OGH 5Ob2124/96f

OGH5Ob2124/96f25.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Rudolph W*****, Journalist, P***** vertreten durch Dr.Josef Olischar, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) bis 25.) Maria R***** und alle anderen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft P*****, darunter Dr.Frank Anton W*****, dieser vertreten durch Dr.Brigitte Birnbaum und Dr.Rainer Toperczer, Rechtsanwälte in Wien, sowie 26.) Brigitte T*****, Immobilienverwalterin G*****, wegen § 26 Abs 1 Z 4 WEG infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 3.Jänner 1996, GZ 41 R 1076/95d-10, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 4.September 1995, GZ 4 Msch 82/95z-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag des Antragsgegners Dr.Frank Anton W***** auf Zuspruch der verzeichneten Kosten anwaltlicher Vertretung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht gab dem vom Antragsteller am 24.5.1995 zur Post gegebenen, am 26.5.1995 bei Gericht eingelangten Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit eines am 24.11.1994 von der Mehrheit der Miteigentümer des Hintertraktes (der im Kopf dieses Beschlusses genannten Liegenschaft) gefaßten Beschlusses, wonach der Differenzbetrag zwischen der Abrechnung eines Miteigentümers (über auf der Liegenschaft durchgeführte Arbeiten) und dem tatsächlichen Überweisungsbetrag als Entgelt für die Arbeitsleistung anzusehen sei, statt.

Das Rekursgericht änderte den Sachbeschluß des Erstgerichtes in antragsabweisendem Sinn ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Ein Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft könne nach Ablauf einer Frist von 6 Monaten ab seinem Zustandekommen selbst dann nicht mehr bei Gericht angefochten werden, falls ein Wohnungseigentümer nicht ordnungsgemäß verständigt worden sein sollte. Auch komme es auf das Kennen oder Kennenmüssens einer Beschlußfassung nicht an.

Erfolge innerhalb der Frist keine Anfechtung, so komme es wegen der für eine geordneten Verwaltung erforderlichen Rechtssicherheit zu einer Verschweigung allfälliger Mängel. Der Beschluß sei damit - von der unbefristeten Geltendmachung von Minderheitsrechten nach § 13a Abs 1 WEG abgesehen - materiellrechtlich gegenüber jedem einzelnen Wohnungseigentümer unanfechtbar geworden.

Die befristete Möglichkeit zur Anrufung des Gerichtes diene der Klärung der Frage, ob ein Beschluß rechtmäßig zustandegekommen sei (Würth/Zingher, WohnR'94, Anm 11 zu § 13b WEG). Da sich nach Ablauf der Anfechtungsfrist die materielle Rechtslage dadurch ändere, daß der Beschluß durch Verschweigung wirksam und damit unbekämpfbar werde, seien die Fristen des § 13b Abs 4 WEG und des § 14 Abs 3 WEG als von Amts wegen wahrzunehmende materiellrechtliche Ausschlußfristen zu werten. Dies entspreche der Beurteilung derjenigen Fälle durch Lehre und Rechtsprechung, in denen die Relevierung des mangelhaften Zustandekommens eines Beschlusses an Fristen geknüpft werde. So würden die einmonatigen Fristen des § 197 Abs 2 AktG zur Anfechtung eines Beschlusses der Hauptversammlung (Schiemer in Schiemer/Jabornegg/ Strasser3, Rz 5 zu § 197 AktG; WBl 1990, 118) sowie des § 41 Abs 4 GmbHG zur Geltendmachung der Nichtigkeit eines Beschlusses der Gesellschafter (Kostner/Umfahrer, GmbH4 Rn 538; SZ 39/136; 59/104 jeweils mwN) als materiellrechtliche Ausschlußfristen beurteilt. Dasselbe gelte für die im Insolvenzrecht begründeten Fristen zur Anfechtung von Rechtsgeschäften (König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung2, Rz 114; ÖBA 1989, 533; EvBl 1962/195).

Die Fristen des § 13b Abs 4 WEG und des § 14 Abs 3 WEG begännen mit dem Entstehen des Rechtsscheines des Zustandekommens eines Beschlusses (Würth/Zingher, WohnR'94, Anm 10 zu § 13b WEG), hier also mit der formellen Beschlußfassung am 24.11.1994. Selbst die sechsmonatige Frist habe daher gemäß § 902 Abs 2 ZPO mit Ablauf des 24.5.1995 geendet. An diesem Tag hätte der Antrag zur Hintanhaltung der Verschweigung bereits bei Gericht eingelangt sein müssen (vgl SZ 26/136 und 39/136). Das vom Antragsteller erhobene Begehren sei hingegen erst am 26.5.1995 gerichtsanhängig geworden, also zu einem Zeitpunkt, als der angefochtene Beschluß - sollte ein solcher überhaupt gefaßt worden sein (diesbezügliche Feststellungen fehlten) - bereits unanfechtbar gewesen sei. Eine antragsstattgebende Entscheidung sei daher ausgeschlossen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil sowohl zum Umfang der durch § 26 Abs 1 Z 4 WEG in das Außerstreitverfahren verwiesenen Angelegenheiten als auch zur Rechtsnatur der in § 13b Abs 4 WEG und § 14 Abs 3 WEG normierten Fristen eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem - aus den Rechtsmittelausführungen erkennbaren - Antrag, den Sachbeschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Der Antragsgegner Dr.W***** begehrt, den Revisionsrekurs mangels Rekursantrages zurückzuweisen; in eventu möge ihm nicht Folge gegeben werden.

