OGH 1Ob25/97a

OGH1Ob25/97a25.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Adamovic und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Wolfgang E*****, vertreten durch Dr.Hans Robicsek, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin ***** F***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Karl Zach, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kraftloserklärung eines Wechsels, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgerichts vom 22.November 1996, GZ 28 R 124/96b-23, womit infolge Rekurses der Antragsgegnerin der Beschluß des Handelsgerichts Wien vom 5.Juni 1996, GZ 8 T 163/96v-20, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Antragsteller beantragte die Kraftloserklärung eines von ihm am 1.3.1994 ausgestellten und von der Antragsgegnerin als Bezogener angenommenen, am 1.6.1994 fälligen Wechsels, weil dieser unauffindbar sei.

Die Antragsgegnerin wendete ein, sie habe den Wechsel vom Antragsteller zurückerhalten und mit dessen Einverständnis entwertet. Aufgrund der Entwertung sei eine Kraftloserklärung nicht statthaft. Sie sei nicht im Besitz des entwerteten Wechsels, dieser sei in Verlust geraten.

Der Antragsteller bestritt, den Wechsel zurückgestellt zu haben und mit dessen Entwertung einverstanden gewesen zu sein.

Das Erstgericht erklärte den Wechsel nach Ablauf der Aufgebotsfrist zugunsten des Antragstellers für kraftlos, weil auch ein entwerteter Wechsel eine Urkunde im Sinne des Kraftloserklärungsgesetzes (KEG) darstelle.

Das Rekursgericht hob die Entscheidung des Gerichts erster Instanz auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an dieses zurück; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands S 50.000 übersteige und daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Die Antragsgegnerin habe behauptet, daß der Wechsel im Einverständnis mit dem Antragsteller entwertet und die Wechselverbindlichkeit damit einvernehmlich aufgehoben worden sei. Treffe dies zu, könne der Antragsteller ein Recht aus dem Wechsel nicht mehr geltend machen, weil die Wechselforderung erloschen sei. Lediglich bei eigenmächtiger Entwertung durch die Antragsgegnerin könne vom Erlöschen der Wechselverpflichtung nicht die Rede sein, zumal ein Wechselschuldner seine Verpflichtung nicht einseitig beseitigen könne. Dann wäre der Antragsteller nach wie vor Wechselgläubiger und könnte - bei Besitz der Wechselurkunde - seine Forderung aus dem Wechsel trotz vereinbarungswidriger Entwertung ohne Kraftloserklärung mittels Klage geltend machen. Sei aber der vereinbarungswidrig formungültig gemachte Wechsel abhanden gekommen, dann bedürfe es der Kraftloserklärung. Das Erstgericht werde sich daher mit den Behauptungen der Parteien zu befassen und Feststellungen über die Entwertung des Wechsels zu treffen haben.

Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Für das Verfahren zur Kraftloserklärung von Wechseln gilt gemäß Art 90 WG mit bestimmten Abweichungen das KEG. Gemäß § 1 Abs 1 KEG können abhanden gekommene oder vernichtete Urkunden für kraftlos erklärt werden. Gemäß § 3 Abs 1 KEG kann derjenige, der aus dem Wechsel berechtigt ist oder ein rechtliches Interesse an der Amortisation hat, beim zuständigen Gericht einen Antrag auf Kraftloserklärung des vernichteten oder abhanden gekommenen Wechsels stellen (Holzhammer, Allgemeines Handelsrecht und Wertpapierrecht6 235). Im hier zu entscheidenden Fall ist davon auszugehen, daß der Wechsel abhanden gekommen ist; es würde aber auch schon die Unkenntnis des Antragstellers, in wessen Händen sich der Wechsel befindet, dessen Verlust gleichzuhalten sein und zur Einleitung des Kraftloserklärungsverfahrens berechtigen (Bachmayer, Die Kraftloserklärung von Urkunden, 44 f; Zedtwitz, Kraftloserklärung von Urkunden, 13). Nach dem Parteienvorbringen ist strittig, ob der Antragsteller ein Recht aus oder aufgrund der Urkunde geltend machen kann (§ 3 Abs 1 KEG). Die Antragsgegnerin behauptete nämlich, der Wechsel sei im Einvernehmen mit dem Antragsteller entwertet worden, es sei also die Wechselverbindlichkeit einvernehmlich aufgehoben und die durch die Wechselurkunde verkörperte Forderung erloschen. Erweist sich diese Behauptung als richtig, dann mangelt es dem Antragsteller an einem rechtlichen Interesse an der Kraftloserklärung, weil er das Recht aus dem Wechsel nicht mehr geltend machen könnte. Nur für den Fall der eigenmächtigen Entwertung des Wechsels durch die Antragsgegnerin wäre eine Kraftloserklärung des abhanden gekommenen Wechsels zulässig, weil der Kraftloserklärungsbeschluß das amortisierte Wertpapier ersetzt und der Antragsteller mit ihm das im Wechsel verbriefte Recht wieder geltend machen könnte (Holzhammer aaO 236; JBl 1970, 476; SZ 35/117; ÖJZ 1956, 128).

Durch die vom Rekursgericht aufgetragene Verfahrensergänzung wird nicht - wie der Antragsteller meint - der Wechsel(Zivil-)Prozeß vorweggenommen, vielmehr ist lediglich als Vorfrage zu klären, ob der Wechsel einvernehmlich oder eigenmächtig entwertet wurde, ob also dem Antragsteller ein Recht aus der Urkunde überhaupt noch zusteht und ob daher seine Antragslegitimation gemäß § 3 Abs 1 KEG gegeben ist.

Dem Revisionsrekurs des Antragstellers ist ein Erfolg zu versagen.

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