sein Nichterscheinen am 8.5.1995 wurde von der Beklagtenseite als vorzeitiger Austritt gewertet. Die Geschäftsführerin verfaßte zwei Schreiben an den Kläger, in denen sie im wesentlichen das Fernbleiben des Klägers als "vorzeitigen Austritt" wertete und ihm mitteilte, daß sie ihn am 5.5.1995 bei der Krankenkasse abmeldet. Mit der Maiabrechnung wurde dem Kläger an Mailohn netto S 1.061,35 ausgezahlt. Es wären ihm zumindest noch 30 Werktage Urlaub zugestanden.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, daß das Fernbleiben des Klägers von der Arbeit ab 8.5.1995 als ungerechtfertigter vorzeitiger Austritt zu beurteilen sei. Ihm stünde daher nur Lohn für den 1. bis 5.5.1995 von S 4.324,67 brutto abzüglich des bereits gezahlten Betrages von S 1.061,35 netto sowie die anteilige Weihnachtsremuneration von S 6.174,69 brutto zu.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge.
In rechtlicher Hinsicht verneinte es das Vorliegen eines konkludenten Austritts, weil im Hinblick auf die Absicht des Klägers, seinen Urlaub anzutreten und der Kenntnis der bezahlten Freizeit während des anschließenden Betriebsurlaubs bis zum Ende der Kündigungsfrist sich kein Hinweis darauf ergebe, daß er das Dienstverhältnis vorzeitig habe beenden wollen. Es sei unzweifelhaft, daß der Kläger den von ihm angetretenen eigenmächtigen Urlaub konsumieren und nicht vorzeitig austreten wollte. Das Schreiben, mit dem die Geschäftsführerin davon ausging, daß der Kläger unberechtigt ausgetreten sei und er bei der Sozialversicherung abgemeldet werde, sei insoferne zwar keine Willenserklärung, sondern eine (falsche) Wissenserklärung, jedoch die darin enthaltene Willenserklärung gehe dahin, daß das Dienstverhältnis jedenfalls beendet sei. Die Beklagten hätten daher, wenn auch mit unzutreffender Begründung, das Dienstverhältnis vorzeitig beendet, was jedoch als Entlassungserklärung zu werten sei. Auch die Erklärung der Geschäftsführerin vom 5.5.1995, daß ein Nichterscheinen des Klägers am 8.5. eine vorzeitige Beendigung der Zusammenarbeit durch den Kläger sei, sei als bedingte Entlassungserklärung anzusehen. Die Erklärung der Geschäftsführerin sei sohin im Ergebnis eine Entlassung, weil eine einseitige fristwidrige sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses als Entlassung zu betrachten sei, wie immer sie bezeichnet oder begründet werde. Der eigenmächtige Urlaubsantritt sowie eine nicht unerhebliche Halsstarrigkeit des Klägers, die nahezu an Provokation heranreiche, begründeten auch einen wichtigen Entlassungsgrund.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Klagestattgebung abzuändern.
Die beklagten Parteien beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Eine Entlassungserklärung ist an keinen bestimmten Wortlaut gebunden und muß nicht das Wort "Entlassung" enthalten (Kuderna, Entlassungsrecht2 7 f; Arb 9137). Diese kann auch konkludent erfolgen, doch muß sie vom objektiven Empfängerhorizont gesehen die ernsthafte und zweifelsfreie Absicht, das Arbeitsverhältnis sofort für die Zukunft zu beenden, erkennbar zum Ausdruck bringen (DRdA 1994, 38 [Anzenberger]; 9 ObA 10/90). Für das Vorliegen einer Entlassung ist der Dienstnehmer behauptungs- und beweispflichtig. Der Dienstgeber hat hingegen den Nachweis eines im Zeitpunkt der Entlassungserklärung vorliegenden Entlassungsgrundes zu erbringen (9 ObA 213/93 mwN). Der Kläger stützte seine Klageansprüche auf eine einseitige und vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses durch die Erstbeklagte. Er selbst brachte ausdrücklich vor, daß von einer ungerechtfertigten Entlassung auszugehen sei (AS 3).