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Zum Fehlen eines Rechtsmittelantrages:

Zum Fehlen eines ausdrücklichen Revisionsrekursantrages führt hier nicht zur Zurückweisung des Rechtsmittels, weil nach der Rechtsprechung ganz allgemein ein fehlender Rechtsmittelantrag dann nicht schadet, wenn das Begehren durch Anfechtungserklärung und -ausführung deutlich bestimmt ist (vgl MGA JN-ZPO14/E 3, 5, 7; SZ 47/64). Andernfalls müßte ein Verbesserungsauftrag erteilt werden (Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 2 zu § 526 ZPO unter Hinweis auf JBl 1993, 459), der jedoch im Hinblick auf den Inhalt der Rechtsmittelausführungen des Antragstellers entbehrlich ist.

b) Zur Sachentscheidung:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß der Oberste Gerichtshof die Ausführungen im Revisionsrekurs für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpfte Begründung des Sachbeschlusses des Rekursgerichtes für zutreffend erachtet, sodaß er sich unter Hinweis auf die Richtigkeit der rekursgerichtlichen Begründung mit folgender kurzen Beurteilung begnügen kann (§ 37 Abs 3 Z 16 - 18 MRG iVm §§ 528 a und 510 Abs 3 Satz 2 ZPO):

Der Wortlaut der Bestimmungen des § 26 Abs 1 Z 4 WEG, der Anträge betreffend die Rechtswirksamkeit eines Beschlusses der Mehrheit nach den §§ 13b und 14 Abs 3 WEG in das Außerstreitverfahren verweist, umfaßt unzweifelhaft jedenfalls Beschlüsse in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung, für die Stimmenmehrheit genügt, als auch der außerordentlichen Verwaltung im Umfang des § 14 Abs 3 MRG (Veränderungen an gemeinsamen Teilen und Anlagen der Liegenschaft, die über die in § 14 Abs 1 WEG [Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung] angeführten Angelegenheiten hinausgehen). Der vom Antragsteller angefochtene Beschluß der Mehrheit der Miteigentümer des Hintertraktes betrifft die Zahlung an einen Miteigentümer für die von diesem im Rahmen der Durchführung von Erhaltungsarbeiten erbrachten Leistungen und fällt daher jedenfalls unter eine der genannten Beschlußkategorien. Von den Vorinstanzen wurde daher über das Begehren des Antragstellers zutreffend im besonderen Außerstreitverfahren nach § 26 WEG iVm § 37 MRG entschieden.

Für die Anfechtbarkeit aller vorhin genannten Beschlüsse sieht das Gesetz eine maximale Frist von sechs Monaten ab "Zustandekommen des Beschlusses", dh ab Entstehen des "Rechtsscheines", daß ein Beschluß zustandegekommen ist, vor. Der erkennende Senat billigt die vom Rekursgericht mit überzeugender Begründung dargelegte Rechtsmeinung, daß es sich bei diesen Fristen um materiellrechtliche Fristen handelt, für deren Einhaltung der Eingang der betreffenden Erklärung (zB Klage; hier: Antrag) bei Gericht maßgebend ist. So wie Klagen mit materiellrechtlichem Begehren (zum Unterschied von den sogenannten Rechtsmittelklagen) und Klagssurrogate (zB Aufkündigung) materiellrechtlichen Fristen unterliegen (Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 9 zu § 902 mwN), hat dies auch für in das Außerstreitverfahren verwiesene Sachanträge, welche eine Klage ersetzen, zu gelten.

Daß es bei Berechnung der sechsmonatigen Frist nicht auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Antragstellers ankommt, ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut, der als längste Anfechtungsfrist für alle Fälle, in denen nicht die Voraussetzung für die Anwendbarkeit kürzerer Frist erfüllt sind (§ 13b Abs 4 lit d und § 14 Abs 3 WEG), eine sechsmonatige Anfechtungsfrist vorsieht.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Die allein verzeichneten Kosten anwaltlicher Vertretung im Revisionsrekursverfahren konnten nicht zugesprochen werden, weil diese Kosten nicht mutwillig durch die Stellung nicht gerechtfertigter Anträge vom Antragsteller verursacht wurden.

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