Die Kündigung vom 4.5.1995 erfolgte wegen der Halsstarrigkeit des Klägers, der von seinem Urlaubswunsch nicht abließ. Daraus könnte noch kein Verzicht der Erstbeklagten auf ihr Entlassungsrecht wegen des nachfolgenden Fernbleibens von der Arbeit abgeleitet werden. Die Geschäftsführerin der Erstbeklagten hat den Kläger eindeutig dahin aufgeklärt, daß sie derart "aufsässige Mitarbeiter" nicht behalten wolle und ihn kündigen müsse, sollte er an seinem Standpunkt, in der nächsten Woche auf Urlaub zu gehen, festhalten. Dabei mag auch das Wort Entlassung gefallen sein. Bei der Verabschiedung am 5.5.1995 war klar, daß der Kläger in der Folgewoche nicht zur Arbeit kommen werde. Die Geschäftsführerin teilte auch mit, daß ein Nichterscheinen am 8.5.1995 eine vorzeitige Beendigung der Zusammenarbeit "durch den Kläger" sei.
Die Geschäftsführerin hat aber nicht die entsprechenden Konsequenzen gezogen, obwohl der eigenmächtige Urlaubsantritt grundsätzlich einen Entlassungsgrund bildet (RdW 1996, 541; 9 ObA 192/95). Sie hat immer nur unmißverständlich das Verhalten des Klägers als "unberechtigten Austritt" angesehen. Es kommt zwar nicht darauf an, wie die Beendigungserklärung bezeichnet wird, nur muß, wie bereits dargestellt, bei objektiver Betrachtungsweise aus allen vorliegenden Umständen eine eindeutige Willenserklärung entnommen werden können. Der Erklärende trägt immer das Risiko der Erklärung. Unklarheiten gehen zu seinen Lasten (Kuderna, Entlassungsrechtý, 8 mwN).
Zutreffend hat das Berufungsgericht in dem stets geäußerten Wunsch des Klägers, nur seinen Urlaub antreten zu wollen, und in seinem wenn auch unberechtigten Urlaubsantritt keinen Hinweis auf einen Austrittswillen erblickt. Daran vermag auch eine unrichtige oder einseitige Auffassung durch den Dienstgeber nichts zu ändern. Mag auch die Geschäftsführerin erklärt haben, daß ein Nichterscheinen am 8.5. eine vorzeitige Beendigung der Zusammenarbeit "durch den Kläger" sei, so war ihre schriftliche Reaktion auf den dann tatsächlich erfolgten einseitigen Urlaubsantritt des Klägers nur die konsequente Fortsetzung ihrer bisher schon geäußerten Ansicht, daß daraus allein eine Beendigungserklärung durch ihn abzuleiten sei, die zur Kenntnis genommen werden müsse. Diesen Standpunkt hat sie auch während des gesamten Streitverfahrens beibehalten. Dies gibt sie auch in der Revision zu. Sie hat im Verfahren nie eine ausdrückliche oder konkludente Entlassungserklärung, aus der der Wille des Dienstgebers hervorgekommen wäre, das Dienstverhältnis einseitig und vorzeitig zu beenden, behauptet.
Das Gericht ist zwar nicht an die rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes durch die Parteien gebunden, jedoch ist es nicht befugt, eine objektiv nicht erkennbare und auch nicht behauptete Willenserklärung einer Partei zu substituieren. Daß der Kläger nach seinen Behauptungen die Beendigung des Dienstverhältnisses als Entlassung aufgefaßt hat, vermag das Fehlen einer darauf gerichteten Willenserklärung nicht zu ersetzen.
Es ist daher davon auszugehen, daß weder eine Entlassung noch ein Austritt nachgewiesen wurde. Das Dienstverhältnis hat daher bis zum Ende der Kündigungsfrist gedauert, sodaß dem Kläger alle Ansprüche aus dem durch die Kündigung des Dienstgebers beendeten Dienstverhältnis zustehen.
Dem Kläger gebührt daher:
Kündigungsentschädigung (zwei Wochen-
löhne) S 11.976,‑-
Urlaubszuschuß S 9.074,12
Weihnachtsremuneration S 6.805,60
Urlaubsentschädigung inklusive anteiliger
UZ und WR(25.948,- + 1.996,- + 29.441,‑: 26 x 30)
S 33.970,38
Abfertigung (inklusive anteiliger UZ
und WR = 25.948,- + 1.996,- + 1.497,‑= 29.441,- x 2) S 58.882,‑ ‑
S 120.708,10
brutto
zuzüglich Lohndifferenz bis 5.5.1995 S 1.892,85
netto.
Die Höhe des Zinsenbegehrens steht außer Streit.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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